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Es sey, weil es zur Noth seyn könnte; aber der Grund ist doch ganz nichtig. Der Schlaf war bei allen Dichtern eine jugendliche Gottheit; er liebte eine von den Grazien, und Juno, für einen wichtigen Dienst, gab ihm diese Grazie zur Ehe. Gleichwohl sollten ihn die Künstler als einen Greis gebildet haben? Das wäre von ihnen nicht zu glauben, wenn auch in keinem Denkmale das Gegentheil mehr sichtbar wäre.

Doch nicht der Schlaf bloß, wie wir gesehen, auch noch ein

Εγω δε, μη μιασμα μ' εν δόμοις κιχη,
Λείπω μελάθρων τηνδε φιλτάτην ςεγην.

Ich halte diesen Umstand, daß die Götter sich durch den Anblick eines Todten nicht verunreinigen durften, hier für jebr erheblich. Er ist ein zweiter Grund, warum es Amor nicht seyn kann, der bei dem Leichname steht, und zugleich ein Grund wider alle andere Götter; den einzigen Gott ausgenommen, welcher sich unmöglich durch Erblickung eines Todten verunrei

zweiter Schlaf, der nichts anders als der Tod seyn kann, ist nigen konnte, den Tod selbst.

sowohl auf den unbekanntern Monumenten des Winkelmann, als auf den bekannteren des Boissard, gleich einem jungen Genius, mit umgestürzter Fackel zu sehen. Ist der Tod dort ein junger Genius: warum könnte ein junger Genius hier nicht der Tod seyn? Und muß er es nicht seyn, da außer der umgestürzten Fackel auch alle übrige seiner Attributen die schönsten, redendsten Attribute des Todes find?

Was kann das Ende des Lebens deutlicher bezeichnen, als eine verloschene, umgestürzte Fackel? Wenn dort der Schlaf, diese kurze Unterbrechung des Lebens, sich auf eine solche Fackel stüßt: mit wie viel größerem Rechte darf es der Tod?

Auch die Flügel kommen noch mit größerem Rechte ihm, als dem Schlafe zu. Denn seine Ueberraschung ist noch plötzlicher, sein Uebergang noch schneller.

sagt Horaz.'

Seu me tranquilla Senectus Exspectat, seu Mors atris circumvolat alis:

Und der Kranz in seiner Linken? Es ist der Todtenkranz. Alle Leichen wurden bei Griechen und Römern bekränzt; mit Kränzen ward die Leiche von den hinterlassenen Freunden beworfen; bekränzt wurden Scheiterhaufe und Urne und Grabmal. 2

Endlich, der Schmetterling über diesem Kranze? Wer weiß nicht, daß der Schmetterling das Bild der Seele und besonders der von dem Leibe geschiedenen Seele vorstellt.

Hierzu kömmt der ganze Stand der Figur, neben einem Leichnam, und gestützt auf diesen Leichnam. Welche Gottheit, welches höhere Wesen könnte und dürfte diesen Stand haben, wenn es nicht der Tod selbst wäre? Ein todter Körper verunreinigte, nach den Begriffen der Alten, alles, was ihm nahe war, und nicht allein die Menschen, welche ihn berührten oder nur sahen, sondern auch die Götter selbst. Der Anblick eines Todten war schlechterdings keinem von ihnen vergönnt.

Εμοι γαρ οὐ θεμις φθιτους ὁραν

sagt Diana, bei dem Euripides,3 zu dem sterbenden Hippolyt. Ja, um diesen Anblick zu vermeiden, mußten sie sich schon entfernen, sobald der Sterbende die letzten Athemzüge that. Denn Diana fährt dort fort:

Οὐδ' όμμα χραίνειν θανασιμοισιν ἐκπνοαις ̇
Όρω δε σ' ήδη τουδε πλησιον κακου

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Oder meint man, daß vielleicht doch noch Eine Gottheit hiervon auszunehmen seyn dürfte? Nämlich der eigentliche Eenius, der eigentliche Schutzgeist des Menschen. Wäre es denn, könnte man sagen, so etwas ungereimtes, daß der Genius des Menschen trauernd bei dem Körper stünde, durch dessen Erstarrung er sich auf ewig von ihm trennen müssen? Doch wenn das schon nicht ungereimt wäre, so wäre es doch völlig wider die Denkungsart der Alten, nach welcher auch der eigentliche Schutzgeist des Menschen den völligen Tod deffelben nicht abwartete, sondern sich von ihm noch eher trennte, als in ihm die gänzliche Trennung zwischen Seele und Leib geschah. Hiervon zeugen sehr deutliche Stellen; ' und folglich kann auch dieser Genius der eigentliche Genius des eben verschiednen Menschen nicht seyn, auf dessen Brust er sich mit der Fackel stützt.

