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Helena erschien zuerst im vierten Bande der Ausgabe leßter Hand, und zwar unter dem Titel: „Helena, klassisch romantische Phantasmagorie." Zwischenspiel zu Faust später dritter Act der Tragödie. In demselben Bande S. 220 u. f. findet sich auch ein Fragment, das den ersten Linien der Helena angehören muß, weil darin Amor den Teufeln gegenüber erscheint und offenbar die Scene auf klassischem Boden vorbereitet wird. Das Fragment scheint aber nicht den älteren Manuscripten, von denen Goethe ohnedies nichts mitgetheilt, sondern dem Versuch angehörig, die Helena nach Schillers Wunsch im Ton des alten Faust zu gestalten. In solcher Rücksicht würde es recht merkwürdig sein, jedenfalls sieht man, daß die jeßige Form der Helena nicht die erste Conception ist, denn Amor, hier eingeführt, deutet sogleich auf eine ganz andere Erfindung.

XI.

Fauft, zweiter Theil.

Nun haben wir aber die Helena nicht mehr als eigenes Stück, wie sie 1828 erschien, sondern als den dritten Act des zweiten Faust, dem sie später einverleibt wurde. Bei ihrer leßten Umformung mag schon daran gedacht worden sein, und dies nun eben ist es, was das Stück für unsere Betrachtung so wichtig macht: es bildet nämlich den Uebergang zum zweiten Theil des Faust und wird sogar für denselben maaßgebend, denn in der Helena waren alle die Eigenschaften schon gegeben, die dort den Charakter bilden, und so weit abstehen von der Tragödie Faust. Nachdem einmal die Phantasterei so weit gegangen, nachdem so stark gespielt worden mit den Gestalten des Faust und des Mephistopheles, war eine Rückkehr zum Ton des ersten Faust und seiner persönlichen Ausprägung der Gestalten nicht möglich, es konnte nur ferner fort= gegangen werden in dem leichten Spiel der Phantasmagorieen, in dem Schattenspiel und in den überfließenden Nebenbildern dissolving views.

Am 24. Januar 1828 schreibt Goethe an Zelter: „Drei bis vier Scenen des zweiten Theils des Faust sind nach Augsburg abgegangen; möchtet Ihr, wenn sie gedruckt erscheinen, in den Strömungen des Lebens diesen Darstellungen einige Augenblicke widmen können! Ich fahre fort an dieser Arbeit, denn ich möchte gar zu gern die zwei ersten Acte fertig bringen, damit Helena als dritter Act sich ganz ungezwungen anschlösse, und genugsam vor

bereitet, nicht mehr phantasmagorisch und eingeschoben, sondern in vernunftgemäßer Folge sich erweisen könnte. Was gelingen kann, müssen wir abwarten.“ Wir sind schon hier stark versucht auszurufen: unmöglich konnte es gelingen, das, was sich im ersten Druck selbst als Phantasmagorie und Zwischenspiel ankündigte und als solches gedacht, geschrieben war, nachträglich durch bloße Einführung und Vorbereitung in wirkliche Handlung in reales Drama zu verwandeln. Was jene drei Scenen anlangt, die an Cotta abgingen, so wurden auch sie sogleich gedruckt, am Schluß des 12. Bandes dem Faust angefügt, wahrscheinlich nur als Lockvogel und nach buchhändlerischer Berechnung. Auch diese Publication des Anfangs vor Abschluß und Feststellung des Ganzen mußte in hohem Grade mißlich und verderblich werden, selbst einem Dichter von voller Kraft. Goethe empfand dies auch bald. Die Arbeit rückte langsam und zögernd vor. Noch am 16. Dec. 1829, also beinahe zwei Jahre später, schreibt Goethe an seinen Freund in Berlin sehr kleinlaut: „Mit dem Faust bin ich bisher in Connexion geblieben, und habe in der lezten Zeit ihn und seine Gesellschaft besonders cultivirt. Meine einzige Sorge und Bemühung ist nun: die zwei ersten Acte fertig zu bringen, damit sie sich an den dritten, welcher eigentlich das bekannte Drama, Helena betitelt, in fich faßt, flüglich und weislich anschließen mögen." Und erst am 4. Januar 1831 lesen wir: „Die zwei ersten Acte des Faust find fertig."

