ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Politik schwer entgelten. Die deutschen Lande liefen Gefahr, in dem großen Kampf Frankreichs mit Rußland erdrückt zu werden. Nachdem Napoleon durch diplomatische Künste sich die Wege ge= bahnt, überließ er den Waffen die Entscheidung. Die Bildung des Rheinbundes mußte allen Weiterblickenden Schrecken einflößen; Preußen versuchte einen Gegenbund; die Schlacht von Jena entschied, wenn auch noch nicht für Preußen, so doch zunächst für Deutschland. Der Herzog von Weimar hatte selbst ein preußisches Armeecorps befehligt und Napoleon residirte am Tage nach der Schlacht in seiner Residenz. Die Großherzogin trat dem Sieger würdevoll entgegen; dieser verhieß Verzeihung, wenn der Herzog sogleich die Preußischen Dienste verlasse, wozu er übrigens gleichzeitig vom König von Preußen aufgefordert wurde. Weimar war der Plünderung preisgegeben, Goethe rettete, sehr kennzeichnend, zuerst die Papiere seiner Farbenlehre, Meyer erlitt schmerzlichen Verlust an seinem geistigen Eigenthum, Herders handschriftlicher Nachlaß war schwer bedroht, nur Wieland wurde durch eine Ehrenwache geschüßt als Mitglied des National-Instituts. Das war die Nation, welche sich den Plaz an der Spiße der Civilisation zugeeignet! Dieselbe, welche früher am Rhein gleich den wildesten Barbaren ge=. haust hatte!

Man hat Goethe des politischen Indifferentismus beschuldigt, er habe kein Herz gehabt für die deutsche Sache. Er würde zu entschuldigen sein, falls es wahr wäre, denn er kannte das preußische Heer und das preußische Volk nicht näher; allein ein Gespräch, das uns Falk aufgehalten hat, ergiebt das Gegentheil: er wollte lieber seinem Herzog ins Elend folgen, als die deutsche Ehre preisgeben. Und er glaubte damals schwerlich, daß eine so gründliche Rettung in so kurzer Zeit möglich sei, wie er selbst sie noch erlebte; der Tag von Eilau deutete freilich schon stark darauf hin, daß der demütigende Friede von Tilsit keine Dauer haben könne. Und wer hätte denn den Winter von 1812, den Brand von Moskau und so vieles andere geweissagt!

Goethe besucht jezt regelmäßig zur Badezeit Carlsbad, um

feine Gesundheit herzustellen und zugleich um hier mineralogischen und geologischen Studien obzuliegen. Er soll daselbst wahlverwandtschaftliche Neigungen zu beobachten Gelegenheit gehabt haben; sicher ist, daß um das Jahr 1808 der Roman, der in der Entwickelungsgeschichte Goethes eine bedeutende Rolle spielt, anzuschießen beginnt. Er schrieb die Wahlverwandtschaften im folgenden Jahr und begann hier auch die Vorarbeiten für Wahrheit und Dichtung, d. h. für seine in Romangewand gehüllte Lebensbeschreibung. Jm Jahr 1810 schließt er die Farbenlehre ab; schon 1807 hatte er den Gedanken zu Wilhelm Meisters Wanderjahren gefaßt, für den= selben entstehen einzelne Novellen. Die Production geht von hier ab bedächtigern Schrittes und die großen Erschütterungen der nächSten Jahre ließen keine Theilnahme des Publicums zu.

