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Folge hiervon nur ein bewusstes Streben nach immer höherer Potenzirung der, ihn von seinen ,,Brüdern im stillen Busch, in Luft und Wasser" bereits unterscheidenden Vorzüge gewesen wäre, so brauchte man dagegen ja nicht viel einzuwenden: eine weit schärfer hervortretende Folge war aber die, dass der Mensch die Thiere schlechthin für Sachen ansah, mit denen selbst ein Rigorist wie KANT uns beliebig zu schalten erlaubte; eine andere Folge die, dass der Mensch immer mehr seine Stellung in der Natur und sein Verhältniss zu ihr in autotheistischer Weise verkannte und schliesslich sich in völlig naturfeindliche Bahnen verirrte. Noch heutzutage ist ein Eingehen auf diese Puncte nicht zu umgehen, da diese letztere Anschauungsweise eine noch weit verbreitete ist.

Nur zu oft hat man es völlig aus den Augen verloren, dass zur Menschheit nicht nur die Plato, Shakespeare, Humboldt gehören, sondern auch die barbarischsten,,Wilden"; und schon dieser Gedanke hätte die erhabene Verklärung, in der man den Halbgott ,,Mensch" zu sehen gewohnt war, nicht wenig von ihrem Schimmer einbüssen lassen. Das stolze, hochcivilisirte Kind des neunzehnten Jahrhunderts hat aber sogar, der Macht thatsächlicher Nachweise sich beugend, anerkennen müssen, dass in einer früheren Periode die ganze Menschheit sich auf der Stufe der jetzt lebenden Barbaren befand 11), nachdem alle jene Annahmen, dass die Menschen in civilisirtem Zustande auf der Erde erschienen und die sog. Wilden nur elende Nachkommen einst civilisirter Nationen seien, völlig widerlegt worden sind und zwar nicht etwa nur durch die allgemeinen Argumente der Entwicklungstheorie 12). Diese neue Erkenntniss ist eine tief einschneidende ,,negative Instanz“, Baconisch zu reden, gegen so manches, was über „,die Menschheit" gelehrt worden ist. Wer das Erstaunen gefühlt hat, das, nach DARWIN, den Reisenden ergreift, wenn er, den niedrigsten Wilden

der Kranich sich in ähnlicher Weise die gesammte übrige Thierwelt, mit Einschluss des Menschen, als Einheit entgegensetzen (— eine Wendung, an die eine bekannte neuere, von HUXLEY, erinnert).

11) Vergl. DARWIN, Descent of Man. vol. I. p. 181. vol. II. p. 404.

12) Vergl. JOHN LUBBOCK'S Vortreffliches Werk: Pre-historic Times, as illustrated by ancient remains and the manners and customs of modern savages. London, 1865.

in ihrer Heimath gegenüberstehend, dem Gedanken Raum geben muss, sich so seine früheren Vorfahren vorzustellen, der kann, wie DARWIN versichert 13),,,sich nicht sehr beschämt fühlen, wenn er anzuerkennen genöthigt ist, dass das Blut eines noch tiefer stehenden Geschöpfes durch seine Adern rollt." ,,Meinerseits," fährt DARWIN fort,,,möchte ich eben so gern von jenem heldenmüthigen. kleinen Affen abstammen, der seinem gefürchteten Feinde Trotz bot, um das Leben seines Pflegers zu retten, oder von jenem alten Pavian, welcher, von den Bergen herabsteigend, seinen jungen Kameraden im Triumphe aus einer Meute verdutzter Hunde hinwegführte, als von einem Wilden, welcher sich daran ergötzt, seine Feinde zu martern, blutige Opfer darbringt, ohne Gewissensbisse Kinder mordet, seine Weiber wie Sklaven behandelt, keine Scham kennt, und von dem gröbsten Aberglauben erfüllt ist."

