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der verfallenden Schöpfung. Und was die Hauptsache ist, die theologischen Spielereien Newton's sind vergessen; seine tiefe Naturweisheit aber ist geblieben und bleibt in alle Ewigkeit. Die Weltgeschichte ist das Weltgericht.

Zweites Capitel.

Die Anfänge des Deismus.

Herbert, Blount, die niederländischen Flüchtlinge.

Lord Shaftesbury der Weltere, der berühmte und berüchtigte Staatsmann, unterhielt sich eines Tages mit einem Freunde über die Ursachen der Religionsverschiedenheit. Das Gespräch lief auf die Ueberzeugung hinaus, daß die vielen Spaltungen lediglich im Trug der Priester und in der Unwissenheit des Volks ihren Grund hätten, — alle verständigen Menschen seien ja doch von einer und derselben Religion. Und was für eine Religion ist dies? rief mit einiger Ueberraschung eine Dame, die im Zimmer anwesend war und die bisher nur auf ihre Nadel geachtet zu haben schien. Shaftesbury antwortete verlegen: Meine Beste, von dieser Religion sprechen verständige Månner nur unter sich.

Diese Erzählung, die uns John Toland aufbewahrt hat, wirft ein grelles Streiflicht auf die vornehme Welt der damaligen Zeit. Nicht blos Shaftesbury, sondern auch William Temple, Rochester, Buckingham, Mulgrave standen in Verdacht, mit ihrem Gott und der Kirche in sehr gespanntem Verhältniß zu leben. Wer die Denkwürdigkeiten des Grafen Grammont oder einige englische Lustspiele aus diesen Jahren gelesen hat, kann sich leicht in die frechen Wiheleien dieser Weltleute hineindenken.

An sich wäre diese modische Freigeisterei von gringer Bedeutung. Wer wüßte es nicht, daß sie nicht aus sittlichem Ernst und prüfender Einsicht stammt, sondern nur aus den vorübergehenden Stimmungen eitler Blasirtheit. Innerlich hohl, ergökt sie sich heute an låsternden Spåßen und morgen frömmelt sie dafür nur um so scheinheiliger, je nachdem eben die Laune des Tages Frömmelei oder Frechheit gebietet.

Von Wichtigkeit aber ist die unlåugbare Thatsache, daß auch ernste Månner der Wissenschaft zu den herrschenden Glaubenslehren in bewußtem Gegensaß stehen. Und zwar regte sich diese freie Denkart in England schon früh und wurde das gemeinsame Eigenthum der besten Geister.

Wie lehrreich ist auch in dieser Beziehung die Betrachtung Shakespeare's! Wehe dem plumpen Eiferer, der in ihn einseitige Parteizwecke hineintrågt, seien es kirchenfreundliche oder kirchenfeindliche; aber mit Recht hat Friedrich Vischer gesagt, daß Shakespeare immer und doch niemals religiös ist; er ist nicht, wie sein spanischer Zeitgenosse Calderon, ein ausschließlich christlicher, oder gar ein anglicanisch kirchlicher Dichter, seine Größe vielmehr ist seine tiefe und reine Menschlichkeit. Nirgends ist bei ihm auch nur die leiseste Spur von dem unmittelbaren Eingreifen eines überweltlich wunderthätigen Gottes, immer nur ist der Mensch rein auf sich selbst gestellt; des Menschen Gemüth ist sein Schicksal; Shakespeare's Tragödie ist eine Tragödie der menschlichen Charaktere.

Und diese völlige Unabhängigkeit von allem kirchlichen Wesen, die bei dem Dichter der unbefangene 3ug seiner gesunden und gewaltigen Natur ist, kehrt in der Form bewußter philosophischer Grundsåhe auch bei seinen großen Zeitgenossen, Baco von Berulam und Herbert von Cherbury, wieder.

Bei Baco freilich noch zahm und schüchtern. Den herkömmlichen Begriffen und Vorurtheilen der kirchlichen Ueberlieferung

allerdings gestattet er keinerlei Eingriff in die Freiheit des Denkens und Forschens; denn es sei unsittlich, wenn man von der Voraussehung ausgehe, Gott durch eine Lüge einen besonders wohlgefälligen Dienst zu erweisen; aber ebenso ernstlich warnt er vor den Uebergriffen des Wissens in das Gebiet des Glaubens; wie wir dem göttlichen Geseß zu gehorchen verpflichtet seien, ob auch unser Wille eigensüchtig sich stråube, so seien wir auch dem göttlichen Wort zu glauben verpflichtet, möge dabei die Vernunft auch noch so widerspenstig sich anstellen.

Kühner ist Herbert. Ein solch rein äußerliches Nebeneinander beider Gebiete hålt dieser für unausführbar; für ihn hat die biblische Offenbarung nur in soweit Geltung und Wahrheit, als die prüfende Einsicht der Vernunft sie bestätigt.

