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Beschwerden der Nürnberger Barchentweber über ihre Meister.

Meister Arbeit die Lichter kaufen, das sonst auf keinem Handwerk gebräuchlich; desgleichen von einem Hemd 6 Pfennig zu waschen geben, das alles auswendig nicht ist, wollen geschweigen Badgeld, Kleider und anderer nothwendigen Leibsunterhaltung. Sollte ihnen nun das Brodgeld auf 80 Pfennig gesteigert werden, so könnte mancher unter ihnen an der schmalen Arbeit wöchentlich nicht so viel verdienen, als er dem Meister allein für Brod und Licht geben müsse.,Wovon sollten wir denn andere unsere Nothdurften kaufen, also daß uns unmöglich ist, ihrem Begehren Folge zu thun oder die 50 Pfennig steigern zu lassen, müßten eher durch die gedrungene Noth uns in andere Weg versehen.'

Als einen besonders schädlichen Mißbrauch', der im Handwerk eingerissen sei, hoben die Gesellen noch hervor, daß man,viel beweibte Gesellen einkommen' lasse, die etwan lezlich mit Weib und Kindern Ew. Herrlichkeit in die Almosen kommen; sind auch etwan von auswendigen Orten, da sie böse Stücke gemacht, von Weib und Kindern hierher gelaufen. So haben auch die Meister Bauernknechte oder Dorfweber, deren einer kaum ein Viertel Jahr gelernt, allein darum gefördert, daß solche Stümpler für gut nehmen müssen, was man ihnen gegeben hat, dadurch wir Gesellen, die nach Handwerks Gewohnheit, Gesez und Ordnung redlich lernen, ausgedrungen werden.“ Oder aber man wolle sie halten, wie man solche Stümpler gehalten, was der gemeinen Gesellschaft zur Beschwerung und dem Handwerk bei auswärtigen Werkstätten zur Verkleinerung gereiche. Derwegen unsere unterthänige Bitte: Em. Herrlichkeit wollen die günstige Fürsehung thun, daß kein beweibter Gesell allhie mehr eingelassen und gefördert werde, der also vom Land hereinlauft, er weise denn zuvor seinen Lehrbrief auf oder habe andere genugsame Kundschaft, daß er seine Lehrjahre nach Handwerks Gewohnheit ehrlich erstanden und des Handwerks redlich sei, damit durch die Fremden des Handwerks redliche Gesellen nicht so gar von hinnen getrieben und beschwert werden.'

Welche Antwort die Meister auf alle diese Beschwerden ertheilt haben, ist nicht bekannt geworden; dagegen liegt eine solche Antwort vor auf eine von der Brüderschaft der Leinewebergesellen im Juli 1601 dem Rathe überreichte Klageschrift wegen einer von den Meistern eigenmächtig verfügten Lohnverkürzung, wegen ungebührlicher Auflage von Strafgeldern, die nicht einmal den armen fremden und kranken Gesellen zu gut in die Büchse gelegt, sondern von den Meistern vertrunken würden, endlich auch wegen der Beköstigung. ,Sie geben dem Gesellen von der gemöttelten Arbeit vom Hundert 1, vom Tuch aber 1/2 Pfennig zu Lohn' 1; ferner gegen Zahlung von wöchentlich

1 Mittling, eine besondere Art Gewebe ,etwa Leinwand aus Mittelflachs', sagt Schmoller, Bayerisches Wörterbuch 1, 1692. Schönlank 606 Note weist darauf hin.

Klageschrift der Nürnberger Leinewebergesellen und Gegenbericht der Meister. 91

6 Kreuzern die bloße Kost aus der Küche. Das Brod, Licht, Bier und alle anderen Sachen, was wir bedürfen, müssen wir uns selbst für unser Geld erkaufen, da dann einer die Wochen mit 10 Bazen ganz schwerlich hinauslangt. Und daß sie uns auch fürwerfen, es gelte ein Pfund Fleisch einen Bazen, ist nicht ohne, man gibt uns aber dessen wol desto weniger, denn ob uns wol alle Tage Fleisch zu geben gebührt, so geben sie uns die Woche kaum die Hälfte. Wollten aber in dieser schweren Zeit damit gern zufrieden sein, wenn sie uns nur mit anderen unbilligen und falsch bemäntelten Bürden nicht stetig also beschwerten. Als Lohnverkürzung gaben die Gesellen mit Bestimmtheit an, daß man ihnen seit Ostern von je einer Elle gemöttelter Arbeit 2 und vom Tuch 1 Pfennig abgebrochen habe. Der Rath möge sie bei ihrem,um viel Jahre her gehabten Lohn schüßen und handhaben“, um so mehr, weil sie nicht ein Handwerk hätten, ,das Sommer und Winter geht, sondern müssen in dem Winter gar oft feiern, auch Mancher nach Arbeit in's Elend und zum Thore hinausziehen'.

