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veranschaulichen zu können, als indem ich ein Fragment aus Fichte's Tagebuch mittheile, das in einer Biographie desselben, die sein Sohn unlängst herausgegeben, enthalten ist:

„Am fünfundzwanzigsten Juni ging ich nach Königsberg ab mit einem Fuhrmann von dorther, und traf ohne besondere Fährlichkeiten am ersten Juli daselbst ein. Den vierten, Kant besucht, der mich indess nicht sonderlich aufnahm: ich hospitirte bei ihm, und fand auch da meine Erwartungen nicht befriedigt. Sein Vortrag ist schläfrig. Unterdess schrieb ich dies Tagebuch.

Schon lange wollte ich Kant ernsthafter besuchen, fand aber kein Mittel. Endlich fiel ich darauf, eine Kritik aller Offenbarungen zu schreiben, und sie ihm statt einer Empfehlung zu überreichen. Ich fing ungefähr den dreizehnten damit an, und arbeitete seitdem ununterbrochen fort. Am achtzehnten August überschickte ich endlich die nun fertig gewordene Arbeit an Kant, und ging den fünfundzwanzigsten hin, um sein Urtheil darüber zu hören. Er empfing mich mit ausgezeichneter Güte, und schien sehr wohl mit der Abhandlung zufrieden. Zu einem näheren wissenschaftlichen Gespräche kam es nicht; wegen meiner philosophischen Zweifel verwies er mich an seine Kritik der reinen Vernunft, und an den Hofprediger Schulz, den ich sofort aufsuchen werde. Am sechsundzwanzigsten speiste ich bei Kant, in Gesellschaft des Professor Sommer; und fand einen sehr angenehmen, geist

reichen Mann an Kant; erst jetzt erkannte ich Züge in ihm, die des grossen in seinen Schriften niedergelegten Geistes würdig sind."

,,Den siebenundzwanzigsten endigte ich dies Tagebuch, nachdem ich vorher schon die Excerpte aus den Kant'schen Vorlesungen über Anthropologie, welche mir Herr v. S. geliehen, beendigt hatte. Zugleich beschliesse ich, jenes hinführo ordentlich alle Abende vor Schlafengehn fortzusetzen, und alles Interessante was mir begegnet, besonders aber Charakterzüge und Bemerkungen einzutragen."

„Den achtundzwanzigsten, Abends. Noch gestern fing ich an, meine Kritik zu revidiren, und kam auf recht gute tiefe Gedanken, die mich aber leider überzeugten, dass die erste Bearbeitung von Grund aus oberflächlich ist. Heute wollte ich die neuen Untersuchungen fortsetzen, fand mich aber von meiner Phantasie so fortgerissen, dass ich den ganzen Tag Nichts habe thun können. In meiner jetzigen Lage ist dies nun leider kein Wunder! Ich habe berechnet, dass ich von heute an nur noch vierzehn Tage hier subsistiren kann. Freilich bin ich schon in solchen Verlegenheiten gewesen, aber es war in meinem Vaterlande, und dann wird es bei zunehmenden Jahren und dringenderem Ehrgefühl immer härter, Ich habe keinen Entschluss, kann keinen fassen. Dem Pastor Borowski, zu welchem Kant mich gehen liess, werde ich mich nicht entdecken; soll ich mich ja entdecken, so geschieht es an niemand, als Kant selbst."

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„Am neunundzwanzigsten ging ich zu Borowski, und fand an ihm einen recht guten, ehrlichen Mann. Er schlug mir eine Condizion vor, die aber noch nicht völlig gewiss ist, und die mich auch gar nicht sehr freut; zugleich nöthigte er mir durch seine Offenheit das Geständniss ab, dass ich pressirt sei, eine Versorgung zu wünschen. Er rieth mir, zu Professor W. zu gehn. Arbeiten habe ich nicht gekonnt. Am folgen

den Tage ging ich in der That zu W., und nachher zum Hofprediger Schulz. Die Aussichten bei ersterem sind sehr misslich; doch sprach er von Hauslehrerstellen im Curländischen, die mich ebenfalls nur die höchste Noth anzunehmen bewegen wird! Nachher zum Hofprediger, wo anfangs mich seine Gattin empfing. Auch er erschien, aber in mathematische Zirkel vertieft; nachher, als er meinen Namen genauer hörte, wurde er durch die Empfehlung Kant's desto freundlicher. Es ist ein eckiges preussisches Gesicht, doch leuchtet die Ehrlichkeit und Gutherzigkeit selbst aus seinen Zügen hervor. Ferner lernte ich da noch kennen Herrn Bräunlich und dessen Pflegbefohlnen, den Grafen Dänhof, Herrn Büttner, Neveu des Hofpredigers, und einen jungen Gelehrten aus Nürnberg, Herrn Ehrhard, einen guten, trefflichen Kopf, doch ohne Lebensart und Weltkenntniss."

