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Hinsicht sehr schnell ihre Grenzen gefunden. Über einen bestimmten Punkt konnte sie sich ohne eine völlige Umgestaltung ihrer Auffassung von dem Verhältnisse zwischen Gottheit und Mensch nicht erheben. Gebet in höherer Form, als Ergebnis eines unwiderstehlichen inneren Dranges ohne jede äussere Nebenabsicht, einzig aus der Sehnsucht hervorgehend, in engere Gemeinschaft mit einer höheren Macht zu treten, hätte eine radikale Umwälzung der religiösen Anschauungen erfordert.

Da den Hintergrund eines Gebetes bei den Babyloniern also stets irgend ein Anliegen bildete, so leuchtet es ein, dass die Mittel, durch die man den Willen oder die Absichten der Götter diesem Anliegen gegenüber zu erkennen suchte, eine wesentliche Rolle in dem Ritual spielen mussten. In der Tat bestand eine der wichtigsten, wenn nicht überhaupt die wichtigste Funktion des Priesters darin, den Willen der Gottheit zu ermitteln. Das Gebet war zwecklos, wenn es nicht erhört ward, und der Priester war allein imstande, zu sagen, ob man auf Erhörung rechnen durfte. Seine Bemühungen richteten sich also auf diesen Punkt und somit auf die Ergründung der Zukunft. Was ist der Wille der Gottheit? Wird die erhoffte Erlösung von dem Unglück eintreten? Wird der Dämon der Krankheit aus dem Körper weichen? Werden die symbolischen Handlungen, wie die Verbrennung der Bilder, die Autknüpfung der Knoten und ähnliches die gewünschte Wirkung haben? Wird die ersehnte Versöhnung erlangt werden? Von dem glücklichen Erfolge des Priesters bei Voraussagungen dieser Art hing alles ab für ihn selbst wie für den Bittsteller.

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Die natürliche und geradezu notwendige Ergänzung der Rolle, die der Priester als Beschwörer spielt, bildet also seine Aufgabe, die Zukunft vorherzubestimmen oder wenigstens vorherzusagen. Da nun sich der Priester allein der Gottheit unmittelbar nahen konnte, so war bei jeder Handlung von religiöser Bedeutung die Vermittlung des Priesters unerlässlich. Die gewöhnlichen Mittel, durch die er den Willen oder die Laune der Gottheit ergründen konnte, waren zwiefach: entweder unmittelbar durch Orakel oder mittelbar durch Vorzeichen, die er aus einer Besichtigung der dargebrachten Opfer oder durch andere Mittel gewann. Ein vollständiges babylonisches Ritual erforderte also ausser dem Gebete, das der Bittsteller durch Vermittelung der Priester oder unter ihrem Beistande aussprach, eine Opferspende verbunden mit gewissen symbolischen Handlungen, worauf als Schluss die Bestimmung der Zukunft durch Deutung der Vorzeichen erfolgte.

Die Opferspenden und die symbolischen Handlungen scheinen dem Gebet und der Beschwörung in der Regel vorangegangen zu sein,1) doch nehmen die Gebete wieder Bezug auf sie, und zwar gewöhnlich vor der Auslegung der Vorzeichen. Letztere bildeten den eigentlichen Endzweck

1) Vergl. King, Babylonian Magic S. XXX.

des Gebets- und Opferrituals. Um der erwarteten Vorzeichen willen brachte man das Opfer, führte man die symbolischen Handlungen aus und rezitierte man die Beschwörungen. Alles dieses diente nur als Einleitung zu dem grossen Schlussstück. Der Beter wartete ängstlich auf des Priesters Spruch. So finden wir den Gebeten häufig Anweisungen für die Priester angehängt, in denen diese auf die Zeichen, die sie zu beobachten hatten, aufmerksam gemacht wurden, d. h. auf besondere Eigentümlichkeiten an Stücken des geopferten Tieres, aus denen dann bestimmte Schlüsse zu ziehen waren. Die Beobachtung dieser Zeichen entwickelte sich zu einer gleich wichtigen Wissenschaft wie die der Himmelskörper, deren Bewegungen man, wie überhaupt der gesamten natürlichen Welt, einen Einfluss auf das Schicksal der Menschen zuschrieb.

Selbstverständlich brauchte nicht bei jedem einzelnen Gebete ein umständliches Zeremoniell in Anwendung zu kommen. Viele Gebete an die Götter setzen, wie sie uns heute vorliegen, keine Vorzeichen voraus, wie denn in der Tat häufig gar keine Opferspenden oder symbolische Handlungen erwähnt werden. Allerdings liesse sich aus diesem letzteren Umstande noch kein zwingender Schluss ziehen, da der Mangel derartiger Hinweise auf Rechnung des Gesichtspunktes kommen könnte, der die Priester bei ihrer jeweiligen Sammlung der Gebete leitete. Doch dürfen wir wohl annehmen, dass zur Austreibung böser Geister das Hersagen heiliger Formeln oft als ausreichend gegolten hat. In den früheren Stadien der babylonischen Religion wird die Tätigkeit des Priesters wohl zu Ende gewesen sein, wenn er die Dämonen vermittelst der Zauberworte ausgetrieben hatte. Die Dämonen mussten weichen. Taten sie dies nicht, um so schlimmer für sie oder auch für den Priester, von dem man dann annahm, er habe infolge irgend eines Versehens seine Macht über die Geister verloren. Mit der Ausdehnung des religiösen Gebietes wuchs jedoch das Ansehen des Opfers als eines bewährten Mittels, die Gottheit zu erreichen, und im Laufe der Zeit überflügelte wenigstens im offiziellen Kult die Tätigkeit des Priesters als Opferbringer seine ältere Funktion als Beschwörer. Man kann sich also die weitere Verknüpfung der Vorzeichen mit den Opfern in der Weise vorstellen, dass man Vorzeichen mit Gebeten in Verbindung brachte bei den mannigfachen Veranlassungen, wo ein Bittflehender, um den Willen einer Gottheit in einer bestimmten Sache zu erfahren und sein Verhalten danach einzurichten, das Heiligtum aufsuchte. Es war natürlich, dass in Verbindung mit dieser Bitte der Betreffende eine Opferspende am Altare niederlegte. Der vermittelnde Priester bot diese der Gottheit an, worauf die gewünschte Beantwortung der Anfrage erfolgte. Von derartigen Fällen drangen dann die Vorzeichen überall da in das Ritual ein, wo man sich an eine Gottheit wandte. Bei Beschwörungen und symbolischen Handlungen ergänzten sie das magische Element, ebenso wie bei Gelegenheiten, wo spezielle Beschwörungen fehlten. In beiden Fällen bildeten sie das Mittel, durch das der

Bittsteller erfuhr, ob er einen günstigen Bescheid zu gewärtigen habe, oder auf welche Weise er überhaupt die Auskunft, auf die es ihm ankam, erhalten konnte.

Die Gottheit zu befragen gaben öffentliche oder private Angelegenheiten des Einzelnen Veranlassung. Wie weit es bei dem grösseren Publikum üblich gewesen ist, sich durch Vermittlung eines Priesters die Hilfe der Götter für sein persönliches Wohlergehen zu sichern, können wir nicht genauer feststellen. Wir finden z. B. einen Sohn für seinen Vater ein Orakel befragen, welcher Tag zur Inangriffnahme eines Bauunternehmens günstig sein werde und sehen ihn die Antwort erhalten: der Vierte des Monats. 1) Ähnlich ziehen Privatleute bei anderen Gelegenheiten die Priester zu Rate, aber im allgemeinen kam der Einzelne doch nur in wirklicher Not zu dem Heiligtume, um Befreiung von körperlichen Leiden zu suchen, Schicksalsschläge abzuwenden und eine Gottheit, die ihm ihr Missfallen kundgegeben hatte, zu versöhnen.

