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flächlich berührt; er weist namentlich darauf hin, daß in Goethes eigener Erzählung genug Kälte hindurchblicke, und daß der Zwiespalt sich auch selbst in den Gedichten aus jener Zeit spiegele. Die Be= merkung ist beachtenswerth, der Widerspruch aber wohl großentheils auf die Quelle zu schieben. Gerade in diesem Punkt und diesem Empfänger gegenüber sprach Goethe nicht ganz frei, und daß Eckermann nicht völlig genau auffaßte, läßt sich auch annehmen. Dann übersehe man nicht, es habe diese Neigung von allen übrigen sich allerdings dadurch unterschieden, daß es von Hause aus sich hier um eine Verbindung für das Leben handelte, nicht um eine DichterLiebschaft; dies allein mußte Goethes Gefühlen einerseits mehr Ernst und Nachdruck geben, wenn auch weniger dauernde Leidenschaft, andererseits aber auch wieder Ueberlegung einmischen, und die Haltung des Mädchens wie ihrer Umgebung forderte gar sehr dazu auf: Absichten und ins Werk gesezte Hebel ließen sich nicht verkennen. Die Pracht, deren abstoßende Macht er zum öftern in den Gedichten hervorhebt, galt ihm, er fühlte den Zauber, aber auch daß es eben Zauber und Bestrickung sei. Hiedurch gewinnen die bezüglichen Gedichte eine ganz andere Wahrheit und die Wahrheit des Dichters wird vollständig gerettet. Es traten Schwankungen ein, diese Schwankungen waren durchzogen mit ernster Neigung und wahrem Gefühl auf beiden Seiten, aber Erkältungen legten sich stets dazwischen; wir kennen bereits ihre Ursachen und sind nicht überrascht von ihrem Ausgang.

Der Herbst kam heran und brachte den nunmehrigen Herzog von Weimar, der von Karlsruhe seine Braut einholen wollte, wieder nach Frankfurt, Goethe ward abermals freundlich empfangen und zum Besuch nach Weimar wiederholt eingeladen. Nichts konnte ihm jezt erwünschter sein, als Frankfurt auf einige Zeit zu verlassen, und überdies hatte er gerade in der lezten Zeit völlig über die Weimarischen Verhältnisse sich orientiren und schon im voraus mit den dortigen Personen sich bekannt machen können; der Maler Kraus nämlich, unter dessen Leitung jezt Goethe wieder zeichnete, war eben von einem längeren Aufenthalt in Weimar nach seiner Vater

stadt Frankfurt zurückgekehrt. Diese Personen sollte er jezt selbst kennen lernen. Es war verabredet, Goethe solle in Gesellschaft des Kammerjunkers von Kalb reisen, der, mit einem neuen Wagen von Straßburg kommend, ihn an einem festgesezten Tage abholen würde. Alles war gepackt, Goethe hatte Abschied von seinen zahlreichen Freunden genommen, auch von Lili, aber der Wagen kam nicht. Das war eine peinliche Lage; er verleugnete seine Anwesenheit. Eine neue Arbeit war es, was ihn in den Tagen dieser Gefangenschaft lebhaft beschäftigte Egmont. Nur einmal schlich er Abends vermummt aus dem Hause; er kam an Lilis Fenster, das Klavier erklang, er hörte ihre Stimme, er hörte von Lili sein Lied singen : „Ach, wie ziehst du mich unwiderstehlich", er glaubte mehr Ausdruck als je zu vernehmen und sein Entschluß der Entsagung lief Gefahr, wankend zu werden. Der erwartete Wagen kam noch immer nicht und die Zweifel des Vaters wuchsen mit jedem Tage, er fürchtete sogar, man habe den vorwißigen Autor nur zum Besten gehabt. Da bestand er selbst darauf, daß Goethe reisen solle nach Italien. Er reiste Ende Oktober ab, sprach in Heidelberg bei Fräulein Delft ein, welche die Verlobung mit Elisabeth Schönemann betrieben, jeßt indeß unter den obwaltenden Verhältnissen die Trennung nur billigen konnte, und, unabgeschreckt, sogleich einen neuen Heiratsplan zur Hand hatte. Plößlich in der Nacht weckte den unruhig Träumenden ein Posthorn, eine Staffette von Frankfurt: Herr von Kalb und der endlich in Straßburg fertig gewordene Wagen waren nun wirklich dort eingetroffen. Goethe eilte nach Frankfurt und fuhr beruhigt von da nach Weimar. Am 7. November 1775, Morgens um 5 Uhr, langte er an; so schreibt Wieland.

II.

Als Gaft in Weimar.

Daß die deutsche Poesie mit dem Anfang der siebziger Jahre einen mächtigen Aufschwung genommen, wer wollte es leugnen! Es war nunmehr eingetreten, was Friedrich der Große verkündet hatte; aber der deutschen Poesie fehlte die Heimat, in seinem Lande konnte sie dieselbe nicht erlangen, er war gealtert, konnte sich in das Neue nicht finden, sein Staat war soldatisch, bureaukratisch. Von dem Kaiserthum, auf das noch Klopstock seine Hoffnungen setzte, war aber wenig zu erwarten; Lessing hatte man getäuscht. Der Kaiser Joseph war noch nicht im vollen Besiß der Krone uud er hätte auch schwerlich für Begünstigung deutscher Literatur in seiner Umgebung damals die erforderliche Unterstützung gefunden. So blieben denn nur die kleinen deutschen Staaten, bei denen aber der Beruf, sich der inneren Cultur und inneren geistigen Mission zuzuwenden um so mehr hervortrat, als bei dem Ueberwiegen von Desterreich und Preußen und dem nur noch vorhandenen Scheinleben des Reichs ihr politischer Einfluß je mehr und mehr schwand. Wollten sie etwas bedeuten, so konnten sie dies nur im Anschluß an die Bewegung der Literatur. Man hätte freilich auch ein Gewisses von äußeren Mitteln daran sehen müssen, denn die alten Fundationen und finanziellen Etats paßten nicht eben auf die Bedürfnisse der neuen Entwickelung. In Braunschweig zeigte sich zunächst guter Wille; Herzog Karl suchte die Mitarbeiter der Bremer Beiträge an sich zu ziehen, aber es gab keine andere Stellung für

sie als am Carolinum, Lessing aber, der nicht „professoriren" wollte, konnte nur mit färglichem Gehalt an der Bibliothek zu Wolfenbüttel angebracht werden, wo es ihm an aller Anregung fehlte und die Bibliothek seinem Geist und sogar seiner Gesundheit nachtheilig

Man wollte ihn nach Mannheim haben, um dem dortigen. Theater aufzuhelfen; es zerschlug sich auf schmähliche Weise am Geldpunkt. Der Markgraf Karl Friedrich von Baden bewarb sich um Klopstock, der bisher im Auslande einen Anhaltspunkt gesucht; Klopstock scheint darauf freudig eingegangen zu sein, aber auch hier, aus unbekannten aber doch wohl zu errathenden Ursachen, kam ein Verhältniß nicht zu Stande. Gleichfalls am Darmstädter Hofe, namentlich bei der Landgräfin Karoline, einer geborenen Prinzessin von Pfalz-Zweibrücken, zeigte sich lebhaftes Interesse für deutsche Litera= tur, man suchte Männer heranzuziehen, war aber in ihrer Wahl nicht glücklich. Mit mehr Glück wurde Herder nach Bückeburg berufen, der aber hier sich einsam fühlte; den Sieg sollte die kleine Hauptstadt Thüringens davontragen.

Wieland war der erste Stern am Weimarischen Hofe; ihn hatte die Herzogin Amalie von Erfurt berufen, um die Erziehung ihrer beiden Söhne Karl August und Constantin zu vollenden. Sie wollte aber auch zugleich für sich selbst nicht bloß einen namhaften Gelehrten, der ihrem Hof Glanz gebe, sondern einen gebildeten Freund; sie, die Nichte Friedrichs des Großen, wird uns durchaus eben so edel als menschlich geschildert. Während damals noch an allen Höfen Deutschlands die französische Literatur herrschte, war sie die erste Fürstin, die einen deutschen Schriftsteller in ihre Nähe zog. Wielands zartes anschmiegendes Wesen war ganz geeignet, sich in die Bedingungen des Hofes zu fügen, jeden Anstoß zu meiden, dagegen unvermerkt der ganzen Umgebung mehr literarisches Interesse einzuflößen und fernere Elemente dieser Art heranzulocken. Bertuch, von Knebel, von Seckendorf und von Einsiedel bildeten schon einen Kreis um die würdige Fürstin. Dieser Sinn ging über auf ihren ältesten Sohn, der reich ausgestattet war mit Vorzügen des Geistes und Herzens. Dennoch war ein Mut erforderlich wie

der edle Prinz ihn besaß, bald nach seinem Regierungsantritt (3. September 1775) einen Mann wie Goethe in seine nächste Umgebung zu ziehen, denn Goethe war sehr jung, war bürgerlich, und er hatte den Werther geschrieben, der vielen, und namentlich den Staatsmännern, als ein gefährliches Buch erschien. Allein es scheint eben, daß der junge Herzog mit einem so auffallenden Schritt seine neue Herrschaft bezeichnen wollte.

Hier, wo ein neues Leben beginnt, verläßt uns Goethes Selbstbiographie; die Tages- und Jahreshefte geben nur schwachen Ersaß, nur von den Reisen erhalten wir spezielleren Bericht; doch werden die anderen Hülfsmittel, namentlich die Briefwechsel, jezt eine um so reichlicher fließende Quelle.

Goethes Eintritt in die Weimarische Hofgesellschaft und noch mehr sein Auftreten machte nach allen Seiten hin eine erschütternde Wirkung. Gestüßt auf die Gunst und das Vertrauen seines Gönners, dessen Herz er bereits besaß, ließ Goethe seiner Genialität in vielen Dingen den Zügel schießen und nur seine Liebenswürdigkeit, die erobernd und bezaubernd daneben ging, schien sein Bezeigen möglich zu machen. Was man keinem andern verziehen haben würde, sah man ihm nach und fand es bald kleidsam. Er brachte das Schlittschuhlaufen in die Mode, Klopstock hatte ihn dafür be= geistert, selbst die steifen Hofcavaliere vermochte er dazu; einen Edelmann auf dem Eise zu sehen, wäre früher unerhört gewesen. Die Tracht seines Wertherfracks ward Hoftracht, die Etiquette schien neuen Geseßen unterworfen. Wieland, der wohl Ursache hatte, Goethe zu zürnen und der auch von dessen Seite Befangenheit erwartete, ward erobert beim ersten Zusammentreffen an der Tafel des Präsidenten von Kalb, er ward überrascht von Goethes Unbe fangenheit wie von seinem Geist, er sah nur noch „den herrlichen Jüngling“, und er schreibt an Jacobi: „Wie ganz der Mensch beim ersten Anblick nach meinem Herzen war!" So und ähnlich erging es allen, man fand den Autor noch liebenswürdiger, noch bedeutender als seine Werke. Der Herzog hatte seine Freude daran, und den Gewinn.

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