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Er hatte so viel Geld mit sich gebracht, dass es einem jeden in die Augen fallen musste, er habe keine andre Ursache unter uns zu leben, als weil es ihm bei uns gefiel. Das Sanfte und Gefällige seiner Sitten, die ungekünstelte Weisheit seiner Gespräche, die Kenntnisse, die er von tausend nützlichen und angenehmen Dingen hatte, verbunden mit einer Beredsamkeit, die auf eine unwiderstehliche Art sich in die Seelen einstahl, gaben ihm nach und nach ein unbegrenzteres Ansehen unter uns, als ein Monarch über seine angebornen Unterthanen zu haben pflegt. Er fand unsre kleine Nazion fähig, glücklich zu sein; und Menschen, sagte er zu sich selbst, welche etliche Jahrhunderte sich an dem Unentbehrlichen begnügen lassen konnten, verdienen es zu sein; ich will sie glücklich machen. Er verbarg sein Vorhaben eine geraume Zeit, weil er weislich glaubte, dass er die ersten Eindrücke durch sein Beispiel machen müsse. Er pflanzte sich unter uns an, lebte in seinem Hause so, wie du uns hast leben gesehen, machte unsre Leute mit Bequemlichkeiten und Vergnügungen bekannt, die ihre Begierden reizen mussten, und kaum ward er gewahr, dass er diesen Zweck erhalten habe, so legte er die Hand an seinen grosen Entwurf. Ein Freund, der ihn begleitet hatte, und von allen schönen Künsten in einem hohen Grade der Vollkommenheit Meister war, half ihm die Ausführung beschleunigen. Viele von unsern Jünglingen, nachdem sie die nöthige Vorbereitung von ihnen erhalten hatten, arbeiteten unter ihrer Aufsicht mit unbeschreiblicher Begeisterung. Wilde Gegenden wurden angebaut; künstliche Wiesen und Gärten voll fruchttragen

der Bäume blühten in Gegenden hervor, die mit Disteln und Heidekraut bedeckt gewesen waren; und Felsen wurden mit neugepflanzten Weinreben beschattet. Mitten auf einer kleinen Anhöhe, die das schönste unsrer Thäler beherscht, stieg ein runder auf allen Seiten offner Tempel empor, in dessen Mitte nichts als eine Estrade, um drei Stufen höher als der Fusboden, und auf diesen drei Bilder von weissem Marmor zu sehen waren, Bilder, die man ohne Liebe und sanftes Entzücken nicht ansehen konnte. Ein Hain von Myrten zog sich in einiger Entfernung um den kleinen Tempel und bedeckte die ganze Anhöhe. Dieses

letzte Werk war allen unsern Leuten ein Räthsel, und Psammis (so nannte sich der wunderbare Fremdling) verzog so lange, ihnen die Auflösung davon zu geben, bis er merkte, dass alle die zärtliche Ehrerbietung, die sie für ihn empfanden, nicht länger vermögend war, ihre Ungeduld zurück zu halten.

Endlich führte er am Morgen eines schönen Tages, welcher seitdem der heiligste unsrer festlichen Tage ist, eine Anzahl der Unsrigen, die er als die geschicktesten zu seinem Vorhaben ausgewählt hatte, auf die Anhöhe, setzte sich mit ihnen unter die Myrten und gab ihnen zu erkennen dass er in keiner andern Absicht zu ihnen gekommen sei, als sie und ihre Nachkommen glücklich zu machen; dass er keine andre Belohnung dafür erwarte, als das Vergnügen, seine Absicht erreicht zu haben; und dass er keine andre Bedingung von ihnen fordere, als ein feierliches Gelübde die Gesetze unverbrüchlich zu halten, die er ihnen geben würde." Es würde mir zu weitläufig sein, fuhr der Alte fort, dir zu

erzählen, was er sagte, um seine Zuhörer zu überzeugen, und was er that, um sein angefangenes Werk aus zu führen, und ihm alle die Festigkeit zu geben, welche ein auf die Natur gegründeter Entwurf durch weise Vorsicht erhalten kann. Eine Probe seiner Sittenlehre, die den ersten Theil seiner Gesetzgebung ausmacht, wird hinlänglich sein, dir davon einigen Begriff zu geben.

