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noch die Nachahmung von. Gretchen's Monolog „Meine Ruh' ist hin“ (S. 145) erwähnt sein mag, welche 1786 in Korona Schröter's Liedern erschien.*) Auch in Weimar hatte Goethe sein Stück oft vorgelesen, in der allerersten Zeit und in den Achtziger Jahren, nachdem er das 1778 seiner Mutter übersandte Manuskript zurückempfangen hatte. Diese hielt es, nach Petersen's Zeugniß, wie ein Heiligthum, zeigte es jedoch guten Freunden und gab es gelegentlich Merck zum Vorlesen. Einzelheiten drangen daher ins Publikum. Wieland citirt schon 1779 in einem Brief an Sophie La Roche **) das bekannte: „Ein politisch Lied ein garstig Lied" (Thl. I, V. 1737). So warf der Faust nach allen Seiten schon seine Schatten. Seine Veröffentlichung wurde dann endlich in dem Briefe an Göschen vom Juli 1786 und in dessen Ankündigung von der bevorstehenden ersten Ge= fammtausgabe der Goethischen Schriften***) „sicher als ein Fragment, doch mit der Aussicht auf mögliche Vollendung“ für den Sommer 1787 verheißen.

Goethe hatte im Jahre 1786 sein altes, schon mürbes und vergriffenes Faust-Manuskript, welches in den lezten zehn Jahren wohl kaum einen nennenswerthen Zuwachs erhalten, nach Italien mitgenommen. Als er dort erst im Februar 1788 in Rom zur Arbeit ge= langte, erschien es ihm wie „das Fragment eines alten Koder“. Fragment blieb es auch hier, da in Rom erweislich nur die im Garten der Villa Borghese geschriebne Scene in der Herenküche (S. 102) hinzugekommen ist. †) Die Abreise von Rom verhinderte die Fortsegung, und unterwegs und im ersten Jahre in Deutschland trat die Ausarbeitung des Tasso, dann die erste Redaktion und Herausgabe der Gedichte dazwischen; endlich entfernten die Elegien und Epigramme nach antiken Mustern den Dichter so weit von der Welt des Faust, daß nichts übrig blieb, als ihn gegen die erregte Erwartung in nothdürftigem Zusammenhange als "Fragment" zu veröffentli= chen. Nur Faust's Monolog in „Wald und Höhle" trägt nach Form

*) S. den Abdruck dieser Nachahmung in Goethe's Gedichten Bd. 3, Anhang, S. 395, Note.

**) Auswahl denkw. Briefe von Wieland, herausgegeben von Ludw. Wieland, Wien 1815. 1, 157.

***) In Bibra's „Journal von und für Deutschland" 6. St. S. 575, in Wieland's Merkur", August 1786 (Anzeiger CXVI), und im Deutschen Museum“, Oft. 1786 (f. Jördens 6, 206).

†) S. Eckermann 2, 134.

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und Inhalt das Gepräge dieser Zeit. Nur er läßt sich als Beweis dafür heranziehn, daß Goethe damals, gleichwie er die prosaische Jphigenie, den Tasso und die Jugendstücke Klaudine und Erwin für die erste Ausgabe seiner Schriften in jambischen Fünffüßlern umarbeitete, auch für den Faust in demselben Ton zu dichten angefan= gen hat. Innere Gründe nöthigten ihn, damit bald aufzuhören. In der Zeit vom Juli bis zum November 1789 stellte er den ersten Theil des Faust als Fragment zusammen. Ein herzoglicher Kanz= list besorgte die Abschrift für den Druck. Goethe schreibt dem Herzog am 5. November dieses Jahres (Briefw. Nr. 62): „Ich bin wohl und fleißig gewesen. Faust ist fragmentirt, das heißt in seiner Art für diesmal abgethan. Mittelsdorf schreibt ihn ab. Ein wunderlicher Concept ist ihm wohl nie vorgelegt worden. Es ist recht eigen, alle diese Tollheiten von eben der Hand zu sehen, welche uns sonst nur: „Veste, Liebe, Getreue“ vorzulegen gewohnt ist.“

Während der Dichter also nach einem Briefe an Bertuch aus Rom vom 5. April 1788 gehofft hatte, schon zu Ostern 1789 den. fiebenten Band seiner Schriften zu bringen, welcher den Faust und also die Girandel enthält“, erschien dieser nun erst zu Ostern 1790, unmittelbar nach dem Ausbruche der französischen Revolution, unvollendet, als ein Stückwerk, jedoch effektvoll abschließend mit der Domscene.

Von den jezt hier mit Vers 3477 endigenden Scenen fehlte jedoch, ganz abgesehn von den erst später gedichteten Eingangsstücken, der Zueignung, dem Vorspiel und dem Prolog im Himmel, die Scenenreihe von V. 253 bis 1415, also der Ostergesang, die Früh= lingsfeier, der Spaziergang, die Aufnahme des Pudels, der Uebersehungsversuch, die Beschwörung nebst den ersten Gesprächen mit Mephistopheles. Es war dies die im Briefwechsel mit Schiller vielfach erwähnte große Lücke", deren Vorhandensein wesentlich zur Herausgabe des Stücks als Fragment nöthigte. Dann fehlte die Valentinscene (V. 3263 bis 3418), die Walpurgisnacht und alles Weitere von da ab.

Das Fragment machte dem Umfange nach noch nicht die Hälfte des jezigen ersten Theiles aus; es enthielt nach Vorstehendem den ersten Monolog, die Erscheinung des Erdgeistes, das erste Gespräch mit Wagner, die Schülerscene, Auerbach's Keller, die Herenküche und alle Gretchen- Partien mit Ausnahme der Kerkerscene, doch einschließlich der zwischen der Brunnenscene und

Gretchens Gebet zu der Mater dolorosa eingeschobnen Scene in Wald und Höhle. *)

Wo in der Zeit von 1790 bis 1808 von Goethe's Faust die Rede ist, muß darunter also dies Fragment verstanden werden. Die Wirkung, die das Stück in dieser Gestalt auf das große deutsche Publikum machte, kam in keiner Weise der Erschütterung gleich, welche ihrer Zeit Göz und besonders Werther und später Dichtungen wie Schiller's Räuber verursacht hatten, und welche unzweifelhaft auch dies so viel größere und ebenso lebendige Werk begleitet haben würde, wenn es warm vom Amboß, 1775 oder 1776, mit der= jenigen Abrundung, die ihm Goethe damals mit Leichtigkeit hätte geben können, ans Licht getreten wäre. Jetzt erschien es im ungünstigsten Moment. Die politischen Vorfälle in Frankreich nahmen allen Sinn gefangen, die frühere Erwartung auf den Faust hatte sich gelegt, das Interesse war abgelenkt. Das endliche Erscheinen blieb zwar für alle literarischen Kreise, für Goethe's zahlreiche Freunde, für die Gelehrtenwelt und das gebildetere Publikum im Allgemeinen immer ein Ereigniß. Die Wirkung war jedoch mehr eine stille, sich sehr allmählich forterstreckende, aber nachhaltig wachsende, die zulett, ebenso begünstigt durch die Tendenzen der neuen Romantischen Schule der Schlegel und Tieck als durch die Schelling'sche Naturphilosophie, .an Einfluß auf die Zeitgenossen die aller übrigen Goethischen Werke, jedes einzeln ge= nommen, weit überragte. Die großen Perspektiven des Fragments, seine innere Vollständigkeit ließen das Werk bald auch äußerlich als kein unvollständiges erscheinen, da, „was nicht darin stand,

*) Genau gezählt umfaßte das Fragment in dieser Reihenfolge:

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dastehn würde, wenn das Fragment vollendet wäre" (Niebuhr). Die Kritik kam Anfangs dem Werke nicht besonders anerkennend entgegen. Man fand die Sprache „dunkel, unverständlich und inkorrekt", manche Scenen räthselhaft, andere durchaus underdaulich, in der Herenküche und in Auerbach's Keller Handlungen und Ausdrücke, „die nur den Pöbel vergnügen können“, die Urtheile oft sehr ähnlich denen, die noch unlängst über den Zweiten Theil gefällt wurden. *) Selbst Körner, dessen Freund Huber den Faust von Anfang an richtiger schäßte (Brief vom 28. Juni 1790 in den Werken), stieß sich an dem „Bänkelsängerton". **) Neben der Huber'schen spätern Recension der acht Bände der Goethischen Schriften von Ende 1792, ***) worin Gretchen mit einer Madonna (Virgo praegnans) und mit einer büßenden Magdalena verglichen wird, ist besonders des jungen A. W. Schlegel Besprechung vom Jahre 1790†) hervorzuheben; hier wird die hinreißende Darstellung, die treueste Wahrheit, der überlegene Geist, der manche Vorsicht vernach= lässigen darf und doch sein Ziel nicht verfehlt, die Verbindung des Erhabnen und Burlesken vorurtheilsfreier gewürdigt, allerdings noch nicht in dem hohen Tone, womit einige Jahre später Friedrich Schlegel++) Goethe als den Stifter einer neuen Poesie, den Dante unsers Zeitalters, im Faust mit das Größte, was die Kraft des Menschen je gedichtet habe", feierte. Das größte Interesse würde ein eindringendes Urtheil Schiller's über das Werk aus damaliger Zeit darbieten. Sicherlich gab es auf der Welt Niemand, für den Goethe's von 1787 bis 1790 unmittelbar nach einander veröffentlichte große Dramen, Iphigenie, Egmont, Tasso und Faust, wichtiger gewesen wären, als grade Schiller. Nach dem schon angeführten Körner'schen Briefe muß man zwar annehmen, daß der Faust Schiller ebenso wie Wieland nicht ganz befriedigt habe. Aber aus den Briefen seiner Frau geht hervor, wie großen Antheil er daran nahm. Später an Goethe den 29. November 1794 nennt Schiller das Fragment den „Torso des Herkules", es „herrsche in

