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VIII.

Die Briefwechsel.

Wir haben von unserem Autor einen überaus reichen Vorrath von Briefen aus allen Zeiten seines Lebens, die nach und nach durch den Druck in die Deffentlichkeit getreten sind. Beinahe sämmtlich nehmen sie unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, wenn auch in verschiedener Art, und viele von ihnen sind nach Inhalt und Form musterhaft zu nennen. Wir haben zunächst solche zu unterscheiden, welche sogleich mit einer gewissen schriftstellerischen Absicht und mit dem Hinblick auf die Verbreitung durch den Druck geschrieben, auch unter den Augen des Verfassers zu demselben gelangt sind, andererseits solche, welche lediglich persönlichem Verkehr ihren Ursprung danken und nur ihrer Adresse galten, jene natürlich sowohl von stofflicher Seite als in der Abfassung bei weiten vorzüglicher, diese aber doch an Interesse kaum nachstehend, weil sich hier wieder die Person um so unbefangener giebt und häufig wichtige Nachrichten für die Entwickelungsgeschichte derselben anzutreffen find. Zur ersten Klasse, welche wir schon bei den Werken berüdsichtigt, gehören beispielsweise die Briefe aus Italien, die Schweizerund Rheinreise, zu den lezteren die großen wirklichen Briefwechsel, unter denen der mit Schiller die oberste Stelle einnimmt. Beinahe zahllos verlaufen sie sich stufenweise bis zu bloßen Geschäftsbriefen, von denen doch auch zuweilen der eine oder andere für Zeitgeschichte nicht unerhebliches bringen kann.

Schon anziehend sind die Briefe, welche Goethe in seiner Ju

gend schrieb, er giebt sich hier ganz hin, wie er ist, und wahrlich, er hat nicht nöthig eine Miene anzunehmen, um etwas zu sein oder zu scheinen. In den Briefen an Schönborn nach Algier, an Kestner, an die Jacobische Familie, an viele andere, sehen wir ihn in seiner ganzen „Ingenuität“, und zugleich doch wieder in einer Verständigkeit, welche weit über sein Alter hinausreicht. Man schrieb damals außerordentlich viel Briefe, nnd Goethe, so reich, so lebhaft, so mittheilsam, blieb hinter seiner Zeit nicht zurück. Man lebte brüderlicher, man trat unbefangener nach außen als das jezt der Fall ist, vor allem man hatte mehr Zeit, denn das ganze Leben war damals noch nicht so gedrängt, so geheßt; es gab weniger Zeitungen, man mochte Briefe empfangen, und, um zu empfangen, mußte man auch schreiben. Gewiß schrieb Goethe noch ungleich mehr als erhalten ist, und möglich, daß noch manches ans Licht tritt, das nur bisher wegen nicht vorleuchtenden Inhalts zurückgelegt wurde.

Als reich und gehaltvoll erweist sich Goethes Briefwechsel mit Lavater. Man sieht, wie groß sein Antheil an religiösen Fragen war und zugleich, wie eingehend und wie offen, wie klar, scharf und dabei doch wie schonend er dem Andersmeinenden gegenübertritt. In späterer Zeit werden Goethes Briefe kürzer, sach- und geschäftsmäßiger. Der Briefwechsel mit Schiller, angeknüpft im Jahr 1794 bei Gründung der Horen und fortgeführt bis zu Schillers Tode, macht aber die erfreulichste Ausnahme, obwohl auch hier Goethe durchaus wortfarger, schweigsamer erscheint als der jüngere Freund. Unter den beiden Schreibenden fällt hier auf Schillers Antheil offenbar das größere Gewicht, allein auch Goethe giebt nicht wenig des Beachtenswerthen und Bedeutenden und viel besonders ist hier zu entnehmen für die innere Geschichte seiner Werke. Man sieht in seine Studien, in die Werkstatt seines Geistes. Er giebt eigne Theorien und bekämpft fremde, namentlich wo er sie einseitig findet. Schillers Antheil an dem, was ihn beschäftigt, giebt er reichlich zurück durch Rath nnd Beihilfe bei dem Werk des Anderen. Wie mancher Wink für künstlerische Production, geschöpft

aus tiefer Ueberlegung und eigener Erfahrung, ist hier zu finden! Einen solchen Briefwechsel zweier gleich hochstehender Dichter hat aber keine Literatur aufzuweisen, weder in alter noch in neuer Zeit, er ist an sich in hohem Grade dem Studium zu empfehlen und er wurde der Ausgang einer tieferen, eingehenderen, unbefangeneren Schäßung der Werke Goethes und Schillers.

Sehr viel anders ist der gleich reichlich fließende Briefwechsel Goethes mit Zelter, sowohl durch die Verschiedenheit der Person als auch wegen des vorrückenden Alters. Auch hier der Antheil der Schreibenden ein sehr ungleicher, Goethe bei weitem zurückhaltender. Er ist offenbar mehr Empfänger als Geber, und, alle persönlichen Eigenschaften Zelters in Ehren, darf man doch nicht vergessen, daß es hauptsächlich die Hauptstadt Preußens ist, mit welcher Goethe den Contact erhalten wünschte; in der That zählte er hier auch seine größten Verehrer. Der Briefwechsel, wenn nicht überall ausgiebig und anziehend, ist dennoch schäßbar wegen man cher Nachricht über Goethes spätere Productionen. Ueber,,Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“ haben wir unsere Meinung schon gegeben; die ausgezeichnete Frau hätte von ihrem Talent einen besseren Gebrauch machen können, als daß sie Goethes Dichtung und Wahrheit ein Werk gegenüberstellte, das man nur be zeichnen kann als: Dichtung und Unwahrheit.

Sehr merkwürdig ist der zulegt ans Licht getretene Briefwechsel Goethes mit Frau von Stein, trefflich in drei Bänden herausgegeben von Adolph Schöll. Daß man mit dieser Herausgabe etwas gezögert hat, begreift sich sehr wohl, denn die Dinge sind zum Theil sehr eigener Art und Goethes Schäßung mußte sehr fest stehen, um hier keiner indiscreten Deutung zu unterliegen. Wir tadeln die Herausgabe nicht, freuen uns vielmehr derselben wegen des hellen Lichtes, welches sie auf Goethe, den unruhigen, wirft, wie er es in der ersten Zeit seines weimarischen Aufenthaltes war. Von Seiten der Schreibart und der sorglosesten Herzens: Ergüsse werden wir oft durchaus an Werther erinnert, wir begreifen von

hier aus Stella und auch Tasso um vieles besser. Außerdem sind sie ein merkwürdiges Denkmal des Zeitgeistes.

Endlich ist hier noch eine sehr eigenthümliche Art von indirecter Production anzuschließen, wie sie für Goethe sehr bezeichnend und an sich nicht ohne Gehalt und Interesse ist. Ich meine Eckermanns Gespräche mit Goethe. Wie schon der Briefwechsel mit Zelter von einem gewissen Punkt ab in dem Bewußtsein späterer Veröffentlichung geschrieben scheint, so hat Goethe hier gesprächsweise dem jüngern Manne sich mitgetheilt, dem er die Anweisung gab, aufzuzeichnen, was ihm der Aufbewahrung werth sei. In der That hat Eckermann seine Tagebücher nicht nur mit bewundernswürdiger Treue, sondern auch mit seltenem Geschick geführt und wir danken seiner Hand so manchen Ausspruch von Interesse und Gewicht, so wie auch manche Nachricht, manchen Aufschluß. Allein diese Ueberlieferungen sind doch auch mit einiger Vorsicht aufzunehmen, einmal schon wegen der Art der Vermittelung und dann auch weil der Greis dem Jüngeren unter Eindruck des Augenblicks wohl manches dargestellt hat, wie er es in seinem Namen nicht würde geschrieben haben. Allein ein Mann wie Goethe ist auch anziehend im Hausrock und auf dem Lehnstuhl.

Den Mittheilungen Eckermanns fügen sich noch die Riemers an und auch diese Quelle ist nicht zu verachten, sie fließt reicher an Nachrichten als an Urtheilen, aber wohl nicht immer ganz klar. Vieles muß unerwähnt bleiben.

IX.

Prosaischer Stil.

Wir schließen die Vorführung der Goetheschen Schriften in ungebundener Rede mit einer kurzen Betrachtung seiner Schreibart. In einer so langen Laufbahn und bei der großen Verschiedenheit des Inhalts wird er sich nicht überall gleich bleiben, mithin nicht auf eine und dieselbe Weise zu bezeichnen sein. In der Jugend war er meistens unentschieden, denn wie die Handschrift, so bildet sich auch der Stil erst durch längere Uebung, in der leßten Lebenszeit dagegen, was auch seinen natürlichen Grund hat, sehen wir ihn in Manier übergehen. Es wird also hauptsächlich die Mitte zu betrachten sein, und Anfang und Ausgang nur in Beziehung auf diese.

Was Goethe von Hause aus vortheilhaft unterscheidet von anderen Anfängern, ist, daß er nicht einem fremden Muster nachstrebt, sich also weder nach Wieland noch auch nach Lessing bildet. Er unterscheidet sich von beiden sogleich, und zwar ist seine Ausdrucksweise unmittelbar und ohne Umschweif auf die Sache gerichtet. So erscheint er uns in den Frankfurter Recensionen. Im Göß war er zum Theil von seinem alten Vorbilde bestimmt und nahm Elemente aus der Volkssprache auf. Er strebte nach Kürze, Ge= drungenheit, Raschheit des Ausdrucks und kam dadurch oft auf kurz abgerissene Säße, woraus denn seine Nachahmer das bildeten, was man damals den coupirten Etil nannte. Mehr Fluß finden wir, unter dem Walten leidenschaftlicher Ergüsse im Werther, es

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