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die höchste und einzige Quelle der Entscheidung aller Fragen und Streitigkeiten über Kirche und Staat ist eben die Kirche und ihr geistliches Oberhaupt."

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Jezt, Staat des neunzehnten Jahrhunderts, werde dieser Kirche gerecht!" Ihr gerecht werden nach ihrem Sinn, heißt, sich ihr unterwerfen; fie anerkennen als das, wofür sie gelten will, heißt, ihr als Herrin huldigen! Und gar Verträge mit ihr? welche juristische Bedeutung können solche Verträge sich zuschreiben? und welchen politischen Werth? und endlich welchen Sinn haben sie in den Augen der Kirche, deren Haupt die Stelle des Herrn auf Erden vertritt, welcher feinen andern Herrn neben sich duldet?!

Aber, forschen wir unbefümmert um jenen gewaltsamen Stillstand nach der Weisheit und Wahrheit, welche die folgenden Blätter der Weltgeschichte predigen, Blätter ehrwürdigen Inhalts, die zu Wien und Stuttgart hätten gelesen und immer wieder gelesen werden sollen, ehe man Vereinbarungen mit dem römischen Stuhl abschloß: denn, wer Augen hat zu sehen, der sehe!

Der Romanismus, welcher das Mittelalter beherrschte und für Jahrhunderte eine Nothwendigkeit war, ist ein System christlicher Weltanschauung. Doch nicht das einzige und für unsre Zeiten ist er unmöglich und unwahr geworden; seine Voraussegungen, soweit sie sein eigen find, haben sich längst überlebt. Das Rad der Geschichte müßte rückwärts rollen, erstorbene Gewalten müßten wiedererweckt werden von den Todten, sollte dieses System aufs Neue den Thron besteigen: heute zu Tage ist es ein System der Romantik. Nicht ungestraft citiren die Könige den Geist des Samuel!

Das Land, dessen freigewählter König seit dem Jahre 962 von Rechtswegen die heilige Krone der Kaiser der Christenheit getragen und dessen Staatsverfassung so völlig nach den Erfordernissen des Romanismus gebildet und verbildet worden, daß dieses Deutschland selbst das heilige Römische Reich heißendurfte, ergriff die Initiative der Weltumgestaltung und ward.

Geburtsstätte und Heimath einer neuen Lebensansicht, die dem Romanismus entgegengesegt ist, des Protestantismus. Er ist das zweite System christlicher Weltanschauung, unvereinbar mit jenem sowohl in den Grundsägen, wie in allen Folgesägen, aber einig mit ihm im tiefsten Princip: und dies ist das Christenthum.

Auch der Protestantismus findet Anwendung auf alle Dinge der Welt, auf Verhältnisse des Völkerrechts, der Politik. Nur in ganz anderer Weise als sein Widerpart! Er an sich ist christlicher, rein religiöser Natur. Wohin er außerhalb eingedrungen ist und eindringen mußte, schon um jenes System zu widerlegen, das allüberall normativ geworden, hat er vor Allem die religiöse Sphäre scharf auszuzeichnen gewußt und die Verschlingung zu lösen gesucht, wodurch der Romanismus an legter Stelle die Kirche zur Herrin über Alles erhob. So ist der Protestantismus kein fertiges System des Völkerrechts, wie es der Romanismus war, vermöge dessen ein Kaiser, der Vogt der Kirche, als höchster Richter über den Königen, vermöge dessen der Papst Besigstreitigkeiten der Mächte, wie zwischen Portugal und Spanien, zu schlichten befugt erschien; sondern er bietet dem in sich selbständigen Völkerrecht selbständig vermöge der protestantischen Ansicht, welche die Persönlichkeit der Nationen anerkennt und die dieselbe negirende kirchlichpolitische Einheit der christlichen Welt auflöst — Principien. So ist dem Protestantismus der Staat kein Profanes; cr spricht ihm eine in seinem Wesen, obschon dieses rein menschlich und nicht religiöser Art ist, beruhende göttliche Weihe zu; auch ihm dringt er nicht Recht und Gefeß auf, bietet ihm aber fruchtbringende, christliche Gedanken für seine Gefeßgebung und seines Volkes Herkommen. Das Recht überhaupt wie die Völker füglich eines allgemeinen Kaisers entrathen, wie ihre Herrscher unmittelbar von Gott ihre Kronen tragen — gilt dem Protestantismus als eine nicht durch die Religion vermittelte, sondern von der Religion verschiedene Ordnung der Dinge; aber das Christenthum, woraus die Normen derselben zwar nicht her

fließen, auch nicht erst ihre Geltung herschreiben, erscheint im Protestantismus als eine geistige Potenz, die jeden Willen zu heiligen vermag, auch den Gemeingeist und Gesammtwillen der Völker, welcher ihr Recht erzeugt, die jeder echten Ethik zu Grunde liegt, die deshalb von keiner Rechtsordnung, wenn sie irgend edleren und höheren Ansprüchen auch nur an menschliche Cultur genügen will, außer Acht gelassen werden darf. Das Christenthum endlich, das hier nicht, wie im Romanismus, eine irdische Großmacht ist, das aber als beseelendes Princip jedweder Organisation einwohnen will und soll, ist nicht das juristisch sichergestellte Lehrsystem einer ecclesia imperans, sondern das Christenthum der Bibel, in den Hauptsachen einleuchtend, im Einzelnen häufig erst zu erforschen, mitunter nicht unzweideutig, doch wahrlich unzweideutig in allen Fragen des Heils, wie Augustin (de doctrina Christiana II, 9) bekennt: ,,Nihil obscurum in scriptura ex his quae sine salutis dispendio ignorari non possunt; aperta posita sunt quae continent fidem moresque vivendi." Und also, umgekehrt wie im Romanismus: Alles das ist Kirche und nur das ist Kirche, was dem Evangelium gemäß ist.

Zusammenfassend gesagt:

Während im Romanismus die empirische Kirche die Welt beherrscht, theils direct theils indirect, im Namen des Christenthums, über das nur sie Bescheid weiß und aus welchem sie specielle Normen für alle denkbaren Verhältnisse der Menschen zubereitet, so daß alles Recht durch Kirchenrecht bedingt erscheint, ist im Protestantismus das Christenthum reine Religion, die Religion des Evangeliums, woraus sich für alle denkbaren menschlichen Verhält= niffe Principien ergeben, welche auf deren an sich nicht religiösen, staatlichen und anderweiten Grundlagen autonom durchzuführen sind und nach welchen insonderheit bemessen wird, ob, was sich Kirche nennt, auch Kirche sei.

Als der Protestantismus auftrat, war der Romanismus Alleinherrscher, namentlich in Deutschland. Die realen Mächte standen hier auf seiner Seite und hatten sämmtlich Beruf und N. F. Bb. XXXVI.

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Sendung, den Widerstand gegen ihn, woher solcher auch komme, zn brechen: namentlich der deutsche König in seiner Eigenschaft als Römischer Kaiser. Die Consequenz des bestehenden Rechts war das Wormser Achts-Edict gegen Luther und seine Anhänger. Der Reichsschluß von Speier aber, am 27. August 1526, bestimmte, daß bis zum künftigen Concil in Sachen des Wormser Edikts jeder Reichsstand sich so halten möge, wie er es vor Gott und dem Kaiser zu verantworten gedenke. Das alte Recht war hiermit nur gebeugt, keineswegs gebrochen: auf das Concil weist der Reichsschluß hin, dem als legter kirchenrechtlicher Instanz in Glaubenssachen das Urtheil über das Christenthum und über die Rechtsfähigkeit Aller und eines Jeden gebühre; nicht Gott allein, sondern auch das weltliche Oberhaupt der religiöspolitischen Einheit wird genannt, dem gegenüber der einzelne Reichsstand der Verantwortung gewärtig sein soll. Nichtsdestoweniger war im Grunde der Romanismus preisgegeben. Denn Christenthum und Kirche bildeten das Fundament der Weltordnung: und in einer für Beide unverkennbar entscheidenden Frage ward da der einzelne deutsche Reichsstand auf sein Gewissen angewiesen. Somit war, wie Leopold Ranke glänzend dargethan hat, der Schwerpunkt der religiösen Bewegung, und, weil auf dem einen der streitenden Bekenntnisse die gesellschaftliche Ordnung Deutschlands und Europa's ruhte, der ganzen vaterländischen und welthistorischen Bewegung in die deutschen Territorien verlegt. In den Theilen unseres Deutschland wurde die Entscheidung getroffen : für den Romanismus, wider ihn für oder wider den Protestantismus.

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Wäre dieser Entscheid in allen Theilen der gleiche gewesen, so hätte die eine oder die andre Weltansicht den vollen Sieg dennoch davongetragen. Doch weder der einen, noch der an= dern war er beschieden; vielmehr trug ihn jede theilweise davon. Sonst sprächen wir heute wohl nicht von Vereinbarungen mit dem Römischen Stuhl: in dem Einen Fall, weil die Botmäßigkeit desselben über deutsche Gewissen nicht fortbestünde; und im ent

gegengesezten Fall, weil Rom nach wie vor der deutschen Nation Geseze vorschriebe.

Unser Land wurde nicht vom Römerthum frei, wie die Protestanten gewollt. Dagegen, daß der Protestantismus darin rechtlichen Boden errang, machte Rom, dessen Provinz der deutsche Staat geworden, zu einer,,Partei" im Reiche, machte die Kirche, deren vas electum und Organ Deutschland bisher gewesen, zu einer Kirche neben einer zweiten Kirche, was nach der Logik des Romanismus ein Unsinn ist.

Friede und Recht der Nation hatten zur Grundlage das Christenthum; diese Grundlage (was wahres Christenthum sei?) war Gegenstand unversöhnlichen Kampfes geworden, da traten die Reichsstände beider Parteien zusammen und schloßsen, abgesehen von der streitigen Religion, den deutschen Religionsfrieden d. h. fte erklärten Friede und Recht für unabhängig von Religion, stellten die vaterländische Verfassung auf weltlich nationale Basis und vereinigten sich auf so ge= meinsam deutschem, nicht durch die Kirche bestellten Boden über ihr Verhalten in Sachen der Religion. Das ist eine geschichtliche Thatsache von unermeßlicher Bedeutung: ist in der Hofburg zu Wien der Name König Ferdinand des Ersten verschollen?

Die Einzelheiten des Religionsfriedens sind weder protestan= tisch, noch romanistisch. Aber, weil der Protestantismus rein religiös, der Romanismus Alles in Allem sein will, stehen sie in schroffem Gegensage nur zu legtrem. Es waren rein politische Gewalten, die Factoren des damals neu sich bildenden deutschen Staatsrechts, welche, nicht über das Innere der Kirchen (das hätte auch dem Protestantismus widerstritten), wohl aber über das Verhältniß Deutschlands zum Kirchenstreit, des Staats zu beiden Kirchen grundgefeßliche Bestimmungen trafen.

Dasselbe wiederholte sich im Westfälischen Frieden, gegen den die Curie fortwährend Protest eingelegt hat, ein Protest, dessen Tragweite jeder denkende Mensch absehen kann.

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