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IV.

RELIGION.

Coeli enarrant gloriam Dei, et opera manuum ejus annuntiat firmamentum. Ps. XVIII, 2.

Philosophie ist keine Theologie: es soll sich, ihrem Begriffe nach, gerade zeigen, was das „,natürliche Licht“ der „Weltweisheit“, die Vernunft, sich selbst überlassen, an den Tag bringt; andernfalls ist sie keine Philosophie mehr, sondern Scholastik, theologiae ancillans: „denn es ist sehr was Ungereimtes, von der Vernunft Aufklärung zu erwarten, und ihr doch vorher vorzuschreiben, auf welche Seite sie nothwendig fallen müsse.“ (KANT.) Die Theologie, „Wissenschaft von Gott", hat ihre übernatürlichen, übervernünftigen Erleuchtungen und Offenbarungen, welche Philosophie, die Wissenschaft dieser Welt, nicht kennt; die Theologie hat heilige Urkunden, welche, wiederum ihrem Begriffe nach, Philosophie mit ihrem Maassstabe, d. h. mit den Normen der Vernunft, kritisch zu messen hat, wie jeden anderen Gegenstand; und erkennt sie keine Auctoritäten an. ,,Dass in einem Buche steht, es sei von Gott, ist noch kein Beweis, dass es von Gott sei: dass aber unsre Vernunft von Gott sei, ist gewiss, man mag das Wort Gott nehmen, wie man will." So muss, wie LICHTENBERG, zu allen Zeiten der Philosoph denken. In der Theologie freilich, sowohl bei Christen, wie Juden, Muhamedanern und „Heiden“ hat (nach den Wolfenbüttler Fragmenten),,die Offenbarung allein das Recht, sich per petitionem principii zu erweisen:“ in Philosophie aber muss (wie REIMARUS ferner sagt) „die Wahrheit durch Gründe ausgemacht werden, und gestehet sie ihren Gegnern

kein Verjährungsrecht zu." Dass daher, um auf unsern Kernpunct zu kommen, in Religionsurkunden von Gott oder Göttern gelehrt wird, und dass zu allen Zeiten von fast allen Völkern ein oder mehrere göttliche Wesen verehrt worden sind: dies gestattet der Philosophie noch nicht, den Glauben an ein göttliches Princip für begründet zu halten. Hat sie andre Gründe?!

Der Naturmensch legt das Gepräge seines eigenen Sinnens und Trachtens der ganzen Welt als Folie unter, überall blickt ihm sein eigenes Spiegelbild entgegen; und Alles in die Perspective seines beschränkten und beengten Horizontes hineinzwängend, fasst er zunächst die praktischen Beziehungen zu dem eigenen, vielbedürftigen Selbst in's Auge. Und da diese „Blüthenkrone der Schöpfung" (nach HERDER) keines irdischen Rivalen gewahr wird und ihre stetig wachsende Macht bei Nutzung und Gestaltung der Natur freudig geniesst; so umgiebt sie sich leicht mit jener idiolatrischen Glorie, die das Universum nur als ein Mittel zu den ärmlichsten Zwecken des Menschen ansieht1). Diesen autotheistischen Pygmäenhochmuth vernichtet die Naturwissenschaft, und sie bekämpft auch dessen kleinliche, um die Menschenspecies gravitirende Teleologie; ja sie geht noch weiter: sie bekämpft alle Teleologie, die dem ,,Mechanismus der Natur" als ein ihm Fremdes gegenübersteht, daher selbst die immanente Teleologie des grossen Stagiriten. Auch KANT erinnert unablässig an,,die Befugniss und, wegen der Wichtigkeit, welche das Naturstudium nach dem Principe des Mechanismus für unsern theoretischen Vernunftgebrauch hat, auch den Beruf: alle Producte und Ereignisse der Natur so weit mechanisch zu erklären, als es immer in unserm Vermögen, dessen Schranken wir innerhalb dieser Untersuchungsart nicht angeben können, steht;" denn ohne den „Mechanismus der Natur“ „kann es gar keine eigentliche Naturerkenntniss geben"). Der modernen Naturwissenschaft ist es durch die Entwicklungstheorie gelungen, dieses Princip des „Mechanismus“ auch in den biologischen Disciplinen zur Anwendung zu bringen, und diese damit erst zu eigentlichen Wissenschaften zu erheben; und sie bekämpft daher selbst die (früher von BAILLET,

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1) Vgl. ZELLER, Geschichte der Deutschen Philosophie. S. 255 f. Wolfische Schule.