Noch darf ich eine Besonderheit in dem Stande desselben nicht mit Stillschweigen übergehen. Ich glaube in ihr die Bestätigung einer Muthmaßzung zu erblicken, die ich an eben derselben Stelle des Laokoon berührte. Sie hat Widerspruch gefunden, diese Muthmaßung; es mag sich nun zeigen, ob sie ihn zu behalten verdient.

2

Wenn nämlich Pausanias die gleich anfangs erwähnte Vorstellung, auf der Kiste in dem Tempel der Juno zu Elis, beschreibt, wo unter andern eine Frau erscheine, die in ihrer Rechten einen schlafenden weißen Knaben halte, in ihrer Linken aber einen schwarzen Knaben, zadɛvdovti doizota, welches eben sowohl heißen kann, der jenem schlafenden Knaben ähnlich sey, als, der zu schlafen scheine: so setzt er hin311: ἀμφοτερους διεςραμμένους τους πόδας. Siefe Berte giebt der lateinische Uebersetzer durch: distortis utrinque pedibus; und der französische durch: les pieds contrefaits. Ich fragte: was sollen hier die krummen Füße? wie kommen der Schlaf und der Tod zu diesen ungestaltenen Gliedern? was können sie andeuten sollen? Und in der Verlegenheit, mir hierauf aut antworten, diug id vor, διεςραμμένους τους πόδας nicht durch krumme, sondern durch über einander geschlagene Füße zu überseßen, weil dieses die gewöhnliche Lage der Schlafenden sey, und der Schlaf auf alten Monumenten nicht anders liege.

Erst wird es, wegen einer Verbesserung, die Sylburg in eben den Worten machen zu müssen glaubte, nöthig seyn, die ganze Stelle in ihrem Zusammenhange anzuführen: Ileroinrai бе zvvn παιδα λευκον καθεύδοντα ἀνέχουσα τη δεξια χειρι, τῇ δε έτερα μελανα έχει παιδα καθεύδοντι ἐοικοτα, ἀμφοτερους διεςραμμένους τους πόδας. Sylburg fanb das Siegpannevovs anstößig, und meinte, daß es besser sevn würse, διεςραμμενον Safir au lefen, weil ἐοικοτα verber

1 Wonna Exercit. III. de Geniis, cap. 2. §. 7.

2. 121. (Bb. II. S. 24.)

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gehe, und beides sich auf rauda beziehe. Doch diese Verände rung würde nicht allein sehr überflüssig, sondern auch ganz falsch seyn. Ueberflüssig: denn warum soll sich nun eben das Siazoepsódai auf raida beziehen, da es sich eben sowohl auf duporegovs oder rodas beziehen kann? Falsch: denn sonach würde auporepors nur zu rodas gehören können, und man würde überseßen müssen: krumm an beiden Füßen; da es doch auf das doppelte raida geht, und man überseßen muß, beide mit krummen Füßen. Wenn anders S18gpaṇusvos hier krumm heißt, und überhaupt krumm heißen kann!

Zwar muß ich gestehen, daß ich damals, als ich den Ort im Laokoon schrieb, schlechterdings keine Auslegung kannte, warum der Schlaf und der Tod mit krummen Füßen sollten seyn gebildet worden. Ich habe erst nachher beim Rondel2 gefunden, daß die Alten durch die krummen Füße des Schlafes die Ungewißheit und Betrüglichkeit der Träume andeuten wollen. Aber worauf gründet sich dieses Vorgeben? und was wäre es auch damit? Was es erklären sollte, würde es höchstens nur zur Hälfte erklären. Der Tod ist doch wohl ohne Träume, und dennoch hatte der Tod eben so krumme Füße. Denn, wie gesagt, das duporepovs muß schlechterdings auf das doppelte vorhergehende naida sich beziehen, sonst würde duporepovg zu rovę rodas genommen, ein sehr schaler Pleonasmus seyn. Wenn ein Mensch krumme Füße hat, so versteht es sich ja wohl, daß sie beide krumm sind.

Oder sollte wohl jemand auch nur deßwegen sich die Lesart des Sylburg (818goaunevov für disgoauusvors) gefallen lassen, um die krummen Füße bloß und allein dem Schlafe beilegen zu können? Nun so zeige mir dieser Eigensinnige doch irgend einen antiken Schlaf mit dergleichen Füßen. Es sind sowohl ganz runde als halberhabene Werke genug übrig, in welchen die Alterthumskundigen einmüthig den Schlaf erkennen. Wo ist ein einziger, an welchem sich krumme Füße auch nur argwohnen ließen?

Was folgt aber hieraus? Sind die krummen Füße des Todes und des Schlafes ohne alle befriedigende Bedeutung; sind die krummen Füße des leztern in keiner antiken Vorstellung desselben sichtbar: so meine ich, folgt wohl nichts natürlicher, als die Vermuthung, daß es mit diesen krummen Füßen überhaupt eine Grille seyn dürfte. Sie gründen sich auf eine einzige Stelle des Pausanias, auf ein einziges Wort in dieser Stelle, und dieses Wort ist noch dazu eines ganz andern Sinnes fäbig!

Denn Si86rpauuevos, von diɑorpepei, heißt nicht sowohl frumm, verbogen, als nur überhaupt verwandt, aus seiner Richtung gebracht; nicht sowohl tortuosus, distortus, als obliquus, transversus, und rodes disorgane voi sind also nicht nur eben sowohl durch quer, überzwerch liegende Füße, als durch krumme Füße zu übersetzen; sondern durch jenes sogar noch besser und eigentlicher zu übersetzen, als durch dieses.

Doch daß disorgauuevos bloß so übersetzt werden könnte, würde noch wenig entscheiden. Der eigentlichere Sinn ist nicht immer der wahre. Von größerm, den völligen Ausschlag ge

1 Rectius διετραμμενον, ut antea ἐοικοτα, respiciunt enim Accuativum παιδα.

2 Expos. Signi veteris Tolliani p. 294. Fortuitorum Jacobi Tollii.

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bendem Gewicht ist also dieses, daß die rodes disorgannevor, so übersetzt wie ich sage, durch über einander geschlagen übersetzt, nicht allein, sowohl bei dem Tode als bei dem Schlafe, die schönste angemessenste Bedeutung haben, sondern auch häufig auf alten Denkmälern zu erblicken sind.

Ueber einander geschlagene Füße sind die natürliche Lage, die der Mensch in einem ruhigen gefunden Schlafe nimmt. Diese Lage haben die alten Künftler auch einstimmig jeder Person gegeben, die sie in einem solchen Schlafe zeigen wollen. So schläft die vermeinte Cleopatra im Belvedere; so schläft die Nymphe auf einem alten Monumente beim Boissard; so schläft, oder will eben entschlafen, der Hermaphrodit des Dioskurides. Es würde sehr überflüssig seyn, dergleichen Exempel zu häufen. Ich wüßte mich jetzt nur einer einzigen alten Figur zu erinnern, welche in einer andern Lage schliefe. — (Dem Herrn Kloß unverwehrt, geschwind seine Kupferbücher durchzublättern, und mir mehrere zu zeigen!) Aber diese einzige Figur ist auch ein trunkener Faun, dem der gährende Wein keinen ruhigen Schlaf vergönnen darf.' Bis auf die schlafenden Thiere, beobachteten die alten Künstler die angegebene Lage. Die zwei antiken Löwen, von gelblichem Marmor, unter den königlichen Alterthiimern zu Berlin, schlafen mit über einander geschlagenen Vorderfüßen, auf welchen der Kopf ruhet. Kein Wunder folglich, daß man auch den Schlaf selbst, in dieser den Schlafenden so gewöhnlichen Lage, von ihnen vorgestellt sieht. Ich verwies auf den Schlaf beim Maffei, 2 und ich hätte eben sowohl auf den ähnlichen Marmor des Tollius verweisen können. Zwei kleinerer, ehedem bei dem Connetable Colonna, von jenen wenig oder nichts unterschieden, erwähnt ebenfalls Maffei.

Ja auch an wachenden Figuren ist die Lage der über einan der geschlagenen Füße das Zeichen der Ruhe. Nicht wenige von den ganz oder halb liegenden Flußgöttern ruhen so auf ihren Urnen, und sogar an stehenden Personen ist ein Fuß über den andern geschlagen, der eigentliche Stand des Verweilens und der Erholung. Daher erscheinen die Mercure und Faune so manchmal in diesem Stande; besonders, wenn wir sie in ihre Flöte, oder sonst ein erquickendes Spiel, vertieft finden.

