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Leben und Werke

deutscher Dichter.

Geschichte

der

deutschen Poesie in den drei leßten Jahrhunderten

bon

D. F. Gruppe.

Erster Band.

Mit sieben Bildnissen in Stahlstich.

Zweite Ausgabe.

Leipzig.

Friedrich Brandstetter.

1872.

46523.)|

HARVARD COLLEGE LIBRARY

THE BEQUEST OF
H. C. G. von JAGEMANN

JANUARY 10, 1936

Vorrede.

Wir bieten hier eine Geschichte deutscher Literatur von da ab, wo sie den Charakter annimmt, den sie noch heute bewahrt, eine Beschränkung, welche der Darstellung zum Vortheil gereichen soll, sofern keine Gefahr ist, daß das Näherliegende in gleicher Allgemeinheit mit dem Entfernten behandelt werde. Dagegen ist, was geboten wird, nicht bloß das Neueste, sondern eben der gerundete Umfang eines Literaturabschnittes, soweit seine Wurzeln sich erstrecken.

Die Periode hat für uns noch ein andres Interesse, als das bloß historische, sie steht solchen Entwickelungen deutscher Dichtung nicht gleich, welche als abgeschlossen daliegen, wie dies namentlich der Fall ist mit der so ruhmreichen Zeit der Hohenstaufen; sie dauert noch fort; wir gehören ihr eben selbst an; sie ist der Boden, auf dem wir stehn, es sind die gleichen oder sehr ähnliche Bedingungen, unter denen noch heute gedichtet wird, es ist dieselbe Sprache, welche wir sprechen, in der wir denken und empfinden. Aus einer großen Gährung sich abklärend, gleichlaufend mit großen politischen und religiösen Umwälzungen, hebt die Epoche an mit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts; es waren darum von hier bis auf unsere Zeit drei Jahrhunderte zusammenhangend zu behandeln: das Ganze ist eben die lehte große Entwickelung wer kann sagen, bis wohin sie sich erstrecken wird, welche Höhen sie noch erreichen soll?

Aber auch dem Inhalt nach haben wir uns beschränken zu müssen geglaubt; nicht die ganze Literatur, sondern nur ein Theil soll hier vorgeführt werden. Wir schließen die Prosa aus, nicht nur die wissenschaftliche, nicht nur die Werke des Forschers und Geschichtschreibers, sondern großentheils auch die schöne Prosa, die Romanliteratur, wir behalten vorzugsweise nur die Poesie, nur die reine und ganze Poesie, welche es nämlich eben so sehr der Form als dem Inhalt nach ist. Allerdings gibt es nahe Grenzberührungen zwischen Poesie und Profa, allerdings kann hie und da auch in prosaischer Form wahrhaft Poetisches

auftreten, allein hier galt es von vornherein eine Linie zu ziehn, das Hauptgebiet abzugrenzen. Nicht als ob wir Alles ausschlössen, was nicht in Versen geschrieben ist, allein wir übernehmen für die Poesie in prosaischer Form, sei es Drama oder Roman, keine Verpflichtung der Vollständigkeit und werden auf dies Gebiet nur da übergehn, wo es nöthig ist zur Abrundung des Wesens hervortretender Dichter, oder wo es erfordert wird im Zusammenhange mit der Entwickelung des eigentlich Poetischen.

Eine solche Beschränkung hat gleichfalls ihre Vortheile, und diese eben sind es, welche dazu bestimmt haben. Um so mehr läßt sich die Aufmerksamkeit sammeln auf den Kern der Sache, auf den innern Fortschritt, es ließ sich namentlich eine genauere und zusammenhangendere Darstellung von der allmäligen Entwickelung der Form, sowie ihrer Rückwirkung auf den poetischen Gehalt bieten.

Die Fäden und Stufen des innern Entwickelungsganges aufzufinden und zu zeigen, war eine besondere Aufgabe. Es ist in neuerer Zeit viel geschehen, aus der Geschichte deutscher Literatur etwas anderes zu machen als eine Sammlung von Büchertiteln, biographi schen Notizen oder auch vereinzelten kritischen Bemerkungen; man hat den Blick mehr in's Große und Ganze gewendet, man hat die Zusammenhänge mit politischer Entwickelung und mit der Culturgeschichte zur Geltung gebracht, Gesichtspunkte, welche den früheren Darstellungen völlig fremd find. Allein auch hierin kann man zu weit gehen, man verdirbt viel, wenn man mit solchen Rücksichten zu früh kommt und sie zu stark vorwalten läßt, die Literatur ist nicht blos eine Abspiegelung und Dependenz der politischen, oder der Culturgeschichte, sondern sie hat ihr selbständiges Interesse, sie hat ihr eigenes Leben, ihre besondern Entwickelungsgeseße, mit denen sie eben so sehr und in noch viel höherem Grade für jene bestimmend wird. Dies der Dichtung Eigene ist vor allem in's Auge zu fassen; der Darsteller, der sich dessen nicht hinreichend bewußt ist, erniedrigt seinen Gegenstand von vornherein - ein Mangel, der aber um so häufiger hervortritt, als oft vorzugsweise fremdartige Maaßstäbe, sei es moralischer und pädagogischer Art, oder gar confessionellen und politischen Parteigeistes, an Stelle der ästhetischen und poetischen einseitig angelegt und von den entsprechenden Parteien gern hinzugenommen werden.

Auf der andern Seite schien es an der Zeit, neben der eigenen Entwickelung auch die literarischen Einflüsse von außen her in gebührender und unbefangener Weise zur Sprache zu bringen. Man ift über diesen Punkt bisher nur sehr kurz und andeutungsweise ver

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