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der unter dem wilden Felsgerölle der Kalbe tief und heimlich in einer Schlucht des Gebirges gebettet ist, sonnig zu gleich und vom Schatten hoher Bäume umgeben, von einem verwitterten Steindamme eingeschlossen, liegt in einer grünen Wiese. Von ihrer alten Kultstätte aus unternimmt sie zur Weihnachtszeit ihre Umfahrt und verleiht den Äckern Fruchtbarkeit; unter Musik und Tanz begingen noch vor kurzem die Bauern nach alter Sitte dort ein ländliches Fest. Das Mädchen, das von der Stiefmutter in den Brunnen gestossen ist, kommt unter dem Wasser zu einer schönen grünen Wiese, auf der Frau Holles Haus steht (K. H. M. Nr. 24). Wie sich die weisse Wolke aus der Höhe in den feuchten Waldgrund oder zum Flusse herabsenkt, so steigt Frau Holle von dem Berge zum Bade oder zum Waschen im Born oder Fluss; drunten in der Lutter wäscht sie nach Harzer Sage ihren Schleier. Eine Stelle im Main bei Hasloch heisst Huldas Badplatz. Aus einem Born in Oberhessen, der Frau Holle Loch geheissen, fährt sie mittags im Wirbelwinde heraus.

Aus ihrem Reiche, zu dem der See, Teich oder Born wie der Nerthussee den Eingang bildet, schickt sie die Seelen der Menschen in Kindesgestalt ins Leben und ruft sie wieder zu sich; sie bilden ihr Gefolge. Weiber, die zu ihr in den Frau-Hollenteich steigen, macht sie gesund und fruchtbar; die neugeborenen Kinder stammen aus ihrem Brunnen, und sie trägt sie daraus hervor (D. S. Nr. 4). Aber sie zieht auch die Kinder in ihren Teich, die guten macht sie zu Glückskindern, die bösen zu Wechselbälgen.

Frau Holle waltet also über den Seelen der Menschen.

Nach merkwürdiger uralter Überlieferung spinnt sie im Harz aus dem Flachs, den sie in den Zwölften auf dem Wocken findet, ein Netz und fängt als Totengöttin mit ihm die, die im nächsten Jahre sterben sollen (S. 161). Als Wodans Gemahlin führt sie die wilde Jagd an, das Heer der abgeschiedenen Geister (D. S. Nr. 4. 7). Sie reitet zuweilen wie der Schimmelreiter einen prächtigen Schimmel, der dabei nicht die Erde berührt, sondern fusshoch über dem Waldrande schwebt.

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Der Frau Holle entspricht in Süddeutschland völlig Frau Berchta, Perchta, Berta. Sie trägt einen lang nachwallenden Schleier wie Holla, auf den ihre Dienerin treten muss, um ungenetzt mit der Herrin über den Fluss zu gelangen. Sie bewässert das Land, indem sie ihren Rocken hinter sich herschleift das Bild einer aus der Ferne gesehenen Regenwolke, deren Erguss wie ein Schleppkleid auf die Erde herabhängt. Auf ihr Gebot müssen die Heimchen, die Kinderseelen, die Felder und Fluren der Menschen bewässern. Umgeben von weinenden Kindern setzt sie auf einem Schiff über die Saale, und die Kleinen schleppen einen Ackerpflug herbei. Zerbricht ihr Wagen oder Pflug in den Zwölften oder in der Perchtennacht, so lohnt sie den ihr helfenden Menschen mit Spänen, die sich in Gold verwandeln. Die Zeit ihres Umzuges ist die heilige Zeit des Mittwinters; der Perchtentag (5. Jan.) ist ihr heilig, dann kehrte sie in ihr Heiligtum zurück. Über die ganzen deutschen Alpen ist die Sitte des Perchtenspringens oder Perchtenlaufens verbreitet. Vom Perchtenabend an bis zum letzten Faschingabend fand eine Art Maskerade statt, die Vermummten hiessen Perchten. Sie trugen auf dem Kopfe eine grosse Schellenspitzhaube mit Glöckchen, oder auf dem Rücken eine grosse Alpenglocke, oder schwangen Kuhglocken, knallten mit Peitschen, führten lange Stangen und hatten vor dem Gesicht entstellende Masken. Sie sprangen und stürmten in wilder Lust tobend und rasend über die Gassen und in die Häuser, von Ort zu Ort. Von diesen Aufführungen erwartete man ein gutes Erntejahr, Missernte schrieb man dem unterlassenen Perchtenspringen zu. Durch das laute Lärmen wollte man die ungebetenen Gäste vertreiben, die feindlichen Geister, die immer und überall dem Menschen zu schaden suchten (S. 44). Die Vermummungen und Verkleidungen sollten die der Gottheit nahenden Personen nicht in ihrer wahren Gestalt zeigen, sie gewissermassen decken (s. u. Kultus).

Wie Frau Holle von den Holden, so ist Perchta von den Perchten umgeben und zieht an der Spitze des wilden Heeres, umgeben von Geistern und Seelen aller Art und aller Alters

stufen. Mit den verstorbenen Kindern schreitet sie durch das Land oder eilt mit ihnen durch die Lüfte. In Kärnten reisst sie wie die wilde Jagd auch lebende Menschen zu sich empor und trägt sie in ferne Gegenden (S. 305). Schon aus dem 13. Jhd. ist bezeugt, dass die Leute der Percht in der Perchtnacht Essen oder Trinken stehen liessen. Im 15. Jhd. stellte man um dieselbe Zeit allerlei Lebensmittel und Getränke auf den Tisch für Perchta und ihr Gefolge. Diese Opfer leben in vielen Gegenden Deutschlands bis auf den heutigen Tag fort; die Gerichte, von denen Berchta einen Teil als Opfer empfängt, müssen aus Mehlspeisen oder Gemüse und Fischen bestehen: denn die Göttin gebietet über die Seen und befruchtet die Felder. In Oberbayern wurde am Christtage eine Pflugschar im Zimmer unter den Tisch gesteckt. In einem mhd. Gedichte heisst es:

Nâch wîhen nehten aht tage . .

Dô man ezzen wolt ze naht

Dô sprach der wirt zem gesinde

Und zuo sîn selbes kinde :

Ir sült vast ezzen, daz ist mîn bete,

Daz iuch Berhte niht frete.

2. Ostara.

Die idg. Göttin des Frührotes ausôs wurde bei den Indern als ušâs, bei den Griechen als ros (=avows), bei den Römern als aurora (*ausôs-a), bei den Litauern als auszrà verehrt. Zwischen s und r entwickelte sich im urgermanischen der Übergangslaut t, so wurde aus idg. ausro germ. *aus-t-rô, Ostra. Englands grösster und gefeiertster Lehrer, der Angelsachse Beda Venerabilis († 735), sagt: Der April hiess bei den Angelsachsen ,eosturmonath nach einer Göttin Eostre, der zu Ehren man in diesem Monate Feste feierte. Da schon zur Zeit Karls des Grossen der April ôstarmânoth heisst, wird Ostara, Eastre eine Licht- und Frühlingsgöttin gewesen sein. Ursprünglich war die Morgenröte die Zeit, wo die reisigen Söhne des Himmelsgottes ihre Sonnenrosse vor den Wagen schirrten und die holde Göttin ihrem Vater zuführten.

in Deutschland aber ward ôstrûn (Gen. von ôstra, zu ergänzen ist dulps Fest) das Fest der Göttin des wiederkehrenden Frühlings. Obwohl wir keine unmittelbaren Nachrichten von heidnischen Ostergebräuchen haben, liegt doch kein Grund vor, die Existenz der Göttin Ostara zu bezweifeln. Osterfeuer lodern noch heute, und auch Spiele und Tänze werden aufgeführt. Kränze und Sträusse werden ins Wasser geworfen, besonders begegnen Brot und Eier, Symbole der fruchtbaren Erdgöttin wie der Ostara. Dramatische Aufführungen unter dem Namen ôsterspil haben sich lange erhalten. In einem mhd. Frühlingsliede treten Friedebold und seine Gesellen, zur Zeit als Auen und Werder grünen, mit langen Schwertern auf und erbieten sich zu dem ôsterspil, einer Art Schwerttanz, der von zwölf Männern ausgeführt wird. Um dem Volke die traute Erinnerung an das Fest der Freude, des Scherzes und der Ausgelassenheit nicht gewaltsam zu zerstören, mussten die christlichen Priester auf der Kanzel ein Ostermärchen erzählen und ein ,Ostergelächter hervorrufen.

3. Baduhenna.

Im Jahre 28 n. Chr. zog der Proprätor von Germania. inferior Lucius Apronius gegen die aufständischen Friesen zu Felde, die es seit Drusus mit den Römern gehalten hatten. Willig hatte die Bevölkerung Ochsen und Äcker hingegeben, selbst die Frauen und Kinder in Leibeigenschaft, aber als ihr trotz aller Beschwerden keine Erleichterung ward, ergriff sie erbittert die zur Tributerhebung abkommandierten Soldaten und schlug sie ans Kreuz. Auch die Reiter und Leichtbewaffneten des Propätors wurden zurückgeworfen, und ein Detachement von 900 Mann fiel bei einem Haine, den die Friesen Hain der Baduhenna' nennen (Ann. 473).

Es ist nicht zu bezweifeln, dass von einem Heiligtume die. Rede ist, das nach einer Gottheit benannt ist; hier stand vermutlich auch ein Tempel. Aber das Heiligtum war gewiss nicht dem Kampf- und Todesgotte geweiht (ahd. badu Kampf und germ. *hanjê der Vernichter; S. 321), sondern

einer Göttin. Baduenna ist nicht die Kriegs- oder Schlachtengöttin (baduinna, Femininbildung von badu), sondern ein Kompositum und bedeutet entweder die Kampffreundin (Baduwini) oder besser, der römischen Schreibung entsprechend, die Kampfwütige' (badu-wennô, ahd. winna Streit, got. winnô Leidenschaft). Diese letzte Erklärung passt auch gut zu der berichteten Abschlachtung der 900 Römer. Da die Friesen als höchsten Gott den Tius-Mars verehrten (S. 274), wird Baduenna als seine Gemahlin aufzufassen sein, die nach Art der Walküren Lust an der männermordenden Feldschlacht hat und vielleicht selbst dazu anregt.

Auch auf den Monumenten der germanischen Gardereiter erscheint Tius-Mars ausschliesslich als Kriegsgott (S. 280), und wenn neben ihm als Gattin die Victoria genannt wird, so ist auch hier die höchste Göttin einseitig als Kriegsgöttin wiedergegeben. Die Beinamen Hariasa und Harimella, die auf Votivsteinen begegnen, werden der kriegerischen Gattin des Kriegsgottes Tius zukommen. Dea Hariasa lautet die Inschrift eines im Jahre 187 gesetzten Steines; *hari-jasa, *har jasa ist die Krieg erregende Göttin, *Harjaza ist die ,kriegführende, heerende' Göttin. Nördlich vom Hadrianswalle, in Birrens bei Middleby in Schottland wurde ein Stein gefunden: Deae Harimellae; er ist von Soldaten der zweiten Tungrischen Kohorte errichtet, die dort in Garnison lag. Harimella ist die im Heere, in der Schlacht glänzende oder die das Heer mit Mut erfüllende, dem Heere Sieg verleihende Göttin.

4. Walküren.

Auf dem Denkmale von Housesteads ist Tius mit einem Schwane abgebildet, dem Symbole der lichten sommerlichen Wolke (S. 276). Aber die Wolken konnten auch in menschlicher Gestalt gedacht werden. Göttliche Mädchen auf schnellen Rossen durcheilen im Sturmgebrause die Luft und stehen im Dienste des Himmels- und Wettergottes, vielleicht ursprünglich des Tius, später des Wodan. Wie die Wolken vom Sturme gejagt werden, gehören die Wolken- und Sturmweiber

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