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die Verstandesbegriffe a priori der Kausalität, der Substanz irgendwodurch aus dem Erkenntnissvermögen entfernt werden können? Offenbar nicht. Vielmehr ist Unaustilgbarkeit gerade das Wesen der Begriffe a priori, also auch, sollte man denken, des Sittlichkeitsbegriffs.1

Wie wir nun oben schlossen: Kant hat den kategorischen Imperativ bei den unkultivirten Völkern schon vorhanden geglaubt; sonst hätte er seine Entstehungsgeschichte erörtert; so schliessen wir hier: Kant glaubte sein Sittengesetz dort noch vorhanden; sonst hätte er sich mit der Art und mit der Möglichkeit der Austilgung dieses Begriffes a priori beschäftigt.

Für diese Auffassung der Ethik Kant's spricht endlich noch folgende Stelle: Auch der ärgste Mensch thut auf das

1 Wohlverstanden: unvereinbar scheint es uns mit dem Charakter eines a priori in jedem vorhandenen Sittengesetzes auf ganzen Kulturstufen nicht vorhanden zu sein.

Hingegen ist es mit der Apriorität des Gesetzes vereinbar, keinen Gehorsam zu finden (cf. p. 12). Diesen Widerstreit zwischen dem, was wir unserm Bewusstsein nach sein sollen und dem, was wir wirklich sind, meint Kant, wenn er sagt: Gesetzt, dass man auch in der Erfahrung kein Beispiel, da das moralische Gesetz genau befolgt wäre, auftreiben könnte, so ist dasselbe doch gleichsam ein Faktum der reinen Vernunft" (K. d. p. V. p. 56 Kirchm.) Und: „alle Hochpreisungen, die das Ideal der Menschheit in ihrer moralischen Vollkommenheit betreffen, können durch die Beispiele des Widerspiels dessen, was die Menschen jetzt sind, gewesen sind oder zukünftig sein werden, an ihrer praktischen Realität nichts verlieren und die Anthropologie, welche aus blossen Erfahrungskenntnissen hervorgeht, kann der Anthroponomie, welche von der unbedingt gesetzgebenden Vernunft aufgestellt wird, keinen Abbruch thun" (Met. der Sitt. p. 242 Kirchm.). Aber, wie dieser Nomos der reinen gesetzgebenden Vernunft von ganzen Völkern nicht nur nicht befolgt werden, sondern in ihrer Vernunft fehlen kann; wie es denkbar ist, dass statt seiner andere Sittlichkeitsbegriffe thronen, die Frage hätte Kant gestellt und beantwortet, wenn der kategorische Imperativ, seiner Meinung nach, aus dem Bewusstsein des unkultivirten Menschen getilgt wäre.

moralische Gesetz nicht gleichsam rebellischer Weise Verzicht. Er kann es in seiner äussersten Verworfenheit allenfalls dahin bringen, sich daran gar nicht zu kehren, aber dessen Stimme zu hören, kann er doch nicht vermeiden. Wenn man daher sagt, dieser Mensch hat kein Gewissen, so meint man damit, er kehrt sich nicht an den Ausspruch desselben (Rel. innerh. d. Gr. d. bl. V. p. 39, 235, 285 K.).

§ 11.

Methode der Untersuchung.

Zugegeben, wird man denken, dass sich Kant und die übrigen Philosophen hierin geirrt haben; dass die sittlichen Urtheile, welche sie allen Menschen zuschrieben, blos einem Theil derselben eigenthümlich sind. Ist dieser Irrthum wichtig? Scheint es nicht, als hätten wir Mühe auf einen Punkt verwandt, welcher der Mühe nicht werth ist? Was liegt daran, ob unsere Moralgesetze mit der Menschheit zugleich geboren worden sind oder etwas später? Alles.

Wenn nämlich das Gewissen der Menschen von jeher dieselben Handlungen befohlen und verboten hätte, etwa Handlungen der Wohlthätigkeit einerseits, der Grausamkeit andererseits, so würde die Erklärung eines so allgemein auftretenden kapriciösen innern Gesetzes kaum möglich sein, oder, was dasselbe bedeutet, sie würde übernatürlich ausfallen. Denn, fragt man, wie kommt nur das Herz aller Menschen zu diesem nämlichen seltsamen Bewohner; wer hat ihn da einquartirt? So wird man auf Gott oder eine andere übersinnliche Entität geführt. Wenn dagegen in verschiedenen Zeitaltern verschiedene Gewissen herrschen; wenn man, zurückgehend in der Geschichte der Menschheit, auf eine Kulturstufe trifft, von

welcher Wohlthätigkeit nicht gelobt, Grausamkeit nicht verurtheilt wird, dann muss das Studium des Grenzgebietes zwischen den beiden Kulturstufen lehren, welche Ursachen die Schätzung der Wohlthätigkeit und den Tadel der Grausamkeit hervorgebracht haben.

Wir bedienen uns somit der Methode des Vergleichs und der genetischen Entwickelung. Der Vergleich verschiedener Kulturstufen zeigt, dass auf ihnen verschiedene Gewissen herrschen. Die genetische Betrachtungsweise enthüllt die Ursachen, vermöge deren das Gewissen der einen Kulturstufe sich aus dem der andern entwickelt hat.

Ethik ist also wesentlich eine historische Wissenschaft. Die Geschichte des Gewissens ist seine Erklärung. Wer keine fremde Moral kennt, kennt seine eigene nicht, gleichwie, wer keine fremde Sprache, keine fremde Religion kennt, seine eigene Sprache und Religion nicht kennt.

§ 12.

Gang der Untersuchung.

Forschend nach den natürlichen Ursachen unserer Schätzung des Wohlwollens, unsers Tadels der Grausamkeit, nehmen wir eine Kulturstufe zum Ausgangspunkt, auf welcher dieser Tadel und jene Schätzung noch nicht existiren. Indessen ganz vorn werden wir nicht anfangen. Das Zeitalter, mit welchem die vorliegende Untersuchung beginnt, kennt vielmehr nach Grote's Ausdruck: als helle Flecken in einem dunklen Zeitalter schon Ansätze der zu erklärenden moralischen Urtheile. Einzelne Kategorien von Menschen, besonders die Mitglieder der eigenen Sippe, mussten, nach den Forderungen der Moral in jenem Zeitalter, schon respektirt, durften sitt

licherweise nicht beraubt, ermordet werden. Von dieser Kulturstufe, welche auf einzelnen Punkten schon unser Gewissen in Wirksamkeit zeigt, werden wir uns schrittweise dem Zeitalter nähern, in welchem die Schädigung eines jeden Menschen vom Gewissen verdammt wird. Das aus dieser Forschung resultirende Erklärungsprinzip wird sich alsdann auch zur Erklärung jener Ansätze tauglich erweisen.

Erst untersuchen wir, wie das Häuflein Gewissen zum Haufen geworden ist; dann, wie sich das Häuflein gebildet hat.

II. Buch.

Die Entstehung der Elemente des Gewissens

in der Gattung.

1. Abschnitt.

Die Entstehung der Strafe.

§ 13.

Die Rache und ihre Historiker.

Das Zeitalter, von dem wir ausgehen, kennt, wie gesagt, auf einzelnen Punkten schon unsere Moral. Während es dort im Allgemeinen nicht für unsittlich gilt, Jemanden zu berauben oder zu ermorden, darf man doch die Mitglieder seiner eigenen Sippe (und etwa noch Freunde, Gastfreunde), sittlich betrachtet, nicht verletzen. Von dieser Kulturstufe aufwärts beschreibt das Gewissen, wie wir sehen werden, immer grössere Kreise. Anfangs eben nur die Mitglieder desselben Geschlechts respektirend zieht es seinen Kreis alsbald um alle Mitglieder desselben Gemeinwesens und schliesslich um die ganze Menschheit. Sippe (Geschlecht, Familie) Staat Menschheit: diese drei Punkte können durch historische Linien verbunden werden.

Die Entstehungsgeschichte des Geschlechts dagegen und der sittlichen Urtheile, welche jedem die Mitglieder seines

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