ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

(die Gräber in Lage u. s. w.). Noch ist anzuführen vom Jahr 1817: „Frisch“ nach dem Original bei Glenarvon und endlich das Gedicht um Mitternacht" von 1818; Goethe nennt es eine seiner liebsten Productionen und erwähnt öfters desselben; wir vermögen ihm aber keinen Rang unter seinen jüngern Brüdern zuzugestehen.

Besonders kennzeichnend für diesen Ausgang Goethescher Lyrik ist noch die nach einer alten englischen Ballade verfaßte vom vertriebenen und zurückkehrenden Grafen,“ aus dem Jahr 1816. Hier ist die allerdings ein wenig verwickelte Geschichte durch den höchst unklaren Vortrag bis zur Unverständlichkeit gebracht, so daß Goethe, der gesteht, das Gedicht nicht mehr ändern zu können, sich selbst zu einer prosaischen Erklärung genöthigt sah, ohne welche es in der That ein schweres Räthsel bliebe. Aber gerade ist höchste Durchsichtigkeit und Klarheit die besondere Eigenschaft der alten sangbaren Balladen, während man hier meistens nicht weiß wer spricht und wovon gesprochen wird. Dazu die Steifheit des Ausdrucks und die wenig sinnvolle Anwendung des Refrains.

Aehnlich verhält sichs mit den drei Stücken, welche unter dem Titel der Paria“ zusammengefaßt worden. Der Dichter wollte hier im Jahr 1821 aus einer andern Quelle schöpfend (Sonnerats Reise nach Ostindien und China) ein Gegenstück zu dem früheren ,,der Gott und die Bajadere" hinstellen, man wird darin bei genauer Betrachtung auch einen ähnlichen humanen Gedanken entdecken, daß auch dem geringsten der Weg zum Gehör der Gottheit offen stehe, allein von Poesie kann hier nicht mehr die Rede sein, alles ist undeutlich und nebelhaft, überstopft und unentwickelt.

Sind nun diese Stücke in ihrer Art ein Aeußerstes, so wird man doch in vielen anderen Gedichten, welche die Zahl unseres Jahrhunderts tragen, schon Spuren der Schwäche finden, eben sowohl in Gesuchtem und Wunderlichem als Sorglosem und Nachlässigem, namentlich auch in der Abhängigkeit vom Reim.

Ein Ueberblick auf die gesammten späteren Gedichte ergiebt im Vergleich zu den früheren, daß sich hier viel des Entlehnten befindet, namentlich dessen, was der Dichter sich aus fremden

Sprachen angeeignet, sehr begreiflich, da in dem Maaß wie er an Erlebnissen und Aufregungen des Herzens ärmer wurde, von außen her und auf literarischem Gebiet Ersaß zu suchen war. Es wäre ein Leichtes, kann aber nicht unsere Aufgabe sein, einen Katalog dieser Entlehnungen zu geben, zumal da Goethe den Vergleich mit dem Original selten zu scheuen hat und meistens ein neues Original gegenüber stellt. Mehrere dieser Stücke sind im Schillerschen Musenalmanach für 1799 enthalten, und da bekennt der Dichter sich selbst als Bearbeiter, was später in den Werken fortgeblieben ist. Wir finden daselbst: Der Edelknabe und die Müllerin. Altenglisch“; „der Junggesell und der Mühlbach. Altdeutsch"; ,,der Müllerin Verrath. Altfranzösisch“ (s. o.); die Reue. Alt= spanisch." Des sicilianischen, des irischen und finnischen Liedes ward schon gedacht, das schöne Nachtlied „O gieb vom weichen Pfühle" ist nach dem italienischen Volksliede: Tu sei quel dolce fuoco, Anima mia sei tu, mit dem Refrain: Dormi, che voi di piu; das Gedicht „Offene Tafel" ist freie Bearbeitung eines französischen Liedes von La Motte *), „Gut Mann und gut Weib" aber ist schottisch (nach Ritsons Scottish Songs). In gleicher Weise lassen sich aber auch Ankllänge an deutsche Volkslieder nachweisen; so aus dieser Zeit „Gewohnt, gethan," welches anhebt: „Ich habe geliebt, jezt lieb' ich erst recht" offenbar mit Anspielung an das Lied: „Ich habe geliebt, jest lieb' ich nicht mehr" so wie aus früherer Zeit das Heideröslein sich einem Volksliede anschließt.

So ist es denn auch ganz in der Ordnung, daß Goethe in

*) Die erste Strophe lautet:

On dit qu'il arrive ici

Grande compagnie,

Qui vaut mieux que celle-ci

Et mieux choisie.

Va t'en voir, s' ils viennent, Jean,

Va t'en voir s' ils viennent. et cet.

