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In Folge dieses Arguments, unterscheidet Kant zwischen der theoretischen Vernunft und der praktischen Vernunft, und mit dieser, wie mit einem Zauberstäbchen, belebte er wieder den Leichnam des Deismus, den die theoretische Vernunft getödtet.

Hat vielleicht Kant die Resurekzion nicht blos des alten Lampe wegen, sondern auch der Polizei wegen unternommen? Oder hat er wirklich aus Ueberzeugung gehandelt? Hat er uns eben dadurch, dass er alle Beweise für das Dasein Gottes zerstörte, uns recht zeigen wollen, wie misslich es ist, wenn wir nichts von der Existenz Gottes wissen können? Er handelte da fast eben so weise, wie mein westphälischer Freund, welcher alle Laternen auf der Grohnderstrasse zu Göttingen zerschlagen hatte, und uns nun dort, im Dunkeln stehend, eine lange Rede hielt über die praktische Nothwendigkeit der Laternen, welche er nur deshalb theoretisch zerschlagen habe, um uns zu zeigen, wie wir ohne dieselben nichts sehen können.

Ich habe schon früher erwähnt, dass die Kritik der reinen Vernunft, bei ihrem Erscheinen, nicht die geringste Sensation gemacht. Erst mehre Jahre später, als einige scharffinnige Philosophen Erläuterungen über dieses Buch geschrieben, erregte es die Aufmerksamkeit des Publikums, und im Jahre 1789 war in Deutschland von nichts mehr die Rede als von Kant'scher Philosophie, und sie hatte schon in Hülle und Fülle ihre Commentare, Chrestomathien, Erklärungen, Beurtheilungen, Apologien u. s. w. Mau braucht nur einen

Blick auf den ersten besten philosophischen Katalog zu werfen und die Unzahl von Schriften, die damals über Kant erschienen, zeugt hinreichend von der geistigen Bewegung, die von diesem einzigen Manne ausging. Bei dem Einen zeigte sich ein schäumender Enthusiasmus, bei dem Andern eine bittere Verdriesslichkeit, bei vielen eine glotzende Erwartung über den Ausgang dieser geistigen Revoluzion. Wir hatten Emeuten in der geistigen Welt eben so gut wie Ihr in der materiellen Welt, und bei dem Niederreissen des alten Dogmatismus echauffirten wir uns eben so sehr wie Ihr beim Sturm der Bastille. Es waren freilich ebenfalls nur ein Paar alte Invaliden, welche den Dogmatismus, das ist die Wolf'sche Philosophie, vertheidigten. Es war eine Revoluzion, und es fehlte nicht an Greuel. Unter der Partei der Vergangenheit waren die eigentlichen guten Christen über jene Greuel am wenigsten ungehalten. Ja, sie wünschten noch schlimmere Greuel, damit sich das Maass fülle, und die Contrerevoluzion desto schneller als nothwendige Reakzion stattfinde. Es gab bei uns Pessimisten in der Philosophie wie bei Euch in der Politik. Manche unserer Pessimisten gingen in der Selbstverblendung so weit, dass sie sich einbildeten, Kant sei mit ihnen in einem geheimen Einverständniss und habe die bisherigen Beweise für das Dascin Gottes nur deshalb zerstört, damit die Welt einsehe, dass man durch die Vernunft nimmermehr zur Erkenntniss Gottes gelange, und dass man sich also hier an der geoffenbarten Religion halten müsse.

Diese grosse Geisterbewegung hat Kant nicht sowohl durch den Inhalt seiner Schriften hervorgebracht, als vielmehr durch den kritischen Geist, der darin waltete, und der sich jetzt in alle Wissenschaften eindrängte. Alle Disciplinen wurden davon ergriffen. Ja, sogar die Poesie blieb nicht verschont von ihrem Einfluss. Schiller z. B. war ein gewaltsamer Kantianer und seine Kunstansichten sind geschwängert von dem Geist der Kant'schen Philosophie. Der schönen Literatur und den schönen Künsten wurde diese Kant'sche Philosophie, wegen ihrer abstrakten Trockenheit, sehr schädlich. Zum Glück mischte sie sich nicht in die Kochkunst.