Jeder von uns empfängt beim Antritt seines vierzehnten Jahres, an dem Tage, da er in dem Tempel der Huldgöttinnen das Gelübde thun muss, der Natur gemäs zu leben, einige Täfelchen aus Ebenholz, auf welchen diese Sittenlehre mit goldnen Buchstaben geschrieben ist. Wir tragen sie immer bei uns, und sehen sie als ein Heiligthum und gleichsam als den Talisman an, an welchen unsre Glückseeligkeit gebunden ist. Wer sich unterfinge andre Grundsätze einführen zu wollen, würde als ein Vergifter unsrer Sitten und als ein Zerstörer unsers Wohlstandes auf ewig aus unsern Grenzen verbannt werden. Höre, wenn es dir gefällt, was ich dir davon vorlesen will."

"Das Wesen der Wesen, (so spricht Psammis im Eingange seiner Gesetze) welches, unsichtbar unsern Augen und unbegreiflich unserm Verstande, uns sein Dasein nur durch Wohlthaten zu empfinden giebt, bedarf unser nicht, und fodert keine andre Erkenntlichkeit von uns, als dass wir uns glücklich machen lassen.

Die Natur, die zu unsrer allgemeinen Mutter und Pflegerin von Ihm bestellt ist, flöset uns mit den ersten Empfindungen auch die Triebe ein, von deren Mäsig

ung und Übereinstimmung unsre Glückseeligkeit abhängt. Ihre Stimme ist es, die durch den Mund ihres Psammis mit euch redet, seine Gesetze sind keine andern als die ihrigen.

Sie will, dass ihr eures Daseins froh werdet. Freude ist der letzte Wunsch aller empfindenden Wesen sie ist dem Menschen, was Luft und Sonnenschein den Pflanzen ist. Durch süses Lächeln kündigt sie die erste Entwicklung der Menschheit im Säugling an, und ihr Abschied ist der Vorbote der Auflösung unsers Wesens. Liebe und gegenseitiges Wohlwollen sind ihre reichsten und lautersten Quellen: Unschuld des Herzens und der Sitten das sanfte Ufer, in welchem sie dahin fliesen.

Diese wohlthätigen Ausflüsse der Gottheit sind es, was ihr unter den Bildern vorgestellt sehet, denen euer gemeinschaftlicher Tempel heilig ist. Betrachtet sie als Sinnbilder der Liebe, der Unschuld und der Freude. So oft der Frühling wieder kommt, so oft Aernte und Herbst angehen und geendigt sind, und an jedem andern festlichen Tage, versammelt euch in dem Myrtenhaine, bestreuet den Tempel mit Rosen, und kränzet diese holden Bilder mit frischen Blumen; erneuert vor ihnen das unverletzliche Gelübde, der Natur getreu zu bleiben; umarmet einander unter diesen Gelübden, und die Jugend beschliese das Fest, unter den frohen Augen der Alten, mit Tanzen und Gesang. Die junge Schäferin, wenn ihr Herz aus dem langen Traume der Kindheit zu erwachen beginnt, schleiche sich einsam in den Myrtenhain, und opfre der Liebe die ersten Seufzer, die ihren sanften Busen heben; die

junge Mutter, mit dem lächelnden Säugling im Arme, wandle oft hierher, ihn zu den Füsen der holden Göttinnen in süsen Schlummer zu singen.

Höret mich, ihr Kinder der Natur!-denn diesen und keinen andern Nahmen soll euer Volk künftig führen.

Die Natur hat alle eure Sinne, hat jedes Fäserchen des wundervollen Gewebes eures Wesens, hat euer Gehirn und euer Herz zu Werkzeugen des Vergnügens gemacht. Konnte sie euch vernehmlicher sagen, wozu sie euch geschaffen hat?

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Wär' es möglich gewesen, euch des Vergnügens fähig zu machen, ohne dass ihr auch des Schmerzens fähig sein musstet, so-würde es geschehen sein. Aber so viel möglich war, hat sie dem Schmerz den Zugang zu euch verschlossen. So lang ihr ihren Gesetzen folget, wird er eure Wonne selten unterbrechen; noch mehr, er wird euer Gefühl für jedes Vergnügen schärfen, und dadurch zu einer Wohlthat werden; er wird in euerm Leben sein, was der Schatten in einer schönen, sonnigen Landschaft, was die Dissonanz in einer Symphonie, was das Salz an euren Speisen ist.

Alles Gute löset sich in Vergnügen auf, alles Böse in Schmerz. Aber der höchste Schmerz ist das Gefühl, sich selbst unglücklich gemacht zu haben,-(hier holte der Emir einen tiefen Seufzer)-und die höchste Lust, das heitre Zurücksehen in ein wohl gebrauchtes, von keiner Reue beflecktes Leben.

Niemals möge unter euch, ihr Kinder der Natur, das Ungeheuer geboren werden, das eine Freude darin findet, andre leiden zu sehen, oder unfähig ist, sich

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