ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Mythos und Religion.

Von

Dr. H. Steinthal,

Brofeffor für allgemeine Sprachwiffenschaft an der Universität zu Berlin.

Berlin, 1870.

C. G. Lüderitz'sche Verlagsbuchhandlung.
A. Charisius.

[merged small][graphic][subsumed][subsumed][subsumed]

Das Recht der Ueberseßung in fremde Sprachen wird vorbehalten.

Durch die Welt des Geistes zieht sich in gleicher Strenge wie durch die Natur eine Kette ursächlichen Zusammenhanges; und wenn man demgemäß sagt, wie man es so oft ausspricht, jede Zeit sei die Wirkung der ihr vorangegangenen, unser Alter jei das Erzeugniß der früheren: so dürfen wir das nicht in schattenhafter Unbestimmtheit nehmen. Auch in der geistigen Welt, möchte man sagen, geht kein Atom verloren; was je war, verharrt unvertilgbar; in unsern Geistern leben die Geister aller Verstorbenen aller Zeiten. Dies ist es, was man Tradition, Ueberlieferung nennt, nämlich die Einrichtung, daß jedes Geschlecht die geistige Erbschaft seiner Väter antritt. Die Gedanken - Elemente, welche in solcher Weise überliefert werden, mögen immerhin mannichfache Schicksale erfahren; vernichtet werden sie nicht. Hierauf beruht das geistige Leben, seine Gesundheit und seine Krankheit, seine Stetigkeit und sein Kampf. Wie wir körperlich in unabgerissenem Faden mit den Urmenschen zusammenhängen, so auch die Gestaltungen unseres Bewußtseins und die Einrichtungen unseres praktischen Lebens. Dies ist der Grundgedanke der Geschichte, den sie darzulegen, den sie, wo er verdunkelt ist, zu enthüllen hat. Die Kritik des jetzt Bestehenden ist ohne diese Erkenntniß unmöglich; je tiefer sie aber den Zusammenhang der Geschichte durchschaut: um so gerechter wird sie sein im Urtheil, um so schonender gegen das Berechtigte und Fruchtbare,

V. 97.

1*

(3)

um so schärfer gegen das Störende und um so kräftiger im Neubau.

Um aber das Wesen dieser nirgends unterbrochenen Kette der geistigen Welt nicht einseitig aufzufassen, müssen wir zu dem einen Punkte, daß nämlich die geistigen Erzeugnisse jedes Geschlechts auf die folgenden übergehn, noch den andern Punkt hinzufügen, daß die Natur des Menschen durch alle Zeiten unveränderlich dieselbe bleibt. Darum eben vermag jedes Geschlecht das festzuhalten, sich das anzueignen, was die Geschlechter vor ihm geschaffen haben, weil es die Kraft und den Trieb hat, auch selbst ganz dasselbe zu schaffen, wenn dies die Väter nicht schon gethan hätten. Denn abgesehen davon, daß die Natur den Menschen immer wieder in gleicher Weise hervorbringt, ist auch Folgendes wichtig. Nämlich nicht nur der geistige Inhalt, das Erzeugniß, wird von einer Zeit zur andern vererbt, sondern es werden zugleich auch die Kräfte fortgepflanzt, welche das früher Geschaffene hervorbrachten, sowohl die angeborenen wie die erst erworbenen. Denn diese Kräfte wohnen den Gedanken und Einrichtungen inne, welche durch sie hervorgebracht sind, und folglich werden sie mit diesen vom Vater dem Sohne, vom Meister dem Schüler mitgetheilt. Und nur weil es sich so verhält, weil nicht bloß Producte übergeben, sondern zugleich Kräfte in dem Empfangenden geweckt werden, nur dadurch ist Ueberlieferung möglich.

So hängt der Sprachbau, vermittelst dessen die heutige Menschheit ihr Inneres äußert, mit jenen Lauten zusammen, vermittelst deren die Urgeschlechter sich ihre dürftigen Vorstellungen unter einander mittheilten; und auch dieses Innere selbst, unsere höchste Poesie und unsere tiefste Speculation, unser Glaube und unser Aberglaube läßt sich mit nirgends abgerissenen Fäden an die ärmliche Weltanschauung der Urzeiten anknüpfen.

Wir begreifen demnach das Doppelte: einerseits, wie an

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »