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Le ciel défend, de vrai, certains contentements,
Mais on trouve avec lui des accomodements

dadurch wurde nicht blos die gewöhnliche Scheinheiligkeit persiflirt, sondern auch die allgemeine Lüge, die aus der Ausführbarkeit der christlichen Idee nothwendig entsteht; persiflirt wurde dadurch das ganze System von Concessionen, die der Spiritualismus dem Sensualismus machen musste. Wahrlich, der Jansenismus hatte immer weit mehr Grund, als der Jesuitismus sich durch die Darstellung des Tartüff verletzt zu fühlen, und Molière dürfte den heutigen Methodisten noch immer so missbehagen, wie den katholischen Devoten seiner Zeit. Darum eben ist Molière so gross, weil er, gleich Aristophanes und Cervantes, nicht blos temporelle Zufälligkeiten, sondern das Ewig-Lächerliche, die Urschwächen der Menschheit, persiflirt. Voltaire, der immer nur das Zeitliche und Unwesentliche angriff, muss ihm in dieser Beziehung nachstehen.

Jene Persiflage aber, namentlich die Voltairesche, hat in Frankreich ihre Mission erfüllt, und wer sie weiter fortsetzten wollte, handelte eben so unzeitgemäss, wie unklug. Denn wenn man die letzten sichtbaren Reste des Katholizismus vertilgen würde, könnte es sich leicht ereignen, dass die Idee desselben sich in eine neue Form, gleichsam in einen neuen Leib flüchtet, und, sogar den Namen Christenthum ablegend, in dieser Umwandlung uns noch weit verdriesslicher belästigen könnte, als in ihrer jetzigen gebrochenen, ruinirten und allgemein diskreditirten Gestalt. Ja, es hat sein Gutes, dass der Spiritualismus durch eine Religion und eine Priesterschaft repräsentirt werde, wo

von die erstere ihre beste Kraft schon verloren und letztere mit dem ganzen Freiheitsenthusiasmus unserer Zeit in direkter Opposition steht.

Aber warum ist uns denn der Spiritualismus so sehr zuwider? Ist er etwas so Schlechtes? Keineswegs. Rosenoel ist eine kostbare Sache, und ein Fläschchen desselben ist erquicksam, wenn man in den verschlossenen Gemächern des Harem seine Tage vertrauern muss. Aber wir wollen dennoch nicht, dass man alle Rosen dieses Lebens zertrete und zerstampfe, um einige Tropfen Rosenoel zu gewinnen, und mögen diese noch so tröstsam wirken. Wir sind vielmehr wie die Nachtigallen, die sich gern an der Rose selber ergötzen, und von ihrer erröthend blühenden Erscheinung eben so beseligt werden, wie von ihrem unsichtbaren Dufte.

Ich habe oben geäussert, dass es eigentlich der Spiritualismus war, welcher bei uns den Katholizismus angriff. Aber dieses gilt nur vom Anfang der Reformazion; sobald der Spiritualismus in das alte Kirchengebäude Bresche geschossen, stürzte der Sensualismus hervor mit all seiner lang verhaltenen Gluth, und Deutschland wurde der wildeste Tummelplatz von Freiheitsrausch und Sinnenlust. Die unterdrückten Bauern hatten in der neuen Lehre geistliche Waffen gefunden, mit denen sie den Krieg gegen die Aristokratie führen konnten; die Lust zu einem solchen Kriege war schon seit anderthalb Jahrhundert vorhanden. Zu Münster lief der Sensualismus nackt durch die Strassen, in der Gestalt des Jan van Leiden, und legte sich mit seinen zwölf Weibern in jene grosse Bettstelle, welche noch heute auf dem dortigen Rathhause zu

sehen ist. Die Klosterpforten öffneten sich überall, und Nonnen und Mönchlein stürzten sich in die Arme und schnäbelten sich. Ja, die äussere Geschichte jener Zeit besteht fast aus lauter sensualischen Emeuten; wie wenig Resultate davon geblieben, wie der Spiritualismus jene Tumultuanten wieder unterdrückte, wie er allmählich im Norden seine Herrschaft sicherte, aber durch einen Feind, den er im eigenen Busen erzogen, nämlich durch die Philosophie, zu Tode verwundet wurde, sehen wir später. Es ist dieses eine sehr verwickelte Geschichte, schwer zu entwirren. Der katholischen Partei wird es leicht, nach Belieben die schlimmsten Motive hervorzukehren, und wenn man sie sprechen hört, galt es nur die frechste Sinnlichkeit zu legitimiren und die Kirchengüter zu plündern. Freilich, die geistigen Interessen müssen immer mit den materiellen Interessen eine Allianz schliessen, um zu siegen. Aber der Teufel hatte die Karten so sonderbar gewischt, dass man über die Intenzionen nichts Sicheres mehr sagen kann.

Die erlauchten Leute, die Anno 1521 im Reichssaale zu Worms versammelt waren, mochten wohl allerlei Gedanken im Herzen tragen, die im Widerspruch standen mit den Worten ihres Mundes. Da sass ein junger Kaiser, der sich, mit jugendlicher Herrscherwonne, in seinen neuen Purpurmantel wickelte, und sich heimlich freute, dess der stolze Römer, der die Vorgänger im Reiche so oft misshandelt und noch immer seine Anmassungen nicht aufgegeben, jetzt die wirksamste Zurechtweisung gefunden. Der Repräsentant jenes Römers hatte seinerseits wieder die geheime Freude, dass ein

Zwiespalt unter jenen Deutschen entstand, die, wie betrunkene Barbaren, so oft das schöne Italien überfallen und ausgeplündert, und es noch immer mit neuen Ueberfällen und Plünderungen bedrohten. Die weltlichen Fürsten freuten sich, dass sie, mit der neuen Lehre, sich auch zu gleicher Zeit die alten Kirchengüter zu Gemüthe führen konnten. Die hohen Prälaten überlegten schon, ob sie nicht ihre Köchinnen heirathen und ihre Kurstaaten, Bisthümer und Abteien auf ihre männlichen Sprösslinge vererben könnten. Die Abgeordneten der Städte freuten sich einer neuen Erweiterung ihrer Unabhängigkeit. Jeder hatte hier was zu gewinnen und dachte heimlich an irdische Vortheile.

Doch ein Mann war dort, von dem ich überzeugt bin, dass er nicht an sich dachte, sondern nur an die göttlichen Interessen, die er vertreten sollte. Dieser Mann war Martin Luther, der arme Mönch, den die Vorsehung auserwählt, jene römische Weltmacht zu brechen, wogegen schon die stärksten Kaiser und kühnsten Weisen vergeblich angekämpft. Aber die Vorsehung weiss sehr gut, auf welche Schultern sie ihre Lasten legt; hier war nicht blos eine geistige, sondern auch eine physische Kraft nöthig. Eines durch klösterliche Strenge und Keuschheit von Jugend auf gestählten Leibes bedurfte es, um die Mühseligkeiten eines solchen Amtes zu ertragen. Unser theurer Meister war damals noch mager und sah sehr blass aus, so dass die rothen wohlgefütterten Herren des Reichstags fast mit Mitleid auf den armseligen Mann in der schwarzen Kutte herabsahen. Aber er war doch

ganz gesund, und seine Nerven waren so fest, dass ihn der glänzende Tumult nicht im mindesten einschüchterte, und gar seine Lunge muss stark gewesen seyn. Denn, nachdem er seine lange Vertheidigung gesprochen, musste er, weil der Kaiser kein Hochdeutsch verstand, sie in lateinischer Sprache wiederholen. Ich ärgere mich jedesmal, wenn ich daran denke; denn unser theurer Meister stand neben einem offenen Fenster, der Zugluft ausgesetzt, während ihm der Schweiss von der Stirne troff. Durch das lange Reden mochte er wohl sehr ermüdet und sein Gaumen mochte wohl etwas trocken geworden seyn. Der muss jetzt grossen Durst haben, dachte gewiss der Herzog von Braunschweig; wenigstens lesen wir, dass er dem Martin Luther drei Kannen des besten Eimbecker Biers in die Herberge zuschickte. Ich werde diese edle That dem Hause Braunschweig nie vergessen.

Wie von der Reformazion, so hat man auch von ihren Helden sehr falsche Begriffe in Frankreich. Die nächste Ursache dieses Nichtbegreifens liegt wohl darin, dass Luther nicht blos der grösste, sondern auch der deutscheste Mann unserer Geschichte ist; dass in seinem Charakter alle Tugenden und Fehler der Deutsehen auf's Grossartigste vereinigt sind, dass er auch persönlich das wunderbare Deutschland repräsentirt. Dann hatte er auch Eigenschaften, die wir selten vereinigt finden, und die wir gewöhnlich sogar als feindliche Gegensätze antreffen. Er war zugleich ein träumerischer Mystiker und ein praktischer Mann in der That. Seine Gedanken hatten nicht blos Flügel, sondern auch Hände; er sprach und handelte. Er war

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