Während man so auf der einen Seite hinsichtlich des Menschen jene eben berührten negativen Instanzen ganz unberücksichtigt liess, ward man auf der andern Seite durch Unkenntniss des Thierseelenlebens hinsichtlich dieses zu den seltsamsten Ansichten verleitet. Wenn man über das psychische Leben des Thieres ein Urtheil fällen will, muss man seinen Cursus der Philosophie mitten unter den Thieren durchgemacht haben, fordert mit Recht der vortreffliche LEROY 14); und anticipationes mentis anstatt interpretationes naturae, mit BACON zu reden, lehren uns die Thiere nicht kennen: nur eingehende Beobachtung, und zwar unbefangene, nicht „wie eine Gefangene mit verrenkten Gliedern" um gewisse Lieblingsvorurtheile herumgezerrte und schliesslich in ein Prokrustesbett gezwängte Beobachtung. Freilich, quasi in museo suo sepultus, anstatt, unmittelbar schauend und forschend, mitten im Tempel der Natur zu stehen, „da Gott den Menschen schuf hinein“, fern von den lebensfreudigen Geschöpfen, deren Natur man ergründen wollte, konnte man in den Thieren, die man gar nicht kannte, nichts anderes als seelenlose Automaten erblicken, traurige, zum Verwechseln ihren Originalen ähnliche Abbilder jener ausgestopften Draththiere,

13) DARWIN, Descent of Man vol. II. p. 404.

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14) CHARLES-GEORGES LEROY, Lettres philosophiques sur l'intelligence et la perfectibilité des animaux. Paris, X. d. 1. R.

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,,schön in Reih' und Glied aufgestellt in den Museen." Und wer nicht selbst in der Lage ist, die Thiere zu beobachten, dem kann nicht angelegentlich genug empfohlen werden das Studium der (bekanntlich auch durch ästhetische Vollendung der Darstellung) ausgezeichneten Werke des berühmten Naturforschers und AfricaReisenden ALFRED BREHM. Nun hat aber der mit der Natur vertraute Mensch noch stets erkannt, dass er nicht unter Larven die einzige fühlende Brust" sei, und schon in den frühesten Zeiten hat er, noch ganz Eins mit der Natur, sich zu seinen ihn umgebenden Mitgeschöpfen hingezogen gefühlt, die er in ihrem Thun und Treiben sich so verwandt fühlte, dass er sich einer warmen Theilnahme an ihrem Leide und ihrer Freude nicht erwehren konnte; unbefangenen Sinnes, ging er mit ihnen um wie mit Seinesgleichen und suchte diejenigen, welche am ersten die Scheu vor ihm ablegten, dauernd an sich zu fesseln. So zeigt das alte Thierepos, das in seinem Ursprunge ja weit von allen didaktischen und satirischen Tendenzen entfernt war, ein liebevolles Eingehen auf die eigenthümliche Lebensweise der verschiedenen Thiergattungen, oder eine physiognomische Deutung ihrer Gestalt und Bewegung; und wieviel Phantastisches wir auch in diesen Schilderungen finden mögen, so zeugen sie doch meist von trefflicher Beobachtungsgabe und treuem Erfassen der charakteristischen Momente des Thierlebens: und jedenfalls kommt die naive Vorstellung, die sich das unbefangene Naturkind von dem Seelenleben seiner thierischen Gefährten macht, der Wahrheit weit näher, als das überkünstliche Hirngespinnst erfahrungsloser Speculation. Diese naturwüchsige Theilnahme an Allem in der Welt, ,,was da kreucht und fleugt", ist meist auch dem ersten Jugendalter des einzelnen Menschen noch eigen; doch wird dieser naturfreundliche, liebenswürdige Zug leider nur selten von den Lehrern und Pflegern gefördert und aufgemuntert, und so verliert er sich meistens in der allgemeinen Theilnahmslosigkeit. - Die Beobachtung der Thiere unterscheidet sich von der der Menschen (und zwar in wissenschaftlicher Hinsicht sehr vortheilhaft) dadurch, dass sie weitaus mehr objectiv, dass sie (wie man sich nicht. ganz glücklich seit KANT ausdrückt) interesselos ist: und einem, womöglich von Kindheit auf, an diese reine, hingebende, vorurtheilsfreie Forschung gewöhnten Auge entspriessen hieraus bei der

wissenschaftlichen Beobachtung des Menschen die werthvollsten Früchte: da man Naivetät, kindlich reine, durch kein Idol getrübte Hingabe an die objective Welt gelernt hat, und nur so, nach BACON, das Himmelreich der Wissenschaft sich gewinnen lässt, der Betrachtung des Menschen.

