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Zweites Buch.

Im vorigen Buche haben wir von der grossen religiösen Revoluzion gehandelt, die von Martin Luther in Deutschland repräsentirt ward. Jetzt haben wir von der philosophischen Revoluzion zu sprechen, die aus jener hervorging, ja, die eben nichts anderes ist, wie die letzte Consequenz des Protestantismus.

Ehe wir aber erzählen wie diese Revoluzion durch Immanuel Kant zum Ausbruch kam, müssen wir die philosophischen Vorgänge im Auslande, die Bedeutung des Spinoza, die Schicksale der Leibnitzischen Philosophie, die Wechselverhältnisse dieser Philosophie und der Religion, die Reibungen derselben, ihr Zerwürfniss u. dgl. mehr erwähnt werden. Beständig aber halten wir im Auge diejenigen von den Fragen der Philosophie, denen wir eine sociale Bedeutung beimessen, und zu deren Lösung sie mit der Religion konkurrirt.

Dieses ist nun die Frage von der Natur Gottes. Gott ist Anfang und Ende aller Weisheit! sagen die Gläubigen in ihrer Demuth, und der Philosoph, in allem Stolze seines Wissens, muss diesem frommen Spruche beistimmen.

Nicht Baco, wie man zu lehren pflegt, sondern Rene Descartes ist der Vater der neuern Philosophie, und

in welchem Grade die deutsche Philosophie von ihm abstammt, werden wir ganz deutlich zeigen.

Rene Descartes ist ein Franzose, und dem grossen Frankreich gebührt auch hier der Ruhm der Iniziative. Aber das grosse Frankreich, das geräuschvolle, bewegte, vielschwatzende Land der Franzosen, war nie ein geeigneter Boden für Philosophie, diese wird vielleicht niemals darauf gedeihen, und das fühlte Rene Descartės, und er ging nach Holland, dem stillen, schweigenden Lande der Trekschuiten und Holländer, und dort schrieb er seine philosophischen Werke. Nur dort konnte er seinen Geist von dem tradizionellen Formalismus befreien und eine ganze Philosophie aus reinen Gedanken emporbauen, die weder dem Glauben noch der Empirie abgeborgt sind, wie es seitdem von jeder wahren Philosophie verlangt wird. Nur dort konnte er so tief in des Denkens Abgründe sich versenken, dass er es in den letzten Gründen des Selbstbewustseins ertappte, und er eben durch den Gedanken das Selbstbewusstsein konstatiren konnte, in dem weltberühmten Satze: cogito ergo sum.

Aber auch vielleicht nirgends anders als in Holland konnte Descartes es wagen, eine Philosophie zu lehren, die mit allen Tradizionen der Vergangenheit in den offenbarsten Kampf gerieth. Ihm gebührt die Ehre, die Autonomie der Philosophie gestiftet zu haben; diese brauchte nicht mehr die Erlaubniss zum Denken von der Theologie zu erbetteln und durfte sich jetzt als selbstständige Wissenschaft neben dieselbe hinstellen. Ich sage nicht: derselben entgegensetzen, denn es galt damals der Grundsatz: die Wahrheiten, wozu

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