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aller Sittlichkeit das allgemein-menschliche Wohl. Und es dürfte in der That endlich Zeit sein, dass man allgemein den „Uebergang von den Naturbegriffen zu den praktischen" suche, um, wie sogar KANT sagt, den moralischen Ideen selbst auf solche Art Haltung zu verschaffen," Zeit, · dass man allgemein Ernst damit macht, auch die Moral vom Himmel auf die Erde zu bringen und sie, anstatt auf irgend-welche transscendente Voraussetzungen, auf die uns Allen vertraute Natur fest und sicher zu gründen.

Es hat freilich zu allen Zeiten wunderliche Heilige gegeben, die in seltsamer Hyperscrupulosität an jenem ,,allgemeinen Wohle“ noch Anstoss nahmen: die Sittlichkeit solle überhaupt nicht mit Wohl, d. h. mit „Lust", in Verbindung gebracht werden. Aber halten denn nicht selbst die ascetischsten Männer die ,,ewige Seligkeit“, die sie „in jener Welt“ erwarten, auch für einen Zustand irgendwelcher Lust? ---Im übrigen ist die Herbeiziehung des Wortes „Lust" auch so ein ähnlicher kleiner Kunstgriff, wie der, welcher uns oben bei Erörterung des Determinismus begegnete. Dieses Wort pflegt gerade vorzugsweise für die derb-animalen Genüsse gebraucht zu werden: und indem man also, anstatt des ganz allgemeinen Ausdrucks,,Wohl", der alles in sich befriedigte psychische Leben begreift, ein sehr zweideutiges Wort gebrauchte, suchte man die Sache selbst zu ächten. Dass wir auf unserm Standpuncte jene ganze mönchische Anschauungsweise für die krankhafteste, naturwidrigste Verirrung erklären müssen, ist offenbar; und wir vermögen in den noch heutigen Tages hier und da bemerkbaren Anklängen an jene Säulenheiligen-Weisheit eben nur ein Symptom davon zu finden, dass jene, das ganze Mittelalter beherrschende Krankheit des ,,moralischen Katzenjammers" (wie sie STRAUSS drastisch aber treffend benannt hat) noch nicht völlig verschwunden ist.

Wie jedes lebendige Wesen, so sucht auch der Mensch sein Wohl und flieht den Schmerz: omnis natura est diligens sui (Cic. de fin. 4); und ist es verfehlt dieses durch die Natur selbst in ihn gelegte Streben, das allein sein Dasein sichert, als an sich ,,egoistisch“ zu bezeichnen: da das Wort,,Egoismus“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauche nur das rücksichtslose Streben nach

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eigenem Wohl bedeutet, das sich selbst auf Kosten fremden Wohles durchsetzen will: L'amour propre et tontes ses branches, sagt VOLTAIRE, sont aussi nécessaires à l'homme que le sang qui coule dans ses veines; und eben so verfehlt ist es, wenn KANT behauptet, dass es das gerade Widerspiel des Princips der Sittlichkeit ist, wenn das der eigenen Glückseligkeit zum Bestimmungsgrunde gemacht wird." Alle auf das eigene Wohl zielenden Bestrebungen und Handlungen sind an sich nicht unmoralisch oder ,,antimoralisch", sondern einfach moralisch-indifferent; moralische Bedeutsamkeit tritt nur mit der Beziehung auf Andere ein: und gilt diese Bestimmung ohne Ausnahme. Moralischen Werth hat eine Handlung dann, sobald dieselbe rein objectiv fremdes Wohl bezweckt, ohne jede eigennützige Nebenabsicht; und sobald ihr Zweck irgend ein anderer ist, ist sie entweder moralisch indifferent oder unmoralisch. Tugendhaft" sein, heisst sittlich „,tüchtig" sein, zum allgemeinen Wohle ,,taugen." Alle Einwendungen gegen diese Ansicht, dass man zu dem Begriffe der Sittlichkeit nur durch die Beziehung auf ein Nicht-Ich komme, scheinen mir nicht stichhaltig. Man fragt: ob die stille Arbeit des Forschers und Denkers und jede Arbeit an der eignen Vervollkommnung keine sittliche Thätigkeit sei? Ganz gewiss! aber eben weil der Forscher und Denker nicht für sich allein arbeitet, um etwa seine Schätze für sich wie ein Geizhals zu verschliessen, sondern für Alle, und eben weil Jeder durch Veredlung seiner selbst ein nützlicheres Glied der menschlichen Gesellschaft wird! KORTHOLD sagt über den einsamen SPINOZA: Nimis diligens de multa etiam nocte studiis operam dedit et tenebricosa scripta sua ab hora decima vespertina usque ad tertiam potissimam partem elucubravit, et de die hominum se consuetudine plerumque substraxit, ne periret hora, qua non et ipse periret, et alios perderet. Und dienet einander, ein Jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat," lautet I. Petr. IV, 10. Die sogenannten Pflichten gegen sich selbst" sind in Wahrheit auch Pflichten gegen Andere; denn: qui se deteriorem facit, non sibi tantummodo nocet, sed etiam omnibus iis, quibus melior factus prodesse potuisset; sic si quis bene de se meritur, hoc ipso aliis prodest, quod illis profuturum parat. (SENECA, de ot. sap. 30).

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Es erhebt sich nun die Frage: woraus subjectiv dieses selbst

lose Streben nach fremdem Wohle resultirt? was den Menschen zu diesem uneigennützigen Hinausgehen über das eigene Ich, ja zuweilen zu dessen völliger Hingabe und Aufopferung bewegt? Uns ist der Mensch in der Natur nicht „ein Staat im Staate“, sondern selbst ein Theil der Natur, und die Natur nicht ein blosses Conglomerat zahlloser materieller Atome, sondern ein einiges, logisches Ganze, in dem auch der Zweck eine objective Kategorie ist; als den höchsten Zweck der Natur erkannten wir das in sich befriedigte psychische Leben; ein Blick auf das Leben „,unserer Brüder im stillen Busch, in Luft und Wasser" versicherte uns, dass selbst ihr Inneres auch sympathischer Affecte fähig ist, und dass so die Natur durch das Medium der Empfindung schon im Thierreich ein Band um die vereinzelten Individuen einer Gattung schlingt und dadurch für deren Bestes sorgt; wir wissen endlich, dass gerade in der Gattung, in welcher auf unserem Planeten der höchste Grad des Bewusstseins, also auch des Wohls und des Wehes, erreicht wird, das Verhalten der Einzelnen gegeneinander für ihr Wohlergehen von der höchsten Bedeutung ist, dass m. a. W. jeder Einzelne für Viele eine Quelle des Segens oder des Fluches sein kann: - es wird uns also im voraus wahrscheinlich sein müssen, dass die Natur selbst auch für die Menschenwelt Veranstaltungen getroffen haben wird, das Wohl der Gattung möglichst zu fördern durch solche Beziehungen, welche, durch das Medium der Empfindung wirkend, die vereinzelten Individuen mit einander verbinden. Und da in der Menschengattung, in Folge ihres an sich reichen, hoch potenzirten Bewusstseins und der dabei so verschiedenartigen Lebenslagen und Lebensweisen, alle Individuen sich sehr verschiedenartig ausbilden müssen, die Individualität m. a. W. hier nothwendig eine sehr hohe ist: so werden wir hier auch nicht erwarten, diese natürlichen Anlagen, d. h. die intergenerellen Affecte, bei Allen gleich entwickelt zu finden; sondern wir werden auch in dieser Hinsicht die grössten Unterschiede erwarten müssen. Alle diese Voraussetzungen apriorischer Wahrscheinlichkeit werden durch eine unbefangene Erfahrung bestätigt; und wir erhalten so unmittelbar die Naturgrundlage des sittlichen Verhaltens und die Erklärung des so grossen Unterschiedes der moralischen Anlagen in der Menschenwelt. Da, in Folge der hohen Steigerung des gesammten Bewusst

seins beim entwickelten Menschen, auch die moralischen Affecte in den normalen Individuen hochpotenzirt auftreten; so kann es leicht kommen, dass man den schwachen Grad derselben, der sich schon in der Thierwelt findet, ganz übersieht. Die Neigung zur Realisirung des höchsten Moralprincips liegt also schon in der geistigen Organisation des, nach ARISTOTELES und MONTESQUIEU, ,,von Natur politischen Wesens": ,,der Himmel", sagt der geistreiche LICHTENBERG, „hat so wenig auf unsern Verstand ankommen lassen, und wir wollen Alles damit treiben! . . . Die Natur hat die Menschen durch die Brust verbunden!" Und eben in der Aufhebung des strengen Unterschiedes zwischen den Individuen, dem Ich und dem Nicht-Ich, worauf gerade der Egoismus beruht, in diesem wenigstens partiellen Identificiren von sich und Anderen liegt die Wurzel der Sittlichkeit.

,,Göttliche Liebe, du bist's, die der Menschheit Blumen vereinigt!
Ewig getrennt, sind sie doch ewig verbunden durch dich.“

(SCHILLER.)

Und diese Erweiterung der scharf abgeschnittenen Umrisse unserer Persönlichkeit" ist ja auch, nach SCHLEIERMACHER, das Streben alles religiösen Lebens, das sich hierin dem sittlichen so bedeutungsvoll verwandt zeigt! In der gänzlichen Unterschätzung der ethischen oder sympathischen, in Andern ihren Zielpunct habenden Affecte, die doch gerade den intensiv bedeutsamsten Theil aller unserer Gefühle constituiren, liegt der Grundfehler des Eudämonismus oder, richtiger, zur Theorie erhobenen Egoismus.

Theils und besonders durch dieses, von der Natur selbst in sie gelegte Gefühl unmittelbarer Theilnahme an Wohl und Wehe Ihresgleichen, theils durch eine vernunftgemässe Betrachtung der Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens, theils auch durch religiöse Erwägungen geleitet, suchten einflussreiche Menschen allezeit auf das Verhalten ihrer Mitmenschen durch Gebote und Verbote determinirend einzuwirken einflussreiche Menschen, also zumal die Herrscher, Gesetzgeber und Priester; aber auch alle Eltern, Pfleger und Lehrer, meist im Geiste Jener. Diese Gebote und Verbote bezweckten grösstentheils ein sittliches, d. h. das allgemeine Wohl förderndes Handeln und verstärkten daher noch ihrerseits jene

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schon als Naturanlage vorhandene gemeinnützige Willensrichtung. Anerkannt von der Gesammtheit des Volkes, der der Einzelne so viel von dem, was er hat und geniesst, ja was er ist, er ist, verdankt, wirkten diese Gebote nicht nur durch das Gefühl der Furcht, der Furcht vor Strafe, sondern auch, und zumal bei edleren Individuen, durch das der Achtung wie sich dies ja in so hervorragendem Maasse bei den Mustercharakteren des classischen Alterthums zeigt. So erhalten wir also zwei Quellen für wirklich moralische, d. h. uneigennützig fremdes Wohl bezweckende Handlungen: die Gefühle der unmittelbaren Theilnahme und die Gefühle der Achtung. Es war nur auf Kosten der Sache, dass man in diesem Falle dem Einheitsbestreben allzusehr nachgab und überhaupt nur Eine Quelle anerkennen wollte. Wenn wir uns nun aber über die allgemeine Bedeutung und das Werth verhältniss dieser beiden Elemente zu einander erklären sollen; so werden wir allerdings unbedenklich die natürliche Menschenliebe über die Gefühle der „Achtung für's Gesetz" stellen, weil sie ursprünglicher und mächtiger sind.

Diese ganze Anschauungsweise ist nun in der That nichts weniger als Kantisch: aber man wird sich auch mehr und mehr überzeugen müssen, dass die reformatorisch-wissenschaftliche Bedeutung dieses bewundrungswürdigen Mannes neben jener genialen ,,Theorie des Himmels" nur auf die „Kritik der reinen Vernunft", nebst deren Erläuterungen, gegründet ist: die „Kritik der praktischen Vernunft", mit den verwandten Werken, kann vielleicht durch ihre sittliche Lauterkeit und Hoheit, durch ihre ernste Würde imponiren, gegenüber der Weichlichkeit der das souveräne Ich vergötternden, hedonistischen Systeme 22): ebenbürtig ist sie in wissenschaftlicher Hinsicht jener vorzugsweise so zu nennenden „Kritik" bei weitem nicht. KANT ist ein unvergleichlicher Philosoph aber auch er kann irren: und Philosophie entscheidet ja nicht nach Auctoritäten, sondern allein nach Gründen; man dürfte auch überhaupt nicht philosophiren wollen, wenn man sich nicht zuweilen die Befolgung von ABÄLARD's bekanntem Worte gestatten dürfte:

22) Ich habe hier von jenem bedenklichen Hinterpförtchen“, nach SCHOPENHAUER, das uns noch einmal begegnen wird, abgesehen.

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