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dazu. Neuerdings erklärt man Herbrant als die Brandstiftungen des einbrechenden feindlichen Heeres, und *Herebrort als die Vorhut, die nächtlicherweile verheerend einfällt, sieht also in den Namen nur poetische, nicht mythische Beziehungen. Wenn aber in demselben Nachtsegen von Wûtanes Heer und allen seinen Mannen die Rede ist, die, geradebrecht und gehängt, von den Rädern und den Strängen getragen werden, so ist Beziehung zum Seelenglauben nicht abzuleugnen. Denn die Seelen der mit dem Rade Hingerichteten und Gehängten werden vom Winde entführt, vom wilden Heere aufgenommen und kreisen mit diesem durch die Lüfte.

5. Der Seelenkultus.

Verschiedene Gebräuche der Seelenabwehr sind über den ganzen Erdkreis verbreitet. Zu gleichen Zwecken hat der Mensch überall Vorkehrungen getroffen, um die spukende Seele zu vertreiben oder unschädlich zu machen. Die Geister und Gespenster scheuen den nackten Menschen. Wer von bösen Träumen heimgesucht wird, kann sich dagegen wehren, wenn er beim Schlafengehen sich in der Mitte der Stube ganz entkleidet und rückwärts zu Bette geht. Nach einem Todesfalle werden sogleich die Fenster geöffnet, damit die Seele nicht länger im Hause bleibt. Die Töpfe werden umgekehrt, damit die Seele nicht irgendwo unterschlüpfen kann. Hinter dem Sarge her wird die Stube ausgekehrt, um das Wiederkommen zu verhüten, oder man giesst der Leiche einen Eimer Wasser nach, dann kann sie nicht umgehen. Der Wunsch, die Rückkehr des Verstorbenen zu verhindern und zugleich seine Reise ins Jenseit für ihn selbst bequemer und sicherer zu machen, hat zu dem weitverbreiteten Brauche geführt, dem Toten Schuhe mit ins Grab zu geben. Pommersche Leidtragende lassen, wenn sie vom Kirchhofe zurückkehren, Hirsenstroh hinter sich zurück, damit die wandernde Seele darauf ruhen und nicht nach Hause zurückkehren möge. Wie Stroh einst das Wesentlichste am Lager war, so knüpfen gerade hieran noch alte Bräuche. Das Revestroh (got. hraiws,

ahd. hrêo, mhd. rê Leichnam) wird im Hause verbrannt oder auf das Feld geworfen, damit es schnell verwese; denn von seiner Vernichtung hängt die Wiederkehr des Toten ab. Nimmt man es mit nach Hause, so kommt der Geist des Nachts immer wieder auf die Hofstätte zurück, um sein ihm entzogenes Eigentum zu suchen. Sogleich nach dem Tode legt man den Verstorbenen auf das Rehbrett, d. i. Leichenbrett, um dem häuslichen Gebrauche nichts anderes entziehen zu müssen, da auch diese Unterlage dem Toten gehört: der tote Siegfried wird gewaschen und,,ûf den rê" gelegt (N. L. 967). Besonders die Seele der Mutter ist zum Wiederkommen geneigt. Man giebt ihr Kamm, Schere, Fingerhut, Zwirn und Nadel und ein Stückchen Leinwand, Bettchen, Häubchen und Windeln des Kindes, und wenn ihr dieses selbst in den Sarg folgt, diesem Puppen und Spielzeug mit, damit die Mutter nur ja nichts zu holen habe. Die Leiche wird endlich auf grossen Umwegen nach dem Kirchhofe gefahren, damit der Tote den Weg nicht zurückfindet, wenn er aus Liebe zu den Seinigen sich von deren Wohlergehen überzeugen will.

