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noch übrig gelassen hatte. Es mag nicht zu viel gesagt sein, daß die deutsche Poesie mit diesem unscheinbaren Liede erst eingetreten jei in das Gebiet romantischer Poesie.

In den späteren Ausgaben der Werke, ganz besonders aber in der Ausgabe letter Hand, hat der Dichter lyrische Gedichte sehr verschiedener Zeit mit einander gemischt und Neueres neben das Früheste gestellt, wohl mit in der Absicht, sein inneres Leben nicht allzu sehr jedem Blick darzubieten, zugleich aber auch um die Sammlung buuter und gehaltvoller zu machen. So stellt sich denn das an sich schöne Gedicht, „Nachgefühl", das einer kühleren Stimmung späterer Zeit gehört, neben die feurigsten Ergüsse und sorgsam Ausgebildetes tritt neben die wildeste Improvisation fraglich, ob zum Vortheil der Stücke in der Hand eines sinnigen Lesers. Eine spätere kritische Ausgabe wird hier zu ordnen und zu sichten haben, ohne aber, wie leider Goedike mit Platen gethan, alles Zurückgestellte wieder heranzuziehen. Für uns ergab sich als unerläßliche Forderung, auch innerhalb des Lyrischen, die Perioden aus einander zu halten: so kommen wir denn weiterhin noch auf Goethes lyrische Gedichte zurück.

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V.

Die ersten Dramen. Gök von Berlichingen.

Goethe wendete sich frühzeitig dem Drama zu, wenn auch nicht sogleich dem Trauerspiel, wie junge Dichter in Ueberschäßung ihrer Kräfte meist zu thun pflegen. Vom Leben auch hier ausgehend ergriff er zunächst diejenige Gattung, welche dem Leben am nächsten steht, das Lustspiel, dabei aber folgte er in aller Unbefangenheit der geltenden Form der Zeit, dem französischen Muster. Wir haben aus dem Leipziger Aufenthalt zwei Lustspiele des sich entwickelnden Dichters, „die Laune des Verliebten“ und „die Mitschuldigen“, und beide hielt der Verfasser des Erhaltens und der Aufnahme in seine Schriften werth. Hätte er es nicht gethan, so würde die deutsche Litteratur daran nicht eben viel verloren haben, allein für die Beurtheilung des Dichters und den Verfolg seiner Entwicklung sind sie von großem Interesse, denn sie zeigen seinen Ausgangspunkt und wie weit derselbe entfernt liegt von dem, was er geworden. Er selbst hat uns deutlich den Zusammenhang gezeigt, welchen der Inhalt der Laune des Verliebten, nämlich die Quälereien der Eifersucht, mit seinen Leipziger Verhältnissen habe, und wenn die Farben nunmehr auch verblichen sind und das Ganze uns altmodisch erscheint, so ist doch in hohem Grade anzuerkennen, wie der junge Verfasser den so aus dem Leben geschöpften Stoff mit einer herkömmlichen Form in Einklang zu bringen gewußt, und wahrlich, das Stück behauptet unter den gleichzeitigen Leistungen einen Rang, es stellt sich nicht nur sehr wohl neben die

Leistungen Gellerts, mit denen es eine gewisse Aehnlichkeit nicht verleugnen kann, sondern es nimmt eine bei weitem höhere Stufe ein: bei aller Steifheit der Form zeigt sich schon inneres Leben, hinter der engenden Schnürbrust klopft schon ein wärmeres Blut. Neben mancher hölzernen Wendung und kanzleimäßigen Ausdrucksweise, wie sie damals das Gewöhnliche waren, tritt im Einzelnen schon Farbiges und Frisches entgegen und der Dialog ist bei weiten lebhafter, gewandter, elastischer als man es je in deutschen Alexandrinern gesehen. Die Entwerthung des Stücks hat Goethe selbst vollbracht durch seine darauf folgenden großen Leistungen und durch die neuen Bahnen, welche er eröffnet. Vor allen ist nun auch die Sauberkeit der Form und der Fleiß der gesammten Arbeit rühmend hervorzuheben: es verkündet sich schon hier neben dem Genie der erforderliche Antheil des Talentes, die ausdauernde liebevolle Sorge der Vollendung, der Goethe in der Folge so viel verdankt. Das Stück ist aus dem Jahr 1768 und erschien anonym im folgenden Jahr; auf der Bühne hat es kein Glück gemacht. *)

Wenn Goethe das betrachtete Stück unschuldig nennt, so darf man das unmittelbar darauf folgende nicht ebenso nennen. Die Mitschuldigen, gleichfalls dem Leipziger Aufenthalt und dem Jahr 1768 angehörig, dann aber mehrfacher Ueberarbeitung unterworfen, sind allerdings harmlos gemeint, ja sie sollen den christlichen Sah darstellen: Wer sich ohne Sünde fühlt, der hebe den ersten Stein auf; allein eben das Sündliche ist hier für die Darstellung in hohem Grade bedenklich und jedenfalls in der Ausführung muß man die Sache mißrathen finden. Es tritt hier eine Verwirrung sittlicher Begriffe ein, welche selbst dem ästhetischen Genuß sogleich schädlich wird. Thorheiten und Schwächen gehören für das Lustspiel, eben so wesentlich, wie Leidenschaften für das Trauerspiel, so bald aber die Schwächen an das Vergehen streifen und die geringste unmoralische Beimischung erhalten, hört noth

