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greiflicherweise keine Art der Production, die auf dem Theater auf viel Wirkung zu rechnen hat, ja die sich nicht einmal für das Drama eignet, vielleicht überhaupt nicht für die Kunst. Von den zwei Naturen, welche sich in Goethe vereinigen, tritt uns hier zum erstenmal die andere entgegen: das verdient angemerkt zu werden in der Geschichte seiner Entwickelung. Das theoretisch Zurechtlegende, das ihn zum wissenschaftlichen Sammler und Forscher bestimmte und ein hohes Ziel erreichen ließ, besonders in den Blicken auf die Entwickelung des Pflanzen- und Thierorganismus, das dann aber auch tiefer ins Poetische hinübergriff als förderlich war, ja hier bis an die Grenze des Pedantischen führte, dies eben ist es, was sich hier schon ganz unverkennbar meldet, an einer Stelle, wo man es nicht erwarten sollte.

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Lila erfuhr zwei Jahre später, 1778, eine Umarbeitung, diejenige, in welcher wir jezt das Stück lesen. In folgenden Jahren verfaßte Goethe noch fernere Singspiele: Jery und Bätely 1779, die Fischerin 1782, Scherz, List und Rache 1785. Jery und Bätely ist unter ihnen das anziehendste und bedeutendste: ein Schweizer Idyll von kräftiger Localfarbe, die Frucht von Goethes Schweizer Reise im Jahr 1779. Der Gedanke ist vortrefflich: die Spröde, welche der scheue Liebhaber nicht gewinnen kann, foll durch Vermittlung des munteren Thomas, des heimkehrenden Söldlings, der sich dafür baaren Lohn ausbedingt, mit Sturmlauf erobert werden. Er fängt es aber plump an und erliegt schmählich; aus Rache treibt er seine Kühe, die er nach Mailand führen will, auf die Weide der Schönen und läßt diese absichtlich vernichten; der scheue Liebhaber tritt zur Abwehr der Unbill auf, kommt selbst mit seinem Vermittler in Streit, erliegt im Ringkampf, wird verwundet und bei dem Verbinden entwickelt sich nun die freie Neigung des Mädchens, die Lösung wird also durch höhere Lenkung vollbracht und über Plan und Absicht hinaus spricht das Herz selbst. Thomas aber verwendet die gewonnene Doublone zum Schadenersaß: alles rund, sinnreich, musterhaft. Der Dialog in Prosa, die eingestreuten Lieder sind mehr musi

kalisch als poetisch, nur zum Schluß entwickelt sich der Gesang vorherrschender.

Die Fischerin war berechnet, zu Tieffurt im Freien gespielt zu werden und muß darnach beurtheilt werden. Das Stück ist des großen Dichters nicht unwürdig, einige seiner vorzüglichsten Gedichte wurden hinein verwebt; es beginnt mit der Ballade „der Erlkönig".

X.

Iphigenie.

Wie nun der Dichter allmälig in Weimar Wurzel faßte und zur Ruhe gelangte, sehen wir auch Werke größeren Umfangs hervortreten, mancherlei ältere Plane, die nur im Rausch des Lebens geruht hatten, werden jezt neben einander gefördert, zum Theil Werke der verschiedensten Art, und auch schon manches Neue knüpft sich an. Von älteren Entwürfen kommen Faust und Egmont wieder auf den Amboß, es bildeten sich Anfänge des Wilhelm Meister und der Iphigenie, die lettere war aber das erste, das zum Abschluß kam, und ist deshalb zuvörderst hier näher zu betrachten.

Der Keim des Stücks wird schon in das Jahr 1776 gefeßt, zwei Jahre später erlangte es die erste Fassung. Goethe war durch die Stolberge zu sehr auf das griechische Drama hingelenkt, Lessing hatte zu deutlich auf die Vorzüge desselben vor dem französischen gewiesen, als daß unser Dichter, der lezteres am Weimarischen Hofe noch in Ehren fand, nicht in jenem Sinne zu schaffen ge= wünscht hätte. Weiße versuchte sich eben damals, allein er war kein productiver Genius; sein Mißlingen durfte auffordernd sein für den, der hier allein zu helfen im Stande war. Weißes Atreus und Thyest hatte die Atridenfabel in Anregung gebracht, Goethe studirte bereits Sophokles und Euripides mit ähnlicher Andacht, wie in Straßburg den Shakespeare, und er mochte ohnedies das

Bedürfniß fühlen, nach dem regellosen Göß, in dessen Wildheit man bereits das Wesen des Dichters fand, nun etwas Regelrechtes, Geformtes und dennoch nicht Unlebendiges hinzustellen.

Für den Inhalt und die Stimmung von Goethes Iphigenie will man im Jahr 1776 noch nähere persönliche Anknüpfungspunkte entdecken; auch er habe sich im Zustande der Resignation befunden und durch dieselbe Ruhe errungen, auch er habe sich einem wilden Titanentreiben entwunden, sich von fremden Zonen verschlagen" gefühlt, wie es in dem Gedicht „Ilmenau“ heißt. Für Iphigenie selbst habe ihm die junge Herzogin gesessen, welche sich im Weimarischen Hofleben nicht heimisch fand. Recht möglich, daß das jedenfalls in diese Zeit gehörige Festspiel Proserpina wenigstens zum Theil ähnliche Bezüge hatte, daß es aber wegen anderer ominöser Worte und Wendungen zurückgelegt wurde und ebendeshalb in den Triumph der Empfindsamkeit kam. Falls nun solcher Auffassung etwas zu Grunde läge, hätte Goethe hier in der Jphigenie nicht nur denselben Faden wieder aufgenommen, sondern hier vergütet und gemildert, wessen er sich dort erkühnt. Alsdann würde der Dichter, den wir bisher stets im Angesicht besonderer Verhältnisse arbeiten sahen, auch hier nicht von seiner Art gelassen haben.

Goethe schrieb sein berühmtes Werk im Jahr 1779 auf, und zwar die ersten drei Acte auf einer Rundreise durch das Weimarische Land, auf welcher er den Herzog begleitete, rüftig theilnehmend an den Geschäften der Staatslenkung. Bei Tage besichtigte er die Straßen und hob Mannschaften aus, es war im Februar nnd März; die späten Abendstunden flüchtete er mit seiner Phantasie nach dem cimbrischen Chersonnes und sehnte sich von da mit der Seele nach Griechenland. Einige Ruhe auf dem Dornburger Schlosse förderte das Werk besonders, und hier bereits formte es sich und bekam Glieder". Mit Ende März waren alle Acte beisammen, und am 6. April des nächsten Jahres, 1780, fand die erste Aufführung statt. Das war aber nicht unsere Iphigenie, denn die erschien erst im Jahr 1787.

Wir haben jezt die Iphigenie in Tauris *) in zwei Gestalten; außer der, in welcher Goethe das Werk der Welt und Nachwelt übergeben, besigen wir nunmehr auch noch die ursprüngliche, welche, wenigstens dem Aeußern nach, in Prosa verfaßt ist. Aber auch lettere wieder liegt in mehreren, nicht völlig übereinstimmenden Exemplaren vor. Friedrich Jacobs (s. dessen Vermischte Schriften VI, 429) machte, während Goethe selbst die ältere Gestalt der Iphigenie abhanden gekommen war, auf der Bibliothek zu Gotha die Entdeckung einer älteren Iphigenie Goethes, offenbar derselben, welche er nach Italien mitnahm, welche 1780 in Weimar auf die Bühne kam. Nicht lange darauf fand sich ein übereinstimmendes Manuscript in der "Bibliothek zu Oldenburg, dasjenige, welches Adolph Stahr 1839 herausgegeben und mit schäßbaren Bemerkungen begleitet hat. Aber schon 1834 **) kannte man ein drittes, das sich von jenem, obwohl gleichlautend, doch dadurch unterscheidet, daß es nicht in Prosa geschrieben, sondern in Verszeilen abgesezt ist, ein Punkt, dessen Möglichkeit in der eigenthümlichen Beschaffenheit liegt. Der Dichter, welcher überhaupt seine begonnenen Werfe in der Muße des italischen Aufenthalts für die Herausgabe seiner Schriften zu fördern und zu beenden gedachte, hoffte dort besonders für dieses Stück, das von der Sonne des Südens seine volle Reife erhalten sollte. Wenn auch seine Freunde in Deutschland schon an dem Schauspiel in seiner anfänglichen Form Freude und Genüge fanden, Herder gab sogar dieser vor der späteren den Vorzug: ihm selbst genügte die erste Fassung nicht, er erkannte sehr wohl, daß

*) Die Bezeichnung in Tauris beruht auf einem Mißverständniß, das älter ist als Goethe. Einen Ort oder eine Jujel Tauris giebt es nicht, mit in Tauris, év Tavoois, sind nach antiker Bezeichnungsart die Bewohner gemeint.

**) Ein Aufsatz in den Blättern für literarische Unterhaltung von diesem Jahr, 1865, Nr. 243, beschreibt das Manuscript des Näheren. Höchst zierlich) in Folio geschrieben, die Sentenzen grün unterstrichen, ist es höchst wahrscheinlich dasselbe, von dem Goethe in der italienischen Reise spricht von der Hand des Sekretärs Bogel. Boas hat es in seinen Nachträgen nach diesen Scenen mitgetheilt.

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