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Allein ich will!

Roman von

Frieda Freiin von Bülow.

(Fortsetzung.)

unne führte Vacha um den schilfbekränz ten Teich zu dem in einer alten Klostermauer gemeißelten Steinbild eines Mönchs. Dies Hochrelief stammte sichtlich aus einer Zeit künstlerischer Unkultur. Die Figur war überlang und ecig, in dem langen Gesicht ein paar dicht beisammen stehende kleine kugelrunde Augen und eine im Lauf der Zeiten abgesprungene Nase. So häßlich war dieser Mönch, daß er den Beschauer noch im Traum verfolgen konnte. Aber die Sehenswürdigkeit war ein auf seiner Brust sigender gewaltiger Stein.

„Der Stein auf seiner Brust," erklärte Gunne, ist die Buße, die er für seine Sünde auf sich nahm."

"Ich verstehe sehr gut, wie die kaum lösbaren Wirrnisse des Weltlebens ernste Menschen ins Kloster führten," sagte Vacha.

Man erzählt, dieser mit dem Stein sei der Begründer des Klosters gewesen. Ein junger Ritter war er und hat das Fräulein Karoline vom Detterskopf geliebt und entführt. Der alte Graf aber hat ihm aufgelauert und hat ihn im Kampf verwundet und seine Tochter wieder auf seine feste Burg geschleppt, und da ist sie vor Gram gestorben. Wie der Ritter von seiner Wunde genesen ist, hat er gehört, daß fie tot war; da ist er Mönch geworden und hat an Stelle seiner Burg das Kloster Gauschach gegründet. Und hat sein Leben lang nur noch Buße getan."

„Vielleicht war er ein Vacha," meinte er sinnend. Und er erzählte ihr, daß er von dem einst hier mächtigen Dynastengeschlecht abstamme.

Es machte ihr sehr viel weniger Eindruck als dem alten Grafen Dieters.

„Du bist was Du bist," sagte sie auf

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(Abdruck verboten.)

Was Deine Väter seine lächelnde Frage. waren, ist mir gleichgültig, bis auf das eine, daß sie eben Deine Väter waren."

„Bist Du gar nicht stolz auf Euren

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Vacha erinnerte sich sogleich deutlich des schlanken jungen Reiters, dem er neulich unmittelbar nach der Trennung von Gunne begegnet war. Die hübsche Haltung, der gute Siz zu Pferde waren ihm aufgefallen. Roß und Reiter wie aus einem Guß,' hatte er gedacht.

Das war der Graf Gereuth gewesen, wie er jezt wußte. Heut' bei Tisch war noch viel von ihm die Rede gewesen.

Es war ihm gar nicht unangenehm zu erfahren, daß er, der arme Dorfpfarrer, ohne jede Mühe diesen an Rang und Gütern so sehr überlegenen Bewerber ausgestochen hatte.

Ganz gewöhnliche Manneseitelkeit regte sich in ihm.

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fleine Gunne? Denkst Du, das sei ein Inselchen. Eine breite Schilfwand trennte Kunststück, auf das nur ich mich verstehe." sie vom Lande. Das Wasser schimmerte Gunne fühlte Entzücken über seinen im Schatten der Weiden dunkelgrün und scherzenden Ton. Es war das erste Mal, daß sie ihn scherzen hörte, und es brachte ihn ihr menschlich viel näher.

Lachend entgegnete fie: „Ach Du! Liebst Du denn? Du läßt Dich nur lieben?“ „Meinst Du?"

"Ja. Eigentlich bist Du ja doch nur ein steinerner Mönch, wie der dort." "So?" "Ja."

Er griff nach ihr. Sie lief lachend fort. Er holte sie rasch ein, nahm sie gefangen und füßte sie stürmisch.

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Das war für den steinernen Mönch.“ Sie war außer Atem, als er sie losließ; ihr Gesicht glühend, ihr Haar zerzaust, ihr weißes Festkleidchen verdrückt.

D Du!" sagte sie verwirrt, ging auf das Anlegebrückchen und sprang in den Nachen.

Soll ich Dich Kahn fahren?"
Ihm war es recht.

Der Teich, den die kleine Hundsbach füllte, war nirgends tief, aber, da Zu- und Abfluß starkes Gefäll hatten, klar. Das flache Boot wurde mit einer Stange fortbewegt.

Gunne stand und stieß die lange Stange auf den Grund wie ein venezianischer Gondel führer. Dann schoß der Kahn jedesmal eine Strecke weiter.

Sie sah köstlich aus in ihrem weißen, weichen Kaschmirkleid, mit dem jungschönen Wuchs und den wunderbaren Farben.

Ihre Lippen sind ganz unwirklich rot! dachte er, sie anstaunend.

Er mochte nicht mehr reden.
„Kannst Du singen, Gunne?"

"Ja,

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so wie man von selber singt." Sing mir ein Lied! Ja?"

Sie begann sogleich ohne jede Ziererei. Mit halblauter wohltönender Stimme sang sie ein Volkslied. Sie sang ungeschult, aber mit natürlichem musikalischen Gefühl und mit Seele. Gar lieblich klang die träume rische Weise zu dem Plätschern des Wassers. Ihre Augen schauten über ihn fort, wie in die Ferne. Sie nahmen nur einen konzen trierten Blick an, wenn es einmal zu steuern galt.

So glitten sie unter dem zartgrünen Gehänge der Trauerweiden rund um das

goldig. Wunderbare flimmernde Lichter spielten darin. Schilf und Weiden warfen deutliche Spiegelbilder. Leise, wie ein Flüstern, klang das Plätschern des Wassers an den Nachenwänden. Es war wie ein Märchentraum!

"Sing weiter!" bat ihr Lied beendet hatte. anderes.

Vacha, als Gunne Und sie sang ein

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„Wir wollen nach Tisch einen gemeinsamen Waldspaziergang machen,“ berichtete Gunne glückselig, „über den Martinshof nach den Teufelsäcern. Dort hat man in der ganzen Gegend den schönsten Fernblick. Leonharts kommen auch.“

Die Sonne lachte, die Dorfleute standen in ihrem besten Puz auf der Gaffe, es roch nach Blüten und nach Kuchen, alles schien zur Freude gestimmt.

Gunne lachte, grüßte, plauderte, liebkoste ihren Vater und neckte Vacha, der ihr im Landauer gegenübersaß, ganz kecklich.

Und er konnte den Blick von ihren lachenden Augen, von den vollen, kirschroten Lippen gar nicht lassen.

Wie wonnevoll war das Leben!

,Gott sei Dank, dachte Höllen, sie ist die Stärkere. Sie wird ihn besiegen.'

Obzwar nicht von der Verlobung ge

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Wer hätte so 'was Vernünftiges von diesem Finsterling gedacht!" sagte Leonhart höchst erfreut; „jezt glaub' ich, daß aus dem Mann noch etwas werden kann!“

Vachas Eispanzer schien wirklich geschmolzen. Er gab sich ungezwungen und von einer Liebenswürdigkeit, die alle bezauberte.

Aber selbst Biensaam glänzte heute vor Glück. Das Rauschen der Waldbäume, unter denen er geruht, hatte ihm eine Liebesszene eingeflüstert, die der Glanzpunkt seines Ritterdramas zu werden versprach. Es war etwas Triumphierendes in seinem Wesen, denn er sah sich im Geiste von der Gloriole unsterblichen Dichterruhms umschwebt, und er fühlte sich sehr erhaben über die Alltagsmenschen um ihn herum, die sich so banal vergnügten.

Er war unter den Erwachsenen der einzige, der blind und taub blieb für das, was sich vor seinen Augen zwischen Gunne und Vacha abspielte. Er merkte nichts.

Viel zu früh für Gunne nahm dieser zweite Feiertag ein Ende.

Wenn in den nächsten Tagen von Max Gereuth die Rede war, wurde Gunne jedesmal rot. Das Peinlichste war, daß die Mama, sobald sie ihn nannte, ein wehmütiges Gesicht machte und in ihrem sentimen talsten Ton sagte der arme Max".

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Gunne empfand dies als eine gräßliche Unzartheit; sie wußte auch, daß dem Vater diese Art Mitleid zu äußern, wenn man den Betreffenden vor Mitleid wenigstens hätte schützen mögen, so peinvoll war, wie ihr selbst.

Aber Natalie fühlte anders.

Einmal fragte Hilmar: „Warum sagst Du immer arm', Mama? Ist der Max denn arm?"

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„Warum versteh' ich es denn nicht?" forschte er ungläubig.

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Frag nicht so viel! Weißt Du was? Ein Narr fragt mehr, als zehn Kluge beantworten können.“

Hilmar wandte sich seiner Schwester zu, die ihm nicht so abweisende Antworten gab. „Gunne!" rief er verwundert, „Du bist ja auf einmal fuchsfeuerrot geworden!?“

Gunne verlor alle Fassung und brach in Tränen aus.

,,Dummer Junge!" schalt Natalie, „jezt geh 'mal gleich aus dem Zimmer.“

„Was hab ich denn getan, Mama?!“ rief Hilmar in gekränkter Unschuld.

„Du sollst nicht so naseweis sein!"

Wenn etwas dem ehrliebenden Knaben unleidlich war, so war es die Bezeichnung "naseweis". Einen bestimmten Begriff machte er sich nicht davon; er wußte nur, daß die Erwachsenen es verächtlich sagten, wenn er ganz vernünftige Bemerkungen machte.

Heulend vor ohnmächtigem Zorn zog er ab. Aber er machte doch eine Nuzanwendung: „Wenn jemand Erwachsenes rot wird, darf man's beileibe nicht sagen." Es schien etwas schwer Beleidigendes zu sein, so etwas laut zu sagen. Aber vergeblich sann er über das Warum.

Er lief nach dem Hof, um in den Ställen, bei Knechten und Vieh Vergessenheit zu suchen.

Aber im Garten schon kam Gunne ihm nach. Sie legte freundschaftlich den Arm um seine Schultern. „Hil!"

Er schmiegte sich ihr zärtlich an. „Ich wollte Dich wirklich nicht ärgern, Gunne!“ Das weiß ich ja, Hil. Du bist doch mein lieber Junge."

so

zu

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Aber warum wurde die Mama nur furchtbar böse?"

„Weil ich so dumm war und anfing heulen."

„Warum denn, Gunne?!"
"Ich schämte mich so."

Hilmar hätte gar zu gern weiter geforscht, warum Gunne sich schämte. Aber ein Gefühl, daß etwas ihr Peinliches zu Grunde liegen müsse, ließ ihn schweigen.

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Mädchen brauchen ja nicht," tröstete beim Abschied noch gesagt habe, zu verer. „Mädchen dürfen weinen, sagt Herr zeihen. Ich war ein Esel. Was kann sie Biensaam, und Jungen müssen männlich dafür? Sie soll lieb sein und mir's nicht sein." nachtragen. Sag' ihr, daß ich ihr alles Gute wünsche."

Gunne lachte. „Herr Biensaam meint, alle Mädchen wären schwach. Man weint nämlich nur, wenn man schwach ist, weißt Du."

Ich werde nie mehr weinen!" erklärte Hilmar.

"Ja, dann mußt Du aber sehr stark werden, sonst fannst Du Dich nicht immer richtig zusammennehmen.“

Ich habe doch am Sonnabend schon 64 Pfund und 200 Gramm gewogen! Ich werde bald so stark sein, wie die Brüder! Aber ich will so stark werden, wie ein Pferd, wie der Vetter Max." Beide verstummten plöglich. Dann fragte Hilmar vertraulich: "Sage mir doch, Gunne, warum ist der Max eigentlich arm? Er hat doch ein großes Gut, zehnmal so groß wie Klostergauschach, sagt der Papa. Dann ist er doch reich ?!"

,,Seine Eltern sind aber sehr alt und krank und darum ist es vielleicht ein bißchen traurig für ihn in Ingelfingen. Und die Mama denkt, daß er lieber hier sein möchte." „Er kann ja wiederkommen."

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Vielleicht nicht. Seine Eltern brauchen ihn doch. Es gibt viel Trauriges im Leben, was sich schwer verstehen läßt. Und es nußt nichts, darüber zu grübeln und zu seufzen. Aber der liebe Gott weiß ganz genau, daß es so sein muß und warum gerade so.“

Sie sagte das so einfach, daß es dem Kind durchaus einleuchtete. Er fühlte auch dunkel aus ihrem Ton die ehrerbietige Scheu, an Dinge zu rühren, die sich dem Menschenurteil entzogen. Es war nur ein unbestimmtes Gefühl, doch genügend, um ein weiteres Forschen nach Mar Gereuths Mitleidswürdigkeit für ihn gänzlich auszuschließen.

An demselben Tag zeigte der Vater Gunne eine Stelle in einem Brief, den er von dem Neffen aus Ingelfingen erhalten hatte.

„Diese Stelle ist für Dich," sagte er

dabei.

Sie las unter heißem Erröten in des Vetters ungeübter Handschrift: „Gunne bitte ich, mir die dummen Worte, die ich ihr

30.

Gräfin Gabriele Dieters hielt es für das Allernotwendigste, das Pfarrhaus von Wüstenkaltheim genau zu besichtigen.

Fand man es für Gunne Höllens zufünftige Wohnung einigermaßen brauchbar, so mußte jedenfalls schon jezt mit eingreifenden Ausbesserungen und Veränderungen begonnen werden.

Schlimmstenfalls mußte ein Neubau beantragt und so schleunig wie möglich in Angriff genommen werden.

Gabriele bewunderte Heinrich Höllen und war ihm in warmer Freundschaft ergeben. Natalie fand sie freilich eine dumme Pute“, die das Glück, einen so prachtvollen Mann zu haben, gar nicht verdiente, aber auch mit ihr stand sie sich äußerlich sehr gut.

Und es erschien ihrem Betätigungsdrang durchaus natürlich, etwas von den praktischen Angelegenheiten, Gunnes zukünftige Existenz betreffend, in ihre Hand zu nehmen.

Sie fühlte sich dabei als Kirchenpatronin von Wüstenkaltheim, obwohl in Wahrheit das weit bevölkertere, größere Wüstenkaltheim die Muttergemeinde und das kleine Dietenhausen Tochtergemeinde war.

Also sezte sie sich eines schönen Juninachmittags in ihren Wagen und fuhr, den Kopf voll Beglückungs- und Verbesserungsplänen, hinauf nach Wüstenkaltheim.

„Halten Sie zuerst beim Gemeindehaus, Lorenz."

Das helle Haus grüßte freundlich. Aber wie klein die Blätter hier noch waren gegen die im Tal! Wie dürftig das Laub! Wie spärlich die Blumen! Und Obstbäume sah man gar nicht.

Der Wind strich hier oben so scharf und kalt vom hohen Moor herüber! Sie schüttelte den Kopf.

Nein, hier durfte Gunne auf die Dauer leben! Der Sommer war hier zu Er kam so spät, und die Herbststürme und Winterkälte sezten desto früher ein.

nicht kurz.

Man mußte den Herren vom Konsistorium nahe legen, eine gute Stelle, die von Klostergauschach nicht gar so weit ab lag,

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