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VII.

Die wissenschaftlichen Bestrebungen.

Goethe ist nicht bloß Dichter, er ist auch Schriftsteller und Forscher auf anderen Gebieten, ja man darf sagen, er würde, auch ohne jenes zu sein, immer noch eine sehr achtbare, sehr einflußreiche Stellung einnehmen. Seine Bestrebungen dieser Art zerfallen in solche, welche der Geschichte und Theorie der Künste gewidmet sind und wiederum in Naturwissenschaftliche.

Es liegt nahe, daß der Dichter sich auch nach anderen Künsten umsieht; Goethe wurde frühzeitig zu den bildenden geführt; schon sein Vater hatte Liebhaberei für dieselben und war Sammler, er selbst aber übte von Jugend auf zeichnende Künste, war in Leipzig in Desers Schule, empfing in Straßburg den mächtigen Eindruck des Münsters und hatte namentlich in Weimar beständigen Verkehr mit Künstlern und Kunstkennern, die Kunst war es, die ihn nach Italien zog und hier erhielt seine Anschauung und Vorliebe die reichste Nahrung; die Luft des Sammelns in allen Kunstgebieten trat mit seinem Alter, wie das in der Ordnung ist, nur stärker hervor.

Im Jahr 1798-1800 gab Goethe die Zeitschrift „die Propyläen“ heraus, 1803 überseßte er, für die Horen, das Leben des italienischen Goldschmieds und Bildners Benvenuto Cellini, 1811 schrieb er seine Schrift über den Landschaftsmaler Philipp Hackert, und zu Anfange der zwanziger Jahre „Winkelmann und sein Jahrhundert," bei Gelegenheit der Herausgabe der Briefe Winkelmanns

an Berendis: ein Buch das die Bedeutung des Mannes und seine Stellung in der Zeit gebührend hervorhebt. Die Uebersehung von Diderots Versuch über die Malerei veranlaßte ihn zu reichhaltigen Anmerkungen, in denen sich manches findet, das als Ergänzung von Lessings Laokoon gelten kann und wie es sich nur aus genauer Kenntniß sowohl der Natur als der betreffenden Kunst schreiben läßt. Alle diese Schriften sind mit vieler Gewandtheit, aber durchaus schmucklos verfaßt, stets mit Ernst auf die Sache gerichtet, ohne jede Spur von Gefallsüchtigkeit, und im Vergleich mit Lessing durchaus plan und schlicht zu nennen. Daß Goethe auch Rameaus Neffen von Diderot überseßte, beweist, wenn es dessen bedürfte, Goethes Interesse für Musik. Demnächst ist zu bemerken, daß er gern seine Stunden auch mit solchen Arbeiten ausfüllte, welche nicht seine ganze Kraft in Anspruch nahmen, er machte eben den besonnensten und geizigsten Gebrauch seiner Zeit, wie wir denn auch von ihm den Ausspruch haben, daß es unendlich weit bringen könne, wer stets jede Stunde zu Rath halte.

Goethes Verdiensten um verschiedene Zweige der Naturwissenschaften gerecht zu werden, ist hier nicht unseres Amtes, nur darf auch diese Seite in der Abrundung seines Bildes und seiner Thätigkeit nicht fehlen. Die liebevolle, scharf eindringende Naturbeobach tung, welche ihn zum Dichter machte, machte ihn auch gleichzeitig zum Naturforscher; wir finden in seiner Person eben die seltene und doch sehr natürliche Vereinigung, welche wir an dem Volk der alten Griechen bewundern. Dabei hatte er sowohl Ausdauer der Beobachtung als der Darstellung, ja er war recht eigentlich in Gefahr bei jedem Neuem, daß ihm aufstieß, in der Gefahr nämlich, daß das gewonnene Interesse ihn für lange Zeit fesselte und, was nicht fehlen konnte, ihn anderen Arbeiten entzog. Dies empfand er wohl nirgend mehr und nirgend vielleicht nachtheiliger als bei einigen Beoabachtungen, die ins Gebiet der Farbenlehre einschlagen. Sie haben ihn lange Jahre beschäftigt, ihn theure Zeit gekostet, ja ihn in sehr unerfreuliche Polemik verwickelt. Gewiß liegt den Ausgängen Wahres und sehr Beachtenswerthes zu Grunde, nämlich,

daß erleuchtetes Trübe vor dunkelm Hintergrund Blau ergiebt (Blau des Himmels, Bläue des aufsteigenden Rauches, der Ferne) daß aber wiederum Licht hinter einer Trübung Roth hervorbringt (Lampen, Milchglas u.s. w:); allein von dieser einzelnen Beobachtung mit Zurückstoßung aller übrigen, insbesondere der chemischen Farbenbildung, eine allgemeine Theorie aufzubauen, die Tiefe der Natur auf einen Schlag erhellen zu wollen, darf als Einseitigkeit, als Ueber: eilung, als unwissenschaftliches Verfahren bezeichnet werden; womit aber nicht gesagt sein soll, daß nicht in Goethes weitläufigem Werk manches enthalten sein könnte, worauf auch die fortschreitende Wissenschaft noch den Blick wird zurückzuwenden haben. Von Be= deutung ist besonders noch der von Goethe gegebene Anstoß in der Lehre von den subjectiven Farben 3. B. daß einem Auge, das lange Roth betrachtete, darauf das Weiß grün erscheint, und wenn es auf Grün verweilt hat, roth.