Es ist hier noch ein Wort zu sagen über Goethes Verhalten zu der um den Anfang des Jahrhunderts und besonders seit Schillers Tode sich erhebenden romantischen Schule. Er konnte schon darum derselben nicht ganz abgeneigt sein, weil ja diese Schule großentheils selbst an ihn anknüpft, so wie sie auch viel gethan hat, den inneren Gehalt seiner Poesie zur Anerkennung zu bringen. Sie bewarb sich um Goethes Führung und suchte ihn von der antiken Richtung, in welcher er sich durch die natürliche Tochter befestigen zu wollen schien, abzubringen. Allein ihm selbst widerstrebte jede Einseitigkeit; er achtete die Nibelungen außerordentlich hoch, und ebenso wie er dem Shakespeare sich hingegeben hatte, ließ er jezt auch den nunmehr näher gebrachten Calderon auf sich wirken. Er betrieb selbst Aufführungen Calderonischer Stücke und schäßte besonders den standhaften Prinzen, das Leben ein Traum und den wunderthätigen Magus, den katholischen Faust. Ja er versuchte sich, was er früher nur ausnahmsweise gethan hatte, in der Zueignung, in südlichen Formen. In Octaven besang er Schillers Tod, und er dichtete jezt auch Sonette.

Den Inhalt dazu gab ihm ein späteres Liebesverhältniß, über das wir zur Zeit noch nicht vollständig aufgeklärt sind. Den Namen der jugendlichen Gestalt, welche den beinahe Sechzigjährigen er

wärmte, hat er uns selbst in dem „Charade“ überschriebenen Sonett zu rathen gegeben und Eckermann (man sehe Schäfers Anmerk. 32 zum zweiten Band) hilft uns auf die rechte Spur, indem er überliefert, was man nur in seiner Umgebung wissen konnte, daß ein Fräulein Herzlieb in Jena gemeint sei. Hiemit stimmt auch die Anrede im zehnten Sonett: „Lieb Kind, mein artig Herz"; und daß Petrarcas Liebe im Gegensah „ein Herzensweh“ genannt wird. Auch Jahr und Tag hat der Dichter selbst im Vers verewigt. Es stehe hier das ganze Gedicht, das, eins der gelungensten des Kranzes, ohnedies den Charakter der Neigung am besten ausspricht:

Mit Flammenschrift war innigst eingeschrieben
Petrarcas Brust, vor allen andern Tagen,
Charfreitag. Ebenso, ich darf's wohl sagen,
Ist mir Advent von Achtzehnhundert sieben.

Ich fing nicht an, ich fuhr nur fort zu lieben,
Sie, die ich früh im Herzen schon getragen,
Dann wieder weislich aus dem Sinn geschlagen,
Der ich nun wieder bin an's Herz getrieben.

Petrarcas Liebe, die unendlich hohe,
War leider unbelohnt und gar zu traurig,
Ein Herzensweh, ein ewiger Charfreitag ;

Doch stets erscheine, fort und fort, die frohe,
Süß unter Palmenjubel, wonneschaurig,

Der Herrin Ankunft mir, ein ew'ger Maitag.

In der That war es hienach kühn, daß eine Andere, welche wir nicht zu nennen brauchen, einen Theil dieser Sonette, und darunter auch das mit der deutlichen Anspielung auf den Namen, auf sich bezogen hat. Auch noch in ferneren Punkten hat der fingirte Roman als solcher sich nachweisen lassen; Riemers ruhiger und diesmal parteiloser Darstellung ist hier durchaus zu trauen. Es bleibt von jenem Roman nichts weiter wahr, als daß die Heldin sich allerdings ungefähr um diese Zeit in Weimar und in der Nähe

von Goethe befunden, daß sie sich ihm stürmisch und phantastisch angenähert allein er behielt dieser erotischen Annäherung ebenso eine feste ablehnende Haltung, wie überhaupt der ganzen Romantik, deren unächtes und übertriebenes Wesen er bald erkannte.

Daß aber Goethe gar diese Sonette nach den Briefen der Schreiberin gemacht haben soll, die übrigens auch damals nicht das Kind gewesen sein kann, für das sie sich giebt, dies ist eine verwegene Umkehrung der Dinge. Im Gegensatz zu Goethes Wahrheit und Dichtung verdiente also dieser zum größten Theil untergeschobene und verfälschte Briefwechsel keinen anderen Namen als: Dichtung und Unwahrheit. Den sonstigen Eigenschaften der nun verewigten Verfasserin lassen wir aber alle Gerechtigkeit widerfahren.*)