*) Neue Bibl. der schönen Wissensch. Bd. 41 und Allg. Deutsche Bibliothek Bd. 110, S. 311.

**) Briefw. mit Schiller 2, 193.

***) Jenaische Lit.-Zeit. 4. Sp. 281fgg.

†) In den Gött. Gel. Anz. 93 und 134; Werke 10, 4.

††) Athenäum 3, 2, 180; Werke 5, 311.

diesen Scenen eine Kraft und eine Fülle des Genies, die den ersten Meister unverkennbar zeige". In dem Auffage Ueber naive und sentimentalische Dichtung" (1795) betont er (in dem Abschnitt „Elegische Dichtung") den im Faust verkörperten Konflikt des Ideals mit der Wirklichkeit, ihn hierin psychologisch mit Werther, Tasso und Wilhelm Meister vergleichend. Leider sollte Schiller die Vollendung des ersten Theils nicht mehr erleben. Es liegt keine Andeutung vor, welche zur Annahme berechtigte, er habe die spätern Bestandtheile, den Prolog, die Beschwörungs-, die Kerkerscene u. s. w. in der Handschrift gesehn. Nach seinem Tode flagte daher W. Humboldt, „daß der arme Schiller auch Ihren Faust nun nie vollendet sieht". *) So erging es auch Herder, der über das Fragment sich sehr reservirt geäußert, aber doch gerühmt hatte, daß Goethe aus dem Reiche der Unformen Formen hervorzurufen wisse,**) und Klopstock, der in einem späten Epigramm***) sowohl Goethe's Faust als die ganze Faustsage verspottet hatte.

Kanonische Bedeutung erhielt das Gedicht erst, wie schon erwähnt, mit dem Auftreten der Romantischen Schule, der Faust alle Eigenschaften eines im höchsten Sinne romantischen Dramas zu vereinigen schien, ganz ebenso, wie später A. Hoffmann ́Mozart's Don Juan, der gern mit Faust verglichen †) zu werden pflegt, als Vorbild der romantischen Oper hinstellte. Die philosophische Seite des Gedichts brachte es andrerseits mit der Entwicklung der Philosophie zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts, sowohl mit dem transscendentalen Idealismus als mit der Naturphilosophie in Verbindung, und Schelling††) war es vornehmlich (auch Hegel 1807 in der Phänomenologie" S. 271 fgg.), der auf die Bedeutung des Faust in dieser Beziehung hinwies, in diesem Gedicht „einen ewig frischen Quell der Wissenschaft geöffnet“ fand, allein hinreichend, die Wissenschaft in dieser Zeit zu verjüngen, die Frischheit eines neuen Lebens über sie zu verbreiten," und Alle, die „in

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*) An Goethe aus Rom den 5. Juni 1805.

**) Briefe zu Beförderung der Humanität 8, 141 (Brief 104). ***) S. Dünger, „Aus Goethe's Freundeskreise" 1868, S. 41.

†) Vergl. Grabbe, „Faust und Don Juan" 1829; Hesekiel, „Faust und Don Juan" (Roman) 1846; Grenzboten 1849. Nr. 46.

††) Vorlesungen 1802/3 in Jena, und 1804/5 in Würzburg, gedruckt in den Werken Bd. 5, 1. 1859, S. 731fgg.

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