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Pietisten seinen Anhängern geblieben ist. Er war ein frommer Mann, Ehre seinem Andenken. Ein Berliner Pietist, Herr Franz Horn, hat eine gute Biographie von ihm geliefert. Das Leben Spener's ist ein beständiges Martyrthum für die christliche Idee. Er war in diesem Betracht seinen Zeitgenossen überlegen. Er drang auf gute Werke und Frömmigkeit, er war vielmehr ein Prediger des Geistes als des Wortes. Sein homiletisches Wesen war damals löblich. Denn die ganze Theologie, wie sie auf den erwähnten Universitäten gelehrt wurde, bestand nur in engbrüstiger Dogmatik und wortklaubender Polemik. Exegese und Kirchengeschichte wurden ganz bei Seite gesetzt.

Ein Schüler jenes Spener's, Hermann Franke, begann in Leipzig Vorlesungen zu halten nach dem Beispiele und im Sinne seines Lehrers. Er hielt sie auf deutsch, ein Verdienst, welches wir immer gern mit Anerkennung erwähnen. Der Beifall, den er dabei erwarb, erregte den Neid seiner Collegen, die deshalb unserem armen Pietisten das Leben sehr sauer machten. Er musste das Feld räumen, und er begab sich nach Halle, WO er mit Wort und That das Christenthum lehrte. Sein Andenken ist dort unverwelklich, denn er ist der Stifter des Halleschen Waisenhauses. Die Universität Halle ward nun bevölkert von Pietisten und man nannte sie „die Waisenhauspartei." Nebenbei gesagt, diese hat sich dort bis auf heutigen Tag erhalten; Halle ist noch bis jetzt die Taupinière der Pietisten, und ihre Streitigkeiten mit den protestantischen Razionalisten haben noch vor einigen Jahren einen Scandal erregt, der durch ganz Deutschland seinen Missduft

verbreitete. Glückliche Franzosen, die Ihr nichts davon gehört habt! Sogar die Existenz jener evangelischen Klatschblätter, worin die frommen Fischweiber der protestantischen Kirche sich weidlich ausgeschimpft, sind Euch unbekannt geblieben. Glückliche Franzosen, die Ihr keinen Begriff davon habt, wie hämisch, wie kleinlich, wie widerwärtig unsre evangelischen Priester einander begeifern können. Ihr wisst, ich bin kein Anhänger des Katholizismus. In meinen jetzigen religiösen Ueberzeugungen lebt zwar nicht mehr die Dogmatik, aber doch immer der Geist des Protestantismus. Ich bin also für die protestantische Kirche noch immer parteiisch. Und doch muss ich, der Wahrheit wegen, eingestehen, dass ich nie in den Annalen des Papismus solche Miserabilitäten gefunden habe, wie in der Berliner evangelischen Kirchenzeitung bei dem erwähnten Scandal zum Vorschein kamen. Die feigsten Mönchstücken, die kleinlichsten Klosterränke sind noch immer noble Gutmüthigkeiten in Vergleichung mit den christlichen Heldenthaten die unsere protestantischen Orthodoxen und Pietisten gegen die verhassten Razionalisten ausübten. Von dem Hass, der bei solchen Gelegenheiten zum Vorschein kommt, habt Ihr Franzosen keinen Begriff. Die Deutschen sind aber überhaupt vindicativer als die romanischen Völker.

Das kommt daher, sie sind Idealisten auch im Hass. Wir hassen uns nicht um Aussen dinge, wie Ihr, etwa wegen beleidigter Eitelkeit, wegen eines Epigramms, wegen einer nicht erwiederten Visitenkarte, nein, wir hassen bei unsern Feinden das Tiefste, das Wesentlichste, das in ihnen ist, den Gedanken. Ihr Franzosen

seid leichtfertig und oberflächlich, wie in der Liebe, so auch im Hass. Wir Deutschen hassen gründlich, dauernd; da wir zu ehrlich, auch zu unbeholfen sind, um uns mit schneller Perfidie zu rächen, so hassen wir bis zu unserem letzten Athemzug.

Ich kenne, mein Herr, diese deutsche Ruhe, sagte jüngst eine Dame, indem sie mich mit grossge öffneten Augen ungläubig und beängstigt ansah; ich weiss, Ihr Deutschen gebraucht dasselbe Wort für Verzeihen und Vergiften. Und in der That sie hat Recht, das Wort Vergeben bedeutet beides.

Es waren nun, wenn ich nicht irre, die Halle'schen Orthodoxen, welche, in ihrem Kampfe mit den eingesiedelten Pietisten, die Wolf'sche Philosophie zü Hülfe riefen. Denn die Religion, wenn sie uns nicht mehr verbrennen kann, kommt sie bei uns betteln. Aber alle unsere Gaben bringen ihr schlechten Gewinn. Das mathematische, demonstrative Gewand, womit Wolf die arme Religion recht liebevoll eingekleidet hatte, passte ihr so schlecht, dass sie sich noch beengter fühlt und in dieser Beengniss sehr lächerlich machte. Ueberall platzten die schwachen Näthe. Besonders der verschämte Theil, die Erbsünde, trat hervor in seiner grellsten Blösse. Hier half kein logisches Feigenblatt. Christlich lutherische Erbsünde und Leibnitz-Wolfscher Optimismus sind unverträglich. Die französische Persiflage des Optimismus missfiel daher am wenigsten unseren Theologen. Voltaire's Witz kam der nackten Erbsünde zu Gute. Der deutsche Panglos hat HEINE. Der Salon, II.

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aber, durch die Vernichtung des Optimismus sehr viel verloren und suchte lange nach einer ähnlichen Trostlehre, bis das Hegel'sche Wort,,alles was ist, ist vernünftig!” ihm einigen Ersatz bot.

Von dem Augenblick an, wo eine Religion bei der Philosophie Hülfe begehrt, ist ihr Untergang unabwendlich. Sie sucht sich zu vertheidigen und schwatzt sich immer tiefer in's Verderben hinein. Die Religion, wie jeder Absolutismus, darf sich nicht justifiziren. Prometheus wird an den Felsen gefesselt von der schweigenden Gewalt. Ja, Aeschylus lässt die personifizirte Gewalt kein einziges Wort reden. Sie muss stumm seyn.

Seitdem nun, wie ich oben erzählt, die Religion Hülfe suchte bei der Philosophie, wurden von den deutschen Gelehrten, ausser der neuen Einkleidung, noch unzählige Experimente mit ihr angestellt. Man wollte ihr eine neue Jugend bereiten, und man benahm sich dabei ungefähr wie Medea bei der Verjüngung des Königs Aeson. Zuerst wurde ihr zur Ader gelassen, alles abergläubische Blut wurde ihr langsam abgezapft; um mich bildlos auszudrücken: es wurde der Versuch gemacht, allen historischen Inhalt aus dem Christenthume herauszunehmen und nur den moralischen Theil zu bewahren. Hierdurch ward nun das Christenthum zu einem reinen Deismus. Christus hörte auf Mitregent Gottes zu seyn, er wurde gleichsam mediatisirt, und nur noch als Privatperson fand er anerkennende Verehrung. Seinen moralischen Charakter lobte man über alle Massen. Man konnte nicht genug rühmen, welch ein braver

Mensch er gewesen sei. Was die Wunder betrifft, die er verrichtet, so erklärte man sie physikalisch, oder man suchte so wenig Aufhebens als möglich davon zu machen. Wunder, sagten Einige, waren nöthig in jenen Zeiten des Aberglaubens, und ein vernünftiger Mann, der irgend eine Wahrheit zu verkündigen hatte, bediente sich ihrer gleichsam als Annonçe. Diese Theologen, die alles Historische aus dem Christenthume schieden, heissen Razionalisten, und gegen diese wendete sich sowohl die Wuth der Pietisten als auch der Orthodoxen, die sich seitdem minder heftig befehdeten und nicht selten verbündeten. Was die Liebe nicht vermochte, das vermochte der gemeinschaftliche Hass, der Hass gegen die Razionalisten.

Diese Richtung in der protestantischen Theologie beginnt mit dem ruhigen Semmler, den Ihr nicht kennt, erstieg schon eine besorgliche Höhe mit dem klaren Teller, den Ihr auch nicht kennt, und erreichte ihren Gipfel mit dem seichten Bahrdt, an dessen Bekanntschaft Ihr nichts verliert. Die stärksten Anregungen kamen von Berlin, wo Friedrich der Grosse und der Buchhändler Nicolai regierten.

Ueber ersteren, den gekrönten Materialismus, seid Ihr hinlänglich unterrichtet. Ihr wisst, dass er französische Verse machte, sehr gut die Flöte bliess, die Schlacht bei Rossbach gewann, viel Tabak schnupfte und nur an Kanonen glaubte. Einige von Euch haben gewiss auch Sans-souçi besucht, und der alte Invalide, der dort Schlosswart, hat Euch in der Bibliothek die

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