SÄMMTLICHE WERKE. HERAUSGEGEBEN VON KARL ROSENKRANZ UND FRIEDR. WILH. SCHUBERT. ZWEITER THEIL. LEIPZIG, LEOPOLD VOSS. 18 3 8. 17.475 K16. 1838 V. 2 VORREDE. Es kann nicht Zweck dieses Vorwortes seyn, über den Werth und die Bedeutung der Kant'schen Kritik der reinen Vernunft sich auszulassen. Es ist nicht nothwendig. Die Kant'sche Schule nicht weniger als alle anderen stimmen in der Anerkennung dieses unsterblichen Werkes überein. Es ist das Janushaupt der neueren Philosophie. Alle Errungenschaft der vorangegangenen Bestrebungen concentrirt es in sich; alle neuen Richtungen, jeden ferneren Fortschritt bahnt es an. So subtil sich oft die Architektonik in eine Menge Einzelnheiten zergliedert, so bleibt doch der tiefe Oft glaubt Darstellung, natur im Entwurf des erhabenen Ganzen mit einer Zwergnatur in der mühsam geduldigen Ausführung der zahllosen Details des Baues sich vereint habe, das lässt sich auch von ihr behaupten. Und wie man sich in dem Strassenlabyrinth einer grossen Stadt über Häuser, Paläste und Capellen hinfort durch den Blick auf die Alles überragenden Thürme orientirt, so kann man auch in der neueren Philosophie, im Gewirr ihrer Kämpfe, keinen sicheren Schritt thun, wenn man nicht Kant's Kritik im Auge behält. Fichte, Schelling, Hegel und Herbart haben sich apologetisch und polemisch an ihr gross gezogen. Die Kritik der reinen Vernunft erschien zuerst Riga 1781, gr. 8., bei Kartknoch. Es soll hier nun über das bei dieser Ausgabe befolgte Verfahren Rechenschaft gegeben werden. Das ist die Absicht dieser Vorrede. Denn die Kritik hat sieben Auflagen erlebt. Die letzte erschien Leipzig 1828, gr. 8., in demselben Hartknoch'schen Verlag. Die zweite Ausgabe erschien 1787. Sie enthält sehr wesentliche Veränderungen, welche in die folgenden Ausgaben übergegangen sind. Wie soll sich nun der Herausgeber für einen Abdruck in den sämmtlichen Werken verhalten? Das Nächste scheint unstreitig, dass er die Kritik nach der zweiten Ausgabe besorgt. Denn da Kant die späteren Abdrücke genau nach derselben wiederholen liess, so liegt doch hierin das Urtheil, dass er mit derselben völlig einverstanden war. Ein Abdruck der ersten Ausgabe würde ihm, so scheint es, ein Unrecht anthun und der Mühe, die er auf die zweite verwendet, ge |