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Jezt kreuzte ein anderer Einfluß den seinen, und ihm war als richte dieser an-< dere in Gunnes Denken und Empfinden Verwirrung an. Würde sie die Kraft haben, sich zur Klarheit durchzuringen?! —

Die Liebesleidenschaft, die sie jezt ganz erfüllte und beherrschte, schloß die innere Ruhe aus, die einmal die Vorbedingung jeden klaren Erkennens war.

Höllen sah die Hoffnungslosigkeit des Ankämpfens gegen diese elementare Gewalt, die ihren Weg haben wollte.

,Das ist die Natur, sagte er zu sich selbst, die das gesunde junge Weib hin zum Manne zwingt. Sie verkleidet sich listig in alle idealsten Vorstellungen, um sich in das Herz des reinen jungen Mädchens hineinzuschmeicheln. Ein unendlich überlegener planvoller Intellekt und Wille könnte dies nicht wirksamer in Szene sezen. Und sicherlich müssen wir in solchem Geschehen das unmittelbare Walten der Gottheit erkennen und ehren, also uns darein schicken. Wenn nur nicht so oft Edelstes dabei zu Grunde gehen wollte!'

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Er hatte seine Schritte nach dem Garten gelenkt, wo, wie er wußte, Natalie weilte.

Sie saß in ihrem amerikanischen Liegestuhl am Teich, und als er sich näherte, bemerkte er, daß sie bitterlich weinte.

„Natchen! Aber mein armes Natchen! Hat Dich der Wauwau gebiffen?"

Er hatte längst aufgehört, ihre Tränen sehr ernst zu nehmen.

Sie schüttelte nur den Kopf und weinte weiter.

Er zog sich einen der Gartenstühle herbei, sezte sich dicht neben sie und sah ihr ins Gesicht, über welches, wenn sie es nicht gerade ins Taschentuch vergrub, die Tränen stromweise flossen. Wirklich, sie war ein Bild des Jammers!

Ihr Anblick erregte doch sein Mitleid. Er legte einen Arm um ihre zarten Schultern und seine Wange gegen die ihre. Zärtlich-leise sprach er so auf sie ein.

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Erneutes heftiges Schluchzen folgte.

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Er entfernte sein Gesicht von dem ihren und nahm auch den Arm von ihrer Schulter. Was hatte er nur erwartet? Frgend eine Muttersorge vielleicht? Dieses nicht. „Weißt Du noch vor zwanzig Jahren,“ sagte er in heiterem Ton, wie Du dreißig wurdest? Das war Dir auch sehr fatal." „Ja, weil Du erst siebenundzwanzig warst," schluchzte sie. Das ist es eben." „Komischerweise sind es nur die Zahlen mit der Null, die Dich so aufregen, mein armes Natchen. Damals warst Du eine ganz reizende junge Mama, vor und nach dem siebzehnten Juni; aber mit der Zahl Dreißig wolltest Du Dich nicht befreunden. Nachher ging's doch ganz gut. Wie?"

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„Ach ja. Aber fünfzig! Da fängt schon das Alter an, das wirkliche gräßliche Alter! Und Du bleibst immer so jung."

"In zwanzig Jahren, Natchen, bist Du siebzig und ich siebenundsechzig, da merkt nachher kein Mensch mehr einen Altersunterschied."

"

So alt werd' ich gar nicht. Du wirst mich schon noch los und kannst Dir noch 'ne junge frische gesunde Frau nehmen.“

Erneutes heftiges Schluchzen.

„Natalie," sagte er eindringlich ernst, müssen wir nicht alle altern und endlich sterben? Mit diesem Jammern und ohnmächtigen Widerstreben betrügst Du Dich um Dein bestes Teil. Du kommst mir vor wie ein Landwirt, der im Juli nach der Saatzeit barmt, statt sich des goldenen Erntesegens zu freu'n. Jedes Alter hat seine besondere Art Glück, die gerade ihm zukommt. Glaubst Du vielleicht, ich möchte noch einmal zwanzig Jahre jünger sein? keineswegs. Wir freuen uns jezt doch an der Jugend unserer Kinder.“

"Ja, Du hast gut reden! Du bist ein Mann in seiner besten Kraft und alle lieben Dich, alle!"

„Und werden mich, wie ich hoffe, auch noch lieben, wenn ich ein Greis bin."

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„Ja, nur daß bei euch Männern die Jugend in der Hinsicht womöglich bis zum sechzigsten Jahr dauert, während wir, die wir doch viel weicher und liebebedürftiger find als ihr . . .“

So fuhr sie unbeirrt, sich zu beschweren fort. Er mußte es, wie gewöhnlich aufgeben, ihr Vernunft beizubringen. Auch dieser Fall lag hoffnungslos. Sie war schwach von Willen, darum fühlte sie sich ohnmächtig, und aus dem Ohnmachtsgefühl erwuchs all das SeelenUnkraut: Neid, Eifersucht, Erbitterung.

Er aber fühlte, daß er ihr mit aller Güte und Geduld die impulsive Liebeswärme, die ihm abhanden gekommen war, nicht ersehen konnte. Und wenn es ihr und sein Leben gegolten hätte, er hätte jenes Empfinden nicht heucheln können!

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Aber sie hatte sich doch beruhigt. tat ihr immerhin wohl, daß er sich eine Weile angelegentlich und ausschließlich mit ihr beschäftigt hatte.

Sie hing sich in seinen Arm und ließ sich von ihm nach dem Pferdestall geleiten, um das neue Fohlen zu besehen.

Das ungeschickte langhaarige hochbeinige Pferde-Kind und seine Mama wirkten mehr auf Nataliens gute Instinkte als alles Predigen. Über der herzlichen Freude an diesem Pferde-Familienidyll vergaß sie sich selbst und ihre Kümmernisse.

Höllen beobachtete sie stillvergnügt.

Ihm fiel eine Unterhaltung ein, die er neulich mit seinem Schwiegersohn Wedich Dieters, der ein passionierter Großstädter geworden war, über Land- und Stadtleben geführt hatte.

Er hat natürlich in vielem recht', dachte Das paradiesische Idyll der Phantasie Biensaams existiert nirgends, und wir sind sicherlich keine besseren Menschen als die Berliner in ihrem Stein-Labyrinth. Aber wir genießen einen ungemein großen Vorzug: den steten nahen Verkehr mit Tierund Pflanzenwelt. In deren gesundem Dasein besigen wir eine Korrektur, einen nie versagenden Regulator. Das wird auch Gunne und Vacha hoffentlich vor allzu bedenklichem Entgleisen behüten.

33.

Am Sonntag war die ganze Familie zum Essen nach der Dietersburg geladen, natürlich auch Vacha.

Natalie fuhr mit Gunne und Biensaam schon zur Kirche hinüber, um Vacha predigen zu hören.

Dieser wußte, daß Gunne kommen würde, und er redete für sie.

Statt über den Text des Sonntags sprach er über das Wort: Selig sind die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, aber den Zusaß,denn sie sollen satt werden überging er.

Seine Predigt wurde zu einer donnernden Philippika gegen die Lauheit, Halbheit und Gleichgültigkeit derer, die sich Christen nennen, aber nicht nach Christi Worten leben wollen. Sein Wettern gefiel den Dorfleuten, weil es wuchtig war und ihre stumpfen Nerven etwas kizelte.

,Der kann's! dachten sie anerkennend. Aber im herrschaftlichen Stand erregte dies scharfe Verdammen aller liebgewordenen, ja unentbehrlich gewordenen Lebensgewohnheiten natürlich Unbehagen und Widerspruch. Natalie besonders geriet in eine Angst und Aufregung, daß ihr ganz schlecht wurde. Was will er denn? dachte sie gekränkt und empört. Er kann doch nicht von uns verlangen, daß wir alle wie die Wüstenheiligen leben?!'

Zum Glück für die allgemeine Stimmung folgte auf die kurze Predigt noch das lange Kirchengebet, der Choralgesang, die Liturgie. Da hatten die Wogen der Erregung Zeit, abzuebben. Die Gedanken, die Vacha in den Wirbel seines leidenschaftlichen und fanatischen Ernstes hineingerissen hatte, fanden sich sehr bald zurück in ihr gewohntes ruhiges Fahrwasser. Damit rechnete Vacha auch; denn er hatte heute nur auf eine einzige Seele einen nachhaltigen Eindruck machen wollen. Mochten die anderen den Regenschauer vom glatten Gefieder ab. schütteln, wie die Vögel, wenn er nur Gunne überzeugt hatte!

Natalie, Gabriele, Lies und Gunne erwarteten den Pfarrer an der Außentür der kleinen Sakristei. Gunne war blaß, und ihre Augen schimmerten wie von ungeweinten Tränen.

Wenn er, wie eben, im Talar und Barett vor ihr stand, fühlte sie seine Höhe und Ferne doppelt.

Er drückte ihr die Hand, während er die anderen nur mit einer Kopfneigung grüßte.

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Sie haben uns doch die Hölle ein bißchen gar zu heiß gemacht, lieber Georg!" sagte Natalie mit sanftem Vorwurf. „Man meint, wenn man Sie hört, kein Hund könne mehr ein Stück Brot von uns nehmen. Wo bleibt denn da die christliche Liebe ?"

Er antwortete nichts; sah sie nur ernst an. „Nun, lieber Vacha," sagte Gabriele, ziehen Sie sich rasch um und kommen Sie gleich! Wir gehen langsam voraus.“

„Ich muß bitten, mich fürs erste zu entschuldigen, Gräfin. Ich habe in Wüsten taltheim noch zwei Taufen und eine Trauung." Gabriele fühlte heftige Enttäuschung. „Aber lieber Vacha! Hätten Sie das wirklich nicht anders einrichten können?"

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„Nein. Meine Dorfleute haben an den Wochentagen keine Zeit zu Trauungen und Taufen; meine Sonntage sind dagegen dazu da."

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Gabriele sagte ruhig: Tun Sie, was Sie müssen.“ Sie dachte in ihrem Herzen: ,Deine Bauern würden schon Zeit finden, wenn Du wolltest. Aber Du willst nicht.' Im Grunde gefiel ihr sein rücksichtsloser Pflichteifer. Sie hätte es gewiß an seiner Stelle ganz ähnlich gemacht, — und wenn andere sie hätten umstimmen wollen, natürlich erst recht.

Gunne zwang ihre schmerzliche Enttäuschung nieder. Das wird mein Leben sein', fühlte sie, ich muß es lernen.'

Sie fragte nur: „Wann kannst Du kommen?"

Ich hoffe, um drei Uhr frei zu sein." Die ganze Familie ist heut hier versammelt," sagte Natalie. „Mein Mann kommt mit den Kindern, und auch Leonharts kommen."

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Gunne sah verstohlen und ängstlich nach seinem Gesicht. Sie kannte ihn schon genug, um zu wissen, daß diese Aussicht auf einen großen Kreis ihn keineswegs verlockte.

Aber es war ihm nichts anzusehen. Natalie ging mit Gabriele voran; sie nahmen, wie gewöhnlich von der Kirche aus, den Umweg durch das Dorf.

Gabriele, die (was Natalie eben nicht bedachte), aus einem regierenden Fürstenhause stammte, würde Vacha ohne Besinnen geheiratet haben, wenn er gewollt und wenn sie beide frei gewesen wären. Das wußte sie heute.

Sie fühlte Natalien gegenüber eben etwas, was in Worte gekleidet etwa gehießen hätte: Du Gans. Da ihr diese Empfindung jedoch ungehörig schien, legte sie eine besondere Liebenswürdigkeit und Herzlichkeit an den Tag.

Gunne, die mit ihrer Schwester Lies in einiger Entfernung hinter den beiden anderen ging, war traurig. Sie fühlte eine Schwere bis in ihre Füße hinein.

Er dachte zu viel an Gott und zu wenig an sie! Obwohl sie seinen Feuerworten gläubig und mit der hingebendsten Aufmerksamkeit gelauscht hatte, ließ sich die Stimme ihres Inneren, die seiner Lehre ein energisches Nein! entgegenrief, nicht zum Schweigen bringen.

Sie hatte einmal irgendwo gelesen, daß uns das tiefste Leid von denen kommt, die wir am tiefsten lieben.

Jezt verstand sie das.

Aber der Tag endete glücklicher für sie, als sie noch zu hoffen gewagt.

Bacha kam mit dem Wagen, den man ihm geschickt hatte, noch vor vier Uhr an gefahren und war in seiner umgänglichsten Stimmung. Fast schien es, als habe er sich mit seiner Zelotenpredigt und mit dem Verzicht auf das feine Dietersche Diner fürs erste genug getan.

Alle saßen im Park unter der alten Steinlinde, und die Unterhaltung war belebter und weniger steif als es sonst in der Dietersburg Ton war. Das war nun freilich nicht Vachas Verdienst; die belebenden Elemente waren Heinrich Höllen und Leonharts. Aber auch diesen frisch - fröhlichen Naturen wäre das Belebungswerk hier schwerlich geglückt, wenn es der Herrin des Hauses gefallen hätte, ihre tyrannischen Dämpfer aufzuseßen. Sie dämpfte und hemmte aber nie in Heinrich Höllens Gegenwart, sondern suchte vielmehr sich und ihr Haus seinem Ton anzupassen. Sie ließ es sogar zu, daß man auf die Politik kam.

„Weißt Du, ich kann mich gar nicht recht in diese Verlobung finden," klagte Natalie. „Vacha ist ja bedeutend und vortrefflich; aber für Gunne wäre mir der May Gereuth, der sie so sehr gern gehabt hätte, tausendmal lieber gewesen! Man soll beim Heiraten in seinem Stand bleiben." Belhagen & Klasings Monatshefte. XVII. Jahrg. 1902/1903. I. Bd.

Das erste Thema war, wie immer, die Buren und der tragische Burenkrieg. Hier waren alle in ihrem Mitgefühl für das

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