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Iphigenie.

Ich gebe nach, wenn du nicht säumen willst.

Und im Ferneren :

Iphigenie.

Was ich vermochte, hab' ich gern gethan.

Arkas.

Noch wär' es Zeit, den Sinn zu ändern.

Iphigenie.

Das steht nun einmal nicht in unsrer Macht.

In solcher Weise noch acht Verse weiter und nach einer längeren Rede des Arkas wiederum eine Wechselrede Vers um Vers. Wer sähe nicht, daß wir hier nicht sowohl Profa als vielmehr Gemessenes haben, ein Mittelding, allein mehr Vers als ungebundene Rede. Dies Mittelding, dessen unselige Natur bald zur Anschauung kommen mußte, war nur eine kurze Zeit lang im Schwange; ließ Goethe nicht sogleich diese erste Iphigenie erscheinen, und da hielt ihn ein richtiges Gefühl zurück, so konnte sie wenige Jahre später nicht mehr in dieser Form ans Licht treten; der halbe Vers mußte fort= gehen zum ganzen. Man sieht hier also die Nothwendigkeit der Umarbeitung zugleich aber auch die Schwierigkeit, denn Goethe befand sich eben mitten inne zwischen den Forderungen des poetischen Stils und den Vorzügen des ersten Entwurfs. Allerdings hat er opfern müssen; die gegenwärtige Iphigenie aber wird, in den Augen des Kenners, erst verständlich durch die ihr vorangehende.

XII.

Torquato Tasso.

Goethe ließ die Iphigenie in Delphi fallen und wandte sich dem Tasso zu in den er schon viel von seinem Eigenen hineingelegt."

Auch Tasso war anfangs in Prosa geschrieben und wurde zu Rom in Verse umgeformt; leider ist die prosaische Form verloren gegangen; möglich, daß sie noch einmal auftaucht, falls Goethe sie nicht selbst vernichtet. Der Dichter nahm, wie er das ausdrücklich meldet, unter seinen der Vollendung harrenden Papieren zwei Acte dieses prosaischen Tasso nach Italien mit, faßte hier aber, eben wie bei der Iphigenie, sehr bald den Gedanken einer strengeren metrischen Ausbildung, in welcher er jegt nicht mehr ein Neuling war. Hatte schon jenem Werk die Muße, die Umgebung der Kunstdenkmäler und der südliche Himmel zu großem Vortheil gereicht, so war das hier nur noch mehr der Fall. Der Dichter sah die Orte selbst, wo die Handlung spielt, der innerste Charakter des Lebens, der Personen, der Dichtungen, von denen die Rede ist, wurde hier anschaulich, er stand vor derselben Natur. Was an Goethes Tasso sogleich anzieht, das ist eben das südliche Colorit, das sich über das ganze Werk ergießt und aus jeder Zeile spricht, eben so wahr als poetisch.

Der Verfasser nennt in der italienischen Reise das Werk vor etwa zehn Jahren begonnen; das würde den Anfang etwa auf das Jahr 1777 verweisen, und in so frühe Zeit führt uns noch ein

anderer Umstand. Mir ist nicht zweifelhaft, daß Goethe auf diesen Stoff aufmerksam geworden sei durch einen Auffah Heinse's in der Jacobischen Fris vom Jahr 1775, gleich im ersten Stück des ersten Jahrgangs. Unter dem Titel „Leben des Torquato Tasso“ wird hier nämlich dessen Verhältniß zum Herzog von Ferrara und zu dessen Schwester in einer Weise erzählt, daß ein Dichter, der sich nach dramatischem Stoff umsah, sogleich einen solchen erkennen mußte. Und dazu kam nun Goethes bald darauf erfolgende Verseßung nach Weimar, an einen Hof, der mancherlei Aehnlichkeiten mit dem italienischen darbieten mochte, es fehlte zugleich nicht an Personen, welche den dort Handelnden entsprachen. In eben diesem Aufsat ist nun auch eine Zergliederung des Amintas von Tasso gegeben, welche allerdings für Goethe scheint leitend geworden zu sein. Dort wird geschildert, wie Tasso nicht nur den Herzog und seinen Hof, sondern auch sich selbst und seinen Feind, als Mopso, poetisch eingeführt habe, und legterer ist so gezeichnet, daß man darin die Grundlinien des Goetheschen Antonio wiedererkennt. Es heißt: „Das Vergnügen über diese Nache kam ihm in der Folge sehr theuer zu stehen. Sein Feind war einer von den feinen Menschen, deren Geist von Natur zwar wenig Kraft und Stärke hat, aber im Hofleben von Kindheit an glatt und schlau wie eine Schlange geworden ist, die jedes Ding gleich bei ihrer Erscheinung ganz im Auge haben, und ihm es ablauern, wo und wenn sie es zu fassen vermögen. Dergleichen Menschen sind nicht zu verwunden" u. s. w. Worte in denen sich schon der Gegensaß des überlegenen, unver wundbaren Hofmannes und des reizbaren, höchst verwundbaren innerlich schaffenden Dichters andeutet, welcher mit den Hauptinhalt des Stückes macht.