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Viel erfolgreicher sind Goethes Gedanken auf dem Gebiet organischer Entwickelungen geworden, sowohl der animalischen als der vegetabilischen; das von ihm Angeregte hat hier bereits seine unverkennbaren Früchte getragen und ist nunmehr als gesichert zu betrachten in der Anerkennung wissenschaftlicher Männer. Goethes „Versuch über die Metamorphose der Pflanzen“ und seine Morphologie ist der Ausgang einer tiefgreifenden Umbildung der Botanik geworden, mit welcher dieselbe den Ansprüchen an wahrhaft wissenschaftliche Behandlung um ein Bedeutendes näher getreten ist, während sie Gefahr lief, in bloße Nomenclatur auszuarten. Nicht minderes aber auch hat Goethe, dem der Name des Forschers nicht zu entreißen ist, auch für tiefere Blicke in die Bildung thierischer Organismen gethan und wenn dies, leidenschaftlich von anderen ergriffen und voreilig ausgebeutet, anfangs zu manchen naturphilosophischen Phantasieen geführt hat, so wird doch auch hier die wissenschaftliche Bedeutung stehen bleiben. Mehr an diesem Ort zu sagen scheint nicht angemessen. *)

*) Der Hauptgedanke ist in aller Kürze folgender: Das Blatt, oder das Auge eines Blattes ist die Einheit des Pflanzenwuchses, jeder andere Theil der Pflanzen

Goethe hat sich auch viel mit Mineralogie und Geologie beschäftigt, wie dies schon seine amtliche Stellung mit sich brachte, der die Oberaufsicht über die Bergwerke zugetheilt war. Er war hier Sammler und Liebhaber, daß er aber für die Wissenschaft etwas Nennenswerthes geleistet, ist mir wenigstens nicht bekannt. Eben so, wie anfangs Alexander von Humboldt, war er Anhänger des Wernerschen Neptunismus, während der innere große Aufschwung der Geologie dem entgegengeseßten System entsprungen ist, der Ueberzeugung, daß der Vulkanismus kein isolirtes, sondern ehemals im größten Maaßstabe auftretendes Phänomen sei, so daß jezt alle körnigen Gebirgsarten als Producte feurigen Flusses und die Cordilleren, so wie Centralkette der Alpen feurig aus aufgerissenen Spalten empordringend und die Nebenketten an ihren Rändern aufrichtend gedacht werden, eine Ansicht welche Goethe zwar der Zeit nach eben noch erlebt, aber nicht mehr in sich aufgenommen hat. *)

Und hier glaube ich denn schließlich noch Worte Goethes mittheilen zu müssen, welche sich in anziehender Weise über das Verhältniß seiner naturwissenschaftlichen Bestrebungen zu den dichterischen aussprechen. Ein Aussaß von Goethes Handschrift über den Granit,

nur eine Umgestaltung dessen je nach anderen Bedingungen, so daß jedes Blatt zu einem anderen Organ, jedes andere Organ zu einem Blatt werden kann. Dem entsprechend stellt Goethe in der Osteologie die Behauptung auf, daß der einfache Rückenwirbel als Einheit des Knochenbaues zu betrachten sei, so daß danach sogar der Schädel nichts Anderes ist als der umgewandelte oberste Wirbel, und ebenjo gehe die Pflanze von Knoten zu Kuoten bis sie abschließt mit Blüte und Samen, u. s. w. Goethe selbst hat noch im Jahr 1831 einen Aufsatz geschrieben unter dem Titel: „Wirkung meiner Schrift, die Metamorphose der Pflanzen und weitere Entfaltung der darin vorgetragenen Idee“. Wir finden ihn im achtzehnten Band der nachgelassenen Werke, S. 204. Der Verfasser stellt die zustimmenden Urtheile von Stark, Voigt, Jäger, Schelver, Kiefer, Nees von Esenbeck, Kurt Sprengel und anderen zusammen Namen, die sich leicht vermehren ließen.

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*) Neuerdings findet der Neptunismus wieder seine Anhänger, indem hier bestritten wird, daß die sämmtlichen krystallinischen Gesteine Product der Schmelzung seien.

2 Bogen stark,*) angeblich aus der ersten Weimarischen Zeit (?) enthält folgende Stelle: „Und so wird jeder, der den Reiz kennt, den natürliche Geheimnisse für den Menschen haben, sich nicht wundern, daß ich den Kreis der Beobachtungen, den. ich sonst be= treten, verlassen und mich mit einer recht leidenschaftlichen in diesen gewandt habe. Ich fürchte den Vorwurf nicht, daß es ein Geist des Widerspruchs sein müsse, der mich von Betrachtung und Schilderung des menschlichen Herzens, des innigsten, mannichfachsten, beweglichsten, veränderlichsten Theiles der Schöpfung zu der Beobachtung des ältesten, festesten, tiefsten, unerschütterlichsten Sohns der Natur geführt hat. Denn man wird mir gern zugeben, daß alle natürlichen Dinge in einem genauen Zusammenhange stehen, daß der forschende Geist sich nicht leicht von etwas Erreichbarem ausschließen läßt. Ja man gönne mir, da ich durch die Abwechselungen der menschlichen Gesinnungen, durch die schnellen Bewegungen derselben in mir selbst und in andern manches gelitten habe und leide, die erhabene Ruhe, die jene einsame stumme Nähe der großen leise sprechenden Natur gewährt, und wer davon eine Ahnung hat, folge mir". Ganz neptunistisch, der Granit als Kern und ältester Anfang alles Daseins und Lebens, und deshalb, nicht wegen seiner plutonischen Natur, ganz ohne Leben.

*) Im Besitz des Herrn von Loeper in Berlin, abgedruckt im Katalog der Berliner Goethe Ausstellung, Berlin 1861.

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