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kühle Ueberfüllung zeigt. Dies empfinde ich z. B. wenn Tasso auf der Höhe seines Schmerzes in die Worte ausbricht:

O dieses Wort, an das ich zweifeln sollte,

So lang' ein Hauch von Glauben in mir lebt,
Ja, dieses Wort, es gräbt sich wie ein Schluß
Des Schicksals noch zulezt am ehrnen Rande
Der vollgeschriebnen Qualentafel ein.

So finde ich auch am Schluß des Stückes den Ausdruck nicht glücklich, denn hier verliert der Dichter sich in ein Bild und kommt von einem in das andere, von der Welle auf das Schiff, vom Schiff auf den Schiffer. Man erinnere sich, daß damals eben die deutsche Literatur jung war, und ebenso, wie der Dichter, ihre Bahnen erst suchte. Außerdem ist nicht zu vergessen, daß Tasso den Uebergang macht von der Iphigenie zur natürlichen Tochter; auf diesem Wege aber bezeichnet er ein wichtiges Stadium und auch hierin liegt etwas von der unvergeßlichen Bedeutung des Stückes. Aber es drängt sich besonders noch die Bemerkung auf: Wenn der Dichter bisher mit einem gewissen Ungestüm gearbeitet hatte und dadurch Fluß und Einheit gewann, so sehen wir ihn jezt um so besonnener und zögernder zu Werke gehen und die Vollendung ist Folge strenger, bewußter Arbeit.

In Betreff der Form hat Schlegel in den kritischen Schriften (I, 382) ein Urtheil zugleich über Iphigenie und Tasso ausgesprochen, das dem unsrigen einigermaßen nahe kommt, das aber einer Modification zu bedürfen scheint. Es lautet: „Goethes reimlose Jamben in der Iphigenie und im Tasso können bei der vollendeten Zierlichkeit des Ausdruckes und dem gefälligsten Wohllaut dennoch nicht für Muster von dem dramatischen Gebrauch dieser Versart gelten. Sie sind nicht dialogisch genug; es fehlt darin was man in der Malerei ,,heurté" nennt; die Perioden schlingen sich in harmonischem Wellengange durch zu viele Zeilen fort." Das Wahre daran wird sich schwer verkennen lassen, allein wie wir schon darauf hinwiesen, stehen beide Stücke nicht auf gleicher Stufe, Tasso ist in jeder Weise regelrechter, abgemessener und gleichmäßiger, denn in der Iphigenie klingt

immer noch viel von der rhythmischen Prosa durch, dann aber darf man diese Versbehandlung auch nicht von dem Inhalt und dem ganzen Charakter beider Stücke trennen. Es hat hier der Vers unmittelbaren Zusammenhang mit der allzu großen Ruhe und mit jener zarten Blaßheit des gesammten Colorits. Alles bewegt sich hier in feinen Uebergängen, leisen Tinten, das Grellabgesezte, in die Ferne Wirkende der Decorationsmalerei, dies eben bezeichnet heurté, würde hier nicht passen. Beide Stücke sind nach Form und Inhalt harmonisch, aber, allerdings, der natürliche Vortrag für ein Drama ist ein anderer: hier muß auch der Vers frisch, entschlossen, markig und kurz sein, nicht zahm und in graziosen, selbstgefälligen Windungen sich hinstreckend.

XIII.

Egmont.

Goethe legte in Italien auch die leßte Hand an ein Werk ganz anderer Art, an Egmont. Die Conception dieses Stückes fällt in frühe Zeit; der Dichter arbeitete schon in Frankfurt daran, und die nahe Verwandtschaft vieler Scenen mit dem Göß legt Zeugniß ab, daß es im Wesentlichen derselben Periode des Künstlers angehöre. Unfertig brachte er es nach Weimar, und wie es des Dichters ganze Liebe besaß, förderte er es hier zu verschiedenen Zeiten, so oft er dazu die Stimmung fand. Aeußerlich abgeschlossen war es schon vor der italienischen Reise, so wissen wir, daß er das Manuscript an Möser sandte. Für reif zum Druck hielt er es aber noch nicht, und nahm die Handschrift nach Italien mit, in der Absicht, demselben hier für die Herausgabe seiner Schriften die leßte Feile zu geben. Diese Ueberarbeitung scheint sich aber nicht gleichmäßig auf das Ganze, sondern mehr auf einzelne Partieen erstreckt zu haben, denn es wurde keine neue Abschrift von dem Ganzen gemacht. Die damals in den Niederlanden herrschende Gährung erhöhte das Interesse, gab dem Dichter neue Farben; Eckermann (I, S. 184) giebt uns dessen Aeußerung: „Ich schrieb den Egmont im Jahr 1775, also vor fünfzig Jahren. Ich hielt mich treu an die Geschichte und strebte nach möglichster Wahrheit. Als ich darauf zehn Jahre später in Rom war, las ich in den Zeitungen, daß die geschilderten revolutionären Scenen in den Niederlanden sich buchstäblich wiederholten. Ich sah voraus, daß die Welt immer dieselbige bleibt, und daß meine Darstellung einiges Leben haben mußte.“

Als Goethe das neu zugerichtete Manuscript nach Weimar fandte, hoffte er davon einen besonderen Eindruck. Allein Herder war damit nur mäßig zufrieden und auch den Frauen wollte Clärchens Verhältniß zu Egmont nicht völlig zusagen. Nach dem Erscheinen schrieb Schiller, damals mit Goethe noch nicht näher bekannt, seine sehr beachtenswerthe Recension in der Jenaer Literaturzeitung, die bei großer Anerkennung doch auch erhebliche Ausstellungen macht. In gleichem Sinne hat Schiller weiterhin eine Bearbeitung des Stückes für das Theater gemacht, die Goethe fich gefallen ließ, so tief sie auch einschnitt. Die unbedingten Verehrer Goethes haben Schiller nachmals seine Recension und noch mehr seine Bearbeitung verdacht, der Dichter aber stimmte im Alter dem je mehr und mehr bei, indem er sein Jugendwerk zu rechtfertigen suchte und Schillers Verfahren gewaltsam nannte; er habe es nur zugelassen, weil er damals mit anderen Dingen als dem Theater beschäftigt gewesen (5. Eckermann I, 197, 327, II, 74, 76). Riemer, der hier aber Partei ist, denn er versuchte selbst mit P. A. Wolf eine andere Zurichtung der Tragödie für die Bühne, erlaubt sich sogar bei dieser Gelegenheit eine arge Beschuldigung gegen Schiller, er nennt (Mittheilungen II, 550) dessen Recension ungerecht und unverständig Zustimmung nicht findet, denn ich erkenne in derselben nur Einsicht und Wohlwollen. So hat es auch Goethe selbst in kräftigeren Jahren genommen; Schillers Bearbeitung geschah offenbar mit seiner Einwilligung, daß er aber im Alter einen Rückfall hatte und schmeichelnder Bewunderung der ersten Gestalt nachgab, hat weiter nichts Auffallendes.

worin er meine

Wir heben sogleich damit an, auch unsererseits ins Licht zu stellen, daß Egmont Züge und Scenen enthalte, die zu dem Besten gehören, das je aus Goethes Geist geflossen, daß der warme Strom seines Genius sich hier überreich ergieße, daß das Werk eine ebenbürtige Stellung einnehme zwischen Göß und Faust, kurz daß dieser Edelstein in seiner Dichterkrone nicht der geringste sei an Größe und reinem Wasser. Allein dies frendige Anerkenntniß darf nicht hindern auch wiederum unbefangene Kritik walten zu lassen und zufolge dieser auszusprechen, es sei das Stück den vollen Ansprüchen

an eine Tragödie, an ein Bühnenstück, ja überhaupt an ein Kunstwerk nicht durchaus gewachsen. Der Plan, die Anordnung, die Gliederung, der ganze Organismus, ja auch selbst die Zeichnung der Charaktere läßt hier allerdings zu wünschen übrig und gar viel fehlt an Abrundung, an innerlicher Form und Durchbildung; die Elemente bleiben vereinzelt und streitend. Vollendetes im Sinne der Kunst war nun hier auch schwer zu erwarten, schon wegen des Zeitabstandes, in welchem die einzelnen Theile erwachsen; der Goethe, welcher den ersten Gedanken des Stückes erfaßte, die Grundlinien zog, war weit ein anderer als der Goethe in Weimar und vollends der in Italien; leßterer nun aber führte das früh begonnene Werk zu Ende. Daß Göß bei all seinen Vorzügen doch weit entfernt blieb von wahrer dramatischer Gestaltung, mußte anerkannt werden, und von hier zu einer wirklichen Tragödie, selbst im Stil des Shakespeare, blieb noch ein weiter Weg. Wenn Goethe glauben konnte in seinem Göt Shakespearisch zu sein, und seine Zeit glaubte es mit ihm, so meinte er vielleicht im Egmont diesem Muster noch näher zu kommen; allein er täuschte sich darin. Man begriff damals noch nicht, daß Shakespeare auch eine Kunstform hat; er galt zunächst nur als Autorität für die möglichste Auflösung derselben. Sogar Schiller in seiner Kritik beruft sich auf Shakespeare, wenn er für Göz und Egmont eine neue Gattung in Anspruch zu nehmen sich bemüht: während sonst außerordentliche Handlungen und Leidenschaften den Inhalt der Tragödie gemacht, habe Shakespeare ganze Menschen auf die Bühne gebracht und durch das Interesse der Individualität zu fesseln gesucht: so Gög, so Egmont.

Und doch trifft Schillers Tadel hauptsächlich den Charakter, die Individualität des Egmont; nicht weil sie durchaus unhistorisch sei, denn der dramatische Dichter habe das Recht hier abzuweichen, wie er es für seinen Zweck brauche, sondern weil der Dichter seinen Charakter in einer Weise verändere, die der ganzen historischen Umgebung widerspricht, die gesammte Begebenheit ihres wahren Zusammenhanges beraubt. Er begründet dies sehr wohl. In der Geschichte erscheint Graf Egmont als ehrbarer Familienvater von 9, nach an

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