Goethe wich in Italien weit von dem ab, was er als Vorarbeit des Tasso mitbrachte. Er schreibt am 27. Februar 1787 (Bd. 27, S. 284):,,Eins habe ich über mich gewonnen, daß ich von poetischen Arbeiten an den Tasso allein gehe; zu ihm habe ich die beste Hoffnung. Doch weiß ich noch nicht, was er werden kann; das Vorhandene muß ich ganz zerstören; das hat zu lange gelegen, und

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weder die Personen, noch der Plan, noch der Ton haben mit meiner jeßigen Ansicht die mindeste Verwandtschaft." *) Man sieht, diese Umarbeitung war von ganz anderer Art als die der Iphigenie, hier war alles noch flüssig, die Umformung geschah im Ganzen und aus dem Vollen, wie das Werk selbst zu seinem Vortheil auch zu erkennen giebt. Das Stück hatte noch nicht feste Gestalt gewonnen, als der Dichter sich nach Sicilien einschiffte und hier, unter dem Einfluß der mächtigen Natur und homerischer Erinnerungen, trat auf einige Zeit ein neues Werk, Nausikaa, in den Vordergrund.

Zuerst ist ein Blick auf das Historische zu werfen. Als Goethe die Ausarbeitung seines Tasso begann, blieb er schwerlich bei Heinses Aufsatz stehen, sondern ging auf die Quellen zurück, aus welchen dieser geschöpft hatte; nun war aber auch kurz vor Goethes Besuch des italienischen Landes daselbst ein neueres Werk über Tassos Leben erschienen, im Jahr 1785, die Illustrationi des Abbate Serassi, ein starker Quartband, der einige Originalbriefe und sonstige Urkunden mittheilt, und einen neuen Gedanken über des Dichters Verhältniß am Hof und den Grund seiner Verfolgung aufstellt. Er sucht den Ruf der Prinzessin Leonore von Este zu retten und findet den Grund der Einkerkerung in einer Beleidigung, die Tasso bei seinem Abgange von Ferrara dem Herzog zugefügt. Als A. W. Schlegel bei erneuter Herausgabe seiner kritischen Schriften im ersten Theil derselben seine Beurtheilung des Goetheschen Tasso abdrucken ließ, machte er, im Jahr 1827, hier einen Zusaß „Ueber Tassos Lebensgeschichte," in welchem er einen kritischen Blick auf die bisherigen Auffassungen und Darstellungen wirft, hauptsächlich gestüßt auf ein genaueres Studium von Tassos lyrischen Gedichten.

*) Hiemit streitet nicht, was Goethe aus Nom am 28. März 1788 an den Herzog schreibt: „Ich lese jetzt das Leben des Tasso, das Abbate Serassi und zwar recht gut geschrieben hat. Meine Absicht ist, meinen Geist mit dem Charakter und den Schicksalen dieses Dichters zu füllen, um auf der Reise etwas zu haben, das mich beschäftigt. Ich wünsche das angefangene Stück auf der Reise, wo nicht zu endigen, doch weit zu führen." Und am 19. Februar 1789: „Tasso wächst lang. sam, wie ein Orangenbaum, daß er nur auch wohlschmeckende Früchte trage."

Der treffliche Kritiker meint, es werde sich die wahre Ursache, weshalb der Herzog Alfonso den Dichter so grausam verfolgt, daß er ihn unter dem lügenhaften Vorwande des Wahnsinnes in ein Irrenhaus einsperrte, und troß des Glanzes, welchen sein Name erreicht, troß der nachdrücklichsten Fürsprache der Großen Italiens, hier erbarmungslos gefesselt hielt, sich wohl niemals ermitteln lassen, eben so wenig wie die, derentwegen Ovid von Augustus nach Tomi verbannt worden. Alfons sei Tyrann gewesen und diesem hätten die Mittel zu Gebot gestanden, eine Hofintrigue in ewige Vorgessenheit zu begraben. Aber doch stellt Schlegel eine Meinung auf, eben so sehr die gewöhnliche Darstellung als die des Abbate Serassi be= kämpfend. Ganz unglaublich erscheint ihm ein Liebesverhältniß zur Prinzessin Leonore, alle Verhältnisse seien dagegen. Hier also geht Schlegel noch über Serassi hinaus; wenn aber dieser von einer Beleidigung Tassos gegen den Herzog bei der lezten Rückkehr des Dichters nach Ferrara spreche, verwechsele er den Vorwand mit dem Grunde ein kalter und verächtlicher Empfang sei eben darauf angelegt gewesen, des Dichters stolzes Gemüt zu einem Ausbruch zu reizen, um ihn dann deshalb unverhältnißmäßig zu strafen. Der wahre Grund müsse ein anderer sein und dieser verrathe sich in den Sonetten, besonders in dem, welches beginnt: Odi, Filli, che tuona! Hier triumphire ein begünstigter Nebenbuhler in der Sprache leidenschaftlichster Liebe Schlegel sagt der Nebenbuhler des Herzogs in der Liebe einer Unbekannten. Das Sonett lautet nach Schlegels Ueberseßung:

Hör, Phyllis, wie es donnert! Hör von droben
Die Dünst' in Eis verwandelt niederrinnen!
Was aber soll uns kümmern Zeus Beginnen?
Freun wir uns hier, mag er im Himmel toben!

Freun wir uns liebend! Laß uns neue Proben.
Der süßen Glut in mächt'ger Lust gewinnen!
Sein Diener schrecke nur des Pöbels Sinnen,
Von Glück und Zufall weit umher gestoben.

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