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auch bei

In der ganzen, aufsteigend sich immer höher potenzirenden und differentiirenden Entwicklungsreihe animalen Lebens, von der dumpfen Empfindungsspur des Zoophyten und der ersten rudimentären Sinneswahrnehmung bis zum dämmernden Bewusstsein derselben als schon dagewesener Eindrücke, dem Gedächtniss, bis zur Entstehung von Gedächtnissbildern und Allgemeinvorstellungen, hervorgerufen durch das Vergessen des Nichtgemeinsamen, und zur Verknüpfung dieser Gedächtnissbilder durch die Gesetze der Ideenassociation, woran sich dann unmittelbar eine, wenn auch noch sehr beschränkte, Abstractions- und Verstandesthätigkeit anschliesst; von den kaum bewusst werdenden Gefühlen der Lust und Unlust, als directer Reaction auf äussere Reize, bis zur Ausbildung eines, auch im höheren Thierreiche schon zu beobachtenden, wirklichen Gemüthslebens; von der blinden Befolgung eines instinctiven Dranges bis zur Ausübung eines energischen Willens: überall finden wir dieselben psychologischen Gesetze wirkend, wie in unserem Geistesleben, nur weit durchsichtiger und leichter erkennbar. ,,Und dies muss wohl so sein", sagt der geistvolle LOTZE 15); „mit uns zum Leben in derselben Welt bestimmt, genöthigt, sich in ihr zurechtzufinden, wie wir selbst, dem Einfluss derselben äusseren Bedingungen hingegeben und auf sie mit nicht unähnlicher Regsamkeit zurückwirkend, bedürfen es die Thiere, dass die Verbindung der Eindrücke und die aus ihr entspringenden Folgen in ihnen keinen anderen Gesetzen gehorchen als in uns und zu übereinstimmenden Ergebnissen führen: dass also in ihrem Innern auf dieselbe Weise gedacht werde, wie wir denken." Und wenn auch sicherlich eine vorurtheilsfreie Forschung lehrt, dass der geistige Unterschied zwischen den niedrigsten jetzigen Menschen und den höchsten Thieren noch ein ausserordentlich grosser ist; und dass die Geistesthätigkeit der höchsten Menschen von der der

15) H. LOTZE, Mikrokosmus. II. Bd. S. 295.

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höchsten Thiere, obzwar denselben Wurzeln entsprossen und durch unzählige Abstufungen vermittelbar, dem Werthe nach, aber nur dem Werthe nach, sogar qualitativ unterschieden ist: so lehrt dieselbe doch eben so unzweifelhaft, dass die geistige Kluft zwischen den höchsten Geistesheroen unsrer Zeiten und Nationen und jenen rohesten Wilden 16), sowie vollends die Kluft zwischen den höchsten und den niedrigsten Thierseelen eine noch tiefere ist, als die, welche die niedrigsten Menschen von den höchsten Thieren trennt. PASCAL sagt sehr gut: Il est dangereux de trop faire voir à l'homme combien il est égal aux bêtes, sans lui montrer 'sa grandeur; il est encore dangereux de lui faire trop voir sa grandeur sans sa bassesse; il est encore plus dangereux de lui laisser ignorer l'un et l'autre: mais il est très-avantageux de lui représenter l'un et l'autre. (Pensées. I, 4, 7.)

Aus einer solchen, auf das Ganze des animalen Lebens gerichteten Betrachtung entspriesst dem Forscher eine doppelte Erkenntniss: die Erkenntniss von dessen relativer und die Erkenntniss von dessen absoluter Bedeutung. Wir erkennen zunächst den geistigen Organismus aller bewussten Wesen, das ganze System ihrer Gefühle, Begehrungen und Vorstellungskräfte, als zu ihrer Erhaltung und Förderung im Naturhaushalt und Leben der Gattung zweckmässig beschaffen: und dies gilt für den Menschen nicht weniger, als für die übrigen Geschöpfe. Nimis faciles sumus ad accusandam naturam, sagt PETRARCA; und die Wahrheit dieses Wortes zeigt sich vielleicht nirgends mehr, als bei der so weit verbreiteten Missschätzung der Affecte (diesen Begriff im weiteren Sinne gefasst), die wir doch mit solcher, oft selbst von uns mit mathematischer Gewissheit zu berechnenden, naturgesetzlichen Consequenz in der ganzen Reihe fühlender Wesen antreffen. Es wäre zu wünschen gewesen, dass KANT stets an seinen eigenen Ausspruch gedacht hätte: „die Vernunft hat gewiss nicht Vermögen in lebende Geschöpfe gelegt, damit sie solche bekämpfen und unterdrücken sollten."

16) Dies gilt auch von den allgemeinen morphologischen Bedingungen. „Es steht fest", erklärt LYELL (Alter des Menschengeschlechts, S. 53),,,dass die Verschiedenheit der Grösse zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Menschengehirn grösser ist, als die zwischen dem höchsten Affenschädel und dem niedrigsten Menschengehirn."

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