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Einleitung.

Begriff und Wesen der Mystik.

Neben den beiden Antipoden moderner Theologie, dem Supranaturalismus und Rationalismus, hålt sich in bescheidener Ferne eine Lehre, der die Wortführer der Wissenschaft von ihrem pythischen Tribunale herab im wogenden Streite der Parteien keine zählende Stimme einzuräumen belieben. Und doch ist diese Erscheinung des religiösen Lebens und Bewußtseyns ålter als jedes Philosophem, dessen Charakter, wie die Geschichte der Religion und Philosophie zeigt, stets von mehr oder minder ephemerer Natur ist; und doch enthält diese Lehre einen Reichthum speculativer Gedanken, der eben so befruchtend und weiterführend auf die Gestaltung der christlichen Wissenschaft seit ihrem Beginne einwirkte, als das christliche Leben durch die Tiefe und Innigkeit des darin waltenden Gefühls segensreich gefördert wurde. Aber freilich ist dieselbe auch im ganzen Verlauf ihrer Entwickelung nie mit der Prátension aufgetreten, mit welcher neue Systeme sich geltend zu machen suchen; ihre formelle architektonische Seite betrachtet sie selbst als den ungenügenden Ausdruck ihres von Gott erfüllten Bewußtseyns, als einen schwachen Wiederhall jener gewaltigen Harmonie, die, von höherer Macht geweckt, im Innern erklang. Schon der Umstand, daß diese Lehre nie im ausschließlichen Besitze der absoluten Wahrheit zu seyn behauptet, und von den Ab: stractionen des raisonnirenden Verstandes ein für alle Mal nichts wissen will, mußte Verdacht, wenn nicht gar Mitleiden erregen. Dazu kam der ominóse Name. Mystik, sagt man, kommt von

uven, das einmal den dumpfen, seufzenden Laut bezeichnet, der entsteht, wenn man den Mund schließt und die Lippen fest zusammendrückt, dann aber auch das Verschließen des Mundes selbst. Den Mund schließt man beim Unaussprechlichen, Geheimnißvollen, daher denn auch μvotixòs das Geheimnißvolle, Unaussprechliche bedeutet. Wie sollte nun aber eine solche Geheimthuerei etwas Gesundes, Vernünftiges feyn? Die Offenbarung des Evangeliums hat das Tageslicht nicht zu scheuen, ja dieselbe tadelt sogar ausdrücklich Diejenigen, die in Nacht und Finsterniß wandeln. Dagegen könnte man nun zwar mit Neander's trefflicher Bemerfung entgegnen, uver bedeute, die Augen für die Sinnenwelt zuschließen, und für die andere Welt öffnen '): allein es bedarf einer solchen Rechtfertigung gar nicht, da anerkannter Maaßen etymologische Erklärungen zur Bestimmung eines Begriffs immer nur bedingterweise zulässig sind, und eine wahre Definition aus der Sache selbst sich ergeben muß. Dieß nun gerade war das Schlimme. Da es im Wesen der Mystik liegt, nicht nach dem Ruhme zu geizen, den entsprechenden Ausdruck für ihren Gedanken gefunden zu haben, so war es für dieselbe natürlich die schwierigste Aufgabe, sich selbst begrifflich zu fassen. Um so bereitwilliger haben sich ihre Gegner dazu herbeigelassen, wobei es fast durchgängig geschah, daß man sich an einzelne Thatsachen und Erscheinungsformen hielt, nach deren Werth man das Ganze beurtheilte.

Versteht man unter Religion im Allgemeinen das objective Verhältniß zwischen dem absoluten und endlichen Geiste, und so= fort in subjectiver Beziehung das Verhalten des endlichen Geistes zum unendlichen, so ergibt sich hieraus nicht nur die Möglichkeit verschiedener Weisen der Religion überhaupt, sondern zugleich der weitere Sah, daß die Mystik eine bestimmte Weise der Religion ist. Es drückt ja die Mystik durchgängig eine gewisse Beziehung auf das Unendliche, auf die absolute Idee aus, mag dieselbe eine nåhere, oder entferntere, eine bewußte, oder unbewußte seyn. Dagegen ist freilich schon behauptet worden 2), eine Analogie

1) Der heilige Bernhard und sein Zeitalter. Berlin, 1813. S. 148. 2) Der Mysticismus des Mittelalters in seiner Entstehungsperiode dargestellt von H. Schmid. Jena, 1824. S. 24 ff.

der Mystik lasse sich in allen Theilen des menschlichen Wissens denken: in der Philosophie habe sich während ihres ganzen ges schichtlichen Verlaufs eine Vermischung des Göttlichen mit dem Sinnlichen geltend gemacht; eben so erinnere in der Poesie der blinde Gefühlstaumel unverkennbar an eine mystische Beimischung; der Magnetismus mit der Voraussetzung einer unmittelbaren Einwirkung höherer und göttlicher Kräfte auf dem Gebiete der Medicin, sowie in der Rechtswissenschaft der Grundsah, in dem historisch gegebenen Rechte einen durch höhere Eingebung und Leitung geheiligten Rechtszustand zu erblicken, seyen verwandte Erscheinungen: allein ein solches Analogon gehört darum noch nicht zum Begriff und Wesen der Mystik, und kann nicht einmal als Ausfluß und Resultat einer mystisch-religiösen Denkweise betrachtet werden, da das Wesen der Mystik selbst einseitig genug bei dieser Voraussetzung in einer verkehrten Richtung des Gefühls gefunden wird. Um so bereitwilliger wird man es anerkennen müssen, daß jede Religion, vorausgeseht daß dieselbe nicht mehr bloß unter dem Geseze natürlicher Endlichkeit befangen ist und die Idee des Unendlichen wirklich anerkennt, mehr oder we niger ein mystisches Element in sich aufnehmen kann. Besonders gilt dieß von den orientalischen Religionen, wie denn der auf morgenländischem Boden erwachsene Muhamedanismus in den verschiedenen Perioden seiner Entwickelung besonders reich ist an mystischen Erscheinungen, mit denen uns Tholuck in mehreren schäßbaren Werken bekannt gemacht hat.

Somit kann es nicht befremdend erscheinen, daß die christliche Religion, die in selbstbewußter Freiheit alle Gegensäße und die widersprechendsten Auffassungsweisen in sich aufnimmt, um sich durch deren Ueberwindung als die Religion des Absoluten zu erweisen, und ihren absoluten Begriff zu realisiren, die Mystik nicht nur in sich aufgenommen, sondern auch entwickelt hat. Wenigstens fehlt es im ganzen Verlauf der christlichen Kirche nicht. an religiösen Erscheinungen, die entweder selbst auf den Namen der Mystik Anspruch machten, oder doch hinterher als mystisch anerkannt und bezeichnet wurden. Diese Thatsache ist außer allem. Zweifel: allein was der bestimmte Grundcharakter, der unterschei dende Begriff solcher mystischen Erscheinungen sey, das ist eine Frage, die schon unzählige Mal aufgeworfen und beantwortet,

bisher noch nicht in einer allgemeinen Verständigung ihre Erledigung fand. Ja der von dem gegenwärtigen Standpunkt der Theologie aus so vielfach in Anregung gebrachte Streit hat bisher so wenig zu einem befriedigenden Resultate geführt, daß die darauf sich beziehenden Behauptungen widersprechender, die Ansichten schwankender geworden sind, als je. Würden die dießfallsigen Verhandlungen bloß auf dem Felde und mit den Waffen der Wissenschaft geführt, so tráten die Meinungsdifferenzen wenigstens bestimmter hervor, und eine vergleichende Beurtheilung wåre móglich: allein der populåre Verstand, der sich lediglich an das Aeußere der Sache hält, und sich besonders mit persönlichen Rücksichten und den nach seinen beschränkten Ansichten nüßlichen oder schädlichen Folgen einer wissenschaftlichen Erscheinung zu schaffen macht, hat sich auch in dieser Angelegenheit zum Wortführer aufgeworfen, und sein Anathema über die Mystik und ihre Anhänger erschallt von einem Ende Deutschlands zum andern. Ist es ja doch so weit gekommen, daß selbst örtliche Verhältnisse einen Unterschied der Ansichten begründen, obschon dieser meist nur den Namen betrifft, weil der Eine Mysticismus nennt, was der Andere Pietismus. Uebrigens ist die Verwechselung beider mehr zu beklagen, als ihre Trennung; denn wenn sie auch im Allgemeinen mehrere Berührungspunkte darbieten, so findet doch zwischen dem Pietismus unserer Tage und der eigentlichen Mystik die bedeutendste Verschiedenheit schon deßhalb Statt, weil beide den Begriff des Glaubens in einem ganz andern Sinne nehmen.

Am häufigsten trifft es sich, daß nicht nur von Seiten jener Indifferendisten, die der Religion außer ihrem sittlichen Einfluß, den sie im Interesse des Staats beim Volke geltend machen foll, jede weitere Bedeutung absprechen, sondern auch von dem wissenschaftlichen Rationalismus die Mystik durchaus für gleichbedeutend mit dem Supranaturalismus genommen wird. Wer an die übermenschliche Persönlichkeit Christi, oder auch nur an den göttlichen Charakter des Christenthums glaubt, ist in den Augen solcher Leute ein Mystiker, eine Benennung, gegen welche die gewaltige Phalanx jener Supranaturalisten, die zwar gleichfalls nur durch den Glauben den Inhalt der absoluten Idee beim Men= schen vermittelt seyn lassen, ohne jedoch deßhalb dem vernünftigen Denker in den Sachen der Religion alles Recht abzusprechen, als

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