Goethe begann den zweiten Theil des Faust im Jahr 1825 also noch vor dem leßten Abschluß der Helena, und beendigte ihn kurz vor seinem Tode; der Titel giebt: Vollendet im Sommer 1831. Die Arbeit ging langsam fort und mit mancherlei Schwankungen und Kunstpausen. Im Januar 1827 erwähnt Goethe zu Eckermann eines Schemas für das Ganze, anderswo, er habe zwar das Was, aber nicht das Wie. Er wollte in der klassischen Walpurgisnacht, die zuerst hereinkam, Faust eine Rede an Proserpina halten lassen, damit diese bewegt werde, Helena herauszugeben, (Eckermann I, 290), ähnlich wie Orpheus in der Oper von Gluck;

wie schwer das sei, fühlte er wohl. Sie unterblieb und an Stelle dessen finden wir jezt ein ganz Anderes, ungleich complicirter. Obwohl er der Schillerschen Mahnung nicht ganz eingedenk blieb und auch der Fäden gedachte, die er bei Beendigung der Tragödie abgeschnitten liegen ließ, so wurde er doch durch vielerlei Liebhabereien seitab gelenkt und betrachtete durch den größten Theil des Werks nun Faust und namentlich Mephistopholes nur noch als bequeme Masken, um ihnen Bezügliches, zum Theil auch Anzügliches in den Mund zu legen, das Ganze war ihm großentheils Vehikel, um mancherlei Betrachtung an den Mann zu bringen, ungleich ausgedehnter als das im ersten Theil geschehen war.

Wir haben vorhin schon Goethes Helena in der Absicht so eingehend zergliedert, um hier beim zweiten Faust einer gleich ausführlichen Zergliederung überhoben zu sein; die Arbeit würde in der That unerfreulich sein, denn wir haben kein organisches Werk, sondern ein Werk, in dem Willkühr und Laune bedeutend überwiegen. Es wird eine nicht eben löbliche Mystification mit dem Leser getrieben, statt des poetischen Interesses werden ihm Räthsel hingeworfen, und wahrlich, es mag zweifelhaft sein, ob er sie des Lösens oder Rathens werth hält. Ich bekenne meinen Standpunkt hier offen: wenn Goethe selbst sich etwas darauf weiß, daß er viel hineingeheimnißt" habe mich lockt dies nicht.

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Sehr wahr ist gesagt worden, der zweite Faust stehe so weit vom ersten ab, daß, wenn wir es nicht unzweifelhaft wüßten, darin nicht ein Werk desselben Autors erkannt werden könnte. Aber es ist eben der Unterschied des Jünglings und des Greises; dieser verstand jenen nicht mehr. Durch verzeihliche Täuschung legte der hochbejahrte auf sein spätestes Werk einen übergroßen Werth und wiewohl wir nicht in Abrede stellen, daß Geistreiches und hie und da Weisheitsvolles darin enthalten sei, so können wir ihm doch nimmermehr so weit beistimmen, daß dies späte Kind dem in voller Jugendfülle erzeugten den Rang streitig mache, im Gegentheil, es trägt alle Eigenschaften des Greisenalters an sich, die wohlgefällige Breite, einen Blick über das schon entfernt liegende

Leben, in das nur noch wenig eingegriffen wird mit Antheil und Leidenschaft allein gerade die Leidenschaft ist ein wesentliches Element der Poesie, insbesondere der Goetheschen. Es ist eine große Bequemheit in dem Werk, ja eine ungemeine Sorglosigkeit, so daß meistens der erste Reim hingeschrieben ist ohne an den zweiten zu denken, welcher dann mit aller Gewalt, sei es auf Kosten des Sinnes oder der Sprache und jedenfalls des Tones, erzwungen werden muß. Kurz, wenn auch Einzelnes Anziehende begegnet, so zeigen sich doch in dem schwerfälligen, weitgedehnten, aus Bruchstücken aller Art zusammengestellten Bau schon die Merkmale erschöpfter Kraft. Es ist das Werk eines Greises, zugleich aber auch eines verzogenen Kindes. Seines Namens sich bewußt, glaubt leider der Dichter alles zu dürfen, den Leser mit jeder Speise be= wirthen zu können. Sei es ihm verziehen, der in den Jahren seiner Kraft so viel, so Großes gegeben. Nur verlange man nicht, daß wir alles dies demütig und verehrungsvoll hinnehmen sollen; die Wirkung auf die nächst folgende Literatur ist ohnedies keine ersprießliche gewesen.

Faust ist noch nicht todt, er ist auch noch nicht ganz dem Mephistopheles verfallen. Auf einem Rasen liegt er gebettet, Geister= chöre singen ihn ins Leben. Doch muß er, damit das Stück hier weiter gehen könne, erst von Lethes Fluth trinken, und es heißt:

Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile.

Er erwacht und redet die Erde an: sie sei erquickt und errege in ihm neue Kraft des Strebens. Er scheint von seinem maaßlosen Wissensdurst so gut wie geheilt. Allein nach seinem Monolog verlieren wir ihn sogleich wieder; wir sind plöglich in die kaiserliche Pfalz versezt, wo alsvald auch Mephisto erscheint. Der alte Hofnarr ist eben jest gestorben und er schiebt sich an dessen Stelle. Es folgen lange Scenen, die mit dem Grundgedanken des Faust nichts zu thun haben. Große Finanznoth am Hofe, Mephisto vollbringt das Wunder des Papiergeldes; dann langhingedehntes Singspiel, wofür Goethe von seiner Jugend her eine große Vorliebe

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