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Gedanken er so tief eingegangen war. Er besaß nunmehr, wie kein zweiter, die persönliche Bekanntschaft der drei größten Aesthetiker unter seinen damaligen Zeitgenossen: Kants, Lessings und Diderots. In Hamburg sah er überdies noch den von ihm sehr geschäßten Claudius, so wie auch andere Männer der in jener Zeit durch geistiges Leben sich auszeichnenden Stadt. Er eilte darauf nach Kiel, um hier mit seinem Prinzen zusammenzutreffen. Die Reise begann im Juli 1770; ihr nächstes Ziel sollte Straßburg sein; natürlich war dies Ziel im Interesse des Prinzen und seiner Erziehung gewählt, aber, wie sonderbar, gerade um diese Zeit weilte der junge Goethe in Straßburg und mit ihm wollte eine höhere Lenkung Herder bekannt machen. Als der Mentor mit seinem Prinzen hier ankam, hatte Goethe sein juristisches Studium beendet und hielt sich nur noch an diesem Ort auf, um die Doctorwürde zu erwerben. Der Zufall mußte beide zusammenführen, denn Goethe besaß keinen Namen, so daß Herder ihn hatte aufsuchen können, und Herders Schriften würden damals Goethe, falls er von ihnen wußte, wenig berührt haben. Die sich bald entwickelnde Freundschaft aber wurde entscheidend für beide und für die deutsche Poesie. Herder war nur fünf Jahre älter als Goethe, letterer damals 21 Jahre alt und Herder 26, also beide noch sehr jung und ganz in der Lage sich nahe an einander anzuschließen; von Herders Einfluß auf Goethe wird weiterhin noch zu sprechen sein, dieser dagegen wurde, als er nach Weimar kam, die Veranlassung auch Herder dorthin sich nachzuziehen, so daß also schon hier im Jahr 1770 Herders Antheil an dem Kreise zu Weimar entschieden wurde. Noch ist zu erwähnen, daß dieser schon auf der Reise nach Straßburg hin zu Darmstadt seine spätere Gattin kennen lernte, mit der er sich sogleich verlobte.

Herders Verhältniß als Begleiter des Holsteinischen Prinzen war nicht von langer Dauer und löste sich schon in Straßburg durch Mißhelligkeiten mit dem Oberhofmeister; eine gewisse Unnachgiebigkeit Herders, beruhend auf einem starken Gefühl seines Werthes,

über welche auch sonst geklagt worden, mag wohl einen Theil der Schuld getragen haben, andererseits aber auch das exclusive Betragen des Hofmeisters, dem ein Mann dieser Art sich nicht, wie gefordert wurde, unterwerfen konnte. Dazu kam, daß schon in Darmstadt ihm von Bückeburg aus ein anderes Anerbieten gemacht war. Herder verblieb aber in Straßburg; sein wieder hervortretendes Augenübel, das jezt eine Operation nöthig machte, fesselte ihn an den Ort, die geschlossene Freundschaft konnte sich um so besser befestigen. Hier nun nahm Herder den Ruf nach Bückeburg an: als Hofprediger, Superintendent und Consistorialrath. Sein Name als Prediger mußte bis hieher gedrungen sein, denn theologische Schriften hatte er damals noch nicht verfaßt. Er trat die Stelle an, 1770, und hatte das Glück sich sehr bald das Vertrauen des edlen Grafen Wilhelm von Schaumburg-Lippe, ehemaligen Portugiesischen Generalissimus, zu erwerben. Zwar fühlte er wiederum von dem vornehmen Wesen und Stolz seines Herrn sich abgestoßen, doch besserte sich das Verhältniß, als ihm gelang die volle Gunst der liebenswürdigen und geistreichen Gräfin zu gewinnen, die ihn unter andern zur Abfassung seiner Cantaten veranlaßte. Der Aufenthalt Herders an diesem kleinen Hof und das Leben in der Stille des Städtchens war für den aufstrebenden Mann in vieler Rücksicht besonders heilsam, denn nach der Unruhe des Reisens und dem geräusch- und zerstreuungsvollen Aufenthalt in Paris und Straßburg fand er hier die beste Gelegenheit sich zu sammeln; seine Geschäfte ließen ihm Ruhe und Muße, die eingebrachten Schäße zu ordnen und zu verarbeiten und mancherlei Studien für Künftiges vorzubereiten. An Hülfsmitteln war hier freilich kein Ueberfluß, aber Herder konnte sich jezt schon selbst manches zueignen und die Herrschaft half durch ein namhaftes Geschenk seiner Bibliothek auf. Seine Lage wurde um so behaglicher, als er sich im Jahre 1773 mit seiner Braut, Caroline Flachsland*),