Der Gegenbericht der Meister erklärte alle diese Beschwerden für ein langes und unnöthiges Geschwäg', bekundete aber auch, daß in der Meisterzunft selbst Zwistigkeiten vorhanden waren. Die Gesellen, hieß es darin, hätten einen höhern Lohn, als sie vor 22 Jahren gehabt und seien damit zufrieden gewesen. ,Dieweil aber vor diesem etliche Meister und uns gleich wohl aus Neid die Gesellen mit einem mehrern Lohn, dann vor Alters gebräuchlich gewesen, also verheßt, daß sie anderen Meistern aus der Werkstatt Urlaub genommen und zu anderen eingestanden sein, haben etliche Aufrührer unter den Gesellen auf diesen Rank gedacht und die ganze Gesellschaft verreißt. Sie könnten den Gesellen ein Mehreres nicht als vor 12 und 20 Jahren zum Lohne geben'; falsch und leichtfertig seien dieselben niemals bestraft, die Büchsen von den Strafgeldern niemals entblößt worden. Daß sie vermeinen, daß wir ihnen täglich ihres Gefallens Fleisch für die Vlansen 1 sehen, Bier, Brod, Licht und andere Sachen noch dazu schaffen sollen: das sind wir zu thun nicht schuldig, ist uns auch in unserer Ordnung laut eines Gesetzes bei einer Strafe verboten.' ‚Da einem oder dem andern eines Meisters Küche oder der Lohn zu gering, mögen sie es auswendig versuchen, steht ihnen Thür und Thor offen; denn es gibt auf unserem Handwerk allerorts Gesellen genug‘; ,andere arme fremde Tropfen, die weit im Land herumlaufen und nicht Arbeit finden mögen, wären oft froh, daß sie allhie Arbeit hätten'. In Summa' wurden die Beschwerdeführer als Aufrührer und Faullenzer bezeichnet, die mehr,auf den Bierwirthen und Schwelgen lägen, als auf fleißige Arbeit bedacht seien 2.

1 Vlans

aufgesperrter Mund. 2 Schönlant 606-612.

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Traurige Lage der Nürnberger Lehrlinge.

Die Nürnberger Haftenmacher wollten einmal,der theueren Zeiten wegen' das Wochengeld der Gesellen für die Kost beinahe auf das Doppelte, auf eine Summe erhöhen, welche mancher Gesell', wie der Rath befand, ‚in der Woche überhaupt kaum verdiente' 1, so daß er also seine ganze Arbeit allein für die Kost hätte verrichten müssen.

Wie wenig Sorge oft in den Zünften, allen alten ehrbaren Zunftvorschriften zuwider, den Lehrlingen zugewendet wurde, zeigt eine dem Jahre 1595 angehörige Mahnung des Nürnberger Rathes an die Goldspinner, Bortenwirker und Carteschenmacher: ‚Dieweil auch die armen Jungen, sonderlich die fremden, die Niemand in der Stadt haben, der sich ihrer annimmt, mehrentheils durch Uebelhalten mit der Kost, böse Liegerstätte und üblen Geruch, den sie mit einander in engen Gemächern müssen erdulden, an ihrem Leib. mit beschwerlichen Krankheiten infizirt werden, so soll man den gemelten drei Handwerken warnungsweise sagen: würde fürderhin ein fremder Dienstehehalt, der nicht hier Bürger ist, in ihrem Dienst infizirt und verderbt, so sollten sie denselben auf ihre eigenen Kosten heilen zu lassen schuldig sein. Der Rath bestellte für jedes der drei Gewerbe zwei Vorsteher, welche darauf achten sollten, daß die Lehrjungen,vor Hunger und Frost geschüßt, an ihrer Gesundheit nicht verlegt, nicht mit Schlagen oder Werfen übel tractirt und über ihr Vermögen mit der Arbeit nicht angestrengt würden 2.

Mit der Entartung und dem Verfalle des gewerblichen Arbeitslebens erfolgte gleichzeitig ein auf die volkswirthschaftlichen Verhältnisse noch schlimmer einwirkender Verfall des Bauernwesens und der Landwirthschaft.

1 Ohne Angabe eines Jahres bei Stockbauer 34.

2 Stockbauer 24.

IV. Bauernwesen — wirthschaftliche Einwirkung des unbeschränkten Jagdwesens Verkümmerung der Landwirthschaft.

Seitdem die sociale Revolution vom Jahre 1525 im Blute der Bauern erstickt war, folgte im ganzen Reiche die traurigste Umbildung der agrarischen Zustände1. Der Bauernstand, der kräftigste und zahlreichste Theil des Volkes, sah sich, allgemein gesprochen, rechtlos und schußlos der Willkür der Gewalt= haber preisgegeben, und zwar nicht allein in denjenigen Gebieten, in welchen die Stürme der Revolution gewüthet hatten, sondern auch, sogar in höherem Grade noch, in jenen, welche davon unberührt geblieben waren.

