ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Aufmerksamkeit auf die Zeit alten deutschen Lebens, er ward vielleicht der eigentliche Grundstein der Romantik und einer vater: ländischen Richtung. Freilich wissen wir jeßt, daß es mit der sogenannten gothischen Baukunst eine etwas andere und nicht ganz so einfache Bewandtniß hat. Sie tritt früher in Nordfrankreich auf, verbreitet sich von dort rund umher, erhält aber ihre feinste Ausbildung in Deutschland ebenso wie das Rittergedicht. Das Mittelalter läßt ja überhaupt die Nationalität verschwinden, alles taucht unter in dem Christenthum und der lateinischen Sprache. Man darf sagen, der Münster, den Goethe gleich bei seiner Ankunft besuchte und bestieg, sei für ihn und die deutsche Literatur eine gleich wichtige Bekanntschaft gewesen als die Herders, er sei durch jenen auf diesen vorbereitet worden.

-

So regte sich denn auch, wiewohl noch im tiefen Innern, eine Production ganz anderer Art als diejenige, welche er in den Einflüssen des Frankfurter und Leipziger Lebens geübt hatte. Hier schon beschäftigte und erfüllte ihn die alte Lebensbeschreibung des Ritters Göz von Berlichingen mit der eisernen Hand, von ihm selbst aufgesetzt, und das Puppenspiel Faust. Er ergriff beides in seinem innern Gehalt mit der Fülle seines Lebens. Kam davon auch noch wenig auf das Papier, so ist doch vielleicht schon die Conception in diese glückliche Zeit zu verlegen. Die Spuren des Feuers einer ersten Liebe sind reichlich in den Werken verblieben, welche die Welt bewundert.

[ocr errors]

In Sesenheim waren auch lyrische Gedichte entstanden, gewiß ganz unähnlich den früher verfaßten. Sie gingen aus von dem Unterlegen neuer Texte auf vorhandene Melodien, blieben aber das bei nicht stehen; Goethe selbst giebt an, daß unter seinen Gedichten noch manches erhalten sei, das der Leser wohl herausfinden werde. Anderes wohl unter den acht neuen Liedern Goethes, herausgegeben von Theodor Bergk. Wir sprechen noch davon.

Goethe mußte nun ernstlich an die Aufgabe seines Aufenthalts in Straßburg denken: die Promotion. Das Nähere davon ist von ihm selbst sorgfältig erzählt; es genügt hier zu berichten, daß er

am 6. August 1771 den Doctorhut durch öffentliche Disputation über Theses erwarb. Seine Dissertation hatte man unter milden Formen nicht zum Druck gelangen lassen, da sie ein verfängliches Thema behandelte: die Abhängigkeit des Cultus von dem Geseßgeber, nicht eben im Sinne positiver Religion gefaßt. Dem Autor kam diese Verweigerung gar nicht ungelegen, da er nur eben dem Vater zu Gefallen die Arbeit unternommen hatte.

Es war gerade diese Universität gewählt worden, damit Goethe gleichzeitig sich in der französischen Sprache vervollkommnen sollte; fürchte man nicht, daß sein Herz auch nur vorübergehend sich deutschem Wesen entfremdet habe! Das Gespräch an der Wirthstafel war deutsch, im wesentlichen deutsch gesinnt waren Goethes Studiengenossen, auch das Volk war damals noch in weit höherem Grade deutsch als leider gegenwärtig. Aber auch der französischen Sprache kam Goethe nicht um vieles näher, ihm wurde nämlich die Conversation verleidet, weil sein aus sehr verschiedenen Elementen zusammengeseßter Ausdruck selbst bei den sonst so höflichen Franzosen Anstoß fand und er fühlte, daß man über die Form nicht den Inhalt seiner Rede beachtete. Gleichwohl wollten Freunde ihn zur Laufbahn eines akademischen Lehrers der Staatswissenschaft in französischem Sinn bestimmen.