Um die Rückkehr des Toten abzuwehren, beseitigt man also alles, woran sich die Seele besonders gern zu heften pflegte man vernichtete entweder die Gegenstände oder gab sie dem Toten mit ins Grab. Aber neben diesen negativ vorbeugenden Mitteln gab es auch positiv abwehrende. Man erschwerte dem Toten nicht nur den Weg oder die Zurechtfindung, sondern man übte noch besondere Gebräuche und Vorsichtsmassregeln, um den geisterhaften Angriff abzuwehren. Da die Zeit der schwärmenden Geister besonders die Nacht ist, zündete man Feuer an, um die feindlichen Gespenster abzuhalten. Brennende Lichter schützen gegen Gespenster, gegen den Alp und gegen die Hexen; bei Kranken und neugeborenen Kindern müssen Kerzen brennen. Schon Burchard von Worms erwähnt das Hinlegen des Kindes ans Feuer, um das Fieber zu vertreiben. Ebenso vertrieb man die Geister durch Lärm, wie z. B. noch heute in China bei Seuchen und Landplagen. Schiessen und anderes starkes Lärmen, wie Knallen mit den Peitschen, auch Glockengeläute

ist allgemein ein Mittel gegen böse Geister, besonders gegen Hexen. Durch Schiessen am Pfingsttage vertreibt man die Unholde von den Feldern. Am Polterabend begann ein fürchterliches Lärmen in dem Hause, das die Brautleute beziehen sollten. Alle Fensterläden wurden geschlossen, jede Öffnung zugekeilt, nur die Hausthüre weit offen gelassen. Dann wurde oben unterm Dache mit schrecklichem Lärmen und Poltern begonnen, vom Speicher pflanzte es sich durch alle Räume bis in den Keller fort, dann die Kellertreppe hinauf, zur Hausthüre hinaus. Der ,,Polterabend" bezweckte also eine Reinigung des neu zu beziehenden Hauses von bösen Geistern und lehrt aufs deutlichste, mit welchen sinnlichen Mitteln man gegen diese vorgehen musste. Noch heute werden auf den Weihnachtsmärkten,,Brummtöpfe“ und ,,Waldteufel" feilgeboten, die kein Mensch mehr zu etwas Nützlichem zu verwenden weiss. Aber zweifellos hat man mit diesen einmal die Geister von den Häusern fortgescheucht, und das Ding, mit dem man den Teufel wieder in den Wald trieb, hiess darum auch der ,,Waldteufel". Ihm entspricht genau das Schwirrholz, mit dem manche wilden Völker noch heute lästigen Geisterbesuch fernzuhalten suchen. Und was soll die Rute, die heute zur Weihnachtszeit eine so grosse Rolle spielt? Schwerlich würden Kinder sie sich gewünscht haben, wenn diese zu ihrer Züchtigung gedient hätte. Früher erhielt das Kind grüne Zweige und Reiser mit den Martinsund Nikolausgeschenken, erst das 16. Jahrhundert legte der Rute pädagogischen Sinn unter, und noch heute droht man, höchst unpädagogisch, den Kindern zur Zeit der heiligsten Freude mit der Rute Knecht Ruprechts. Es ist ein idg. Glaube, dass die Berührung mit einer Rute unter gewissen Feierlichkeiten Krankheiten des Viehs vertreibt und die feindlichen Geister von Haus und Herd, Feld und Flur ver scheucht. Aber die Rute, die ursprünglich nur abwehrt, wird später in der Hand des Hirten zur Lebensrute, die feindlichen Zauber abwendet und Wachstum hervorbringt, und auf dem Acker sogar ein Symbol der Fruchtbarkeit. Nr. 22 des Indiculus (de tempestatibus et cornibus et cocleis) handelt von

Instrumenten, Hörnern und Schnecken, mit denen man Lärm machte, um Unwetter zu vertreiben. Karl d. Gr. verbot 789, gegen Wettergefahr Glocken zu taufen und mit Zauberformeln versehene Zettel an Stangen aufzuhängen.

Es ist merkwürdig, welche Scheu vor dem Wasser die Naturvölker den Geistern zuschreiben; man glaubt diese überall wiederkehrende Auffassung in eine Zeit zurückverlegen zu müssen, wo der Mensch dem Wasser noch wehrund machtlos gegenüberstand und es als feindliches, hinderndes Element betrachtete. Darum wird bei vielen Völkern das Totenreich jenseits eines Flusses gedacht, weil kein Wesen ihn zu überschreiten vermag. Noch heute giesst man des Nachts Wasser vor die Thür: dann bleibt der Tote wehklagend stehen und kann nicht hinüber. Besonders in den Zwölfnächten schwirrten die Seelen schädigend umher: dann schöpfte man des Nachts das Wasser, den heilawâc, und heilte die Übel, die um diese Zeit böse Geister den Kranken, Kindern und Wöchnerinnen zufügten. Das Christentum musste hierin dem Volksglauben entgegenkommen: die Zwölfnächte wurden ein Haupttermin der Taufe. Man tauchte das Kind in den Fluss, um alles Unglück von ihm abzuhalten, und reinigte sich selbst aus dem gleichen Grunde durch ein Bad.