Nun wäge man alle diese Wahrscheinlichkeiten gegen die blank und bloßen Widersprüche ab, mit welchem man meine Auslegung abfertigen wollen. Der gründlichste ist noch der, der sich von einem Gelehrten herschreibt, dem ich wichtigere Erinnerungen zu danken habe. „Die Leffingische Erklärung des διεστραμμένους τους πόδας," fagt ber Berfaffer ber fritiden Wälder, 3 „scheint dem Sprachgebrauche zu widersprechen; und wenn es aufs Muthmaßen ankäme, könnte ich eben so sagen: sie schliefen mit über einander geschlagenen Füßen, d. i. des einen Fuß streckte sich über den andern hin, um die Verwandtschaft des Schlafes und Todes anzuzeigen u. s. w."

Wider den Sprachgebrauch? wie das? Heißt died roauusvos etwas anders, als verwandt? und muß denn alles, was verwandt ist, nothwendig krumm seyn? Wie könnte man denn einen mit übergeschlagenen Füßen auf griechisch richtiger und Keffer nennen, als διεστραμμενον (κατα) τους πόδας? ober

1 Beim Maffei (T. XCIV.), wo man sich über den Geschmack dieses Auslegers ärgern muß, der eine so unanständige Figur mit aller Gewalt zu einem Bacchus machen will

2 Tabl. CLI.

3 Erstes Wäldchen S. 85.

Sieбтaμμevov Tvs rodas, mit unter verstandenem ¿yovra? Ich wüßte im geringsten nicht, was hier wider die natürliche Bedeutung der Worte, oder gegen die genuine Construction der Sprache wäre. Wenn Pausanias hätte krumm sagen wollen, warum sollte er nicht das so gewöhnliche ozodios gebraucht haben?

Muthmaßen hiernächst läßt sich freilich vielerlei. Aber verdient wohl eine Muthmaßzung, die nichts als die bloße Möglichkeit vor sich hat, einer entgegen gesetzt zu werden, der so│| wenig zu einer ausgemachten Wahrheit fehlt? Ja, auch kaum die Möglichkeit kann ich jener mir entgegen gesetzten Muthmaßung einräumen. Denn der eine Knabe ruhete in dem einen, und der andere in dem andern Arme der Nacht; folglich wäre die Verschränkung der Füße des einen mit den Füßen des andern kaum zu begreifen. Endlich die Möglichkeit dieser Verschränkung aud augegeben, würse foban ba8 διεστραμμένους, welches fie ausdrücken sollte, nicht ebenfalls etwas ganz anderes heißen, als krumm? Würde diese Bedeutung nicht ebenfalls wider den Sprachgebrauch seyn? Würde die Muthmaßung meines Gegners also nicht eben der Schwierigkeit ausgesetzt seyn, der er meine ausgesetzt zu seyn meint, ohne daß sie eine einzige der Empfehlungen hätte, die er dieser nicht absprechen kann?

Nun zurück zu dem Bilde beim Bellori. Wenn aus dem, was ich bisher beigebracht, erwiesen ist, daß die alten Artisten den Schlaf mit über einander geschlagenen Füßen gebildet; wenn es erwiesen ist, daß sie dem Tod eine genaue Aehnlichkeit mit dem Schlafe gegeben: so werden sie, allem Vermuthen nach, auch den Tod mit über einander geschlagenen Füßen vorzustellen nicht unterlassen haben. Und wie, wenn eben dieses Bild beim Bellori ein Beweis davon wäre? Denn wirklich steht es, den einen Fuß über den andern geschlagen; und diese Besonderheit des Standes, glaube ich, kann eben sowohl dienen, die Bedeutung der ganzen Figur zu bestätigen, als die anderweits erwiesene Bedeutung derselben das Charakteristische dieses besondern Standes festzusetzen hinlänglich seyn dürfte.

Doch es versteht sich, daß ich so geschwind und dreist nicht schließen würde, wenn dieses das einzige alte Monument wäre, auf welchem sich die über einander geschlagenen Füße an dem Bilde des Todes zeigten. Denn nichts würde natürlicher seyn, als mir einzuwenden: „wenn die alten Künstler den Schlaf mit über einander geschlagenen Füßzen gebildet haben, so haben sie ihn doch nur als liegend, und wirklich selbst schlafend so gebildet; von dieser Lage des Schlafes im Schlafe ist also auf seinen stehenden Stand, oder gar auf den stehenden Stand des ihm ähnlichen Todes, wenig oder nichts zu schließen, und es kann ein bloßzer Zufall seyn, daß hier einmal der Tod so steht, als man sonst den Schlaf schlafen sieht."

Nur mehrere Monumente, welche eben das zeigen, was ich an der Figur beim Bellori zu sehen glaube, können dieser Einwendung vorbauen. Ich eile also, deren so viele anzuführen, als zur Induktion hinreichend sind, und glaube, daß man es für keine bloße überflüssige Auszierung halten wird, einige der vorzüglichsten in Abbildung beigefügt zu finden.

Zuerst also erscheint der schon angeführte Grabstein beim Boissard. Weil die ausdrücklichen Ueberschriften desselben nicht verstatten, uns in der Deutung seiner Figuren zu irren: so kann er gleichsam der Schlüffel zu allen übrigen Denkmälern heißen. 1 Siche Tafel I. Figur 2.

Wie aber zeigt sich hier die Figur, welche mit Somne Orestilia Filia überschrieben ist? Als ein nackter Jüngling, einen tranrigen Blick seitswärts zur Erde heftend, mit dem einen Arme auf eine umgekehrte Fackel sich stüßend, und den einen Fuß über den andern geschlagen. · Ich darf nicht unerinnert lassen, daß von eben diesem Denkmale sich auch eine Zeichnung unter den Papieren des Pighius in der königlichen Bibliothek zu Berlin befindet, aus welcher Spanheim die einzelne Figur des Schlafes seinem Kommentar über den Kallimachus einverleibt hat.' Daß es schlechterdings die nämliche Figur des nämlichen Denkmals beim Boissard seyn soll, ist aus der nämlichen Ueberschrift unstreitig. Aber um so viel mehr wird man sich wundern, an beiden so merkliche Verschiedenheiten zu erblicken. Die schlanke, ausgebildete Gestalt beim Boiffard ist beim Pighius ein fetter stämmiger Knabe; dieser hat Flügel, und jene hat keine; geringerer Abweichungen, als in der Wendung des Hauptes, in der Richtung der Arme, zu geschweigen. Wie diese Abweichungen von Spanheim nicht bemerkt werden können, ist begreiflich; Spanheim kannte das Denkmal nur aus den Inschriften des Gruter, wo er die bloßen Worte ohne alle Zeichnung fand; er wußte nicht, oder erinnerte sich nicht, daß die Zeichnung bereits beim Boissard vorkomme, und glaubte also etwas ganz unbe kanntes zu liefern, wenn er sie uns zum Theil aus den Papieren des Pighius mittheilte. Weniger ist Grävius zu entschuldigen, welcher seiner Ausgabe der Gruter'schen Inschriften die Zeichnung aus dem Boiffard beifügte, 2 und gleichwohl den Widerspruch, den diese Zeichnung mit der wörtlichen Beschreibung des Gruter macht, nicht bemerkte. In dieser ist die Figur Genius alatus, crinitus, obesus, dormiens, dextra manu in humerum sinistrum, a quo velum retrorsum dependet, posita; und in jener erscheint sie, gerade gegenüber, so wie wir sie hier erblicken, ganz anders: nicht geflügelt, nicht eben von starken Haaren, nicht fett, nicht schlafend, nicht mit der rechten Hand auf der linken Schulter. Eine solche Mißbelligkeit ist anstößig, und kann nicht anders als Mißtrauen bei dem Leser erwecken, besonders wann er sich noch dazu nicht einmal davor gewarnt findet. Sie beweist indeß so viel, daß unmöglich beide Zeichnungen unmittelbar von dem Denkmale können genommen seyn; eine derselben muß nothwendig aus dem Gedächtnisse seyn gemacht worden. Ob dieses die Zeichnung des Pighius oder die Zeichnung des Boissard sey, kann nur der entscheiden, welcher das Denkmal selbst damit zu vergleichen Gelegenheit hat. Nach der Angabe des letztern befand es sich zu Rom in dem Palaste des Cardinals Cesi. Dieser Palast aber, wenn ich recht unterrichtet bin, ward in der Plünderung von 1527 gänzlich zerstört. Verschiedene von den Alterthümern, welche Boisfard daselbst sah, mögen sich jetzt in dem Palaste Farnese befinden; ich vermuthe dieses von dem Hermaphrodit, und dem vermeinten Kopfe des Pyrrhus. 3 Andere glaube ich in andern Cabinetten wiedergefunden zu haben; kurz, sie sind verstreut, und es dürfte schwer halten, das Denkmal, wovon die Rede ist, wieder aufzufinden, wenn es noch gar vorhanden ist. Aus bloßen

3

1 Ad ver. 234. Hym. in Delum, p. 524. Edit. Ern.

2 Pag. CCCIV.

3 Hermaphroditus nudus, qui involutum palliolo femur habet. Caput ingens Pyrrhi regis Epirotarum, galeatum, cristatum, et armato pectore. Topogr. Parte I. p. 4. 5. Winkelmanns Anmerkungen über die Geschichte der Kunst. S. 98.

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