Das deutsche Volk lässt sich nicht leicht bewegen, ist es aber einmal in irgend eine Bahn hineinbewegt, so wird es dieselbe mit beharrlichster Ausdauer bis an's Ende verfolgen. So zeigten wir uns in den Angelegenheiten der Religion. So zeigten wir uns nun auch in der Philosophie. Werden wir uns eben so konsequent weiterbewegen in der Politik?

Deutschland war durch Kant in die philosophische Bahn hineingezogen, und die Philosophie ward eine Nazionalsache. Eine schöne Schaar grosser Denker sprosste plötzlich aus dem deutschen Boden wie hervorgezaubert. Wenn einst, gleich der französischen Revoluzion, auch die deutsche Philosophie ihren Thiers und ihren Mignet findet, so wird die Geschichte derselben eine eben so merkwürdige Lektüre bieten, und der Deutsche wird sie mit Stolz und der Franzose wird sie mit Bewunderung lesen.

Unter den Schülern Kant's ragte schon früher hervor Johann Gottlieb Fichte.

Ich verzweifle fast, von der Bedeutung dieses Mannes eines richtigen Begriff geben zu können. Bei Kant hatten wir nur ein Buch zu betrachten. Hier aber kommt ausser dem Buche auch ein Mann in Betrachtung; in diesem Manne sind Gedanke und Gesinnung eins, und in solcher grossartigen Einheit wirken sie auf die Mitwelt. Wir haben daher nicht blos eine Philosophie zu erörtern, sondern auch einen Charakter, durch den sie gleichsam bedingt wird, und um beider Einfluss zu begreifen, bedürfte es auch wohl einer Darstellung der damaligen Zeitverhältnisse. Welche weitreichende Aufgabe! Vollauf sind wir gewiss entschuldigt, wenn wir hier nur dürftige Mittheilungen bieten.

Schon über den Fichte'schen Gedanken ist sehr schwer zu berichten. Auch hier stossen wir auf eigenthümliche Schwierigkeiten. Sie betreffen nicht blos den Inhalt, sondern auch die Form und die Methode, beides Dinge, womit wir den Ausländer gern zunächst bekannt machen. Zuerst also über die Fichte'sche Methode. Diese ist anfänglich ganz dem Kant entlehnt. Bald aber ändert sich diese Methode durch die Natur des Gegenstandes. Kant hatte nämlich nur eine Kritik, also etwas Negatives, Fichte aber hatte späterhin ein System, folglich etwas Positives aufzustellen. Wegen jeneз Mangels an einem festen System, hat man der Kant'schen Philosophie manchmal den Titel „Philosophie" absprechen wollen. In Beziehung auf Immanuel

Kant selber hatte man Recht, keineswegs aber in Beziehung auf die Kantianer, die aus Kant's Sätzen eine hinlängliche Anzahl von festen Systemen susammengebaut. In seinen früheren Schriften bleibt Fichte, wie gesagt, der Kant'schen Methode ganz treu, so dass man seine erste Abhandlung als sie anonym erschien, für ein Werk von Kant halten konnte. Da Fichte aber später ein System aufstellt, so geräth er in ein eifriges, gar eigensinniges Konstruiren, und wenn er die ganze Welt konstruirt hat, so beginnt er eben so eifrig und eigensinnig von oben bis unten herab seine Konstrukzionen zu demonstriren. In diesem Konstruiren und Demonstriren bekundet Fichte eine so zu sagen abstrakte Leidenschaft. Wie in seinem System selbst, so herrscht bald die Subjektivität auch in seinem Vortrag. Kant hingegen legt den Gedanken vor sich hin, und sezirt ihn, und zerlegt ihn in seine feinsten Fasern, und seine Kritik der reinen Vernunft ist gleichsam das anatomische Theater des Geistes. Er selber bleibt dabei kalt, gefühllos, wie ein echter Wundarzt.

Wie die Methode so auch die Form der Fichte'schen Schriften. Sie ist lebendig, aber sie hat auch alle Fehler des Lebens: sie ist unruhig und verwirrsam. Um recht lebendig zu bleiben, verschmäht Fichte die gewöhnliche Terminologie der Philosophen, die ihm etwas Todtes dünkt; aber wir gerathen dadurch noch viel weniger zum Verständniss. Er hat überhaupt über Verständniss ganz eigene Grillen. Als Reinhold mit ihm gleicher Meinung war, erklärte Fichte, dass ihn niemand besser verstehe wie Reinhold. Als dieser aber

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