Weit mehr kam die Sorge für das allgemeine Wohl im Kult zum Ausdruck. Die Sicherheit des Staates gab fortwährend Anlass, sich an die Götter zu wenden. Wenn in zahlreichen Gebeten - Hymnen wie Klageliedern Könige und Ereignisse aus deren Regierungen erwähnt oder angedeutet werden, 2) so ist das keineswegs zufällig. In diesen Erwähnungen ist der eigentliche Anlass für die Gebete zu suchen. Wie scharf auch die Empfindung des Schuldbewusstseins des Einzelnen in der religiös-babylonischen Literatur zum Ausdruck kommt, so legte man doch dem Zorn der Götter gegen das Land eine weit höhere Bedeutung bei, als ihrem Missfallen an dem Individuum. Das konnte gar nicht anders sein, da das Glück des Einzelnen zum grossen Teil von dem Wohle des Staates abhing. Unter schrecklichen Naturereignissen, wie einer Sonnen- oder Mondfinsternis, einer Überschwemmung, einem Sturme, litt zwar auch der Einzelne, aber sie richteten sich doch nicht speziell gegen ihn, sondern vielmehr gegen das Land, das in solchem Falle als der Machtbereich des betreffenden Gottes oder mehrerer zugleich angesehen ward. Missratene Ernten, Hungersnot, Seuchen, betrafen nicht nur den Einzelnen, sondern das gesamte Volk. Bei allen derartigen Gelegenheiten begaben sich die Herrscher in die Tempel, um mit Unterstützung der Priester den erzürnten Gott zu versöhnen. Dabei begnügte man sich aber nicht damit, nur heilige Formeln herzusagen oder brünstige Gebete zu sprechen; man wollte auch eine Zusicherung dafür haben, dass die Worte nebst den damit verbundenen symbolischen Handlungen den gewünschten Erfolg haben würden.

Ausser den eben erwähnten gab es aber noch andere Gelegenheiten, bei denen man für das allgemeine Wohl den Willen und das Verhalten der

1) Harper, Assyrian and Babylonian Letters Nr. 219.

2) Siehe oben S. 106 Anm. 4.

Götter zu ergründen suchte. Bei allen öffentlichen Unternehmungen wie dem Bau eines Palastes, Tempels, Kanals oder Damms war es von höchster Wichtigkeit, zu erfahren, ob die Gottheit das Vorhaben billige. Für die Grundsteinlegung musste sorgfältig ein Tag ausgewählt werden, an dem der Gott seinen Untertanen den Königen - unter deren Auspizien das Werk ausgeführt ward, gnädig gesinnt war. Gleich vorsichtig musste man für die Einweihung einen günstigen Tag bestimmen. Dazu benutzte man vornehmlich Vorzeichen, die man aus den Opfern oder anderweitig gewann. Die Babylonier und Assyrer glaubten, wie auch die Juden nach ihrer Rückkehr aus dem babylonischen Exil, dass „wenn nicht der Herr beisteht, die Baumeister vergeblich arbeiten".) Bei den militärischen Unternehmungen, in denen der Einzelne völlig hinter dem majestätischen Bilde des Staates verschwindet, mussten Wille und Stimmung der Götter auf Schritt und Tritt beständig erkundet werden, hinsichtlich der Pläne des Feindes, über sein Anrücken, vor der Schlacht, mitten in dieser und nach ihr.

Die Beweise dafür, dass man sich bei allerlei öffentlichen Gelegenheiten an die Götter wandte, um durch Vorzeichen und Orakel eine Ankündigung ihres Vorhabens zu erlangen und sich ihres Beistandes zu versichern, werden durch die Inschriften der Herrscher sowohl in älterer wie in jüngerer Zeit geliefert. So berichtet bereits der alte Gudea von Schirpurla) von Opfern, die er darbrachte, als er an den Bau des Tempels zu Ehren des Ningirsu ging. Er legte sich als Symbol seines Vorhabens einen Backstein auf sein Haupt, und ehe er an das Werk herantritt, betet er zu Ningirsu, um ein Zeichen zu erlangen, dass das Unternehmen dem Gott wohlgefällig sei. Als Antwort schickt der Gott dem Gudea einen Traum, der sich auf den beabsichtigten Bau bezieht.") Dass man bereits zur Zeit Sargons und Naram-Sins vor einem Kriegszuge Opfer brachte und aus der Tierschau den Verlauf deutete, beweist eine Sammlung solcher Vorzeichen, nach denen diese Herrscher handelten und die man als Leitfaden für spätere Zeiten anlegte.*)

Aus kassitischer Zeit haben wir das Zeugnis des Agumkakrime") (etwa 1600 v. Chr.), dass, als er den Entschluss fasste, die entführte MardukStatue aus dem Lande Khani dem östlichen Assyrien - nach Babylon zurückzubringen, er sich zuerst an einen barû-Priester) wandte, der

1) Ps. 127, 1.

2) Cylinder A, Kol. I, 12-19. Siehe Thureau-Dangin, Le Songe de Goudéa (Comptes Rendus de l'Acad. des Inscriptions 1901) p. 115.