,,Am ersten September stand ein Entschluss in mir fest, den ich Kant entdecken wollte; eine Hauslehrerstelle, so ungern ich dieselbe auch angenommen hätte, findet sich nicht, und die Ungewissheit meiner Lage hindert mich hier, mit freiem Geiste zu arbeiten, und des bildenden Umgangs meiner Freunde zu geniessen:

also fort, in mein Vaterland zurück! Das kleine Darlehen, welches ich dazu bedarf, wird mir vielleicht durch Kant's Vermittelung verschafft werden. Aber indem ich zu ihm gehn, und meinen Vorschlag ihm machen wollte, entfiel mir der Muth. Ich beschloss zu schreiben. Abends wurde ich zu Hofpredigers gebeten, wo ich einen sehr angenehmen Abend verlebte. Am zweiten vollendete ich den Brief an Kant und schickte ihn ab."

Trotz seiner Merkwürdigkeit, kann ich mich doch nicht entschliessen, diesen Brief hier in französischer Sprache mitzutheilen. Ich glaube, es steigt mir eine Röthe in die Wangen, und mir ist, als sollte ich die verschämtesten Kümmernisse der eignen Familie vor fremden Leuten erzählen. Trotz meinem Streben nach französischem Weltsinn, trotz meinem philosophischen Kosmopolitismus, sitzt doch immer das alte Deutschland mit allen seinen Spiessbürgergefühlen in meiner Brust. Genug, ich kann jenen Brief nicht mittheilen, und ich berichte hier nur: Immanuel Kant war so arm, dass er trotz der herzzerreissend rührenden Sprache jenes Briefes, dem Johann Gottlieb Fichte kein Geld borgen konnte. Letzterer ward aber darob nicht im mindesten unmuthig, wie wir aus den Worten des Tagebuchs, die ich noch hierhersetzen will, schliessen können:

,,Am dritten September wurde ich zu Kant eingeladen. Er empfing mich mit seiner gewöhnlichen Offenheit; sagte aber, er habe sich über meinen Vorschlag

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noch nicht resolvirt; jetzt bis in vierzehn Tagen sei er ausser Stande. Welche liebenswürdige Offenheit! Uebrigens machte er Schwierigkeiten über meine Desseins, welche verriethen, dass er unsere Lage in Sachsen nicht genug kennt. Alle diese Tage habe ich Nichts gemacht: ich will aber wieder arbeiten und das Uebrige schlechthin Gott überlassen. Am sechsten. Ich war zu Kant gebeten, der mir vorschlug, mein Manuskript über die Kritik aller Offenbarungen durch Vermittlung des Herrn Pfarrer Borowski an Buchhändler Hartung zu verkaufen. Es sei gut geschrieben, meinte er, da ich von Umarbeitung sprach. Ist dies wahr? Und doch sagt es Kant! Uebrigens schlug er mir meine erste Bitte ab. Am zehnten war ich zu Mittag bei Kant. Nichts von unserer Affaire; Magister Gensicher war zugegen, und nur allgemeine, zum Theil sehr interessante Gespräche: auch ist Kant ganz unverändert gegen mich derselbe.

Am dreizehnten, heute, wollte ich arbeiten, und thue Nichts. Mein Missmuth überfällt mich. Wie wird dies ablaufen? Wie wird es heut über acht Tage um mich stehen? Da ist mein Geld rein aufgezehrt!"

Nach vielem Umherirren, nach einem langen Aufenthalt in der Schweiz findet Fichte endlich eine feste Stelle in Jena, und von hieraus datirt sich seine Glanzperiode. Jena und Weimar, zwei sächsische Städtchen, die nur wenige Stunden von einander entfernt liegen, waren damals der Mittelpunkt des deutschen Geisterlebens. In Weimar war der Hof und die Poesie, in Jena war die Universität und die Philoso

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