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Einleitung des Berausgebers.

(Die Vorbemerkung zur I. Ausgabe umgearbeitet und erweitert.)

Der erste Theil des Goethischen Faust erschien in der nachfolgenden Gestalt zuerst im Frühling 1808, unmittelbar vor den Wahlverwandtschaften und der Farbenlehre.

Dieser späte Zeitpunkt der Herausgabe der Tragödie ist ins Auge zu fassen, wenn man den Einfluß von Goethe's dichterischer Thätigkeit auf seine Zeitgenossen beurtheilen will. Die Entstehung des Werks weist dagegen auf die früheste Jugend des Dichters zurück, auf die Zeit des Göz und des Werther. Grade das, wodurch Faust diese beiden Werke überragt, verhinderte den gleich schnellen Abschluß und die so= fortige Veröffentlichung; gleichwohl müssen diese drei Dichtungen neben einander als die Hauptwerke der sogenannten Sturm- und Drang-Periode unsrer neuern Literatur genannt werden. Außer Goethe haben sich noch andre Vertreter jener Periode, der Maler Müller, Klinger und Lenz, von Wagner's Kindermörderin abgesehn, an demselben Stoffe versucht. Auf Tag und Stunde läßt sich jedoch nicht nachweisen, wann Goethe in jener an dramatischen Conceptio= nen reichsten Zeit seines Lebens, 1772 bis 1776, sich der Faust-Fabel zuerst bemächtigt hat. Riemer und Eckermann (im Inhalts-Verzeichniß der Quartausgabe von 1837) seßen den Anfang des Dramas bis ins Jahr 1769 zurück, was jedenfalls nur besagen soll, daß die theoso= phischen Studien, ohne die das Stück nicht geschrieben werden konnte, in jenes Jahr fallen. Die Briefe des Dichters aus dieser Zeit der sonst Alles beherrschenden Aufklärung sprechen zwar von Alraunen,

vom Stein der Weisen, vom nachtforschenden Magus.*) Von dem Zauberstücke selbst zeigt sich jedoch in den Dokumenten der Zeit keine Spur vor dem Jahre 1773. In Rom, am 1. März 1788, verlegte Goethe die Faust-Anfänge funfzehn Jahre zurück, was also auch auf dasselbe Jahr treffen würde. Der Schluß der scherzhaften Epistel, womit Gotter im Juli 1773 ihm für die Uebersendung des Göz dankte (Gedichte 3, 142, Note):

Schick mir dafür den Doktor Faust,

Sobald dein Kopf ihn ausgebraust!

das früheste Zeugniß, erscheint wie eine Antwort auf eine Aeußerung Goethe's, daß er nun den Faust zu bearbeiten vorhabe.

Von dieser Arbeit sollte sich der Dichter Zeit seines Lebens nicht wieder befreien. Stellt man der Gotter'schen Epistel ein andres Zeugniß gegenüber, den Brief des Kanzlers von Müller vom 24. März 1832, worin er Goethe's Tod einer von dessen Freundinnen meldete und zugleich bemerkte: „Vor wenig Wochen schloß er den fünften und lezten Akt des neuen Faust also ab:

Es wird die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Aeonen untergehn", **)

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so überblickt man den sechzigjährigen Zeitraum, in welchem unsre Tragödie, als ein Ganzes angesehn, entstanden ist. Der Faust in seinen beiden Theilen ist daher, wie kein andres der Goethischen Werke, Produkt eines ganzen Lebens, woran die stürmische Jugend wie das Mannesalter und der Abend des achtzigjährigen Greises gleichmäßig sich betheiligt haben, um eine Tragödie zu schaffen, welche ihrerseits gleichfalls den Verlauf eines ganzen Menschenlebens und ungefähr dieselben Lebensepochen bis zu einem noch höhern Greisenalter hinauf biographisch umfaßt.

Gotter und seine Zeitgenossen mußten ihre Hoffnungen auf ein baldiges Erscheinen auch nur des Anfangs von Faust noch lange vertagen, wenngleich Goethe in der Zeit nach Beendigung des Werther, im Jahre 1774 das Stück im ersten Anlauf gleich so weit fortführte, daß er diese Erwartungen auch schon damals wohl hätte befriedigen können, wären seine eignen nicht höher gespannt ge=

*) Dichtung und Wahrh. Buch 8; Jahn, Briefe S. 138, 140, 147, 151 **) Grenzboten 1869, Nr. 32. S. 212.

wesen. Zeugnisse ergeben, daß, was damals bereits fertig vorlag und was sonst noch im Jahr 1775 hinzukam, sich schon wie ein beinahe fertiges Stück ausnahm. Seit dem Herbst 1774 pflegte Goethe seinen Freunden und den durch Frankfurt reisenden Schriftstellern Scenen daraus vorzulesen. Boie, der am 15. Oktober dieses Jahres ihn besuchte, schreibt darüber: „Einen ganzen Tag allein, ungestört mit Goethen zugebracht, mit Goethen, dessen Herz so groß und edel wie sein Geist ist. Er hat mir viel vorlesen müssen, ganz und Fragment, und in Alem ist der originale Ton, eigne Kraft und bei allem Son= derbaren, Unkorrekten Alles mit dem Stempel des Genies geprägt. Sein Dr. Faust ist fast fertig und scheint mir das Größte und Eigenthümlichste von Allem."*) Damit stimmt eine, allerdings viel spätre Aeußerung Jacobi's in einem Briefe an Goethe vom 12. April 1791 überein. Aus einer Mittheilung des Darmstädter Petersen geht hervor, daß nach Boie's Abreise im November 1774 wieder an Faust gearbeitet wurde. **) Zu Ende März 1775 konnten Klopstock, der von Karlsruhe über Frankfurt nach Hamburg zurückkehrte, neue Scenen aus Faust vorgelesen werden, und das Zusammentreffen der Bemerkung „Da ich aufstund, war mir's gut; ich machte eine Scene an meinem Faust" in dem Briefe an die Gräfin Auguste Stolberg vom 17. September 1775 mit der vorhergehenden Schilderung einer Ratte, welche Gift gefressen, „sie läuft in alle Löcher, schlürft alle Feuchtigkeit, verschlingt alles Eßbare, das ihr in den Weg kommt, und ihr Innerstes glüht von unauslöschlich verderblichem Feuer" - läßt auf eine Beschäftigung mit der Scene in Auerbach's Keller und mit dem Rattenliede schließen.***) Um diese Zeit muß Zimmermann, der berühmte Hannöversche Leibarzt, das Stück gelesen haben, da er zu Ostern 1776 davon an den Leipziger Buchhändler Reich mit folgenden Worten schreibt: „Wenn Sie heren können, so heren Sie ihm [Goethen] doch seinen Doktor Faust heraus. Noch hat Deutschland kein solches Werk ge= sehen, und drum sollten Sie's drucken." †) Zulezt noch in der Muße unmittelbar vor dem Abgange nach Weimar war viel am Faust

*) Boie, von K. Weinhold 1868, S. 70.
**) S. Dintzer, Erläuterungen, Faust S. 20.
***) Vergl. Böttiger, Lit. Zustände 1, 217.

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†) K. Buchner, Wieland und die Weidmann'sche Buchhandlung 1871, S. 19; Merd, Briefe 2, Nr. 22 u. 3, Nr. 51.

geschehn, und grade dies Lezte erregte Merd's Bewunderung (An Nicolai 19. Jan. 1776).

Lessing mochte damals mit seiner Bearbeitung nicht hervortreten. Nach Engel's Angabe hätte er gesagt, er werde seinen Faust sicher herausgeben, sobald Goethe mit dem seinigen erschienen; „meinen Faust holt der Teufel; aber ich will Goethe's seinen holen“ (Weim. Jahrb. 2, 471). Der Buchhändler Mylius in Berlin bemaß schon 1775 das Honorar für Stella besonders in der Befürchtung äußerst niedrig, Goethe möchte sich sonst in seiner Honorarforderung für Faust etwa bis zu hundert Louisd'or versteigen. In Weimar selbst begrüßte Wieland zu Neujahr 1776 Goethe als Zauberer mit deutlicher Anspielung auf Faust und „seinen Nostradamus“,*) und zur selben Zeit heißt es von ihm in einem Gedichte Einsiedel's:

Parodirt sich drauf als Doktor Faust,

Daß 'm Teufel selber vor ihm graus't.

Unter Goethe's ungedruckten Schauspielen wurde daher auch in Reichard's Theaterkalendern auf 1777, 1778 und 1779 neben Julius Cäsar, dem Vogelschießen vor Brüffel (d. h. Egmont) u. a. der Doktor Faust genannt, und die Dichter suchten ihn schon zu übertreffen, ehe er nur erschienen war. Ueber den Faust des Maler Müller**) schrieb die Berliner Literatur- und Theaterzeitung 1779 (Bd. 2, S. 237): „Der Goethe'sche, den das Publikum erwarten sollte, würde doch den Müller'schen hinter sich lassen. Herr Müller sage, was er will, Goethe ist sein Vorbild. Und so viel Nachahmer Dieser gefunden, so wenig scheinen sie sein Gutes zu erreichen; sie übertreffen ihn aber in dem Fehlerhaften, in dem immer neu, groß, kraftvoll, erhaben sein Wollenden." Auch in dem zu Goethe's Geburtsfeste am 28. August 1781 in Weimar aufgeführten Festspiele Minervens Geburt wurden Iphigenie und Faust vor seinen übrigen Werken gefeiert. Der Herzog selbst schrieb in diesem Jahre in das Tiefurter Journal (Nr. 3) davon als von dem „Stücke eines Stückes, welches das Publikum immer nur leider als ein Stück zu behalten befürchtet, von einem Manne, welcher jezt als einer unserer besten, und gewiß mit Recht, als der weiseste Schriftsteller geehrt wird." Veröffentlicht wurde zu jener Zeit (1782) daraus aber nur,,Der König in Thule" im dritten Bande von Seckendorf's Volksliedern in einer etwas abweichenden Fassung, woneben

*) Im Gedicht „An Psyche“, Merkur 1776, S. 17.

**) Faust's Leben, dramatisirt 1778.

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