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Endlich bezeichnet noch den Anfang des an Balladen so reichen Jahres 1797 das sinnvolle didactische Gedicht der Schaßgräber", das nur als Ballade seine Stelle nicht recht ausfüllen kann: es ist ein treffliches Stück für ein Laienbrevier und ganz im Sinne deutschen Bürgerthums empfunden. Die Lehre wird um so eindringlicher durch die der Fabel verwandte Einkleidung.

Noch manches andere Gedicht gehört in diese Zeit, wir können aber nur des Hervorstechendsten gedenken. Einen eigenthümlichen Uebergang von der Ballade zur Cantate bildet „die erste Walpurgisnacht“; das Gedicht ist vom Jahr 1799. Goethe selbst nennt es den Versuch, die Ballade so auszubilden, daß sie in ihrer dramatischen Form als größeres Singstück dienen könne, wiewohl er selbst zugiebt, daß es dazu dem Gedicht wohl an hinreichender Würde gebreche. Er sendet es später zur Composition an Zelter*) und spricht sich am 3. Nov. 1812 (Br. 187) über den Ursprung aus. In einem alten Buch, das er nicht mehr zu nennen wisse, habe er vor Zeiten eine Erklärung des Glaubens an den Herenspuk der Walpurgisnacht auf dem Brocken gefunden, welche die Sache mit der Einführung des Christenthums in Verbindung seße. Die widerwillig bekehrten Heiden hatten, um ihren „reinen“ Gottesdienst auszuüben, sich in das unzugängliche Gebirge geflüchtet und hier die abergläubischen Christen durch Mummerei zu schrecken gesucht. Es muß ein Buch ganz im Geschmack des alten Hederich gewesen sein, der in seinem famosen mythologischen Lexicon jeder Mythe nach seiner Denkart die wahre Geschichte gegenüberstellt, aus der der Mythos entstanden sein soll. Goethe schreibt aber: „Der Einfall gefiel mir und ich habe diese fabelhafte Geschichte wieder zur poetischen Fabel gemacht."

Es erhält das Gedicht allerdings eine gewisse Erklärung, wenn man es von vorn herein auf musikalische Composition berechnet denkt; im übrigen zeigt sich darin wohl auch ein mehr als poeti

*) Es fand sie bekanntlich durch Felix Mendelssohn.

sches Interesse für den reinen Glauben des Heidenthums und ein mehr als poetischer Angriff auf das Christenthum. Der Schlußchor der Druiden steht auf einem Lessings Nathan nahe verwandten Standpunkt; Goethe verleugnete hier sein Jahrhundert nicht. Das Gedicht hat seinem Gedanken nach eine innere Verwandtschaft mit der Braut von Corinth; aber die Ausführung ist, milde gesagt, wenig lyrisch.

Die Periode bis zu Schillers Tod ist reich an kleineren Gedichten aller Art; wir nennen noch die Balladen: „Das Blümlein Wunderschön“, 1798, „die Spinnerin“, 1799, „Hochzeitlied", 1801, „Ritter Kurts Brautfahrt“ und „der Rattenfänger", 1806. Diese Stücke nehmen den romantischen Ton in leichterer Art und schließen sich an Klänge des Volksgesanges an, wie denn z. B. das Wunderhorn zwei Jahr nach dem Erscheinen von Goethes Gedicht den volksmäßigen Rattenfänger von Hameln bringen konnte.

In das Jahr 1797 gehört auch die Legende vom Hufeisen“, zuerst gedruckt im Musenalmanach von 1798. Sie ist einfach und schlicht erzählt, ein wahres Muster dieser Gattung, mehr aber noch für uns bedeutsam als Charakterzug des Dichters selbst. Die Aufmerksamkeit auf das Kleine, jene Eigenschaft, welche den Sammler charakterisirt, tritt hier deutlich zu Tage; wir sehen überhaupt von hier ab, worauf schon oben aufmerksam gemacht wurde, immer mehr das zweite Element des Dichters hervortreten und die Herrschaft gewinnen, das Erbtheil seines Vaters, das zuleht sogar pedantisch werden konnte, wie dieser war.

Für's erste aber stellt sich noch viel Frisches daneben. Wir nennen zunächst eine Reihe geselliger Lieder, die zum Theil ihre Entstehung einem Kränzchen verdanken. Darunter: „Zwei cophtische Lieder", 1796, Frühlingsorakel“, „Die glücklichen Gatten“, „Zum neuen Jahr“, „Stiftungslied", 1801, „Tischlied und Generalbeichte", 1802. Die Individualität des Dichters tritt hier stark und voll in ihrer ganzen Liebenswürdigkeit und Menschenfreundlichkeit hervor.

Aber auch reine poetische Lieder erwuchsen; voran zu nennen: „Meeresstille und glückliche Fahrt" 1796; sie erhielten noch bei Lebzeiten des Dichters die schöne Musik von Mendelssohn; dann vom Jahr 1804: „Trost in Thränen“, „Nachtgesang“, „das Bergschloß“.

Hoffeste nahmen auch wieder nicht unbedeutend Goethes poetische Schwung- und Schreibfeder in Anspruch, verschiedene Maskenzüge, Prologe und Theaterreden u. s. w.

So gehören denn im Lyrischen dieser Periode des Dichters werthvolle Stücke an, und das eben darum, weil Natur und Kunst sich hier glücklich die Waage halten, sich trefflich durchdringen. In der ersten Periode, vor der Weimarischen Zeit, war Goethe in seinen Liedern das reichbegabte Naturkind, das zwar aus der Fülle seines Herzens, aber doch wie ein Vogel in den Zweigen“ sang, jezt sehen wir ihn zugleich künstlerisch gestalten und formen, der Form ihr gebührendes Recht geben, nach überlegter Composition verfahren, ja sogar schon sich in schwierigen Maaßen bewegen, so= wohl im Reim als in den Versmaaßen der Alten. Unter dieser Kunst leidet aber Empfindung und Phantasie noch nicht, Goethe ist jezt ein Künstler geworden und wir sehen ihn erreichen, wessen seine Zeit und sein Genius fähig war, seine Judividualität prägt sich hier am reinsten und schönsten aus; später überwiegt leider Kunst und Künstlichkeit, noch später tritt wieder ein Weichen der strengen Form ein.

Und doch läßt sich nicht verkennen, daß die in dieser Zeit für die Horen und den Musenalmanach verfaßten Gedichte an lyrischem Charakter und Schwung seinen früheren nachstehen, namentlich auch den Liedern im Wilhelm Meister. Es meldet sich eine ruhigere, kühlere Auffassung und Behandlung, weshalb denn diejenigen Stücke die vorzüglichsten sind, welche ihrer Natur nach eine solche ertragen konnten, z. B. „der Zauberlehrling,,, „der Schaßgräber“. Namentlich den Balladen fehlt dies Schwunghafte und Goethe ist nicht mehr so glücklich in dem reinen und vollen Anschlag eines an sich schon wirksamen unmittelbar lyrischen Tones. Die erste

Walpurgisnacht kann schon eine gewisse Steifheit nicht verleugnen, und selbst das schönste und gehaltvollste Stück dieser Periode, der Gott und die Bajadere, ist davon nicht völlig frei. Aber während wir Goethe im eigentlich Lyrischen, vielleicht entsprechend der erreichten Altersstufe, nicht mehr höher steigen sehen, war ihm dies für andere Gattungen in glänzendster Weise noch vorbehalten.

V.

Hermann und Dorothea.

Auf dem Höhenpunkt seiner physischen und geistigen Kraft, unter den günstigsten Umständen, ohne Unterbrechung und Störung der Production schuf nun Goethe sein edelstes, sein vollendetstes Werk, dasjenige Werk, in dem alle einzelnen Stralen seines Genius sich sammeln, alle seine Bestrebungen sich steigern und verklären, das idyllische Epos Hermann und Dorothea. Ich spreche mit Bewußtsein aus, daß ich das Werk unter dem vielen Bedeutenden, das Goethe der Welt gegeben, doch für eines der wenigen, ja vielleicht geradezu für das einzige halte, dem man das Prädicat künstlerischer Vollendung zugestehen darf. Es ist überdies ein Werk, von dem sich mit Sicherheit verkünden läßt, daß kein wechselnder Geschmack und auch kein Fortschritt es jemals werde verdunkeln können, daß es vielmehr für alle Zeit eines der schönsten Besißthümer des deutschen Volkes sein und bleiben werde.

Goethe hat sich so viel in verschiedenen Gattungen versucht, aber sein Hauptwerk liegt gerade auf einem Gebiet, das er beinahe nur ein einziges Mal betreten; es wäre freilich nicht unerhört, daß ein Künstler manchmal erst spät und zufällig sein wahres Fach entdeckt. Der unsere glänzt als Romanschriftsteller; man kann vielleicht sagen, er sei für diese Dichtungsart zu sehr Dichter, und darin allein schon würde sein Beruf zum epischen Dichter liegen. Dieser nun aber hat es nicht so leicht sich zu zeigen, denn er ist in hohem Grade vom Stoff abhängig, und epische Stoffe sind zu allen Zeiten

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