*) Herders Briefwechsel mit seiner Braut April 1771 bis April 1773, herausgegeben von Dünßer und F. G. v. Herder, Frankfurt 1858, giebt den Grad ihrer Geistes- und Herzensbildung zu erkennen.

die er in Darmstadt bei Merck kennen gelernt hatte, jezt ehelich verband. Mittlerweile breitete sich sein literarischer Name je mehr und mehr aus, namentlich als die in Straßburg verfaßte Abhandlung über den Ursprung der Sprache" von der Berliner Akademie den Preis erhielt. Er gab jezt im Verein mit Goethe und Moeser die „Blätter von deutscher Art und Kunst“ heraus; gleichzeitig war sein Ruf als Kanzelredner auch hier im Wachsen. So kam es denn, daß ihm wieder verschiedene Anträge zugingen, unter andern auch ein Ruf zu einer theologischen Professur in Gießen und darauf in Göttingen. Herder war geneigt, den letteren anzunehmen, begab sich auch nach Göttingen, fand aber hier das Feld noch nicht geebnet, es fehlte die landesherrliche Bestätigung, man verlangte sogar gegen allen Gebrauch ein Eramen und Colloquium, dem der Mann, mit einem wohlverständlichen Gefühl, sich nur widerstrebend unterwerfen konnte. Aber nicht auf sein positives Wissen war es abge= sehen, es scheint, als habe man sich seiner Rechtgläubigkeit versichern wollen. Herder, der in Bückeburg bereits seine Entlassung gesucht, befand sich plöglich im Freien, er hatte, so sehr ihm, dem Autodidakten, eine Unterredung mit geschulten Professoren zuwider, und irgend eine gegebene Blöße bei seinem literarischen Namen gefährlich sein mußte, dennoch zu dem Unvermeidlichen sich schon tapfer entschlossen; der Tag des Colloquiums war herangerückt, es sollte am Abend stattfinden, als Herder über Tisch eine ganz andere Berufung erhielt, die Berufung nach Weimar, ein Werk Wielands und noch mehr seines jüngern Freundes Goethe eine wahre Hülfe in einer nicht geringen Noth. Wir ersehen jeht aus dem Briefwechsel, wie forgend und mit wie praktischer Ueberlegenheit der junge Goethe die Sache betrieben hatte. Herder wurde berufen zum Oberpfarrer und Generalsuperintendenten, und das war in Weimar schon eine ganz andere Stellung als in Bückeburg. So entging er denn glücklich dem Professoriren, von dem auch Lessing gesagt hatte, daß es seine Sache nicht sein könne; die Universität Göttingen verlor einen Docenten, von dem noch zweifelhaft ist, ob er als solcher viel ge=

leistet haben würde, aber die deutsche Literatur gewann ebenso ihren Herder.

In Weimar, wo er im October 1776 ankam, füllte Herder zunächst in ruhmvollster Weise seinen geistlichen Beruf aus. Er fand außer Goethe hier schon Wieland und v. Knebel vor; nicht lange, so kam auch Schiller. Allein zu einem freien geistigen Verkehr war Herder nicht gemacht, darüber sind alle Nachrichten einig. Die Herbheiten und Schroffheiten eines Autodidakten traten jezt hervor als er Ebenbürtigen und wohl auch theilweise Ueberlegenen gegenüber stand; er hatte sich schon zu lange gewöhnt allein zu herrschen. Das Gefühl seiner sittlichen Würde, so wie auch seines sehr umfangreichen Wissens machte ihn andern hier mehr unbequem als förderlich. Wieland und Schiller klagen sehr darüber, desgleichen gelegentlich auch Friedrich Stolberg, und das will namentlich von Wieland viel sagen, der sich gern anschloß und in jeder Art fern war von Herrschsucht oder Neid. So wird sich denn begreifen, daß jezt in so unmittelbarer Nähe das Verhältniß mit Goethe sich um nichts fester gestaltete, im Gegentheil mehr und mehr und mehr sich löste; offenbar lag aber die Schuld auf Herders Seite, der noch ebenso, wie ehemals in Straßburg, das längst ausgeglichene Uebergewicht seiner fünf Jahre mehr noch ferner in Geltung erhalten wollte. Dazu seine Kränklichkeit, die mit ihren Einflüssen nicht selten seinem edlen Herzen entgegen trat. *)

Hier in Weimar nun entwickelte Herder die größte literarische Thätigkeit; das Beispiel seiner, man möchte sagen Hausgenossen in

*) Durch Herrn Dr. S. Hirzel in Leipzig (Briefe von Goethe an helvetische Freunde, zur Feier des 21. Mai 1867) ist neuerdings in einem Briefe an Lavater Ende 1783 folgende Aeußerung Goethes bekannt geworden: „Eine der vorzüglichsten Glückseligkeiten meines Lebens ist, daß ich und Herder nichts mehr zwischen uns haben, das uns trennte. Wäre ich nicht ein so ehrner Schweiger, so hätte sich alles früher gelöst, dafür ists aber auch für immer und mir eine freudige Aussicht. Denn eines edlern und weitern Herzens ist nicht wohl ein Mensch.“

Weimar wirkte befruchtend und anregend auf ihn, und er hatte in der Stille von Bückeburg tüchtig vorgearbeitet. Nach einander erschienen hier: die Volkslieder (1778 und 1779), die Lieder der Liebe (1778), die Briefe, das Studium der Theologie betreffend (1780, 1781), die hochvortreffliche Schrift Vom Geist der Ebräi schen Poesie" (1782, 1783), endlich die ersten Theile der „Ideen zur Geschichte der Menschheit" (1784) und die ersten Hefte der "Zerstreuten Blätter" (1785-1787).

Im Jahr 1788 begab sich Herder wiederum auf Reisen, und das mochte nach so langer vertiefender Beschäftigung seiner körperlichen und geistigen Gesundheit ein dringendes Bedürfniß sein. Er reiste in Gesellschaft des Freiherrn von Dalberg, damaligen Domherrn zu Worms und Speier, nach Italien, holte also jezt nach, was er schon vor Jahren gewollt. Sehr bedeutend entwickelten sich hier seine Anschauungen, man muß sich namentlich vergegenwärtigen, daß eben vor Kurzem Winkelmann das Studium der antiken Bildnerei aufgeschlossen und Lessing befruchtende Worte über das Wesen der Künste in die Welt geworfen hatte; freilich fehlte Herder eine speziellere Vorbildung und ein künstlerisch gebildetes Auge, wie denn auch die großen Werke der Malerei einen ungleich geringeren Eindruck auf ihn gemacht haben. In Nom traf er die Herzogin Amalie von Weimar und machte ihre nähere Bekanntschaft; hochgestellte Personen sind eben auf Reisen zugänglicher als in ihrer Heimat. Er begleitete sie nach Neapel.

Es ist noch zu erwähnen, daß Herder in Italien den erneuerten Nuf zu einer Professur und zum Predigeramt der Universität Göttingen erhielt, diesmal unter besseren Bedingungen und, wie sich versteht ohne jede demütigende Zumutung; es scheint, als habe man das frühere Verfahren gut machen wollen. Herder lehute den Antrag, wie ehrenvoll er gestellt war, dennoch ab; bei seiner Rückkunft entschädigte der Herzog ihn dadurch, daß er ihn zum Vicepräsidenten des Oberconsistoriums erhob.

In Weimar begann jezt Herder von neuem eine rüstige

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