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theilt sich auf eine unermessliche Reihe von Geschlechtern, die sich, ihre Errungenschaften durch Vererbung steigernd, folgweise an jener Arbeit betheiligen. Abermals trifft hier die LEIBNIZische Lehre zusammen mit der Lehre DARWIN's, um durch sie formell bestätigt, dem Inhalte nach aber besiegt zu werden: denn es ist dergestalt die prästabilirte Harmonie gleichsam in den mechanischen Weltprocess aufgenommen "9).

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KANT selbst hatte nun in der Kritik der reinen Vernunft (Elementarlehre § 27) behauptet: „Nun sind nur zwei Wege, auf welchen eine nothwendige Uebereinstimmung der Erfahrung mit den Begriffen von ihren Gegenständen gedacht werden kann: entweder die Erfahrung macht die Begriffe oder diese Begriffe machen die Erfahrung möglich. . . . Wollte Jemand zwischen den zwei genannten einzigen Wegen noch einen Mittelweg vorschlagen, nämlich dass sie weder selbstgedachte erste Principien a priori unserer Erkenntniss, noch auch aus der Erfahrung geschöpft, sondern subjective, uns mit unserer Existenz zugleich eingepflanzte Anlagen zum Denken wären, die von unserem Urheber so eingerichtet worden, dass ihr Gebrauch mit den Gesetzen der Natur, an welchen die Erfahrung fortläuft, genau stimmte (eine Art von Präformationssystem der reinen Vernunft); so würde (ausser dem, dass bei einer solchen Hypothese kein Ende abzusehen ist, wie weit man die Voraussetzung vorherbestimmter Anlagen zu künftigen Urtheilen treiben möchte), das wider gedachten Mittelweg. entscheidend sein: dass in solchem Falle den Kategorien die Nothwendigkeit mangeln würde, die ihrem Begriffe wesentlich angehört. Denn z. B. der Begriff der Ursache, welcher die Nothwendigkeit eines Erfolges unter einer vorausgesetzten Bedingung aussagt, würde falsch sein, wenn er nur auf einer beliebigen (sic!) uns eingepflanzten subjectiven Nothwendigkeit, gewisse empirische Vorstellungen nach einer solchen Regel des Verhältnisses zu verbinden, beruhete." - Aus dem bereits Angeführten erhellt, dass die Entwicklungstheorie ein solches „Präformationssystem" als in der That bestehend nachweist, dass dieses Präformationssystem aber keinen von KANT's Bedenken unterliegen

9) E. DU BOIS - REYMOND, Leibnizische Gedanken in der neueren Naturwissenschaft. Berlin, 1871. S. 34 f.

kann. Das ganze System unseres geistigen Organismus hat sich im Laufe von Jahrmillionen in stetiger Anpassung an die umgebende Welt entwickelt, und konnten alle die zahllosen Generationen des animalen Reiches eben nur dadurch bestehen, dass zwischen den objectiven und den subjectiven Gesetzen ein gewisser Parallelismus herrschte. HELMHOLTZ erklärt: „Wenn es keine festen Körper gäbe, würden unsere geometrischen Fähigkeiten unentwickelt und ungebraucht bleiben müssen, eben so wie das körperliche Auge uns nichts helfen würde in einer Welt, wo kein Licht existirte" 10): wir müssen hinzusetzen, dass sich in jenen Fällen auch überhaupt weder geometrische Fähigkeiten noch Augen entwickelt hätten; auch ,,Raum und Zeit, Causalität und Substanz würden nie in uns entstehen, wenn nicht die objective Welt zur Bildung dieser Anschauungen und Begriffe die Anregung böte", wie WUNDT bemerkt (a. a. O. S. 860): si Deus aliam fecisset rerum naturam, etiam nobis alium debuisset dare intellectum, sagt SPINOZA 11). Und eben nur weil im System der Dinge logische Gesetzmässigkeit herrscht, hat sich im „lebendigen Spiegel des Universums", dem bewussten Subject, ein entsprechendes Analogon ausbilden können; und so hat HEGEL'S Annahme einer „objectiven Logik" volle Berechtigung. Die Grundbegriffe und -Beziehungen unseres Denkens sind die nothwendige und allein mögliche Ausstattung von Subjecten, welche deren Existenz in dieser Welt sichern können; und je grösser die Sphäre der objectiven Welt ist, zu der diese Subjecte in Beziehung treten, um so weiter muss sich auch dieser Parallelismus zwischen Subjectivem und Objectivem erstrecken. Der Fortschritt der Wissenschaft hat uns diese Harmonie zwischen Denken und Sein in immer steigendem Maasse nachgewiesen, zumal ja durch die Möglichkeit einer so ausgebreiteten Anwendung der Mathematik, dieses

10) HELMHOLTZ, Physiologische Optik. S. 447.

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11) Dieser bedeutende Satz ist die Ueberschrift des dritten Paragraphen der cogi tata metaphysica pars II. cap. IX. Wohl zu beachten ist auch das Folgende aus demselben Paragraphen : quod tota natura naturata non sit nisi unicum ens. unde sequitur, hominem partem esse naturae, quae cum ceteris cohaerere debet. quare ex simplicitate decreti Dei etiam sequeretur, quod si Deus res alio modo creasset, simul etiam nostram naturam ita constituisset, ut res, prout a Deo creatae essent, intelligeremus.