Während wir unserer Toten nur noch gedenken können, waren unsere Vorfahren von ihrem Weiterleben und ihrer Gegenwart überzeugt. Aber sie suchten die Toten nicht nur fern zu halten, sondern sahen sie gern um sich, im eigenen Hause, reichten ihnen den Becher, rüsteten ihnen Tisch und Mahl und tranken mit ihnen Minne. Die Totenpflege unserer Ahnen entrollt uns ein Bild kindlich traulicher Innigkeit, das auch unseren Blick noch mit rührender Teilnahme zu längerem, liebevollem Verweilen zwingt. Was dem Verstorbenen auf Erden lieb und wert gewesen war, das gab man ihm mit ins Grab, damit er sich nicht von seinen Lieblingsdingen zu trennen brauchte. Die Gräberfunde gehören zu den ältesten Zeugnissen für mythische Vorstellungen; Waffen und Schmuckgegenstände, Handwerkszeuge und Trinkhörner, Pferde- und Hunde- und Sklavenskelette, sowie Steinamulette

sind aus dem Schosse der Erde wieder ans Tageslicht gefördert. Tacitus bezeugt ausdrücklich, dass jedem Manne seine Waffen mitgegeben wurden (Germ. 27). Noch 1781 wurde zu Trier ein Kavallerie-General nach altem heiligem Brauche bestattet: bei dem Leichenzuge wurde sein Pferd mitgeführt, und nachdem der Sarg in das Grab gesenkt war, getötet und in die Gruft geworfen. Eine letzte, schwache Erinnerung ist es, wenn noch heute bei der Bestattung eines Soldaten das gesattelte und aufgezäumte Streitross hinter der Leiche mitgeführt wird.

Die sterbende Austrigild, die Gemahlin des Frankenkönigs Guntram, verlangte, dass jemand mit ihr sterben solle, und der König liess ihre beiden Ärzte töten (Greg. Tur. 5, 35). Nach rohester Auffassung war die Frau ein Stück Eigentum des Mannes und musste daher gleich seinem Pferde und seinen Knechten mit ihm sterben. Aber schon zur Zeit des Tacitus, der sie sonst sicher erwähnt hätte (Germ. 27), war der grausame Brauch verschwunden. Nur noch bei den Nordgermanen und den Herulern lebte er fort: Wenn ein Heruler gestorben ist, muss seine Gattin, wenn sie etwas auf ihren Ruf giebt und ihr an einem freundlichen Gedenken nach dem Tode gelegen ist, sich am Grabhügel ihres Gemahls bald nach seinem Begräbnis erdrosseln. Wenn sie es nicht thut, so wird sie ehrlos, und die Verwandten ihres Mannes fühlen sich durch sie beleidigt (Prokop. b, got. 2, 14). Im Märchen hat eine Königstochter das Gelübde gethan, keinen zu heiraten, der nicht verspreche, sich lebendig mit ihr begraben zu lassen, wenn sie zuerst sterbe; dagegen wolle sie ein Gleiches thun, wenn ihr Gemahl zuerst sterbe und mit ihm in das Grab steigen: es findet sich auch ein Freier, der auf diese Bedingung eingeht und nach ihrem Tode sich lebendig mit ihr begraben lässt (K. H. M. Nr. 16).

Die ostdeutschen Leichenfelder zwischen Elbe und Weichsel haben nicht nur beträchtliche Massen gerösteten Weizens ergeben, sondern kugelförmige, aus gestossenem Korn und aus Thonerde zusammengeknetete Opferbrote. Weitere Funde zeigen, dass man ausgehöhlte Steine auf die Gräber legte

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