*) Neuerdings wieder hat das Victoria Theater zu Berlin den Verfuch gewagt.

wendig die Heiterkeit auf. Diese Grenze nun nicht bestimmt ge= wahrt zu haben, fällt allerdings Goethe in seinem zweiten Lustspiel zur Last; der Leichtsinn, der dem Lustspiel an sich gut stehen würde, bewegt sich allzu sehr auf sittlichem Gebiet. Wir haben es hier in der That mit Unmoralischem zu thun, und daß Sünde gegen Sünde aufgewogen wird, macht die Sache nicht besser: alle sind eben schlecht, wenn auch nicht gleich schlecht. Andererseits: Neugier, Spielsucht, Trunksucht, Untreue und sogar der völlige Diebstahl werden hier allzu brüderlich neben einander gestellt und gerade die Harmlosigkeit, in der sie gefaßt werden, ist beleidigend. Wir müssen deshalb das Werk in der innersten Anlage verfehlt nennen und erklären uns daraus den Mangel an wahrer Wirkung bei aller Sinnigkeit und Zierlichkeit der Ausarbeitung; doch nennen wir das ein Vergreifen der noch ungeübten Künstlerhand und fern sei es, hier dem Dichter eine moralische Zurechnung aufzubürden. Im Uebrigen ist die Composition von nur vier Personen bei sicherer Charakterzeichnung äußerst geschickt, die Schürzung und Lösung des Knotens sehr natürlich. Zu bemerken ist noch, daß ein Zusammenhang des Stückes mit dem vorigen stattfindet. Das Thema der Mitschuldigen findet sich bestimmt ausgesprochen am Schluß der Laune des Verliebten, nämlich in den Versen:

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Ihr Eifersüchtigen, die ihr ein Mädchen plagt,

Denkt euren Streichen nach, dann habt das Herz und sagt

Goethe blieb nicht lange in dieser Bahn, er brachte ihr nur eben vorübergehend seinen Tribut zu einer Zeit, wo er sein wahres Selbst noch nicht gefunden hatte. Leipzig war nicht der Ort, wo sein wärmeres süddeutsches im Boden des unverkünftelten Volkslebens wurzelndes Naturell zur Entwickelung kommen konnte. Dies geschah bei seiner Rückkehr nach Frankfurt: gleich das erste hier entstehende Werk erhob ihn auf eine ganz andere Stufe und schnitt für ihn und großentheils für die gesammte deutsche Literatur die Fäden jener französischen Kunstart auf immer ab. Konnte Goethe in Leipzig, das sich damals ein klein Paris nannte, wo der

gefeierte Gellert nach französischer Art dichtete und die Schule von Gottsched noch immer in großem Ausehen stand, sich diesen Einflüssen nicht entziehen, so kamen ihm in Frankfurt wieder deutsche Volksbücher zu Gesicht, hier klang ihm die heimatliche Mundart entgegen, hier war ihm das Volksleben offen. Und nun vollends in Straßburg: das Verhältniß zu Friederike erfüllte sein Herz und rührte dessen Tiefe auf, der lustige Verkehr mit gleichgesinnten Freunden, hie und da auch wohl ein Zerwürfniß, entwickelte schnell den Jüngling zum Mann, gab ihm Blicke in die verschiedenen Seiten des Lebens und ließ die alten Geschichtsbücher in frischen Farben erscheinen; vor allem nun aber Herder mit seiner Begei sterung für Shakespeare und das Volkslied, hier, wo das Volkslied noch so lebendig erklang und nicht zu vergessen: das Straßburger Münster im Hintergrund. Daß Goethe, wenn er hier Dramen dichtete, sie nicht mehr dichten konnte, wie vor kurzem noch in Leipzig, das leuchtet ein, er selbst war ein anderer geworden, ein fremder Firniß war von ihm abgestreift, er hatte die Schnürstiefel ausgezogen, bewegte sich frei auf eigenen Füßen, die Umstände waren hier überaus günstig, seine noch schlummernde Natur ans Licht zu locken und schnell zur üppigsten Entfaltung zu bringen. So innerlich verändert und umgestimmt gab er sich der Lesung der von dem Helden des kräftigen Zeitalters selbst verfaßten Lebensbeschreibung hin. *) Es ist anzunehmen, daß der so erweckte Goethe gleich das erste, was ihm in die Hände fiel, im Sinne der geahnten neuen Kunst leidenschaftlich ergriffen und zu einem Kunstwerk werde gestaltet haben: wie glücklich nun, daß gerade dieser Stoff ihm entgegen trat, um mit dem Erstgefühl jugendlicher Kraft erfaßt zu werden. Der Goethe, welcher von deutscher Kunst und Art ge= schrieben hatte, mit welchem Auge, mit welchem Herzen mußte er die Thaten des Nitters mit der eisernen Hand lesen!

Göß war nicht das Einzige, was Goethe um diese Zeit be

*) Lebensbeschreibung Heirn Gözens von Berlichingen, zugenannt mit der eijernen Hand. Nürnberg 1731.

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