Unmittelbar nach der Niederlage der Bauern nahm sich die Reichsgesetzgebung auf dem Speyerer Reichstage vom Jahre 1526 noch einigermaßen der Niedergetretenen und Verfolgten an. Es solle, hieß es in dem Reichsabschiede vom 26. August, gegen die Unterthanen, welche sich des Aufruhrs schuldig gemacht hätten, so verfahren werden, daß sie die Gnade und Barm= herzigkeit ihrer Oberen größer und milder dann ihre unvernünftige That und Handlung spüren möchten; jede Obrigkeit besige Gewalt und Macht, die Unterthanen, welche sich in Gnade und Ungnade ergeben und bestraft worden jeien, wiederum in den vorigen Stand ihrer Ehren zu sehen und geschickt zu machen, Rath und Gericht zu besezen, Kundschaft zu geben', das heißt als Zeugen aufzutreten, und Amt zu tragen, in ihren Anliegen und Beschwerden jederzeit gnädiglich zu hören und nach Gestalt der Sachen gnädig= lichen und förderlichen Bescheid zu geben, sie auch durch sich selbst, ihre Amt= männer, Schultheißen und andere Diener nicht unbillig beschweren, sondern, welcher Recht leiden mag, dabei bleiben zu lassen 2.

Jedoch nur wenige Obrigkeiten übten diese,Macht und Gewalt'; einige derselben, namentlich geistliche, wie die Aebte von Murbach und Maurusmünster, die Bischöfe von Speyer und von Straßburg, ließen gegen die Geschlagenen Milde walten; der Erzbischof Matthäus Lang von Salzburg gab

1 Vergl. was wir Bd. 1, 297 fll. über das landwirthschaftliche Arbeitsleben im ausgehenden Mittelalter und Bd. 2, 401 fil. 440 fil. 573 fll. über die sociale Revolution und ihre Folgen gesagt haben.

2 Neue Sammlung der Reichsabschiede 2, 274 § 6; vergl. 275 § 8.

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Lage des deutschen Bauernstandes nach der socialen Revolution von 1525.

am 20. November 1526 den Befehl: unbillige, neu eingeführte Beschwerungen der Unterthanen sollten abgeschafft werden, insbesondere sollte Niemand Macht haben, ‚von Neuem Leibeigenschaft und Todfall auf den Leuten und Gütern, darauf die vor nicht gewesen, aufzubringen 1. Nicht viele Fürsten konnten von sich aussagen, was Herzog Georg der Bärtige von Sachsen bezüglich des Bauernkrieges im Jahre 1527 an den Landgrafen Philipp von Hessen schrieb: ,Wir haben Gottlob Niemanden Nichts genommen, haben uns Gottlob der= maßen gegen ihnen gehalten, daß wir der keins mit Gewalt haben dürfen von ihnen dringen; sie sein auch, Gott hab Lob, so sehr nicht verarmt, sie sollen neben anderen ihren Pfenning wol zehren mögen, und ihrem Herrn eine Hülf thun können, gleich anderen und vor anderen.' 2

In manchen Bauernordnungen späterer Zeit zeigte sich nicht eine Spur von Vergewaltigung der Gemeinden durch die Obrigkeit, zum Beispiel in der dem Jahre 1544 angehörigen Dorfordnung von Kappel bei Villingen, dessen ,Obherren das Kloster St. Georgen auf dem Schwarzwalde und Junker Jacob von Freyburg waren 3, und in der zwei Jahre später vom Bischofe Philipp von Basel erlassenen Dorfordnung für Schliengen 4.

Aber im Allgemeinen galt von dem deutschen Bauernstande nach der socialen Revolution, was Sebastian Franck schon im Jahre 1534 schrieb: die Bauern sind Jedermanns Fußhader, und mit Fronen, Scharwerken, Zinsen, Gülten, Steuern, Zöllen hart beschweret und überladen'. Mit dieser ihrer jammervollen Lage, mit dem Haß, der sie gegen ihre Unterdrücker erfüllte, hing dann zusammen, was Frand hinzufügte: Sie sind doch nicht dester frümmer, auch nicht, wie etwan, ein einfältig, sondern ein wild, hinterlistig, ungezähmt Volk.'5

Eine machtvolle kaiserliche Centralgewalt, welche ehedem im Bunde mit der Kirche die eigentliche Grundlage des bäuerlichen Wohlstandes gebildet, die Bauern vor den Uebergriffen der Fürsten und des Adels geschüßt, überhaupt den deutschen Bauernstand vor dem Schicksal, in welches der slavische Ackerbauer auf das tiefste hinabsank, bewahrt hatte 6, war nicht mehr vorhanden. Da ist kein Kaiser mehr', heißt es in einer Flugschrift vom Jahre 1598, seit vielen langen Jahren kein Kaiser mehr, der sich des armen elenden

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1 Vergl. unsere Angaben Bd. 2, 579-580.

2 Seidemann, Briefwechsel zwischen Landgraf Philipp von Hessen und Herzog Georg von Sachsen, in Niedner's Zeitschr. für histor. Theologie 19, 213. 214. Mitgetheilt von Roth v. Schreckenstein in der Zeitschr. für die Gesch. des Oberrheins 30, 442-456.

3

Mitgetheilt von Bader in der Zeitschr. für die Gesch. des Oberrheins 18, 225-243. 5 Weltbuch Bl. 47.

Vergl. Nitzsch 1, 337–339, und 2, 8-9. 318.

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