Herbert hatte seine religiösen Zweifel und Ueberzeugungen bereits in ein vollständiges System gebracht. Eine ritterliche Soldatennatur, die sich in den mannigfachsten Kriegsabenteuern bewegte und von Jakob I. auch in verwickelten Staatshåndeln gebraucht ward, hat er zwei Bücher geschrieben, die glänzend beweisen, was für ein tief innerliches Leben er trohalledem führte. Ihre Titel sind: »Ueber die Wahrheit (De Veritate, prout distinguitur a Revelatione, a Verisimili, a Possibili et a Falso. Paris 1624, London 1633)«, und: »> Ueber die Religion (de Religione Gentilium, Errorumque apud eos causis, erste unvollständige Ausgabe London 1645, vollständig London 1663) «. Beide Bücher stehen mit einander im engsten Zusammenhang und dringen, mit Beseitigung aller Offenbarung, auf die allen Menschen innewohnende Vernunftreligion. Das erste Buch ist eine Kritik der menschlichen Erkenntniß, das zweite Buch eine Kritik der Religion selbst. Zuerst stellt Herbert die Lehre von den angebornen Begriffen auf; angeborne Begriffe, meint er, seien solche, über die bei allen Völkern Uebereinstimmung herrsche und die daher in ihrem lehten Grunde für Thatsachen des na

türlichen Instinctes zu halten seien; dann aber trågt er diese Ansicht auf das Wesen der Religion über und will nur das als unveräußerliche Grundwahrheit anerkennen, was allen Religionen gemeinsam und daher als allen Menschen angeboren betrachtet werden muß. Als diese Grundwahrheiten führt Herbert folgende fünf Såße auf: 1) Es giebt einen höchsten Gott, 2) dieser höchste Gott muß verehrt werden, 3) Tugend und Frömmigkeit sind die wesentlichsten Theile dieser Gottesverehrung, 4) der Mensch ist verpflichtet, seine Sünden zu bereuen und von ihnen zu lassen, 5) das Gute und das Böse wird in diesem und in jenem Leben vergolten. Alles, was über diese fünf Såße hinausgeht, gilt ihm als eitler Zusah, als Fälschung herrschsüchtiger Priester. Wer die Religion von diesen Auswüchsen reinigt, sorgt für die Wiederherstellung der ursprünglichen Natur- oder Vernunftreligion.

Mit_solchen tiefgreifenden Neuerungen war dem künftigen Denken und Forschen eine weite Aussicht geöffnet. Die Losung war gegeben; und fast alle spåteren Freidenker haben, mit wenig Ausnahmen, getreu an ihr festgehalten. In dieser Beziehung ist es höchst bedeutsam, daß schon Herbert zur Erklärung der verschiedenartigen Religionen nur den Vorwurf der künstlichen Fälschung und des berechneten Priesterbetrugs hat; bei allen Aufklårern des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts, bei den französischen und deutschen sowohl wie bei den englischen, kehrt dieser Vorwurf ohne Unterschied wieder. Es gehört erst zu den großen Eroberungen der neueren deutschen Wissenschaft, das Wesen der geschichtlichen Entwicklung, d. h. das allmålige Werden und Wachsen und die steigende Selbstbefreiung des Geistes zu klarer Bewußtheit und allseitigster Anwendung gebracht zu haben.

Es ist leicht erklärlich, daß Herbert's Denkweise überall den willigsten Anklang fand. Wehrliche Gesinnungen tauchten von Jahr zu Jahr immer mehr auf.

Denn was vornehmlich war es, das Herbert's dreiste Zweifel

sucht hervorrief? Er selbst bekennt in der Vorrede zu seinem Buch über die Religion, daß ihn der Ueberdruß an den unaufhörlichen kirchlichen Streitigkeiten zur Erforschung der reinen Vernunftreligion getrieben; er suchte im Vergånglichen das Bleibende, im Wandelbaren das Unwandelbare. Diese kirchlichen Streitigkeiten aber wütheten immer heftiger und heftiger. Die englische Reformation war von jeher eine unselige Halbheit gewesen; nicht eine Läuterung des inneren Glaubens, sondern nur eine Uebertragung der kirchlichen Oberhoheit vom Papst auf den König. Daraus entsprangen die blutreichen Kämpfe des Puritanerthums. Durch die erste englische Revolution kamen die Puritaner zur Herrschaft; aber das Uebel wurde nur um so årger, denn auch die Puritaner waren ebenso verfolgungssüchtig und grausam als nur jemals die bischöfliche Hochkirche gewesen. Die streitenden Gegensätze standen sich schroff gegenüber, Parteiungen erhoben sich gegen Parteiungen, Secten gegen Secten; jede machte den Anspruch, den einzig wahren Glauben zu haben. Die Indepen denten, die Erastianer, die Leveller, die Quåker, die Antinominianer, Antiscripturaner, Antitrinitarier, Arianer, Arminianer, Baptisten, Brownisten, Enthusiasten, Familisten, Libertinen, Muggletonier, Perfectionisten, Skeptiker, Socinianer, die Månner der fünften Monarchie, die Latitudinarier u. s. w., u. s. w. wogten wild durcheinander. Und zuletzt erneute sich gar noch der wuthentbrannte Kampf zwischen dem Protestantismus und dem Katholicismus. Der schwache und leichtsinnige König Karl II. verstand nicht, die erhißten Gemüther zu beschwichtigen; im Gegentheil! er warf in die lodernden Flammen nur neuen Zündstoff. Es war allgemein bekannt, daß der König sich zum Papstthum neige und daß sein Bruder, der Thronfolger, ein offen bekehrter und sogar ein eifriger Katholik sei. Und als nun Karl II. starb und in Jakob II. ein entschiedener Papist auf den Thron kam, der es als seine hauptsächlichste Aufgabe betrachtete, ganz England um jeden Preis katholisch zu machen, da fluthete die all

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