Desto lebhafter und dauernder war ein Verhältniß, das Goethe mit einer andern Berliner Persönlichkeit knüpfte. Ein aus dem Volk, aus dem Handwerkerstand hervorgegangener Mann, der durch innere Tüchtigkeit sich eine bedeutende Kunstbildung erworben hatte, gewann Goethes Achtung und Zuneigung, der Musiker Zelter, ursprünglich ein Maurer. Vieles traf zusammen, um diesen Mann dem Dichter nahe zu bringen und werth zu machen. Zunächst die · biedere, gesunde, offene Natur des Mannes, sein freier Blick, sein unverbildetes Wesen, dann aber auch seine Stellung in der nordischen Hauptstadt, die allmälig zum geistigen Mittelpunkt Deutschlands emporwuchs und andererseits die zunehmende Abschließung des alternden Dichters gegen seine nähere Umgebung. Goethes Briefwechsel mit Zelter beginnt im Jahr 1796, er wird weiterhin immer lebhafter, seht sich bis zu Goethes Tode fort, gleich einem Tagebuch. Unter viel taubem Gestein enthält er doch für des Dichters legte Lebensjahre, wo die andern Quellen je mehr und mehr ver

*) Bettina ging in ihrer Fälschung so sorglos zu Werke, daß sie in ihrem Brief, aus dem das achte Sonett gemacht sein soll, sogar dessen Reime noch beibehielt, zum deutlichen Beweise, daß das Verhältniß sich umkehrt. Wir haben hier also etwas anderes als kindliche Täuschung oder romanhafte Ausführung nach Art von Goethes Leben.

siegen, manches Beachtenswerthe. Er hat hauptsächlich als Quelle nur Eckermanns Gespräche neben sich, die sich aber meistens viel bedeutender erweisen. Die Auffassungsgabe und das Nedactionstalent Eckermanns verdient die höchste Anerkennung, der die Ueberhebung, welcher der Verfasser im dritten Bande sich hingiebt, keinen Eintrag thun möge. Wenn Goethe, der mehr und mehr die Rolle eines Dichters mit der eines Weisen vertauscht, auch seinem gebildeten Geheimschreiber Vieles mittheilt in der Absicht, daß er es der Welt aufbehalte und überliefere, so correspondirte er doch auch von einem gewissen Punkt ab mit Zelter in gleichem Bewußtsein und mit ähnlicher Absicht.

Im Jahr 1808 kam Goethe in Berührung mit Napoleon. Er war seinem Herzoge nach Erfurt gefolgt. Hier spielte Talma vor einem „Parterre von Königen“, sein Spiel und die vorgeführten Stücke erregten Goethes volles Interesse. Am 2. Oktober wird er zum Kaiser gerufen, den er in Gegenwart mehrerer Generale beim Frühstück fand. Napoleon knüpfte an Goethes Uebersehung des Mahomet an und tadelte das Stück, darauf ging er näher auf den Werther ein, den er siebenmal gelesen habe. Er bemerkte hier, daß es nicht naturgemäß sei, wie Goethe gethan, dem Motiv der Liebe zugleich das der Ehre beizumischen. Sodann sprach der Kaiser sich gegen die deutschen Schicksalstragödieen aus: „Was will man jezt mit dem Schicksal, die Politik ist das Schicksal." Auch diese Unterredung war Politik: Goethe blieb offenbar ein vortheilhafter Eindruck von der Begegnung, die lange nachwirkte und allerdings wohl mit beitrug, daß er den in Preußen anwachsenden Franzosenhaß nicht theilte, und erst spät an der deutschen Sache wärmeren Antheil nahm. Er gab für's erste Deutschland verloren, begnügte sich nur deutsches Geistesleben erhalten zu sehen und suchte seinerseits ein Asyl in naturwissenschaftlichen Forschungen und kosmopolitischen Ansichten.

Von 1810 bis 1813 war Goethe besonders mit seiner Lebensbeschreibung beschäftigt, die Erinnerung der Jugendzeit verjüngte ihn und hob ihn über die Kümmernisse der Zeit fort. Wielands

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »