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leben, die schuf der Wassertrinker Geist und nicht der Geist der Reben."

Wem käme bei solchen Äusserungen des römischen Dichters nicht Goethes ,,Sänger" in den Sinn, der gleichfalls im Wein eine Kraft sieht, die den Geist erhebt und den schaffenden und Ideale bildenden Trieb frei macht? Und wer würde nicht an Klopstocks,,Zürcher See" erinnert:

>>Lieblich winket der Wein, wenn er Empfindungen,
Bessere, sanftere Lust, wenn er Gedanken winkt.
Wenn er dringt bis in's Herz und zu Entschliessungen,
Die der Säufer nicht kennt, jeden Gedanken weckt,
Wenn er lehret verachten,

Was nicht würdig des Weisen ist.<<

Wichtige Ereignisse im Leben des Einzelnen wie des Staates will Horaz mit Dank gegen die Gottheit, aber auch durch frohen Becherklang gefeiert sehen, und selbst ein Räuschchen lässt er dann weitherzig zu. Im ganzen aber fordert er, dass man des Weingotts köstliche Gabe nicht entweihe, weil man sonst statt ihrer Segnungen Fluch von ihnen ernte. Allem unmässigen Trinken ist er Feind. „Erfreuen kann und soll der Wein des Menschen Herz", erheben seine Gedanken- und Gefühlswelt über das Klägliche und Gemeine des Lebens, seinem Geiste edlen Schwung und ideale Richtung geben. Das verkennt der Trinker. Darum ruft er den trunken und streitlustig gewordenen Genossen eines Gelages zu: „Zur Freude sind die Becher da, seid ihr rohe Thraker geworden, dass ihr sie zu Waffen macht in eurer Faust? Weg mit der barbarischen Unsitte! Ehrwürdig ist der Weingott, haltet fern von ihm blutigen Zwist!",,Ist der Mensch weinübervoll, so blitzen in ihm auf alle Begierden, und schnell ist dann die schmale Grenze zwischen dem Erlaubten und Unerlaubten übersprungen."

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Im Bunde mit diesen beiden Mächten des geselligen Lebens, der Liebe und dem Wein, erscheint nun drittens bei Horaz das Lied, die Poesie, und überhaupt die Beschäftigung mit den Musen. Ihr schreibt er oft ähnliche Wirkung zu, wie dem Weine.,,Saitenspiel löst das Herz von grauser Bekümmernis;" ,,jedes Leiden sollst du mildern und heben durch Wein und Gesang, den süssesten Trost in herben Kümmernissen." ,,Als Freund der Musen will ich Traurigkeit und Besorgnisse

den Winden geben, sie lustig fortzutragen in das Meer." Aus diesen und ähnlichen Variationen desselben Gedankens klingt uns immer wieder das Wort Schillers entgegen:,,Es schwinden jedes Kummers Falten, so lang des Liedes Zauber walten." In gleichem Sinne nennt Horaz seine Leier sein süsses Labsal in allen Mühen; und als das beste Mittel, nach dem alltäglichen Treiben wie auch nach schweren ausserordentlichen Zeiten sich zu erfrischen, kennt und empfiehlt er den Quell der Lieder und die Beschäftigung mit den Musen. Liber cum lumine, ein Licht, um ein gutes Buch zu lesen, das ist ihm ein kräftiges Mittel gegen viel Böses. Und vos exemplaria Graeca nocturna versate manu versate diurna, die Musterwerke der Griechen, leset früh und spät, so mahnt er die Jugend. Aber auch sanften Rat verleihen nach ihm die Musen, und in dem Busen, den ihre Macht bewegt, regt sich die bessere Einsicht. Alle Freuden ferner werden erhöht durch Gesang und Saitenspiel, drum soll die Macht der Töne nicht feiern, wenn es gilt, beim heitern Mahle des Lebens Lust zu schlürfen, wie ja auch den Göttermahlzeiten die Leier nicht fehlen darf, denn ohne die Leier im himmlischen Saal ist die Freude gemein auch beim Nektarmahl, und wie das fromme Lied der Sterblichen die Manen versöhnt im Reich des Hades und die Götter droben im Olymp.

Manche der Freundschafts-, Trink- und Liebeslieder nun zeigen uns zugleich die hohe Empfänglichkeit des Horaz für die Natur, andere haben die Natur und ihr Leben zum eigentlichen Thema. Und Sinn für das Leben in der Natur, Auge und Herz für die über Flur und Wald reich ausgestreute Schönheit, das ist nach ihm ein besonders wirksames Mittel, das Dasein mit Blumen der Freude und des Segens zu schmücken. Und mit der Natur zu leben, das gehört dem Dichter eben auch zur Lebenskunst. So begleitet er denn z. B. den Wechsel der Jahreszeiten mit inniger Teilnahme, und in wahrhaft klassischer Weise bringt er dabei Stimmungen und Gedanken zum Ausdruck, von denen das Herz des mit der Natur lebenden Menschen durch den Wechsel in ihr ergriffen wird.

Im Winter singt er:

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Im Frühling jubelt er:

Der Schnee ist zerronnen, es prangen die Bäume,
Es prangen die Fluren in frischem Grün,

Und wieder wallen durch lachende Räume
Getreu ihren Ufern die Flüsse dahin.

Die Grazien schweben in lustigem Tanze,
Die Nymphen schlingen den fröhlichen Reih'n
Auf, Freund, und pflücke dir Blumen zum Kranze,
Denn wisse: bald schwindet der liebliche Schein.

Die Erde verjüngt sich, wenn Lenzhauch sie küsste,
Doch scheuchet den Frühling der Sommer geschwind,
Und kaum dass der Herbst uns, der labende, grüsste,
Uns wieder der Winter, der düstre, umspinnt.

So rollen, sich ewig erneuend, die Stunden;
Wir aber sind wir in's nächtliche Thal
Des Todes zum Orkus hinunter entschwunden,
Sind Schatten, o Freund, und Asche zumal.

Wer weiss, ob gnädigen Sinnes zum Heute
Das Morgen uns noch die Götter verleih'n?
Der frohe Genuss nur, der wird nicht zur Beute
Dem gierigen Erben, der bleibet dein.

Betratest du einmal die dunkelen Bahnen,
Hielt Minos einmal sein strenges Gericht
Nicht Weisheit und Tugend, nicht Glanz der Ahnen
Führt wieder empor dich an's rosige Licht!

Im Sommer klagt er zwar über die sengenden Strahlen und die ausdörrende Hitze, wie ermattet die Herde hinschwankt, und der müde Hirt mit ihr den Bach aufsucht und das Waldesdickicht, und wie kein Lüftchen weht über die schweigende Flut und durch die schweigenden Wälder. Aber dann mahnt er auch, ein schattiges Plätzchen aufzusuchen, etwa da

Wo hoch die Pinie und Silberpappel
Gastlichen Schatten vereinigt spenden,
Warum denn müht sich dort die Welle
Flüchtig zu hüpfen gewundenen Laufes?

Lieber immerhin ist ihm der Herbst. Da sitzt er unter dichtem Weinlaub allein beim Becher Weines. Zum Schmuck für seinen Tisch und sein Ruhepolster will er nicht mehr, wie sonst üblich, die Blumen des Gartens:,,Lass ab," ruft er seinem Diener zu,,,zu spähen, wo etwa noch des Sommers letzte Rose blüht"; mit einfacher Myrthe schmückt er sich das Haupt, bekränzt er den Becher. Wenn also die Naturherrlichkeit vergeht, da sitzt der gemütvolle Dichter unter dem Grün des Weinlaubes, umgeben vom Grün der Myrthe, dem Symbol der Dauer und der Liebe, denkt still des Wechsels und ist selbst ein Bild der Dauer im Wechsel.

An einem Tage des Spätherbstes richtet er an seinen Freund und Gutsnachbar Aelius Lamia eine kleine poetische Zuschrift:,,Wenn die bejahrte Krähe, die Regenprophetin, nicht täuscht, so bricht morgen stürmisches Wetter los vom Südost und wird den Boden des Waldes mit Blättern und das Gestade mit Seetang bedecken. Heut' ist's noch Zeit. Lass

trocknes Holz zusammenlegen; morgen wollen wir lustig sein bei Wein und Braten mitsamt dem von der Arbeit feiernden Gesinde." So weiss er auch die Zeit des Jahres, die ungemütlich ist, für die Stubengemütlichkeit auszunutzen: wenn's draussen stürmt, soll's drinnen lustig hergehn.

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Machen wir hier nun einen Augenblick Halt, blicken wir zurück und fassen das Bisherige zusammen, so mahnt der Dichter: Willst du die Kunst des Lebens lernen, so lerne gegen die Menschen milde sein, für Freundschaft sei empfänglich, öffne dein Herz dem Zauber der Liebe, trinke Freude und Labung in der Gabe des Weins, aus dem Born der Lieder und dem Verkehr mit den Musen, lebe mit der Natur, lebe mit ihr und erquicke dich an ihrer stets sich wandelnden und doch ewigen Schönheit. Hier hast du sowohl Abwehr gegen des Lebens Schmerz als wirkliche Lebensfreuden und Gewinn für Geist und Gemüt. So greife denn zu und pflücke vom goldnen Baume des Lebens, geniesse und sei froh!

So klingt die Mahnung des Dichters. War es, ist es so leicht, ihr zu folgen? Gar vielen fehlte und fehlt der Zauberstab, der allein diese Schätze hebt. Und welcher ist das? Horaz nennt ihn uns, er ist unentbehrlich in des Dichters Lebenskunst: es ist der leichte, frische und reine Sinn. Wo dieser Sinn fehlt, da winken Liebe und Freundschaft umsonst, umsonst blinkt da der Wein im Pokale, klingt umsonst zum Saitenspiel das Lied, lachen Flur und Wald, Berg und Quell vergebens. Du kannst dann das alles wohl haben, aber geniessen wirst du es nicht und nicht Segen davon gewinnen, wie du solltest.

Ein frischer und aufgeschlossener Sinn allein macht fähig, das, was die Gegenwart bietet, zu ergreifen und auszubeuten. Und das fordert ja Horaz in allem bisher Mitgeteilten. Dazu mahnt er aber auch sonst immer wieder: Nicht auf die Zukunft rechne mit deinen Gedanken und Wünschen,,,nicht in die ferne Zeit verliere dich, den Augenblick ergreife, der ist dein!" Das Blümchen pflücke, das gerade an deinem Lebenswege steht. ,,Willst du immer weiter schweifen, Sieh, das Gute liegt so nah, Lerne nur das Glück ergreifen, Denn das Glück

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