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höhere lenkende Hand erkennen lassen. Der junge Gottfried lernte außer Bibel und Gesangbuch auch gut schreiben, und sollte dadurch allein, wie so mancher, sein Glück machen. Aber Streben und Lernbegier zeigte sich früh; der heranwachsende Knabe wußte sich Bücher zu verschaffen und flüchtete mit dieser Contrebande, wie erzählt wird, auf die schattigen Bäume des Gartens, wo er sich dann mit seinem Schulriemen festschnallte um in der Vertiefung nicht herabzustürzen. Die Leselust führte ihn zum Prediger des Ortes, der sich freundlich des jungen Herder annahm, um so mehr als er sich von dessen Geschicklichkeit im Schönschreiben auch selbst Nußen versprach. Der Name des trefflichen Mannes ist Sebastian Friedrich Trescho, der wohl der Vergessenheit entrissen zu werden verdient, da wir ihm zunächst die Entdeckung des neuen Sternes verdanken. Er bediente sich anfangs unseres Herder als Schreiber, ließ ihn aber, da er seine Fähigkeiten wahrnahm und seinen Eifer sah, an den Lehrstunden theilnehmen, die er seinem eigenen Sohne gab. So kam es, daß der Sohn des untergeordneten Schulmeisters in der Stille des Städtchens schon in frühem Alter Latein und Griechisch lernte und sich überhaupt eine treffliche Vorbildung erwarb, die ihm noch ganz andere Aussichten eröffnete. Leider nur zog sein eifriges Studiren ihm schon jezt eine Augenkrankheit zu, welche ihn nie ganz verlassen hat. Aber gerade das Uebel schlug auch in wunderbarer Weise zu seinem Glück aus. Er war veran= laßt, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, und suchte diese, so gut er sie an seinem Ort finden konnte, bei einem gerade damals zu Morungen verweilenden russischen Wundarzte, der überdies im Hause des Pfarrers Wohnung genommen. Auch dieser Mann wurde zunächst durch eigennüßige Absichten näher zu Herder hingegeführt; hatte letterer sich dem Pastor durch seine Schreibkunst empfohlen, so empfahl er sich dem Chirurgen durch seine Gestalt und seinen Anstand; er hoffte in Herder einen Gehülfen zu finden und bewegte ihn zum Studium der Chirurgie, das er ihm als besonders lohnend darstellte, versprach ihm auch Unterstüßung bei dem Studium zu Petersburg und zunächst in Königsberg. Nicht die Chirurgie und

deren goldener Lohn war für Herder lockend, wohl aber das Wort Königsberg, die dortige Universität, die Namen so vieler berühmter Lehrer, die er bereits aus dem Munde seines älteren Wohlthäters vernommen hatte.

Herder folgt nun seinem Führer nach Königsberg, im Jahre 1762, macht dort auch wirklich Anstalten ein Chirurg zu werden, harrt aber in dieser Laufbahn noch weniger aus als später der große Schiller, denn schon bei der ersten Leichenöffnung, der er bei= wohnte, fiel er in Ohnmacht, und verschwor es, noch Zeuge einer zweiten zu sein. Dazu kam, daß Herder in Königsberg bereits mit Männern bekannt geworden, denen nicht schwer war zu entdecken, die Chirurgie werde weniger an ihm verlieren als die Wissenschaft und Literatur. So reiste denn der speculirende Regimentschirurg ohne seinen Zögling nach Petersburg und leßterer blieb in der Stadt der reinen Vernunft, um, wo möglich, daselbst Theologie zu studiren. Es fehlte ihm aber an allen Hülfsmitteln; mit einigem Privatunterricht fristete er dürftig sein Leben. Empfehlungen von Königsberg aus wirkten jedoch vortheilhaft auf seine Vaterstadt zurück, von der aus ihm jezt einige kleine Unterstüßungen zuflossen, und in Königsberg selbst erhielt er 1763 ein Stipendium. Später, durch den Einfluß seiner Gönner, machte man ihn zum Aufseher einiger Pensionärs des Friedrichs collegiums und gab ihm eine Wohnung in der Anstalt selbst; nicht lange darauf wurden ihm auch Lehrstunden übertragen, und er erhielt dann namentlich das Lehramt der ersten philosophischen und der zweiten lateinischen Klasse, in der That eine große Auszeichnung und Bevorzugung, da Herder kein Examen gemacht, kein Triennium absolvirt hatte, sondern vielmehr diese Stellung erst benußte, um neben seinen Lehrstunden die Hörsäle der Universität ferner zu besuchen; heutigstags wohl ein unmögliches Verhältniß. Dies wird um so auffallender bei Herders großer Jugend, denn er hatte damals nur eben das Alter, in dem man die Universitätsstudien zu beginnen pflegt. Er rechtfertigte dies Vertrauen aber vollkommen, denn er erwarb sich als Lehrer die Liebe seiner Schüler und die Achtung seiner Collegen. Er be

gann jezt, so weit sein Amt es zuließ, ein geordnetes Studium der Theologie, fand sich aber bald auch von Philologie und Philosophie lebhaft angeregt; daneben hörte er Physik und Astronomie, er tauchte unter in das hier so reichlich dargebotene Wissen und berauschte sich darin. Namentlich wurde er einer der eifrigsten Zuhörer Kants, den er aus der Vorlesung öfters auf sein Zimmer begleitete, um dort noch ferner über die abgehandelten Gegenstände sich zu belehren und zu unterreden. Wenn in spätern Jahren Herder bekanntlich ein eifriger Gegner der Kantischen Philosophie in ihren metaphysischen Theilen wurde, so ist hier zu bemerken, daß schon jetzt der Jüngling sich von der Strenge des Systems wenig angezogen fühlte, desto mehr aber von dem Charakter und der Persönlichkeit des Mannes, und daß er mit besonderem Eifer dessen populare Vorlesungen über Anthropologie und physikalische Geographie, dann aber auch über Aesthetisches besuchte. Er verbarg auch Kant seine abweichende Meinung schon damals nicht und verlor dadurch so wenig in der Achtung des Philosophen, daß dieser ihm öfters Arbeiten in der Handschrift mittheilte, um seine Meinung zu hören.

Noch einflußreicher wurde für Herder die Bekanntschaft mit Hamann, und er scheint sie zufällig gemacht zu haben. Sein schon damals hervortretendes Augenübel machte nöthig, ärztliche Hülfe zu suchen, er ward an den Arzt Hamann empfohlen; während der sorgsamen Behandlung ward er mit dessen Sohn, Johann Georg Hamann, näher bekannt. Dieser war zehn Jahre älter als Herder, fühlte sich aber bald zu dem strebsamen Jüngling hingezogen. Er übertrug auf ihn seine Grundsäße, Herder nahm sie begierig auf. Wir werden weiterhin, wo sich dessen Entwickelung übersehen läßt, auf diesen Ausgangspunkt den Blick noch zurückwenden, müssen aber schon hier bemerken, daß Hamann, der die tieferen Kräfte des Menschen ins Auge faßte, überall auf Ursprünglichkeit drang und in Leben und Kunst ein unmittelbares Verhältniß zu Gott und Natur verlangte, sich schon der Volkspoesie zuwendete. Er fühlte die ganze Unzulänglichkeit der Literaturperiode, an deren Schluß man

sich befand und ahnte eine neue. Ueber seine Grundsäße konnte er sich nur dunkel und zum Theil in Räthseln aussprechen; aber zündend fielen gerade diese Funken seines Geistes in Herders Seele, erlangten hier mehr Klarheit, ja man darf sagen, daß Herder sein Apostel geworden; gewiß wirkte seine Theilnahme und sein Eingehen auch fördernd auf Hamann zurück. Dieser ist es denn auch, der ihn zuerst auf Ossian aufmerksam machte und ihn englisch lehrte. Hamann war das für Herder, was dieser für Goethe.

Herder verließ Königsberg schon im Jahre 1765; er zog nach Rußland, aber nicht nach Petersburg und nicht als Wundarzt. Er folgte einem Ruf als Collaborator an die Domschule zu Riga, mit welcher Stellung man später noch ein besonderes Predigtamt verband. Auch hier war seine anregende Wirkung auf die Jugend eine bedeutende, er behielt aber auch noch Zeit zum Predigen und er predigte mit so viel Erfolg, daß man, wie gemeldet wird, be= schloß, für ihn eine geräumigere Kirche zu bauen. Gerühmt wird damals an seinen Predigten besonders die Wärme und der lautere, wahrhaft evangelische Geist. Und hier nun gleichzeitig begann seine erste schriftstellerische Thätigkeit, mit der er sogleich eingriff in die Fragen, welche damals die literarische Welt in Deutschland bewegten. Die zu Niga in dieser Zeit verfaßten und erschienenen Schriften Herders sind: „die Fragmente über die neuere deutsche Literatur“, „die kritischen Wälder“, die kleine Schrift „Plastik“, sämmtlich unmittelbar anknüpfend an die Bestrebungen Lessings, zum Theil auch Winkelmanns, und mit diesen gegen Kloß gerichtet. Sie haben allerdings einen ziemlich polemischen Charakter und wurden in solchem Einne aufgenommen, namentlich von dem vorzugsweise Angegriffenen, der das Sprüchwort „auf groben Kloß ein grober Keil“ in solcher Weise umkehrte, daß sogar Herder in seiner Stellung Unannehmlichkeiten erwuchsen und ihm fürs erste die Handhabung der Feder ein wenig verleidet wurde, während seine Name schnell in vortheilhaftester Weise sich verbreitete. Er erhielt jeßt, 1767, wirklich einen Ruf nach Petersburg, man trug ihm das Inspectorat der dortigen. St. Petrischule an. Herder lehnte den Ruf ab, verließ aber den

noch bald Riga; ihn erfaßte Reiselust, er wollte Welt und Menschen sehen, und zwar, wie er sagte, anders, als Diogenes aus seinem Faß sie sehen konnte. Er wollte namentlich auch bildende Kunst kennen lernen, denn er hatte bereits über dieselbe geschrieben und doch wenig davon zu Gesicht bekommen. Merkwürdigerweise war nun eine Aufforderung in eben diesem Sinne bereits im Werk und unterweges, sie erreichte ihn aber erst, als er selbst schon aus eigenem Antriebe sich auf Reisen befand, und zwar in Frankreich. Herder hatte sich mit einem Rigaer Schiff zunächst nach Nantes eingeschifft, im Juni 1769; seine Absicht war in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland die höheren Unterrichtsanstalten zu sehen und danach in Riga eine eigene zu gründen, er dachte also ausdrücklich an die Rückkehr nach dieser Stadt, welche bereits seine zweite Heimat geworden war: aber er sah sie nicht wieder.

Es ist neuerdings von dieser Reise Herders das Tagebuch bekannt geworden, aus dem man zunächst ersieht, wie erfrischend die Seeluft auf seinen hochangespannten Geist wirkte. Sie war reich an Abenteuern und Gefahren, das Schiff bestand Stürme und war nahe daran zu scheitern. In Nantes hielt Herder sich vier Monate auf und ging von da nach Paris. Hier machte er anziehende Be= kanntschaften, namentlich kam er mit Diderot in persönliche Berührung und lernte in dessen Umgebung noch andere Männer aus dem Kreise der Encyclopädisten kennen. Fleißig besuchte er Galerieen und Kunstsammlungen aller Art; auch dem Theater wandte er Aufmerksamkeit zu, kam aber sehr bald zu der richtigen Ueberzeugung, daß die französische Tragödie etwas durchaus Nationales sei, das sich nicht auf Deutschland übertragen lasse, er gewann also durch unmittelbare Anschauung die Bestätigung dessen, was Lessing schon so nahe gelegt hatte. In Paris, Ende 1769, traf nun Herder die Aufforderung, der Führer des jungen Prinzen von HolsteinOldenburg auf Reisen durch Frankreich und Italien zu werden, eine Stellung, die er nach kurzer Bedenkzeit annahm. Er reiste zunächst durch die Niederlande und über Hamburg nach Kiel. In Hamburg traf er Lessing, und lernte nun den von Angesicht kennen, in dessen

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