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Gedicht weit über Milton, so war diese Auffassung doch nicht allgemein, sie belebte zwar den Mut, konnte aber auf die Dauer das Gefühl selbsteigener Kraft und einer besonderen höher gestellten Aufgabe nicht erzeugen. Mit Goethe war es ein anderes, durch ihn traten erst die wahrhaft belebenden Wirkungen der Kunst ein, man fühlte das Wesen nationaler Poesie, der Volksgeist, so wenig auch der Dichter selbst daran glaubte, fühlte sich hervorgerufen, die Welt deutschen Gemüt und Seelenlebens war aufgeschlossen. Es zeigte sich, daß die Literaturen der romanischen Völker für uns keine Muster sein können und daß, wie groß die Engländer dastehen mögen, wir uns ihnen doch ebenbürtig gegenüber stellen. Mag man immerhin Goethes einzelne Werke nicht als vollkommene Kunstwerke gelten lassen, auf dieser Seite liegt ihr unbestrittener Werth: sie sind an sich selbst viel, ein Großes, bisher nicht Dagewesenes, und sie schließen eine große Zukunft ein. Goethe ist wirklich, was Klopstock nur scheinbar war: mit ihm beginnt erst die selbständige deutsche Literatur, während wir bisher nur eine mehr oder weniger, bald von hier, bald von dort abhängige hatten. Ja noch mehr: es öffnet sich eine neue Bahn in der Weltliteratur. Von Goethe gehen Einflüsse und Befruchtungen auf andere europäische Literaturen aus, die man nicht zu niedrig anzuschlagen hat; zunächst auf die englische und französische. Daß Walter Scotts Genius, wie er dies selbst zugiebt, sich an Goethe entzündet hat, ist wahrlich kein Geringes. Und hierin liegt denn auch zugleich die Ausgleichung und Versöhnung, wenn wir nicht in all das unbedingte Lob einstimmen konnten, das dankbare Zeitgenossen oder die nächste Folgezeit, be= wundernd aber befangen, ertheilt hat - zum Nachtheil der ferneren Entwickelung, wie denn auch mit Kränkung der Wahrheit.

XI.

Ausgaben.

Goethes Werke sind in einer großen Zahl von Ausgaben erschienen, anfangs einzeln, später in verschiedenen Sammlungen. Wer das Bibliographische sucht, findet es am vollständigsten in Goedekes Grundriß (II, 872) außerdem hat S. Hirzel Verdienste um sorgfältigste Sammlung der gesammten Goethe-Literatur (Verzeichniß einer Goethe-Bibliothek). Es kann nicht unsere Absicht sein, daraus reichlich mitzutheilen, uns gehen nur die ersten Drucke an und diejenigen Wiederholungen, welche Abänderungen enthalten, demnächst die Ausgaben der gesammelten Werke. Der ersten Drucke ist meistens schon bei den einzelnen Dichtungen gedacht worden.

Goethe, dessen Production einen so weiten Zeitraum umfaßt, erlebte eine große Fortbildung des allgemeinen Geschmackes so wie seiner eigenen Kunst, ja die Sprache selbst veränderte sich während dieser Zeit; nicht auffallend daher, daß er seine früheren Werke durch geringere oder größere Nachhülfe in gleiche Ebne mit den späteren zu erheben suchte. In der That haben wir in den leßtlich verbreiteten Ausgaben beinahe kein Werk mehr völlig in seiner ursprünglichen Gestalt, der Goethe, den heute unsere Jugend liest, ist nicht mehr derselbe, welcher zu seiner Zeit erschien. Kommt es bloß auf den Gesammteindruck der Werke an, wie ihn der große Leserkreis sucht, so ist allerdings die Abweichung nicht so bedeutend, ja es mag sogar gut sein, wenn an Form und Ausdruck jezt alles entfernt ist, was fremdartig und veraltet erscheinen könnte; ein

anderes ist es, wenn es sich um ein besonderes Studium handelt und um den Standpunkt, welchen der Dichter unter seinen Zeitgenossen und in der Entwickelungsreihe einnimmt. Die Werke, welche Goethe in den siebziger Jahren schrieb, liegen uns jet in einem Gewande vor, welches entschieden den ersten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts angehört; vergleichen wir nun dieselben mit solchen Werken jener früheren Zeitgenossen, welche diese Umformung nicht erhalten haben, so müssen die leßteren sich sehr im Nachtheil befinden, vor allen aber kommt dadurch eine große Verwirrung in die Geschichte der Sprachentwickelung, der Entwickelung des Geschmacks u. s. w. Es ist schon aufmerksam gemacht worden, wie große Umbildung manche Gedichte später erfahren haben, daß Erwin und Elwire, anfangs in Prosa, ganz anders war, daß Stella einen völlig anderen Schluß erhielt; aber auch Göß erfuhr viele Aenderungen im Ausdruck, Werther wurde bei dem neuen Druck in der Göschenschen Ausgabe (1787) erweitert, später noch mehr überarbeitet, und sehr bemerkenswerth weicht 3. B. in den späteren Drucken das Lied des Sängers im Wilhelm Meister von der ersten Gestalt in der Göschenschen Ausgabe ab (s. o.), oder vielmehr, es erhält eine ebenso glückliche als nothwendige Aenderung. Gar manches dieser Art findet der sorgsame Literator auf; für die Gedichte hat man großentheils schon die Varianten gesammelt, allein für die gesammten Werke fehlt es zur Zeit noch an einer solchen kritischen Ausgabe, welche auch in weiteren Kreisen auf genaue und leichte Weise die Fortarbeit des Dichters und den Abstand der früheren Gestalt von der späteren vollständig zur Anschauung brächte. Es ist eine solche zwar in Aussicht gestellt, allein es würde auch hier eines Lachmann bedürfen, um das Erforder liche zu leisten. Stoff dazu ist genug vorhanden. *)

Goethes Schriften wurden zuerst und mehrmals von unbefug

*) Seitdem ist das Cotta'sche Privilegium abgelaufen und bereits wetteifern auch in dieser Rücksicht mehrere gelehrte Herausgeber (Heinrich Kurz, Friedrich Strehlke). Ihre Leistung ist abzuwarten.

ter Hand gesammelt, wie sich dies aus der Theilnahme für dieselben und aus dem fehlenden Schuß gegen Nachdruck erklärt. Der Berliner Drucker Himburg gab 1775-85 „D. Goethes Schriften" in vier Bänden heraus, die er sogar recht splendid und mit Kupferstichen von Chodowiecki ausstattete, was denn damals eben so unerläßlich war, wie heute der Goldschnitt. Die Ausgabe, welche sich selbst die Goetheschen Werke erst zusammensuchen mußte, ist bemerkenswerth dadurch, daß sie die Farce,,Götter, Helden und Wieland“ enthält, welche Goethe in den später von ihm selbst veranstalteten Sammlungen unterdrückte und nur wieder erst in die Ausgabe letter Hand aufnahm; dann aber auch, daß sie irrthümlich ein Lied von Jacobi (s. o.) aufnahm, was Ursache wurde, daß Goethe es sich weiterhin selbst aneignete. Die Sammlung griff der Bescheidenheit des Autors vor, der erst zehn Jahr später eine rechtmäßige Ausgabe veranstaltete; er hatte eben noch zu viel in seiner Brust, das auf Vollendung wartete.

Bei Georg Joachim Göschen erschienen, Leipzig 1787, „Goethes Schriften" in 8 Bänden, auf Subscription, die Zahl der vorgedruckten Subscribenten beträgt 551. Die mäßig gut gedruckte Ausgabe in klein Octav ist geziert mit Kupferstichen von Ramberg, Chodowiecki, Berger, Lips, Deser u. A. Sie beginnt mit Werthers Leiden, als dem beliebtesten Werk des Autors und läßt im zweiten Bande den Göß und die Mitschuldigen folgen. Der dritte Band bringt Iphigenie, Clavigo, die Geschwister, der vierte: Stella ein Schauspiel für Liebende, mit der Vignette, welche die Doppelumarmung darstellt, sodann der Triumph der Empfindsamkeit und die Vögel. Der fünfte: Egmont, Claudine, das in Verse umgesezte Singspiel Erwin und Elwire; der sechste: Torquato Tasso, Lila; der siebente 1790: Faust ein Fragment, die Singspiele: Jery und Bately, und Scherz, List und Rache; endlich der achte: das Jahrmarktsfest, Peter Brey und Vermischte Gedichte, erste und zweite Sammlung, darin Hans Sachsens poetische Sendung zuerst gedruckt im Teutschen Merkur.

Die Ausgabe erhielt ihre Fortseßung durch die zu Berlin, im

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Ungerschen Verlage gedruckten Goethes neue Schriften“, in sieben Bänden, 1792-1800. Die Ausgabe ist ohne Kupfer, zeichnet sich aber sehr vortheilhaft durch den eleganten Schnitt der Schrift aus, der ein eigenthümliches Gepräge der Zeit gewährt und auch etwas beiträgt, die Werke nach ihrem Zeitgeist vorzuführen. Der erste Band enthält den Groß-Cophta, nebst Cagliostros Stammbaum und das römische Carneval: der zweite Band den Reineke Fuchs; der dritte, vierte, fünfte und sechste Wilhelm Meisters Lehrjahre; der siebente Lieder, Balladen, Romanzen, Elegieen, darunter Alexis und Dora, und die Elegie Hermann und Dorothea — nicht das Epos selbst, das einzeln bei Vieweg erschienen war und erst später in die Werke kam. Dann die Venetianischen Epigramme und die Weissagungen des Bakis. Dieser lezte Band hat Kupfer und Vignetten. Enthielte die Ungersche Ausgabe Hermann und Dorothea, so würde sie zusammen mit der einigermaßen ähnlichen von Göschen den eigentlichen wahren Goethe enthalten - den ich meinerseits am liebsten in diesen Drucken lese.

Danach gingen Goethes Werke in den Cottaschen Verlag über, dessen Zierde sie bis heute sind und bis zum Jahr 1867 bleiben werden, wo nämlich das Privilegium abläuft, *) doch steht zu erwarten, daß auch da noch die berühmte Verlagshandlung theils durch angemessene Auswahl und Wohlfeilheit, theils durch eine dem Forscher und Kenner genügende kritische Ausgabe sich innerhalb der freien Concurrenz behaupten werde. **) Die erste Ausgabe welche aus diesem Verlag hervorging (1806-8) wurde freilich mehr dem Autor gerecht als dem Publicum, denn sie zeichnete sich nicht eben durch Ausstattung vortheilhaft aus; in zwölf Octavbänden, raumsparender als die vorhergehenden gedruckt, brachte fie folgendes Neue: im vierten Bande: Mohamed, Tancred, Elpenor, im siebenten Bande: der Zauberflöte zweiter Theil; im sechsten die

*) Der Leser bemerkt, daß diese Worte vor einigen Jahren geschrieben worden; ich mag sie nach der Lage des heutigen Tages nicht abändern. **) Es geschieht unter Karl Goedeles Leitung.

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