ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

IX.

Markrohr der Wirbelthiere.

191

Thalidien. Sie zeigen auch in anderen wichtigen Eigenthümlichkeiten des Körperbaues (besonders in der Bildung der Chorda und des Kiemendarms) auffallende Unterschiede von den übrigen Wirbellosen und Uebereinstimmung mit den Wirbelthieren. Wir nehmen daher jeßt an, daß beide Thierstämme, Vertebraten und Tunikaten, aus einer gemeinsamen älteren Stammgruppe von Vermalien hervorgegangen sind, aus den Prochordoniern *). Ein wichtiger Unterschied beider Stämme besteht darin, daß der Körper der Mantelthiere ungegliedert bleibt und eine sehr einfache Organisation behält (die meisten sizen später auf dem Meeresboden fest und werden rückgebildet). Bei den Wirbelthieren dagegen tritt frühzeitig eine charakteristische innere Gliederung des Körpers ein, die Urwirbelbildung" (Vertebratio). Diese vermittelt die weit höhere morphologische und physiologische Ausbildung ihres Organismus, welche zuleht im Menschen die höchste Stufe der Vollkommenheit erreicht. Sie prägt sich auch frühzeitig schon in der feineren Struktur ihres Markrohres aus, in der Entwickelung zahlreicher segmentaler Nervenpaare, die als Rückenmarks-Nerven oder „Spinal Nerven“ an die einzelnen Körper-Segmente gehen.

"

[ocr errors]

Phyletische Bildungsstufen des Medullar-Rohrs. Die lange Stammesgeschichte unserer Wirbelthier - Seele" beginnt mit der Bildung des einfachsten Medullar-Rohrs bei den ältesten Schädellosen; sie führt uns durch einen Zeitraum von vielen Millionen Jahren langsam und allmählich bis zu jenem komplicirten Wunderbau des menschlichen Gehirns hinauf, welcher diese höchstentwickelte Primaten-Form zu einer vollkommenen AusnahmeStellung in der Natur zu berechtigen scheint. Da eine klare Vorstellung von diesem langsamen und stetigen Gange unserer phyletischen Psychogenie die erste Vorbedingung einer wirklich

*) Haeckel, Anthropogenie, vierte Auflage 1891, Vortrag 16 und 17. „Körperbau und Keimesgeschichte des Amphioxus und der Ascidie."

naturgemäßen Psychologie ist, erscheint es zweckmäßig, jenen gewaltigen Zeitraum in eine Anzahl von Stufen oder Haupt-Abschnitten einzutheilen; in jedem derselben hat sich gleichmäßig mit der Struktur des Nervencentrums auch seine Funktion, die Psyche“ vervollkommnet. Jch unterscheide acht solche Perioden in der Phylogenie des Medullar-Rohrs, charakterisirt durch acht verschiedene Hauptgruppen der Wirbelthiere; nämlich I. die Schädellosen (Acrania), II. die Rundmäuler (Cyclostoma), III. die Fische (Pisces), IV. die Lurche (Amphibia), V. die implacentalen Säugethiere (Monotrema und Marsupialia), VI. die älteren placentalen Säugethiere, besonders die Halbaffen (Prosimiae), VII. die jüngeren Herrenthiere, die echten Affen (Simiae), VIII. die Menschenaffen und der Mensch (Anthropomorpha).

I. Erste Stufe: Schädellose (Acrania), heute nur noch vertreten durch den Lanzelot (Amphioxus); das Seelenorgan bleibt auf der Stufe des einfachen Medullar-Rohrs stehen und stellt ein gleichmäßig gegliedertes Rückenmark dar, ohne Gehirn. II. Zweite Stufe: Rundmäuler (Cyclostoma), die älteste Gruppe der Schädel thiere (Craniota), heute noch vertreten durch die Pricken (Petromyzontes) und die Inger (Myxinoides); das Vorderende des Markrohrs schwillt zu einer Blase an, welche sich in fünf hinter einander liegende Hirnblasen sondert (Großhirn, Zwischenhirn, Mittelhirn, Kleinhirn, Nachhirn); diese fünf Hirnblasen bilden die gemeinsame Grundlage, aus welcher sich das Gehirn sämmtlicher Schädelthiere entwickelt, von den Pricken bis zum Menschen hinauf. III. Dritte Stufe: Urfische (Selachii), ähnlich den heutigen Haifischen; bei diesen ältesten Fischen, von denen alle Kiefermäuler (Gnathostoma) abstammen, beginnt die stärkere Sonderung der fünf gleichartigen Hirnblasen. IV. Vierte Stufe: Lurche (Amphibia). Mit dieser ältesten Klasse der landbewohnenden Wirbelthiere, die zuerst in der Stein

IX.

Stammesgeschichte der Seele.

193

kohlen - Periode erschienen, beginnt die charakteristische Körperbildung der Vierfüßer (Tetrapoda) und eine entsprechende Umbildung des Fischgehirns; sie schreitet weiter fort in ihren permischen Epigonen, den Reptilien, deren älteste Vertreter, die Stammreptilien (Tocosauria), die gemeinsamen Stammformen aller Amnioten sind (der Reptilien und Vögel einerseits, der Säugethiere andererseits). V-VIII. Fünfte bis achte Stufe: Säugethiere (Mammalia).

Die Bildungsgeschichte unseres Nervensystems und die damit verknüpfte Stammesgeschichte unserer Seele habe ich in meiner „Anthropogenie“ ausführlich behandelt und durch zahlreiche Abbildungen erläutert *). Ich muß daher hier darauf verweisen, sowie auf die Anmerkungen, in denen ich einige der wichtigsten Thatsachen besonders hervorgehoben habe. Dagegen lasse ich hier noch einige Bemerkungen über den lezten und interessantesten Theil derselben folgen, über die Entwickelung der Seele und ihrer Organe innerhalb der Säugethier- Klasse; ich erinnere dabei besonders daran, daß der monophyletische Ursprung dieser Klasse, die Abstammung aller Säugethiere von einer gemeinsamen Stammform (der Trias Periode), jezt festgestellt ist.

Seelen-Geschichte der Säugethiere. Der wichtigste Folgeschluß, welcher sich aus dem monophyletischen Ursprung der Säugethiere ergiebt, ist die nothwendige Ableitung der Men schen-Seele aus einer langen Entwickelungs - Reihe von anderen Mammalien-Seelen. Eine gewaltige anatomische und physiologische Kluft trennt den Gehirnbau und das davon abhängige Seelenleben der höchsten und der niedersten Säugethiere, und dennoch wird diese tiefe Kluft durch eine lange Reihe von vermittelnden Zwischen-Stufen vollständig ausgefüllt. Der Zeitraum von mindestens vierzehn (nach anderen Berechnungen mehr

*) Anthropogenie. Vierte Auflage 1891, S. 621-688. Haedel, Welträthsel.

13

als hundert!) Millionen Jahren, welcher seit Beginn der TriasPeriode verfloß, genügt aber vollständig, selbst die größten psychologischen Fortschritte zu ermöglichen. Die allgemeinsten Ergebnisse der wichtigen, neuerdings hier tief eingedrungenen Forschungen find folgende: I. Das Gehirn der Säugethiere unterscheidet sich von demjenigen der übrigen Vertebraten durch gewisse Eigenthümlichkeiten, welche allen Gliedern der Klasse gemeinsam sind, vor Allem die überwiegende Ausbildung der ersten und vierten Blase, des Großhirns und Kleinhirns, während die dritte Blase, das Mittelhirn, ganz zurücktritt. II. Troßdem schließt sich die Hirnbildung der niedersten und ältesten Mammalien (Monotremen, Marsupialien, Prochoriaten) noch eng an diejenige ihrer paläozoischen Vorfahren an, der karbonischen Amphibien (Stegocephalen) und der permischen Reptilien (Tocosaurier). III. Erst während der Tertiär-Zeit erfolgt die typische volle Ausbildung des Großhirns, welche die jüngeren Säugethiere so auffallend vor den älteren auszeichnet. IV. Die besondere (quantitative und qualitative) Ausbildung des Großhirns, welche den Menschen auszeichnet, und welche ihn zu seinen vorzüglichen psychischen Leistungen befähigt, findet sich außerdem nur bei einem Theile der höchstentwickelten Säugethiere der jüngeren Tertiär-Zeit, vor Allen bei den Menschen-Affen (Anthropoiden). V. Die Unterschiede, welche im Gehirnbau und Seelenleben des Menschen und der Menschen-Affen eristiren, sind geringer als die entsprechenden Unterschiede zwischen diesen leyteren und den niederen Primaten (den ältesten Affen und Halbaffen). VI. Demnach muß die historische stufenweise Entwickelung der Menschenseele aus einer langen Kette von höheren und niederen Mammalien= Seelen unter Anwendung der allgemein gültigen phyletischen Geseze der Descendenz - Theorie als eine wissenschaftlich bewiesene Thatsache gelten.

Zehntes Kapitel.

Bewußtsein der Seele.

Monistische Studien über bewußtes und unbewußtes Seelenleben. Entwickelungsgeschichte und Theorie des Bewußtseins.

,,Erst bei den höheren Thieren und beim Menschen erhebt sich das Bewußtsein bis zu einer Bedeutung, welche eine gesonderte Betrachtung desselben als eines besonderen seelischen Vermögens möglich macht. Aber dies geschieht nicht auf einmal, sondern sehr langsam und allmählich, auf Grund verbesserter Organisation des Gehirns und Nervensystems und zunehmenden Reichthums der Eindrücke und der dadurch erweckten Vorstellungen. — Gerade das Bewußtsein zeigt sich mehr als jede andere geistige Qualität von materiellen Bedingungen oder Zuständen abhängig. Es kommt, geht, verschwindet und kehrt wieder in strengem Anschluß an eine ganze Anzahl materieller Einwirkungen auf das Organ des Geistes."

Ludwig Büchner (1898).

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »