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XXII.

Die Venetianischen Epigramme.

Den Elegieen schließen sich die Venetianischen Epigramme an; sie erschienen im Musenalmanach von 1796, ihre Entstehung aber ist früher, denn einzelne wurden schon 1791 in der Berliner Monatsschrift gedruckt und Goethe selbst hat sie vom Jahr 1790 datirt, ihr Name aber deutet auf den Ursprung in Venedig, wie dies auch der Inhalt ergiest. Der Dichter reiste in dem bezeich= neten Jahr hieher seiner Großherzogin entgegen, traf aber noch vor derselben ein und hatte nun Muße, dem Lebensgenuß nachzugehen und entstehende Verse aufzuschreiben. Mit seltener Behaglichkeit formte er hier die unmittelbarsten Eindrücke, alles und jedes, was der Zufall entgegenbrachte, in Distichen, eine leichte epigrammatische Wendung, eine heitere Reflexion mußte den Abschluß geben. Allein, wenn nicht alles täuscht, so kam daheim bei der Redaction. noch manches Andere hinzu und eben dadurch erwuchs eine zwar anziehende Buntheit, die aber doch der Laune allzuviel einräumt, und darum die künstlerische Wirkung nicht fördert. Es spricht sich in der That in diesen Epigrammen schon jene Selbstgenügsamkeit des Dichters aus, welche uns später zuweilen noch unangenehmer berührt, ein fühlbarer Mangel an Rücksicht auf den Leser, denn der Dichter präsentirt sich eben in jeder Toilette und gelegentlich auch ohne dieselbe. Alles, wie es eben fällt, steht hier bei einander, zur Entschuldigung dient die Welt selbst, und das Distichon (74):

Frech wohl bin ich geworden, es ist kein Wunder. Ihr Götter Wißt, und wißt nicht allein, daß ich auch fromm bin und treu.

Ferner (81):

Gleich dem Winken des Mädchens, des eilenden, welche verstohlen
Im Vorbeigehen nur freundlich mir streifet den Arm,
So vergönnt, ihr Musen, dem Reisenden kleine Gedichte:

O, behaltet dem Freund größere Gunst noch bevor.

Aber es zeigen in diesem Gefühl der Freiheit sich auch alle Merkmale wahrer Dichterpotenz und mehrere der anspruchslosen Epigramme sind für kleine Elegieen zu halten, welche den römischen keineswegs nachstehen. Ob Goethe die Stücke des Meleager in der griechischen Anthologie, denn an diese sieht man sich erinnert, sollte gekannt haben?

Es wird uns überlassen, aus der reichen Fülle herauszusuchen was zusagt und werthvoll ist und da begegnen Stücke, die der besten griechischen Epigrammendichter würdig wären; ich hebe die Nummern 94 bis 97 hervor:

In der Dämmerung des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen, Frühe den Bothen des Tags grüßen, dich freundlichen Stern, Ungeduldig die Blicke der Himmelsfürstin erwarten,

Wonne des Jünglings, wie oft locktest du Nachts mich heraus! Nun erscheint ihr mir, Bothen des Tags, ihr himmlischen Augen Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonne zu früh.

Vielleicht noch griechischer die Folgenden:

Ach, mein Mädchen verreist! Sie steigt zu Schiffe! Mein König
Aeolus! mächtiger Fürst! halte die Stürme zurück!
Thörichter! ruft mir der Gott: befürchte nicht wüthende Stürme,
Fürchte den Hauch, wenn sanft Amor die Flügel bewegt.

Und mit dem Bilde des Meerflammens:

Du erstaunst und zeigst mir das Meer; es scheinet zu brennen,
Wie bewegt sich die Flut flammend ums nächtliche Schiff!

Mich verwundert es nicht, das Meer gebar Aphroditen,

Und entsprang nicht aus ihr uns eine Flamme, der Sohn?

Diese erotischen Stücke sind aber verstreut und versteckt unter solchen, die von allem Möglichen und auch viel Unpoetischem handeln, sie selbst aber weisen uns theils nach Venedig, theils nach Weimar. Wir lernen die Lacerten in ihren Schlupfwinkeln kennen, aber das Stück spricht offenbar von dem, was Goethe anderswo mit Bezug auf diese Zeit häusliches Glück nennt. Dazwischen Politisches, Literarisches, Naturwissenschaftliches, Polemisches, dann die schönen und merkwürdigen Stücke 34 a und b: „Klein ist unter den Fürsten Germaniens freilich der meine" — das Stück wollte gefunden sein. Das Ganze ist ein Zusammenfassen sehr verschiedener Dinge, von denen ein großer Theil wohl nicht für die Oeffentlichkeit gehört hätte, daß es aber in die Oeffentlichkeit kam, ist eben so kennzeichnend für die Zeit als den Dichter.

Die Epigramme erschienen im Musenalmanach auf Goethes Wunsch ohne Unterschrift. Sie waren zum Theil Vorläufer der Xenien. Schiller strich und modificirte einige Stücke, Nr. 78 wünschte Goethe beibehalten und gerade an der Stelle (Br. 87) „um die Schule zu reizen und zu ärgern"; es ist das auf Newton bezüg liche: „Weiß hat Newton gemacht“ u. s. w.

Schließlich ist hier noch Eines der Epigramme, das neunundzwanzigste, näher ins Auge zu fassen: man hat seinen Inhalt bedenklich gefunden, ihn durch künstliche Erklärung zu entfernen gesucht. Er lautet:

Vieles hab' ich versucht, gezeichnet, in Kupfer gestochen,
Del gemalt, in Thon hab' ich auch manches gedruckt,
Unbeständig jedoch, und nichts gelernt und geleistet;

Nur ein einzig Talent bracht' ich der Meisterschaft nah, Deutsch zu schreiben. Und so verderb' ich unglücklicher Dichter In dem schlechtesten Stoff leider nun Leben und Kunst.

Daß Goethe hier die deutsche Sprache den schlechtesten Stoff nennt, hat großen Anstoß erregt: eine solche Aeußerung, sagt man, würde seiner Vaterlandsliebe einen argen Flecken angeheftet, seine eigenen Verdienste um die Muttersprache tief herabgesezt haben. *) Allein die Sache ist nicht so schlimm, denn einmal haben wir hier den Dichter in seiner kühnsten Laune, wo er alles ausstößt, was er auf dem Herzen hat, die Worte nicht so genau abmessend, dann aber hat jenes Epigramm auch seine Geschichte. Goethe konnte Klopstocks Begeisterung für die deutsche Sprache, der ihr den Vorrang vor allen neueren Sprachen geben wollte, nicht theilen, weil er eben einsah, daß in ihr noch viel zu thun sei. Ihm wurde in der Klopstockschen Feier und Anpreisung der deutschen Sprache im hohen Odenton, hinter welcher sich das Selbstlob dieser Odenpoesie nur versteckte, doch endlich zu viel, seine satirische Laune ergriff ihn und so gab er im Göttinger Musenalmanach von 1774 S. 75 folgendes Epigramm, das mit einer gewissen Absicht sich so stark der Klopstockschen Ausdruckweise anschließt:

Was reich und arm! Was stark und schwach!

Ist reich vergrabner Urne Bauch?

Ist stark das Schwert im Arsenal?

Greif milde drein, und freundlich Glück,

Fließt Gottheit von dir aus!

Faß an zum Siege, Macht, das Schwert,
Und über Nachbarn Ruhm!

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*) So spricht Dr. H. 3. Heller in einem ausführlichen Aufsatz der Vossischen Zeitung (vom 30. Juni 1861) über vorliegendes Epigramm, und bemüht sich nun mit Aufwand von Belesenheit und Scharfsinn eine andere Erklärung zu geben. Das Wort Stoff werde fälschlich von der Sprache verstanden, es beziehe sich hier auf den leichten Inhalt der Epigramme selbst gesucht aber nicht gefunden, finnreich aber falsch. Stoff ist hier im Gegensaß zum Zeichnen, zum Kupfer, Del, Thon gesagt, diesen stellt sich die Sprache als anderer Stoff gegen. über; wie schlecht müßte Goethe sich ausgedrückt haben, wenn das der Sinn sein sollte, der ihm untergelegt wird. Das Wort „ich unglücklicher Dichter“ macht überdies die Verbindung des Gedankens und paßt gar nicht auf jene Erkünstelung.

Obwohl das Epipramm mit H. D. unterzeichnet war, so darf man doch annehmen, daß Klopstock die Unterschrift nicht verborgen blieb. Er sah sich von dem Epigramm auf das empfindlichste getroffen, und in seiner ganzen Kunstart bedroht, er nahm es für eine Kriegserklärung, so daß er in großer Aufwallung und heiligem Zorn die Ode „Unsere Sprache“ schrieb, als mächtige Antwort auf jenes kleine Gedicht. Nicht zufällig ist, daß die Ode im nächsten Jahrgang des Göttinger Musenalmanachs, 1775, als erstes Stück gege= ben wurde, es sollte dem beleidigten Altmeister Satisfaction gegeben werden. In dieser Ode nun wiederholt Klopstock nur noch stärker und ausdrücklicher, was er schon oft gesagt:

Den Gedanken, die Empfindung treffend und mit Kraft,
Mit Wendungen der Kühnheit zu sagen! Das ist,
Sprache des Thuiskon, Göttin, dir

Wie unseren Helden Eroberung ein Spiel.

Es werden auch Blize auf den Gegner geschleudert:

denn du schonest deß umsonst,

Der, leer des Gefühls, den Gedanken nicht erreicht.

Dagegen tritt Klopstocks Eigenlob hier kräftiger und unverhüllter als je hervor:

D des Zaubers, den sie jeho zaubert! Er gebeut;
Die Geister der Gesänge, gesungen durch mich,
Kommen, ihr Gebild, und haben stolz

Mit heiligem Laube die Schläfe sich bekränzt,

Mit dem jüngsten aus den Hainen! Hebe doch der Dolch
Der Norne sich! Er fehlt sie! Die Göttin hat sie

Schirmend auf der Bahn des schweren Gangs
Des kühnen, hinauf zur Unsterblichkeit geführt!

Worte, welche eben erklärlich werden, weil Klopstock in der gezeigten Art sich angegriffen und tödtlich verwundet fand; er stellte darum auch diese Ode an die Spize des zweiten Theiles seiner

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