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Das Halsband der Sonnengöttin konnte aber auch als ein der Hut der Brüder empfohlener Besitz, als ein Hort aufgefasst werden; die geheime Quelle aller Macht war dem Germanen der gesammelte Hort, der Schatz; Hort und Macht waren ihm gleiche Begriffe. So entstand mit der Ausbildung des Königtums die Vorstellung, dass der Himmelsgott Ermanarîkaz aus Gier nach dem Schatze der Harlunge die Neffen (ursprünglich die Söhne) überfällt: zu voller Machtentfaltung kann der Tagesgott erst gelangen, wenn das Zwielicht ihm den Platz geräumt hat, und er selbst im Besitze ihres Goldschatzes, des Sonnengoldes, ist.

Spätestens im 6. Jahrhundert wurde der Mythus von Ermanarîkaz und seinen Söhnen bei den Alemannen mit der gotischen Ermanarichsage verbunden und dann im Breisach bei dem mons Brisiacus lokalisiert. Der Grund dafür ist in der Namensähnlichkeit des Gottes und des Herrschers gegeben; das Kleinod der Brisinge wurde als der Schmuck der Breisinge (Brisigavi) aufgefasst, der vermeintlichen Bewohner des Breisgaues und vor allem Breisachs. Hier wird auch in einer Urkunde (1185) ein Eggeharthberc erwähnt, der nach dem treuen Hüter und Pfleger der Harlunge benannt ist. Auch der zwischen Freiburg und Breisach gelegene Venusberg von Ufhausen wird sich auf Frija beziehen.

Durch Einschiebung zweier neuer Personen hat der Harlungenmythus noch eine Bereicherung erfahren. Eckehart tritt als Beschützer der Harlunge auf; nach dem Anhange des Heldenbuches ist er selbst von dem Geschlechte der Harlinge. Wie der Eckewart des Nibelungenliedes den Burgunden die erste Warnung vor der ihnen drohenden Gefahr ausspricht, so trägt Eckelart den Brüdern die Nachricht von ihrem bevorstehenden Untergange auf schnellem Rosse zu. Beide sind Warner, Hüter und Wächter des Landes (S. 234, 235). Das Gegenbild des treuen Eckehart ist der untreue Sibich. Wie in der Wolfdietrichsage Saben der Widersacher des Lichtsohnes Berchtung Wolfdietrich ist und die Königin verleumdet, dass sie dem Gatten die Treue gebrochen habe, so ist auch Sibich der ungetreue Ratgeber und

und Ränkeschmied. Beide sind uralte mythische Gegensätze sie treten als neue Gestalten in den Dioskurenmythus ein. Mit dem Verschwinden der Abenddämmerung findet Sibichs Anklage Gehör, dann erleiden die Brüder den Tod. Aber der Himmelsgott muss dann seinen kaum gewonnenen Schatz gegen die hereinbrechende Nacht verteidigen. Aus dem Streite zwischen Tius und seinen Söhnen um das Halsband wird ein Streit zwischen dem Gotte des Lichtes und der Finsternis.

Der Mythus vom Tode des Irmintius durch seine Söhne.

Eine dritte Form des Dioskurenmythus hat die Sage von Ermenrich und Sunilda (Schwanhild) bewahrt, die aus Deutschland nach dem Norden eingewandert ist. Ermenrich hat zwei Söhne, Sarulo und Hamadeo, denen ein Stiefbruder Erp zur Seite steht. Das echte Brüderpaar, das vom Vater ausgeschickt ist, um ihm Sunilde als Braut zuzuführen, wird von Sibich der sträflichen Liebe zur Sunilde bezichtigt; dunkel läuft auch die Anschuldigung mit unter, dass sie Ermenrichs Hort beraubt hätten, wozu das Brisingamen gehört. Da lässt Ermenrich seine Söhne ergreifen und zum Galgen führen, die Sunild von wilden Rossen zerstampfen. Aber erst als der sonnenhelle Blick ihrer Augen durch ein Tuch verhüllt wird, gehorchen die Rosse dem grausen Befehle.