Und dies wieder scheint an Ronsard anzuknüpfen.

späteren Jahren je mehr und mehr sich der Form des Sonetts bediente, das in seiner früheren Epoche undenkbar gewesen wäre; es erschien ihm als die natürliche Form für die kühlere Leidenschaft seines Spätsommers und ist allerdings von Bedeutung für den Schluß seiner Dichterlaufbahn *).

Dem Alter eignet besonders die Betrachtung. Als Goethe aufgehört hatte ein Dichter zu sein, blieb er noch ein Weiser und machte Fortschritte als solcher. So haben wir denn aus dieser legten Zeit von ihm einen reichen Schaß der Spruchweisheit und des Didaktischen in allen Formen, mit dem Gepräge des unmittelbarsten Momentes, in der gewandtesten Fassung, Reichthümer an denen das deutsche Volk noch lange sich wird nähren können und worauf Vieler besondere Freundschaft mit Goethe vorzüglich beruht. Bald ist es Epigramm, abwehrend, angreifend, zurechtweisend, bald Spruch und Sinnspruch, bald parabolisch, auch wohl allegorisch.

Was Goethe an Personen und, oft zudringlich bestürmt, für Stammbücher schrieb, erwähnen wir nur eben; hie und da zeigt sich noch seine Hand, auch wohl etwas von seinem Geist, die Mehrzahl wird schon jezt als Ballast in den Werken empfunden, und hier ist es, wo die spätere Manier, auch wohl Phraseologie, am unverholensten hervortritt; ganz fehlt sie in den Werken des Alters wohl kaum irgendwo.

Um hier mit etwas Erfreulichem zu schließen, so verweilen wir zulezt bei einem bedeutenden Gedicht vom Jahr 1826: „Bei Betrachtung von Schillers Schädel." Es ist voll Ernst, wie der Gegenstand es verlangt, und, sehr angemessen demselben, hat Goethe hier auch einmal die von den Romantikern in Schwung gebrachte Form der Terzine gewählt.

Leider sind in der Ausgabe leßter Hand die Gedichte aller Perioden durch einander gerathen, so daß hier eine richtige Auf

*) Das früheste findet sich in der natürlichen Tochter, Act. II, Scene 4. Dann aus dem Jahr 1807.

fassung des Dichters und selbst ein reiner Eindruck gar sehr erschwert ist. Eine kritische Ausgabe wird hier zunächst das Zusammengehörige zu sammeln, die Werke des Alters von denen der Jugend zu scheiden und Sorge zu tragen haben, daß diejenigen Werke, mit denen Goethe der Dichter der Nation ist, von solchen gesondert werden, welche nur noch das Interesse des Literators besißen. *)

Leider haben die nach Verfall des Privilegiums erschienenen wohlfeilen Ausgaben des Dichters sich diese Forderung nicht zur Nichtschnur genommen, denn sowohl die Ausgabe von Heinrich Kurz als die im Hempelschen Verlage erscheinende, beide nicht ohne Verdienst, haben bei ihrem Bestreben nach Vollständigkeit. und der Anordnung nach Rubriken das Uebel nur noch größer gemacht, so daß zu fürchten ist das heranwachsende Geschlecht möchte nur zu leicht einen andern Eindruck empfangen als den des wahren Goethe.

V.

Spätere Prosa-Werke. Romane.

Es hat wenig Auffallendes, wenn unter Goethes späteren Werken die poetischen an Bedeutung von den prosaischen übertroffen werden, und daß der Dichter sich mit vorrückenden Jahren mehr der Prosa zuwendet, deutet wiederum auf richtige Erkenntniß. Es handelt sich zunächst um den Roman und die Novelle, wir haben aber schon angedeutet, daß Goethes ganze poetische Ausstattung ihn vorzüglich für dieses Gebiet eigne.

innersten Seele geflossen

Ein Werk von Bedeutung ist Goethes Roman „die Wahlverwandtschaften," vom Jahr 1809. Goethe ist hier ganz auf seinem Gebiet, das Werk ist aus seiner und die Form zeigt durchaus den Meister. Allein der Roman ist ebenso fesselnd, als wiederum auch abstoßend, er hat eben so viel Freunde als Feinde gefunden, er bietet der Kritik recht eigentlich ein Problem dar.

Wir finden den Verfasser hier noch einmal auf der Höhe seiner Kraft; haben die Darstellungen auch nicht die Frische und das. illusorisch hinreißende Leben wie im Wilhelm Meister, so zeigt sich mehr Ernst, der Roman ist der Anlage und Conception nach der tiefste von allen, die Goethe gegeben, wir haben fittliche Conflicte von schwerster Bedeutung, welche mit Nothwendigkeit zu tragischem Ausgang führen. Auch der Gestaltgebung und Ausführung nach steht das Werk keinem frühern nach, die Charaktere sind mit Sicherheit gezeichnet, die Composition klar und abgewogen, das Ganze

[ocr errors]
« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »