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fannte.

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keit vor. *)

Dazu nun fand der Roman jene krankhafte Reizbar=

Goethe schrieb seinen Roman nicht sogleich; die Nachricht von Jerusalems Tode erhielt er im Mai 1771, Werther erschien erst

1774; er hatte also Zeit gehabt alles wohl und tief in sich zu verarbeiten und eben daher ward es möglich, daß der Dichter über dem Helden stand und nicht in ihn aufging. Wie sehr gleichwohl Goethes Herz und Wesen an diesem Roman betheiligt war, geben seine späteren Andeutungen zu erkennen, daß er sich selbst von einem in ihm wohnenden Krankheitsstoff befreit; aber er leistete im Grunde denselben Dienst auch dem ganzen Zeitalter, das sich nun erst einer Verirrung bewußt wurde. Manche kehrten die Eache um, erklärten den Werther für unmoralisch, fanden darin eine Verherrlichung des Selbstmords während doch vielmehr der Werth des Lebens und die Größe seines Verlustes zur Anschauung kommt; wie hätte sonst auch das Werk so rührend sein können. Auch Lessing möchte hier nicht ganz das Rechte ge= fehen haben.

Werther vollendete nun erst was Göz begonnen: beide Stücke erst machten Goethe zum großen Dichter, zum Dichter der Nation. Nach diesen beiden Werken war seine Ueberlegenheit über alle Autoren der Zeit, war sein Genius nicht länger zu verkennen: eine solche Macht über die Geister hatte noch keiner ausgeübt, was bisher als das Höchste des Erreichbaren gegolten, mußte jezt erbleichen. Lessing sagte: Was können die Gleime uns helfen, aber noch ein paar Goethe! Und Mercks Meinung von seinem Freunde, auf den er stolz war, ganz wie Carlos im Clavigo, rief aus, als

October 1772.

vis. p. 63.

*) Boas jagt (Nachträge I, 229): „Vielleicht ist nie ein Buch so recht in seine Zeit hineingekommen, als Werthers Leiden; zu einer andern Zeit wäre dieser Roman wohl ohne Spuren vorübergegangen" das letztere läßt sich unmöglich zugeben; die künstlerische Bedeutung ist hier gänzlich verkannt: ein Roman wie dieser ist bedeutend zu aller Zeit, wenn auch in jener Zeit die Wirkung doppelt groß war.

er dieses Stück gelesen: „Solch einen Quark mußt du mir künftig nicht mehr schreiben, das können die Andern auch.“

Werther wurde bald in alle europäischen Sprachen überseßt, er drang selbst bis nach China und Napoleon las ihn in Aegypten und schäßte ihn neben Ossian. Nicolai, von Neid und Unlust ergriffen, schrieb eine schwach ironische Fortseßung, indem er den Helden das Pistol nur mit Hühnerblut laden ließ. Goethe vergalt ihm in kräftigster Laune.

VIII.

Stella.

Der berühmte Roman Goethes hat durch ihn selbst ein Seitenoder vielmehr Gegenstück erhalten: dies ist ein dramatisches Werk, Stella, verfaßt in dem leßten Jahre seines Aufenthaltes zu Frankfurt. Wir haben hier noch ganz den Goethe, welcher den Werther schrieb, und das Werk beweist, daß er mit jenem doch wohl nicht so ganz, wie zum öftern behauptet worden, die Sentimentalität abgethan; aber auch an poetischem Werth steht das Werk seinem Vorgänger keineswegs nach.

Für die Beurtheilung dieses Werkes ist nun sogleich die ursprüngliche Gestalt von der späteren zu unterscheiden, und sehr be= achtenswerth erweist sich der Zusaß in den früheren Ausgaben: „ein Schauspiel für Liebende." Das Thema ist hier nur noch ein gewagteres als im Werther und dem späteren Stück, „die Geschwister." Im Werther hatten wir die Liebe zu einer Braut, später einer Frau, in den Geschwistern bekommen wir geschlechtliche Liebe zwischen Bruder und Schwester, wenn dies Hinderniß sich auch als ein nur scheinbares erweist; hier haben wir die Liebe eines Ehemannes zu einer Anderen, eines Mädchens zu einem Mann, der bereits verheirathet ist: und diese Liebe wird uns mit allem Feuer der Leidenschaft geschildert, sie wird dargestellt in allen ihren herzzerreißenden Conflicten: ein Thema für ein bürgerliches Trauerspiel, wenn man nämlich den Helden so weit preisgeben will, daß er von vorn herein als Chebrecher erscheint. Aber der

Dichter geht sogar noch weiter und er macht kein Trauerspiel, sondern ein Schauspiel; er entwickelt das Verhältniß bis zur vollständigen Bigamie und er giebt dann dem Ganzen einen versöhnenden Schluß, die Frauen vertragen sich, beide ihm zur Hälfte angehören zu wollen. Goethe hat dabei die bekannte Geschichte des Grafen von Gleichen vorgeschwebt, welche, ähnlich wie Lessing in seiner Emilia die Virginia anbrachte, in dem Schauspiel selbst erzählt wird, so daß hiedurch allein schon die ursprüngliche Tendenz ganz sicher gestellt ist. Hier ist es nöthig den Schluß der älteren Ausgaben für den, der sie nicht zur Hand haben sollte, herzusehen.

Fernando. Gott im Himmel, der du uns Engel sendest in der Noth, schenk uns die Kraft, diese gewaltigen Erscheinungen zu tragen! Mein Weib! (Er fällt wieder zusammen.)

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Cezilia (eröffnet die Thür des Cabinets und ruft). Stella!
Stella (ihr um den Hals fallend). Gott! Gott!

Cezilia (faßt ihn). Stella! nimm die Hälfte des, der ganz dein gehört du hast ihn gerettet

gerettet

dein!

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du giebst mir ihn wieder!

Fernando. Stella! (Er neigt zu ihr.)

Stella. Jch fass' es nicht!

Tezilia. Du fühlst's.

Stella (an seinem Hals). Ich darf?

vor ihm selbst

Cezilia. Dankst du mir's, daß ich dich Flüchtling zurückhielt?
Stella (an ihrem Hals). O du!

Fernando (beide umarmend). Mein, Mein!

Stella (seine Hand fassend an ihm hangend). Ich bin dein!
Cezilia (seine Hand fassend, an seinem Hals). Wir sind

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So lautete der Ausgang des Stücks in dem Druck von 1776, in dem Nachdruck von 1779, und so lautet er auch in der Göschenschen Originalausgabe von 1790; erst auf Schillers Zureden wurde Goethe bewogen diesen Schluß gänzlich abzuändern. Man wird nun in dieser Gestalt den Vorwurf einer Apologie der Vielweiberei

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oder mindestens der Bigamie nicht abwehren dürfen was übrigens der damaligen Zeit gar nicht so sehr auffiel, denn selbst Herder überhäufte das Stück in seiner ersten Gestalt mit großem, ja enthusiastischem Lob, wie sein erhaltener Brief davon Zeugniß giebt. Man sah zunächst in dem sonderbaren Schluß nur die Versöhnung eines tiefen Conflictes, man wünschte die der Theilnahme so werth erscheinenden Personen überhaupt nur gerettet, was ein großes Lob für den Dichter und dessen darstellende Kraft einschließt und andererseits den naiven Standpunkt der damaligen Kritiker und der Lesewelt zu erkennen giebt. Man täuschte sich wohl auch durch die Aehnlichkeit mit der Geschichte des Grafen Gleichen, welche der Dichter so groß als nur möglich dargestellt hatte. Was ihn, den Dichter selbst, anlangt, so darf zu seiner Entschuldigung gesagt werden, ihn habe das Beispiel Lessings mißleitet, denn einen ganz ähnlichen Fehler hatte dieser in seiner Emilia begangen. Er hatte die specifische Römerthat in die moderne Welt hereingezogen, verkleidet in das bürgerliche Trauerspiel. Daß die Wirkung dadurch nur um so größer wurde, ist wahr, allein auch um so unkünstlerischer, das Ganze wurde seines natürlichen Bodens beraubt, aus dem Heroismus wurde brutale Gewalt. So ist denn auch die Doppelheirath des Grafen Gleichen nur denkbar in ihrer Zeit, selbst von Seiten der künstlerischen Wahrscheinlichkeit und poetischen Wirkung: der Boden der Kreuzzüge, die Entfernung von der Heimat, das Leben im Orient mit seiner Vielweiberei, das und Vieles gehört unerläßlich dazu aber in unser bürgerliches Leben übertragen wird es in demselben Grade verlegend, wie unglaublich. Dort ist die Lösung ohnehin dadurch gemildert, daß eine Wiederholung so außerordentlicher Umstände nicht zu fürchten steht und daß die zweite Gemalin als Retterin des Ritters erscheint, ein Punkt von großer Wichtigkeit, wie Goethe selbst erkannt hat, denn er sucht eben hierin eine Aehnlichkeit zu gewinnen. Vergeblich, denn die Rettung, welche Stella an Fernando vollbringt, ist keine wirkliche, keine uninteressirte, sondern nur eine figürliche, vollbracht mit und innerhalb ihrer tadelswerthen Neigung.

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