2) KANT, Kritik der Urtheilskraft. § 78. vgl. §§ 80. 82. v. Giżycki, Entwicklungstheorie.

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ERASMUS DARWIN und LAMARCK, neuerdings von ASA GRAY u. A. befürwortete) Annahme einer den Organismen an sich innewohnenden Tendenz der Entwicklung, einer beharrlich formenden Kraft, und ähnliche Meinungen, welche die ewige Kette der Causalität durchbrechen und mystische Factoren in den Weltlauf einführen, als partielle Negation der Wissenschaft. „Mit den Naturwissenschaften besteht kein Anthropomorphismus, und eine Philosophie, die mit der Erfahrungswissenschaft nur in einem unvermeidlichen Widerstreite leben kann, hat auch in sich selbst keine Wahrheit,“ bemerkt FRIEDRICH HARMS mit Recht3); die Philosophie muss sich daher durchaus von aller der eben besprochenen Teleologie abwenden: dagegen führt, wie wir überzeugt sind, gerade die Entwicklungstheorie zu einer absoluten Teleologie als dritter Form der Teleologie, gegenüber der äusserlichen, anthropomorphistischen, und der zwar immanenten, aber doch dem „Mechanismus der Natur" als ein ihm Fremdes beigeordneten, anstatt, ihn in sich aufnehmend, übergeordneten Teleologie. Und gerade der erhabene Begründer der allgemeinen Entwicklungstheorie selbst, IMMANUEL KANT, hat sich zu dieser Anschauung bekannt. In seiner allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels" erklärt er,,, dass man eine höhere Vorstellung von der göttlichen Wirksamkeit erhalte, wenn man die Natur als ein geordnetes Ganze betrachte, das kraft seiner eigenen Gesetze das Schöne und Zweckmässige hervorbringt, als wenn man meine, die allgemeinen Naturgesetze bringen an und für sich selber nichts als Unordnung zuwege, und alle Zweckmässigkeit der Natureinrichtung könne nur von einem wunderbaren Eingreifen der Gottheit herrühren.",,Es kommt nur darauf an, zu entscheiden, ob der Entwurf der Einrichtung des Universums von dem höchsten Verstande schon in die wesentlichen Be. stimmungen der Natur gelegt und in die allgemeinen Bewegungsgesetze gepflanzt sei, um sich aus ihnen auf eine der vollkommensten Ordnung angemessene Art ungezwungen zu

entwickeln."

Nun strebt unverkennbar die ganze physische Entwicklung

3) FR. HARMS, Prolegomena zur Philosophie. 1852. S. VIf.

unseres Planeten der Offenbarung eines sich zu immer höheren Formen potenzirenden psychischen Lebens zu;,,es mag ausgesprochen werden," sagt LYELL (am Schlusse seines Werkes über das Alter des Menschengeschlechts),,,dass, weit entfernt, eine materialistische Tendenz zu haben, die angenommene, sich allmählich steigernde Einführung von Leben, Empfindung, Instinct, Verstand der höheren Säugethiere, und zuletzt der vervollkommnungsfähigen Vernunft des Menschen selbst auf die Oberfläche der Erde in aufeinanderfolgenden geologischen Perioden sich uns unter dem Bilde einer stets anwachsenden Herrschaft des Geistes über die Materie darstellt." Dieses psychische Leben wird aber eben nur durch das harmonische Hinwirken aller Sphären des Naturwaltens möglich: der Mensch ist ,,aus den Tiefen der Natur emporgestiegen", eben nur weil die Natur solche einmüthige Kräfte und Gesetze hat, welche die Manifestation geistigen Lebens gestatten. Hat nun MONTESQUIEU Unrecht, wenn er behauptet: Ceux qui ont dit, qu'une fatalité aveugle a produit tous les effets que nous voyons dans le monde, ont dit une grande absurdité: car quelle plus grande absurdité, qu'une fatalité aveugle qui aurait produit des êtres intelligents? (Esprit des lois. I, 1.)— Und dieses Sonnenstäubchen im Weltall, unsere Erde, wird doch nicht das einzige unter den Billionen von Gestirnen sein, auf welchem Organisation und Bewusstsein herrscht? ,,Da wir (durch die Spectralanalyse) wissen, dass die chemischen Elemente, aus denen Planeten und Fixsterne bestehen, nicht toto genere von den auf der Erde anzutreffenden verschieden sind", erklärt ZÖLLNER,,,So werden wir auch bezüglich der organischen Entwicklungen auf den Planeten unseres und anderer Sonnensysteme von ähnlichen Ursachen auf ähnliche Wirkungen schliessen dürfen. Gestattet demnach die Abkühlung, die Stärke der Insolation und die Intensität der Schwere eines Planeten die Entwicklung von Organismen auf seiner Oberfläche; so werden dieselben im allgemeinen als analog den Typen der vorweltlichen und gegenwärtigen Flora und Fauna der Erde vorausgesetzt werden können"). Wir müssen also überzeugt sein, dass die Entwicklungstheorie von allgemein kosmischer Bedeutung ist - und dass es ein Universum geistigen

4) J. C. F. ZÖLLNER, Photometrische Untersuchungen. Leipzig, 1865. S. 264.

Lebens giebt: und stets gegeben hat. Und da es im Weltall nur Eine Wahrheit geben kann: da toutes les vérités mathématiques doivent être les mêmes dans l'étoile Sirius, et dans notre petite loge (VOLTAIRE); da wir uns versichern, dass durch die ganze Reihe terrestrischer Organismen similiter spirant omnia, nach Koheleth, und daher eine einheitliche Gesetzmässigkeit der Vorstellungsprocesse und der Dynamik der Affecte zu erkennen ist, welche in den verschiedenen Ordnungen und Classen nur niedere oder höhere Stufen der Entwicklung erreicht, eine einhellige Gesetzmässigkeit alles geistigen Lebens, welches eben selbst nur durch die durchgängige Parallelität mit den äusseren Naturgesetzen in seinem Bestehen gesichert ist: so werden wir auch nicht zweifeln, dass, wo auch immer die physischen Verhältnisse auf anderen Himmelskörpern ein organisches Leben gestatten, und wie sehr dasselbe vielleicht in somatischen Beziehungen, in Grösse und besonderer Eigenthümlichkeit, von dem tellurischen abweichen mag, doch das psychische Leben, als Spiegel des Universums und seiner Gesetzmässigkeit, denselben Gesetzen folgt, wie auf unserm Planeten, auch wenn der Grad dieser geistigen Entwicklung ein ausserordentlich verschiedener sein mag, und z. B. die irdische Intelligenz, aller Wahrscheinlichkeit nach, auf andern Gestirnen weitaus übertroffen werden wird; da es uns doch wohl nicht beifallen wird, unsre Erde in dieser Hinsicht an die Spitze der Myriaden von Gestirnen des Universums zu stellen! Und da durch die Spectralanalyse erwiesen ist, dass noch jetzt ganze Astralsysteme nicht aus jenem chaotischen Urnebel hervorgetreten sind, aus dem sich einst unser Sonnensystem entwickelt hat; da wir anzunehmen genöthigt sind, dass unter den zahllosen Himmelskörpern alle Stadien der Entwicklung gleichzeitig vertreten sind, dass, um mich des schönen Bildes von STRAUSS zu bedienen,,,das All einem jener südlichen Bäume gleicht, an denen zu derselben Zeit hier eine Blüthe aufgeht, dort eine Frucht vom Zweige fällt:" da es endlich vieles Wahrscheinliche hat, dass die erkalteten und scheinbar todten Gestirne, genauer, die nach Beendigung des verhängnissvollen Spirallaufs zusammengestürzten Systeme von Gestirnen sich stets, wie ein Phönix, zu neulebendiger Entwicklung wieder auflösen 5): so 5) Vgl. KANT, Werke, hg. v. Hartenstein. VIII. Bd. S. 330 f.

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