,,Stolzes der menschlichen Vernunft." Und diese selbst nun erlaubt uns die Entwicklungstheorie mit einer Anzahl jetziger Mathematiker als Naturwissenschaft zu betrachten und zugleich als apriorische Wissenschaft indem sich zeigt, dass jene von KANT vorausgesetzte geistige Parthenogenesis (,,die Selbstgebärung unsres Verstandes, ohne durch Erfahrung geschwängert zu sein"), nur Früchte zeitigt, deren Keime aus unermesslich ferner Vergangenheit stammen.

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Gewiss ist beim Thiere zunächst der ,,Intellect das Organ, womit das Thier seine Beute sucht"; aber so unwiderstehlich der Drang ist, der das Thier zur Verfolgung seiner Beute antreibt, so unwiderstehlich ist beim vollentwickelten Menschen der Drang nach Verfolgung der Wahrheit, nach Erkenntniss: und wenn der Intellect eben nur durch Kampf und List im Thierreich wachsen und erstarken konnte, so erfüllt er doch nun in seiner höheren Entwicklung edlere Ziele - wirft man ja doch auch der Blüthe der Lilie nicht vor, dass ihre Wurzeln im Sumpfe gedeihen. Und wenn wir so, immer ausgehend von dem Gedanken, dass der Zufall im System der Dinge keine Stelle hat, nach der ontologischen Bedeutung des Verstandes (den wir in seiner höchsten Entwicklung Vernunft nennen) fragen; so werden wir wieder mit STRAUSS antworten. müssen: Empfunden hat sich die Natur schon im Thier, aber sie will sich auch erkennen." Und schon SENECA erklärt: Curiosum nobis Natura ingenium dedit: et artis sibi ac pulchritudinis suae conscia, spectatores nos tantis rerum spectaculis genuit, perditura fructum sui, si tam magna, tam clara, tam subtiliter ducta, tam nitida, et non uno genere formosa, solitudini ostenderet. (De ot. sap. 32). Die Erkenntniss hat daher nicht den Werth der blossen Erscheinung, die dem „Dinge an sich" nach Werth und Würde weit untergeordnet ist; sondern, im Gegentheil, ist die Vorstellung bewusster Wesen das einzige Mittel, wodurch ,,Natur sich selbst erkennt."

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GEORG LICHTENBERG bemerkt in seinen Aufzeichnungen: ,,Anstatt dass sich die Welt in uns spiegelt, sollten wir vielmehr sagen, unsre Vernunft spiegle sich in der Welt. Wir können nicht anders, wir müssen Ordnung und weise Regierung in der Welt erkennen, dies folgt aus der Einrichtung unserer Denkkraft. Es ist aber noch keine Folge, dass etwas, was wir nothwendig denken müssen, auch wirklich so ist; denn wir haben von der wahren

Beschaffenheit der Aussenwelt gar keinen Begriff. Also daraus allein lässt sich kein Gott erweisen "12). Dies ist in Wahrheit die Quintessenz des Kantischen Gedankenganges, wie ja überhaupt LICHTENBERG unter die geistvollsten Kantianer zu rechnen ist: und auch hier zeigt sich jener skeptische Zug, der das ganze Gedankensystem KANT's charakterisirt! Wir haben durch das Präformationssystem der Entwicklungslehre wieder ein Denken und Forschen errungen, das sich selbst vertraut: und wenn wir in der That Ordnung und weise Regierung in der Welt erkennen müssten": dann würden wir uns bewusst sein, einen überzeugenden Beweis für das Walten eines göttlichen Princips gefunden zu haben.

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12) G. CH. LICHTENBERG, Vermischte Schriften. Göttingen, 1867. I. Bd. S. 71. Auch die übrigen Stellen, die ich von LICHTENBERG anführe, sind nach dieser Ausgabe.

III.

MORAL.

Quod ad mentem humanam attinet, eam etiam partem naturae esse censeo. SPINOZA.

Die Bedeutung der Entwicklungstheorie für die Moral liegt weniger darin, dass sich einzelne, besondere Lehren als ihre Consequenzen ergeben; als vielmehr in der ganz allgemein durch dieselbe geforderten Beseitigung alles Naturwidrigen, Naturfeindlichen in der Betrachtung ethischer Fragen. Diese Forderung, so gering sie Vielen scheinen mag, ist von grosser Tragweite: denn leider ist dieser naturfeindliche Standpunct in unsrer Wissenschaft noch überwiegend herrschend. Plerique, qui de affectibus et hominum vivendi ratione scripserunt, videntur non de rebus naturalibus, quae communes naturae leges sequuntur, sed de rebus, quae extra naturam sunt, agere: imo hominem in natura veluti imperium in imperio concipere videntur, so begann vor zwei Jahrhunderten SPINOZA das dritte Buch seiner Ethik: und nicht viel anders würden seine Worte lauten, wenn er in unsern Tagen lebte. Seit IMMANUEL KANT den alten Dualismus von ,,Natur und Geist" noch verschärfte durch seine Entgegenstellung des Reiches der Natur und des Reiches der Freiheit, von denen ersteres der blossen Erscheinung angehörig und also ohne wahre Würde, letzteres aber eben auf dieses miraculum rigorosum gegründet ist: seitdem hat eine natürliche Moral nur wenige Vertreter gefunden. Es gab eine Periode, wo jenes Abwenden von der „,sündigen", von den „Heiden" ,,vergötterten Natur" und deren allgemeine Entadelung, wo selbst

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