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Kapitel L

Ich bin der höflichste Mensch von der Welt. Ich thue mir was darauf zu Gute, niemals grob gewesen zu sein auf dieser Erde, wo es so viele unerträgliche Schlingel giebt, die sich zu Einem hinsehen und ihre Leiden erzählen oder gar ihre Verse deklamieren; mit wahrhaft christlicher Geduld habe ich immer solche Misère ruhig angehört, ohne nur durch eine Miene zu verrathen, wie sehr sich meine Seele ennuyierte. Gleich einem büßenden Brahminen, der seinen Leib dem Ungeziefer preisgiebt, damit auch diese Gottesgeschöpfe sich sättigen, habe ich dem fatalsten Menschengeschmeiß oft tagelang Stand gehalten und ruhig zugehört, und meine inneren Seufzer vernahm nur Er, der die Tugend belohnt.

Aber auch die Lebensweisheit gebietet uns, höflich zu sein, und nicht verdrießlich zu schweigen, oder gar Verdrießliches zu erwiedern, wenn irgend ein schwammiger Kommerzienrath oder dürrer Käsekrämer sich zu uns sett, und ein allgemein europäisches Gespräch anfängt mit den Worten: „Es ist heute eine schöne Witterung.“ Man kann nicht wissen, wie man mit einem solchen Philister wieder zusammentrifft, und er kann es uns dann bitter eintränken, dass wir nicht höflich geantwor tet: „Die Witterung ist sehr schön.“ Es kann sich sogar fügen, lieber Leser, dass du zu Kassel an der Table d'Hôte neben besagtem Philister zu sißen kömmst, und zwar an seine linke Seite, und er ist just der Mann, der die Schüffel mit braunen Karpfen vor sich stehen hat und lustig austheilt;

hat er nun eine alte Pike auf dich, dann reicht er die Teller immer rechts herum, so dass auch nicht das kleinste Schwanzstückchen für dich übrig bleibt. Denn ach! du bist just der Dreizehnte bei Tisch, welches immer bedenklich ist, wenn man links neben dem Trancheur sigt, und die Teller rechts herumgereicht werden. Und keine Karpfen bekommen ist ein großes Übel; nächst dem Verlust der Nationalkokarde vielleicht das größte. Der Philister, der dir dieses übel bereitet, verhöh

dich noch obendrein, und offeriert dir die Lorberen, die in der braunen Sauce liegen geblieben; — ach. was helfen Einem alle Lorberen, wenn keine Karpfen dabei sind! -— und der Philister blinzelt dann mit den Äuglein, und kichert und lispelt: Es ist heute eine schöne Witterung.

Ach, liebe Seele, es kann sich sogar fügen, dass du auf irgend einem Kirchhofe neben diesem selben Philister zu liegen kömmst, und hörst du dann am jüngsten Tage die Posaune crschallen und sagst zu deinem Nachbar: „Guter Freund, reichen Sie mir gefälligst die Hand, damit ich aufstchen kann, das linke Bein ist mir eingeschlafen von dem verdammt langen Liegen!" dann bemerkst du plöglich das wohlbekannte Philisterlächeln, und hörst die höhnische Stimme: Es ist heute eine schöne Witterung.

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Kapitel II.

Es ist heute eine scheene Witterung

Hättest du, lieber Leser, den Ton gehört, den unübertrefflichen Fistelbass, womit diese Worte gesprochen wurden, und fahest du gar den Sprecher selbst, das erzprosaische Wittwenkassengesicht, die stockgescheiten Äuglein, die aufgestülpt pfiffige Forschungsnase: so erkanntest du gleich, diese Blume ist keinem gewöhnlichen Sande entsprossen, und diese Töne sind die Sprache Charlottenburg's, wo man das Berlinische noch besser spricht als in Berlin selbst.

Ich bin der höflichste Mensch von der Welt, und esse gern braune Karpfen, und glaube zuweilen an Auferstehung, und ich antwortete: In der That, die Witterung ist sehr scheene.

Als der Sohn der Spree dermaßen geentert, ging er erst recht derb auf mich ein, und ich

konnte mich nimmermehr losreißen von seinen Fragen und Selbstbeantwortungen, und absonderlich von seinen Parallelen zwischen Berlin und München, dem neuen Athen, dem er kein gutes Haar ließ.

Der Mensch

Ich aber nahm das neue Athen sehr in Schuß, wie ich denn immer den Ort zu loben pflege, wo ich mich eben befinde. Dass Solches diesmal auf Kosten Berlin's geschah, Das wirst du mir gern verzeihen, lieber Leser, wenn ich dir unter der Hand gestehe, Dergleichen geschieht zumeist aus purer Politik; denn ich weiß, sobald ich anfange, meine guten Berliner zu loben, so hat mein Ruhm bei ihnen ein Ende, und sie zucken die Achsel und flüstern einander zu: wird sehr seicht, uns sogar lobt er. Keine Stadt hat nämlich weniger Lokalpatriotismus als Berlin. Tausend miserable Schriftsteller haben Berlin schon in Prosa und Versen gefeiert, und es hat in Berlin kein Hahn danach gekräht, und kein Huhn ist ihnen dafür gekocht worden, und man hat sie unter den Linden immer noch für miserable Poeten gehalten, nach wie vor. Dagegen hat man eben so wenig Notiz davon genommen, wenn irgend ein After-Poet etwa in Parabasen auf Berlin losschalt. Wage es aber mal Jemand gegen Polkwig, Insbruck,

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