3) Der Traum selbst wird im nächsten Kapitel unter Traumdeutungen mitgeteilt werden.

4) Rawlinson IV2, Pl. 34 Nr. 1. Die Übersetzung im nächsten Kapitel. 5) Nach Winckler (Auszug aus der altorientalischen Geschichte S. 12) wäre Agum ein Titel der Kassiterfürsten und der Name also Kakrime. Allein es sprechen gewichtige Gründe gegen diese Annahme.

6) Rawlinson V, Pl. 33, Kol. II, 8.

mittels Öl1) also durch eine Becherwahrsagung

von Schamasch

als Orakelgott) die Ermutigung zu dem Unternehmen erlangte. Aus späterer Zeit liegt uns eine Inschrift des babylonischen Königs Nabupaliddin) (890-854 v. Chr.) vor, in der ein barû-Priester Nabu-nadinschum, Nachkomme eines alten priesterlichen Geschlechts, durch die Gnade des Schamasch das Modell des alten Bildes des Gottes entdeckte, das einst im Heiligtum zu Sippar stand und nach welchem Muster nun der König ein neues Bild anfertigen lässt. Es wird allerdings nicht direkt in der Inschrift von einem Orakel gesprochen, aber die Angabe,) dass sich Schamasch, nachdem er lange Zeit gegen das Land erzürnt gewesen und sein Antlitz abgewandt hatte, nun in den Tagen Nabupaliddins als ausgesöhnt erwies und sein Antlitz wieder zuwandte, deutet auf ein nach langer Unterbrechung gewährtes Orakel. Auch die Hinzufügung des Titels barû zu dem Namen des Priesters spricht für die Annahme, dass die Auffindung des Modells auf einen Orakelspruch zurückzuführen sei.

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In der neubabylonischen Periode zeichnen sich die zwei hervorragendsten Gestalten dieser Epoche, Nebukadnezar II und Nabonnedos durch ihren frommen Sinn aus, der sich in der Ausbauung der Tempel in den Hauptstädten Babyloniens Sippar, Larsa, Ur, Harran, neben Babylon und Borsippa äussert. Beide beteuern, auf Befehl des Marduk ihre Bauunternehmungen vorgenommen zu haben.") Ehe er z. B. Nebukadnezar II an den Neubau des Tempels E-kharsag-illa der Ninkarrak") (oder Gula) in Babylon herantritt, sucht er von Schamasch und Adad ihre Zustimmung zu erlangen und erhält sie auch durch ein Orakel, das diese Götter gewährten.) Wenn der König also bei der Beschreibung seines Eifers um die Herstellung des Kultes dieser Göttin in ihrem Tempel E-ulla zu Sippar) betont, dass Marduk ihm den Neubau dieses Heiligtums anvertraut, und dass Schamasch - der Hauptpatron von Sippar

1) Das in Betracht kommende Zeichen ist Brünnow Nr. 5484, und da wir jetzt reichliche Zeugnisse für Becherwahrsagung bei den Babyloniern haben, liegt kein Grund vor, mit Jensen (Keilinschriftliche Bibl. III, 1 S. 138) einen Schreibfehler anzunehmen.

2) Agumkakrime selbst bezeichnet Schamasch und Adad als,,die Herren der Wahrsagung" (Kol. VIII, 34).

3) Rawlinson V, 60-61, Kol. III-IV.

4) Kol. III, 11-18.

- III, 4

5) Z. B. Nebukadnezzar-Rawlinson V, Pl. 34, Kol. I, 13–14; II, 54 Nabonnedos-Rawlinson V, Pl. 63, Kol. I, 17—18.

6) Siehe oben I, S. 252.

7) Rawlinson V, Pl. 34, Kol. III, 28-30. Der technische Ausdruck für das günstige Orakel lautet annu oder annu kînum, was man am besten durch „Zustimmung wiedergibt und das ungünstige Orakel ullu durch „,Verbot". Mit annu abwechselnd ist purussu, eigentlich Entscheidung" und dann ebenso wie annu für ,göttliche Zustimmung" angewandt. Siehe Zimmern, Keilinschriften und das Alte Testament S. 606 und unten S. 152 Anm. 1.

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8) Ball Proc. Soc. Bibl. Arch. X, May 1888 (Pl. VI-VIII), Kol. III.

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