Dagegen wurde Goethe hier näher mit Shakespeare bekannt. Will er bereits in Leipzig den Genius in einem Auszuge seiner Schönheiten (the beauties of Shakespeare) erkannt haben, so war hier doch die ganze Umgebung wenig dazu und noch weniger zu einem tieferen Eindringen geeignet, obwohl schon die prosaische Uebersehung von Wieland die ganzen Stücke zugänglich machte, freilich ohne prägnante Wiedergabe des Einzelnen. In Straßburg nun waren die Verhältnisse ganz anders, hier wies der Verkehr mit Herder und dessen wahrscheinlich in Straßburg verfaßter Aufsag über Shakespeare (s. o.) ihn ungleich nachdrücklicher auf den großen Britten hin und dazu gerieth er in eine Gesellschaft, welche ihre Scherze mit Schnörkeln nach Art der Shakespearischen Clowns zu würzen liebte. An der Spiße dieser Gesellschaft stand Lenz,

Goethe befreundete sich schnell mit ihm und er wurde nun der Anführer zu einem gründlichen Studium des Originaltertes.

[ocr errors]

Wie tief und in welcher Art die Eindrücke waren, welche Shakespeare auf den jungen Goethe machte, erhellt am besten aus einer Rede, welche er vor einem Kreise der Straßburger Freunde gehalten; sie ist veröffentlicht worden von Otto Jahn. Wir lesen darin folgende Stellen: „drum sind auch alle französischen Trauerspiele Parodieen von sich selbst. Wie das so regelmäßig zugeht und daß sie einander so ähnlich sind wie die Schuhe, und auch langweilig mitunter, besonders in genere im vierten Act, das wissen die Herren leider aus Erfahrung und ich sage nichts davon" Ferner: Shakespeare, mein Freund! wenn du noch unter uns wärst, ich könnte nirgends leben als mit dir; wie gern wollte ich die Nebenrolle eines Pylades spielen, wenn du Orest wärest"; dann besonders: Shakespeares Theater ist ein schöner Raritätenkasten, in dem die Geschichte der Welt vor unseren Augen an dem unsichtbaren Faden der Zeit vorbeirollt. Seine Plane sind nach dem gemeinen Styl zu reden keine Plane, aber seine Stücke drehen sich alle um den geheimen Punct (den noch kein Philosoph gesehen und bestimmt hat), in dem das Eigenthümliche unseres Ich, die prätendirte Freiheit unseres Wollens mit dem nothwendigen Gang des Ganzen zusammenstoßt. Unser verdorbener Geschmack aber umnebelt dergestalt unsere Augen, daß wir fast eine neue Schöpfung nöthig haben, uns aus dieser Finsterniß zu entwickeln." Endlich: „Er wetteiferte mit dem Prometheus, bildete ihm Zug für Zug seine Menschen nach, nur in colossalischer Größe; darin liegt es, daß wir unsere Brüder verkennen; und dann belebte er sie mit dem Hauch seines Geistes; er redet aus allen und man erkennt ihre Verwandtschaft." Worte des beredtesten Lobes für den großen Dichter. Man rechne dazu, daß Goethe bald darauf neben dem Göz auch einen Julius Cäsar im Sinne trug.

Es kam die Zeit, wo der junge Doctor juris sich von dem lustigen Straßburger Kreise trennen mußte, um sich nach seiner so viel ernsteren Vaterstadt zn begeben. Schon am 31. August 1771,

also 22 Jahr alt, ward er daselbst vereidigt als Advocat. Die Doctordissertation, wenn auch ungedruckt, beschäftigte mittlerweile den Vater angenehm, besonders da der Autor darin versprach, fiè in weiterer Ausführung drucken zu lassen. Er wünschte gar sehr, seinen Sohn gedruckt zu sehen, freilich in andern Fächern, als später so reichlich geschah. Dennoch nahm er Theil an der Ordnung aller zerstreuten Papiere Goethes, mehr interessirt für die Ordnung, als für den Inhalt derselben. Im Uebrigen war nun freilich in Frankfurt eine große Stille und Goethe mochte seine lebensfrische Tisch- und Studiengesellschaft gar sehr vermissen. Hier mußte nun das benachbarte Darmstadt aushelfen, denn dort lebte Merd, als Kriegszahlmeister, und ihm war Goethe bereits durch Herder ange kündigt. Er fand einen bedeutenden Mann, einen ihm sehr zufagenden Kreis, und die Theilnahme an seinen mitgebrachten oder entstehenden Gedichten wirkte anregend und befruchtend auf ihn. „Wie sehr dieser Kreis mich belebte und förderte, wäre nicht auszusprechen. Man hörte gern die Vorlesung meiner gefertigten oder angefangenen Arbeiten, man munterte mich auf, wenn ich offen oder umständlich erzählte, was ich eben vorhatte, und schalt mich, wenn ich bei jedem neuen Anlaß das früher Begonnene zurückseßte. Faust*) war schon vorgerückt, Göt baute sich nach und nach in meinem Geiste zusammen, das Studium des fünfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts beschäftigte mich, und jenes Münstergebäude hatte einen sehr ernsten Eindruck in mir zurückgelassen, der als Hintergrund zu solchen Dichtungen gar wohl dastehen konnte."

Im November 1771 schrieb Goethe den Göß in seiner ersten Gestalt, welche nicht in das Publicum gekommen, sondern erst später

*) Goethes chronologische Angaben aus späterer Zeit sind immer mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen, denn nicht wenige davon lassen sich durch sichere Data in den Briefwechseln zurecht schieben. Meistens datirt Goethe seine Werke ein wenig zu früh, oder läßt sie zu schnell entstehen, durch eine gewisse optische Täuschung. Erst 1775 hat Goethe ernstlicher am Faust gearbeitet, ja erst 1773 scheint er die hauptsächliche Anregung erhalten zu haben.

"

in den nachgelassenen Werken veröffentlicht worden. Sie führt den Titel: Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand, dramatisirt", während 1773 das Schauspiel: Göz von Berlichingen" erschien.

Goethe ging nach Wezlar, im Frühling 1772, um sich bei dem dortigen Reichskammergericht „in praxi zu üben“. Aber die Musen folgten ihm auch hier, er lernte auch hier literarisch strebsame Männer kennen, vor allen den wohlunterrichteten Gotter, mit dem er seine Gedanken über Principien der Dichtkunst austauschen konnte, und der ihn zur Theilnahme an einer Ueberseßung von Goldsmith's Deserted village bewegte. Um aber selbst aus innerem Herzen zu dichten, bedurfte Goethe einer ganz anderen Anregung; und sie blieb nicht aus. Eine neue Leidenschaft ergriff ihn, er vertauschte die sechszehnjährige Friederike mit der sechszehnjährigen Lotte Charlotte Buff, der wir den Werther verdanken. Sie war die älteste von zahlreichen Geschwistern, bei denen sie die Stelle der zwei Jahre zuvor verstorbenen Mutter ersehen mußte, eine Stellung, die ihr in Goethes Augen einen eigenthümlichen Reiz gab. Und sie war Braut, die Braut Kestners, aus dessen nunmehr veröffentlichtem Briefwechsel mit Goethe völliges Licht über diese Verhältnisse verbreitet ist. Der Braut des Freundes glaubte Goethe sich um so freier, sorgloser annäheren zu können bis eine mächtige Leidenschaft ihn überwuchs. Er fühlte die Nothwendigkeit, abzubrechen, er wollte nicht wieder mit dem Bewußtsein der Schuld davon gehen, die hier noch größer gewesen sein würde. Plöglich und ohne Abschied verließ er Weßlar; er hatte sicherlich das Richtige erwählt. Die tiefe Wunde seines Herzens zu heilen, schrieb er den Roman, der den Weg um die Welt gemacht hat. Sein eigenes Erlebniß gab ihm dazu die Farben, das Ende des jungen Jerusalem, der sich zu Regensburg erschoß, den Stoff. Goethe hatte in Weßlar selbst den talentvollen, melancholischen Jüngling, den Sohn des protestantischen Abtes von Riddegshausen kennen gelernt. Sein Tod mußte auf ihn einen nur noch tieferen Eindruck machen,

[ocr errors]
« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »