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Almosen gibst, sollst du nicht vor dir her posaunen wie die Heuchler thun in den Schulen und auf den Gassen, auf daß sie von den Leuten gepriesen werden“.1

Wenn wir nun Jesum in einer Welt, in der es außer den Verirrungen der Gesetzesgerechtigkeit doch auch noch viele andere Hindernisse des Gottesreiches wird gegeben haben, mit diesem besonderen Nachdruck und solch unerbittlicher Polemik gerade gegen diese Richtung auftreten sehen, so handelte er darin in Consequenz der zeitgeschichtlichen Situation. Für den Augenblick erkennt er in der Herrschaft der Pharisäer das Haupthinderniß des Gottesreiches. Das Volk war zu sehr in ihren Händen, als daß vor ihrer Demüthigung an einen Erfolg im Großen gedacht werden konnte. Sie sißen auf dem Stuhle Mosis und haben die Schlüssel des Himmelreichs. Dem Volke schließen sie es zu und kommen doch selbst nicht hinein. Sie sind blinde Blindenleiter, die mit den Mißleiteten zusammen der Grube zuwandeln. Wie die Herrn des Volkes sind sie aber zugleich mit ihrem Sagungswesen eine wahre Last desselben. Jesus wirft ihnen vor, daß sie dem Volke schwere unerträgliche Bürden schnüren und auf die Schultern Legen, aber keinen Finger rühren, um sie dem Nächsten zu erleichtern.? Ihre unzähligen Gebote, die kein Mensch auch nur im Gedächtniß behalten kann, und die man darum auf Schritt und Tritt ganz unwissentlich überschreitet, vergleicht er den verdeckten Gräbern, auf die man unversehens tritt und sich verunreinigt, ohne es zu wissen,3 wie Solches vor Kurzem Antipas beim Bau des benachbarten Tiberias begegnet war. In bewußtem Gegensatz zu dieser Härte betont Jesus mit Nachdruck, daß sein Joch sanft und seine Last leicht sei, und daß er statt neuer Qualen Ruhe gebe den bekümmerten Seelen.

Es sind im Einzelnen wenig Andeutungen darüber erhalten, welchen Erfolg dieser Kampf gegen den Pharisäismus gehabt hat, aber der Schlußverlauf des Lebens Jesu zeigt deutlich, daß im Ganzen das Volk sich dennoch auf die Seite der Pharisäer stellte. Zumal in Jerusalem selbst und in Judäa hatte die fanatische Heßerei der Frommen einen günstigen Boden, denn dort war die Menge wenig disponirt, den Sinn eines Gottesreichs zu verstehen, dessen Frömmigkeit nicht in Gesezeserfüllung bestehe. Aber auch in Galiläa gönnte ihm dieser

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Kampf gegen eine so rührige Gegnerschaft kaum mehr eine ruhige Stätte. Jesus hatte Grund, Kapernaum zu meiden, und auch sonst am See wechselte er, wie wir sahen, häufig den Aufenthalt.1

12. Jesus und die Meffiasidee.

Die letzte Reise, die Jesus vor der kommenden Passahzeit, also gegen Ende des Winters antrat, hält sich durchaus in den Grenzen des soeben in römische Verwaltung übergegangenen Landes des Philippus. Von Bethsaida ausgehend, wendet er sich nach dem Norden. Auf dem Weg nach Cäsarea Philippi, wo über dem schluchtenreichen Oberland die schneeigen Spizen des Libanon und Hermon schimmern, zieht er mit den Zwölfen von Dorf zu Dorf. Je höher die Straße ansteigt, um so herrlicher wird der Anblick der Schneeberge. Im Norden lagert der gewaltige Hermon, dessen Schneefelder in der Sonne glänzen, im Nordwesten starren die dunkelen, riesigen Massen des Libanon.3 Ueber die sumpfige Hochebene des oberen Jordanthales steigt der Weg zur Stadt Cäsarea Philippi empor, dem schönsten Ort des heiligen Landes, der an den geheimnißvollen Quellen des heiligen Stromes gelegen war. Im Nordosten, umgrenzt von tiefen Schluchten, ragt heute noch das Castell von Paneas, „der Thurm auf dem Libanon, der gen Damaskus schaut“, dessen Anblick schon der Sänger des hohen Liedes gepriesen. Unter dem Thurme braust der Waldbach, in dessen Strudel ein halbes Jahrtausend zuvor der Dichter des zweiundvierzigsten Psalmes, ein gramerfüllter, gefangener Mann, hinabgeschaut: „Meine Seele ist gebeugt in mir, weil ich dein gedenke aus dem Lande des Jordans und der Hermenberge; Fluth ruft der Fluth beim Rauschen deiner Wasserfälle; all deine Wogen, all deine Wellen gehen über mich".5 Südwestlich von der Stadt dacht sich das Plateau langsam ab. Zahlreiche Nischen bezeugen noch jetzt die Orte, wo einst die Bildsäulen der Nymphen des Stromes und der Satyre ge= standen. Hier hatte Herodes aus weißem Marmor dem Augustus

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einen Tempel gebaut, und der eben verlebte Philippus hatte es sich zu einer Lieblingsaufgabe seines friedsamen Regiments gemacht, die Stadt mit Altären, Votivbildern und Statuen zu schmücken.1 An der über den Quellen des Jordan sich erhebenden Felswand gähnt eine dunkle Höhle. Man sagte, wenn man der Schlucht in's Innere des Verges folge, so gelange man zu einem verborgenen See; die Quellen am Fuße des Hügels' galten für den Abfluß desselben. Alles hier war neu und doch geheimnißzvoll, und die Zeitgenossen, die den ganzen Bezirk dem großen Pan geweiht, hatten Wald und Feld mit Sagen heidnischer Mythologie reichlich umkleidet. Wir werden Cäsarea Philippi in dieser Geschichte nochmals begegnen. Nach Eroberung Galiläa's suchen Titus und seine Geliebte Bernike, Agrippa II. und die anderen vornehmen Ueberläufer hier eine Sommerfrische. rauscht das Thal von frevler Siegesfreude und durch die stille Nacht klirrt der Becherklang. Im Frühling 35 war es ein Ort stiller Sammlung, verödet durch Philippus Tod, in den Händen der Römer ein sicheres Asyl des flüchtigen Messias. Den heimischen Kämpfen weit entrückt, ward es Jesu letter Ruhepunkt, wo er in der Stille die rechte Verständigung mit seinen Jüngern zu finden hoffte.

Es war in der Gegend von Cäsarea Philippi zum ersten Mal,2 daß Jesus mit seinen Anhängern über seine messianische Würde redete, sich zugleich aber das Ende Johannes des Täufers in Aussicht stellte. So wird denn auch hier der richtige Ort sein, Jesu Stellung zur Messiasidee in's Auge zu fassen.

Wie es je und je in der Geschichte der Völker gewesen ist, daß die Ideen, die die Vielen lang bewegten, endlich in einem Bewußtsein zur Klarheit, in einem Willen zum Entschluß reifen, so hatte in Jesu der messianische Gedanke persönliches Sein gewonnen. Zu der Predigt des Reichs war Jesu die Anregung, wie wir sahen, von Johannes gekommen. Er hatte, wie Jener, das Reich verkündet und hatte es, was Johannes nicht vermochte, auch geschaffen. Dieses Reich hatte aber, wie es die Propheten beschrieben und wie es lebte im Glauben Israels, einen persönlichen Mittelpunkt. Das messianische Reich war das Reich des Messias. Johannes hatte den Anspruch nicht erhoben, diesen Mittelpunkt zu bilden; er wußte, daß

1 Ant. XV; 10, 3. Bell. I; 21, 3. III; 10, 7. Vita 13. Renan, 2 Nach der ganzen Haltung von Mr. 8, 27-34.

chap. 8.

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es anderer Kräfte bedürfe, um dem zum Sein und Wesen zu verhelfen, was er im Glauben an die Hülfe eines Stärkeren begann. Eben so entschieden aber war es eine Thatsache des Bewußtseins Jesu, daß er selbst das Reich Gottes bringe, daß er alle diejenigen Elemente frei gemacht habe, die es bilden, daß es keines Kommenden mehr bedürfe, um die Verheißungen Israels zu erfüllen. Wie sich in dieser abstracten Fassung eine solche Betrachtungsweise für uns von selbst versteht, mit der gleichen Nothwendigkeit verstand sich innerhalb des concreten, national-jüdischen Lebens von selbst, daß Jesus sich als den verheißenen Messias erkannte. Wie die Vorsehung ihn ausgerüstet, und nach dem Veruf, den sie ihm gesetzt, konnte er sich selbst nur als die Antwort Gottes auf die Gebete Israels ansehen. Der Messiasglaube war ein Wunsch, eine Hoffnung, eine Verheißung. So gewiß Jesus sich bewußt war, diesen Wunsch und diese Verheißung ohne Rest zu erfüllen, so gewiß mußte er sich selbst als den Messias erkennen. Der Glaube an das Reich war auch der Glaube an sich. So war seine messianische Stellung nicht eine äußerliche Anbequemung an eine Zeitvorstellung, sondern die vollkommen gesetzmäßige Entfaltung seines Bewußtseins. Ist das Negative selbstverständlich, daß Jesu Sendung einen anderen Character angenommen hätte, wenn er statt unter den Palmen von Nazareth unter den Eichen Germaniens aufgewachsen wäre, daß der Unterthan des Arminius oder Marbod ein anderer gewesen sein würde als der des Antipas, der Gegner der Druiden ein Anderer als der der Rabbinen, so ist auch das Positive unbestreitbar, daß für Jesum selbst die Thatsachen seines Bewußtseins in denjenigen Anschauungsformen gegeben waren, in denen das jüdische Denken überhaupt verlief. Nur ein Seitensprung der Phantasie kann. unterstellen, daß eine geschichtliche Persönlichkeit sich des Inhalts ihres inneren Lebens auch in anderen Begriffen bewußt werden könne, als in solchen, in denen das Denken der Zeit überhaupt zu Stande kommt.

Wer nun aber so die messianische Stellung Jesu weder als Accomodation, noch als practischen Nothbehelf, sondern als eine Thatsache seines Bewußtseins auffaßt, der kann Jesum nicht erst im Verlauf seiner öffentlichen Thätigkeit zu dieser Erkenntniß kommen lassen. Das messianische Bewußtsein war Ausgangspunkt, nicht Resultat des Wirkens Jesu. Seit ihm klar geworden war, was das Reich der Propheten bedeute, mußte er auch darüber Klarheit haben, daß die

Brust, die dieses Reich zur Zeit noch allein in sich schloß, jener verheißene persönliche Quellpunkt sei, durch den Gott die Ströme der Gnade ergießen wolle. War er, als er auftrat, gewiß, das verheißene Reich zu bringen, so war er auch sicher, selbst der Verheißene zu sein. Schon damals, als Johannes ansing, das Reich thatsächlich vorzubereiten, war es ihm ja unzweifelhaft, daß in diesem Mann der Wüste Juda ein Theil der Prophetie der Väter Leben und Dasein gewonnen habe. Er sah in ihm den verheißenen Elias, nicht den alten, den die Schulen in ihrer Aeußerlichkeit gerade so gut selbst mit seinem kahlen Haupte wieder haben wollten, wie der Goët von Tirathaba dieselben goldenen Schüsseln, Becher und Kannen suchen ging, aus welchen Aaron einst vor der Stiftshütte das Trankopfer darbrachte,1 - sondern den Elias der Verheißung, das heißt den mächtigen Bahnbrecher des Reiches, der die Bresche gelegt hat, durch die der Messias einziehen wird. „Dieser, so ihr es wollt fassen, ist Elias, der da kommen soll".2 Den Propheten also achtete Jesus bereits gekommen, als er auftrat, mit dem die Phantasie des Volkes sich seit Nehemia mehr beschäftigt hatte, als mit dem Messias selbst, weil ihr in der Geschichte des Thisbiten ein Anhaltspunkt für ihre Gebilde gegeben war.3 Von ihm hatte Sirach gesagt, er sei bezeichnet zur Zurechtweisung für künftige Zeiten, den Zorn zu stillen vor dem Strafgerichte, und des Vaters Herz zum Sohne zu wenden, und die Stämme Jakobs herzustellen. „Heil denen, ruft er aus, die dich sehen und mit Liebe geschmückt sind! Denn auch wir werden leben“.4 Der Glaube an seine Wiederkunft hat dann einen officiellsten Ausdruck gefunden in der Einsetzungsurkunde Simons des Makkabäers, in der ausgesprochen war, daß Simon Anführer und Hohepriester sein solle bis zur Zeit des Propheten.5 So war es in den Tagen Jesu ein auch dem gemeinen Mann geläufiges Dogma, „Elia müsse zuvor kommen und Alles wieder zurecht bringen".6 Diese Wiederherstellung aller Dinge zu einem der messianischen Zeit würdigen Zustand hatte aber schon Maleachi in die sittliche Sphäre gerückt, als er versprach, Jehova werde Elias, den Propheten senden, der wird der Väter Herz

10-11.

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1 2 Mos. 25, 29. 2 Mth. 11, 14. —

3 Mal. 4, 5.

4 Sir. 48, 5 1 Mac. 14, 41: εἰς τὸν αἰῶνα ἕως τοῦ ἀναστῆναι προφήτην πιστόν.

6 Mr. 9, 11. Mth. 17, 14. Nicht weniger als die άnozurάotans nártov

wird ihm demnach zugedacht.

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