Nach einer andern Sagenform sind die Brüder Sarulo und Hamadeo noch am Leben, sie beschliessen den an Sunild begangenen Frevel furchtbar zu rächen. Mit grossen, tüchtigen, zauberischen Rüstungen ausgestattet, dass kein Eisen sie durchdringen kann, machen sie sich am Abend auf den Weg, um Ermenrich bei Nacht zu überfallen. Ihr Stiefbruder Erp will sie auf dem Rachezuge begleiten, sie weisen aber seine Hilfe höhnisch zurück, geraten mit ihm in Streit und töten ihn. So dringen sie in Ermenrichs Burg, wo der König zechend in trunkenem Übermute sie erwartet. Getümmel erhebt sich, die Humpen stürzen herab, und die Brüder schlagen Ermenrich Hände und Füsse ab. Da brüllt er seinen

Mannen zu: ist die Brust gegen Speer und Stahl gefeit, so werft sie mit Steinen tot. Zu spät erkennen sie, wie nötig ihnen Erps Hilfe gewesen wäre; während sie dem Könige Haupt und Füsse abgehauen hätten, würde er ihm das Haupt abgeschlagen haben.

Auf den geschichtlichen Gotenkönig Ermanarich, der sich 375 aus Verzweiflung vor dem Einbruche der wilden Hunnenscharen das Leben nahm, weil er nicht mehr in voller Kraft stand, sind Züge des Dioskurenmythus übergegangen. Sarulo und Hamadeo sind ein reisiges, rüstiges Jünglingspaar, wie die Harlunge, angethan mit leuchtenden Rüstungen. Nach ihnen sind sie auch benannt; Sarulo (got. Sarwilo; got. sarwa Rüstung) und Hamadeo (got. *hama, ahd. hamo Kriegskleid, Hamadeo = der junge Mann im Kriegskleide) sind die Gerüsteten, mit Brünnen Bekleideten. Denn ihre undurchdringlichen, glänzenden Rüstungen sind für die Söhne des Tiwaz Ermanarîkaz charakteristisch. Der dritte Bruder Erp (wovon Erpis oder Erphisfurt, Erfurt) ist der braune, dunkle'. Die göttlichen Zwillinge, die pflichtvergessen die Braut für sich behalten wollen, die sie dem Vater zuführen sollen, tötet der ergrimmte Vater, wenn die Sonne am Himmel emporsteigt. Aber auch die treulose Braut erreicht am Abend seine Strafe. Wenn die Abendwolken die Sonne bedecken oder sie in Streifen aufzulösen scheinen, dann wird Sunhilde von den Rossen (den Wolken) zertreten oder zerrissen; und weil sie die Hilde ist, die zur Sühne (ahd. suon) für ihre Untreue den Tod erleidet, heisst sie Sunilda (got. *Sônhilds, ahd. Suonhilt, daraus entstellt Schwanhild). Wenn aber der Tagesgott am Ende seiner Laufbahn steht, wird das Zwielicht wieder lebendig und nimmt Rache am Vater. Bei Einbruch der Nacht überfallen ihn die Brüder und verstümmeln ihn, finden aber auch selbst von neuem den Tod, sobald die Finsternis der Nacht sie verschlingt. Nur Steine können ihnen den Untergang bringen, weil nur das Dunkel die Kraft des Lichtes zu brechen vermag. Der braune, dunkelgelockte Stiefbruder Erp ist ein Dämon des Dunkels. Allein können die hellen Lichtwesen den Tagesgott nicht töten, nur mit Hilfe des

unechten Bruders, gleichfalls eines Sohnes der Nacht, wäre es ihnen gelungen; den aber haben sie erschlagen. Von neuem hebt sich der Tagesgott siegreich empor, und von neuem wiederholt sich der endlose Streit und die gegenseitige Vernichtung.

Der gesamte Dioskurenmythus umfasst also den Verlauf eines ganzen Tages. Er beginnt mit dem Aufdämmern des Zwielichtes, dem ersten Morgengrauen, schildert das glanzvolle Erscheinen der Sonnengöttin und ihre Vermählung mit dem Tagesgotte, beschreibt den Untergang der Sonne, das Hereinbrechen des Abendzwielichtes, das Verschwinden des Tageslichtes und das Nahen der dunklen Nacht. Der Dioskurenmythus ist also dem Mythus vom Kampfe des Lichtgottes mit dem Gotte der Finsternis nahverwandt (S. 235). Aber in der Erscheinungen Flucht erkannte man den ruhenden Pol, im täglichen Wechsel erblickte man ein allgemeines Gesetz und erweiterte das vom Tage genommene Bild zu einem umfassenden Weltenbilde, das mit dem tragischen Untergange alles Seins, der Vernichtung aller Gegensätze abschloss. Es darf nach dieser Mythenkette keinem Zweifel unterliegen, dass die Vorstellung des Weltunterganges allen Germanen gemeinsam war.

Über den Kultus der Tiussöhne ist wenig zu sagen. Die Haartracht ihrer Priester bequemte sich weiblicher Sitte, sagt Tacitus (Gerin. 43; S. 259). Auch ein Kopf- und ein Schleiertuch wird dazu gehört haben. Wie die göttlichen Zwillinge, prangend im Goldschmuck, die Sonne im Wettlauf ersiegten, die Göttin auf ihren Wagen nahmen und als ihre eigene Braut davonführten oder als Braut und Gemahlin ihrem Vater, dem höchsten Himmels- und Tagesgotte, zubrachten, so bestand die altgermanische Hochzeitsfeier im wesentlichen aus einem Wettlauf um die Braut. Dieser Teil des Hochzeitsfestes gab dem ganzen Feste bei den Nordund Westgermanen den Namen Brautlauf, d. h. Lauf nach der Braut oder um die Braut. Der Auszug zur Einholung der Braut wurde als ein wildes Wettrennen ausgeführt; im Triumphzuge wurde sie feierlich heimgeleitet, hoch auf dem

Wagen thronend. In Bayern ist es Brauch, dass von den Hochzeitsgästen der Brautlauf gehalten wird; der Bräutigam läuft selbst mit und das Ziel ist der Schlüssel zur Brautkammer; wenn der Bräutigam im Wettlauf unterliegt, muss er ibn dem Gewinner abkaufen. Durch Kraft und Geschicklichkeit, wie sie die Söhne des Himmelsgottes bewiesen, muss die Frau ersiegt werden. Die Sonnengöttin ist vielleicht selbst bei dem Wettlaufe beteiligt. In Deutschland kommt noch eine andere Form des Brautlaufes vor, bei dem die Braut nicht nur das Ziel, sondern selbst die ausübende ist. In der Altmark begiebt sich am Schlusse des ersten Hochzeitstages die ganze Hochzeitsgesellschaft auf einen zum Laufen geeigneten Platz. Die Braut wird von zwei jungen Männern geführt, dann giebt ihr der Bräutigam einen Vorsprung, und der Wettlauf zwischen ihm und der Braut beginnt. Am Ziel der Bahn wird der jungen Frau der Kranz von jungen Weibern abgenommen. Siegfried erringt im Wettkampfe für Gunther die Brünhild, und der Lauf spielt dabei auch eine Rolle.

Die einzelnen Götter.

1. Tius.

Uralte Lieder, die schon zur Zeit des Tacitus aus ferner Vorzeit stammen, singen von den drei göttlichen Ahnen, nach denen sich die drei westgermanischen Stämme bezeichneten (Germ. 2). Die Namen der Ingväonen, Erminonen und Istväonen sind durch die Allitteration gebunden; sie sind altgermanischer Poesie entnommen und bildeten, wie die Dreizahl der Stäbe vermuten lässt, einen zweiteiligen Langvers. Was bedeuten die Namen der drei Ahnherrn, die in urgerm. Form Ingvaz, Ermnaz, Istvaz lauten würden? sind es Brüder, verschiedene Göttergestalten oder uralte Epitheta einer Gottheit, die ihnen von den drei Stämmen beigelegt wurden?

Dass Tius bei den Erminonen, deren Wohnsitze sich von

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