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Organen, allmählich entwickelt, läßt schon von vornherein schließen, daß dasselbe auch innerhalb der Thierreihe sich stufenweise historisch entwickelt hat. So sicher wir aber auch eine solche natürliche Stammesgeschichte des Bewußtseins im Princip behaupten müssen, so wenig sind wir doch leider im Stande, tiefer in dieselbe einzudringen und specielle Hypothesen darüber aufzustellen. Indessen liefert uns die Paläontologie doch einige interessante Anhaltspunkte, die nicht ohne Bedeutung find. Auffallend ist z. B. die bedeutende, quantitative und qualitative Entwickelung des Gehirns der placentalen Säugethiere innerhalb der Tertiär-Zeit. An vielen fossilen Schädeln derselben ist die innere Schädelhöhle genau bekannt und liefert uns sichere Aufschlüsse über die Größe und theilweise auch über den Bau des davon umschlossenen Gehirns. Da zeigt sich denn innerhalb einer und derselben Legion (z. B. der Hufthiere, der Raubthiere, der Herrenthiere) ein gewaltiger Fortschritt von den älteren eocänen und oligocänen zu den jüngeren miocänen und pliocänen Vertretern desselben Stammes; bei den lezteren ist das Gehirn (im Verhältniß zur Körpergröße) 6–8 mal so groß als bei den ersteren.

Auch jene höchste Entwickelungsstufe des Bewußtseins, welche nur der Kulturmensch erreicht, hat sich erst allmählich und stufenweise - eben durch den Fortschritt der Kultur selbst aus niederen Zuständen entwickelt, wie wir sie noch heute bei primitiven Naturvölkern antreffen. Das zeigt uns schon die Vergleichung ihrer Sprachen, welche mit derjenigen der Begriffe eng verknüpft ist. Je höher sich beim denkenden KulturMenschen die Begriffs-Bildung entwickelt, je mehr er fähig wird, aus zahlreichen verschiedenen Einzelheiten die gemeinsamen Merkmale zusammenzufassen und unter allgemeine Begriffe zu bringen, desto klarer und tiefer wird damit sein Bewußtsein.

Elftes Kapitel.

Unsterblichkeit der Seele.

Monistische Studien über Thanatismus und Athanismus. Kosmische und persönliche Unsterblichkeit. Aggregatszustand der Seelen-Substanz.

„Eine der stehenden Anklagen der Kirche gegen die Wissenschaft lautet, daß leştere materialistisch sei. Ich möchte im Vorbeigehen darauf aufmerksam machen, daß die ganze kirchliche Vorstellung vom zukünftigen Leben von jeher und noch jezt der reinste Materialismus war und ist. Der materielle Leib soll auferstehen und in einem materiellen Himmel wohnen.“

M. 3. Savage.

Inhalt des elften Kapitels.

Die Citadelle des Aberglaubens. Athanismus und Thanatismus. Individueller Charakter des Todes. Unsterblichkeit der Einzelligen (Protisten). Kosmische und persönliche Unsterblichkeit. Primärer Thanatismus (bei Naturvölkern). Sekundärer Thanatismus (bei älteren und neueren Philosophen). Athanismus und Religion. Entstehung des Unsterblichkeitsglaubens. Christlicher Athanismus. Das ewige Leben. Das jüngste Gericht. Metaphysischer Athanismus. Seelen-Substanz. Aether-Seele. Luft-Seele. Flüssige und feste Seelen. Unsterblichkeit der Thierseele. Beweise für und gegen den Athanismus. Athanistische Jllusionen.

Literatur.

David Strauß, Gesammelte Schriften. Auswahl in sechs Bänden (herausgegeben von Eduard Zeller). Bonn 1890.

Ludwig Feuerbach, Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit, vom Standpunkt der Anthropologie. 1866. (3weite Auflage 1890.)

Ludwig Büchner, Das künftige Leben und die moderne Wissenschaft. Zehn Briefe an eine Freundin. Leipzig 1889.

Carl Vogt, Köhlerglauben und Wissenschaft. Gießen 1855.

Gustav Kühn, Naturphilosophische Studien, frei von Mysticismus. Neuwied 1895.

Paul Carus und E. C. Hegeler, The Monist. A Quarterly Magazine. Vol. I-IX. Chicago 1890-1899.

M. J. Savage, Die Unsterblichkeit. (Kap. XII in: „Die Religion im Lichte der Darwin'schen Lehre." Leipzig 1886.

Adalbert Svoboda, Gestalten des Glaubens. 2 Bände. Leipzig 1897.

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Indem wir uns von der genetischen Betrachtung der Seele zu der großen Frage ihrer Unsterblichkeit“ wenden, betreten wir jenes höchste Gebiet des Aberglaubens, welches gewissermaßen die unzerstörbare Citadelle aller mystischen und dualistischen Vorstellungs-Kreise bildet. Denn bei dieser Kardinal-Frage knüpft sich an die rein philosophischen Vorstellungen mehr als bei jedem anderen Problem das egoistische Interesse der menschlichen Person, welche um jeden Preis ihre individuelle Fortdauer über den Tod hinaus garantirt haben will. Dieses „höhere Gemüths-Bedürfniß“ ist so mächtig, daß es alle logischen Schlüsse der kritischen Vernunft über den Haufen wirft. Bewußt oder unbewußt werden bei den meisten Menschen alle übrigen allgemeinen Ansichten, also auch die ganze Weltanschauung, von dem Dogma der persönlichen Unsterblichkeit beeinflußt, und an diesen theoretischen Irrthum knüpfen sich praktische Folgerungen von weitreichendster Wirkung. Es wird daher unsere Aufgabe sein, alle Seiten dieses wichtigen Dogmas kritisch zu prüfen und seine Unhaltbarkeit gegenüber den empirischen Erkenntnissen der modernen Biologie nachzuweisen.

Athanismus und Thanatismus. Um einen kurzen und bequemen Ausdruck für die beiden entgegengeseßten Grundanschauungen über die Unsterblichkeits-Frage zu haben, bezeichnen wir den Glauben an die „persönliche Unsterblichkeit des Menschen“ als Athanismus (abgeleitet von Athanes oder Athanatos

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unsterblich). Dagegen nennen wir Thanatismus (abgeleitet von Thanatos Tod) die Ueberzeugung, daß mit dem Tode des Menschen nicht nur alle übrigen physiologischen Lebensthätigkeiten erlöschen, sondern auch die Seele" verschwindet, d. h. jene Summe von Gehirn-Funktionen, welche der psychische Dualismus als ein eigenes „Wesen“, unabhängig von den übrigen LebensAeußerungen des lebendigen Körpers betrachtet.

Indem wir hier das physiologische Problem des Todes berühren, betonen wir nochmals den individuellen Charakter dieser organischen Natur-Erscheinung. Wir verstehen unter Tod ausschließlich das definitive Aufhören der Lebensthätigkeit des organischen Individuums, gleichviel welcher Kategorie oder welcher Stufenfolge der Individualität das betreffende Einzelwesen angehört. Der Mensch ist todt, wenn seine Person stirbt, gleichviel ob er gar keine Nachkommenschaft hinterlassen hat, oder ob er Kinder erzeugt hat, deren Nachkommen sich durch viele Generationen fruchtbar fortpflanzen. Man sagt ja in gewissem Sinne, daß der Geist" großer Männer (z. B. in einer Dynastie hervor ragender Herrscher, in einer Familie talentvoller Künstler) durch Generationen fortlebt; und ebenso sagt man, daß die „Seele" ausgezeichneter Frauen oft in den Kindern und Kindeskindern sich forterhält. Allein in diesen Fällen handelt es sich stets um verwickelte Vorgänge der Vererbung, bei welchen eine abgelöste mikroskopische Zelle (die Spermazelle des Vaters, die Eizelle der Mutter) gewisse Eigenschaften der Substanz auf die Nachkommen überträgt. Die einzelnen Personen, welche jene Geschlechtszellen zu Tausenden produciren, bleiben troßdem sterblich und mit ihrem Tode erlischt ihre individuelle Seelen-Thätigkeit ebenso wie jede andere physiologische Funktion.

Unsterblichkeit der Einzelligen. Neuerdings ist von mehreren namhaften Zoologen --am eingehendsten 1882 von Weismann die Ansicht vertheidigt worden, daß nur die

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