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Glaube unserer Väter.

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des Islam und der Reformation, durch die Inquisition und die Heren-Processe ihr Leben verloren haben. Oder man denke an die noch größere Zahl der Unglücklichen, welche wegen GlaubensVerschiedenheiten in Familien-Zwist gerathen, ihr Ansehen bei den gläubigen Mitbürgern und ihre Stellung im Staate verloren oder aus dem Vaterlande haben auswandern müssen. Die verderblichste Wirkung übt das officielle Glaubens - Bekenntniß dann, wenn es mit den politischen Zwecken des Kultur-Staates verknüpft und als „konfessioneller Religions-Unterricht" in den Schulen zwangsweise gelehrt wird. Die Vernunft der Kinder wird dadurch schon frühzeitig von der Erkenntniß der Wahrheit abgelenkt und dem Aberglauben zugeführt. Jeder Menschenfreund sollte daher die konfessionslose Schule, als eine der werthvollsten Institutionen des modernen Vernunft-Staates, mit allen Mitteln zu fördern suchen.

Der Glaube unserer Väter. Der hohe Werth, welcher trozdem noch heute in den weitesten Kreisen dem konfessionellen Religions-Unterricht beigelegt wird, ist nicht allein durch den Konfessions-Zwang des rückständigen Kultur-Staates und dessen Abhängigkeit von klerikaler Herrschaft bedingt, sondern auch durch das Gewicht von alten Traditionen und von „Gemüths- Bedürfnissen“ verschiedener Art. Unter diesen ist besonders wirkungsvoll die andächtige Verehrung, welche in weitesten Kreisen der konfessionellen Tradition gezollt wird, dem heiligen Glauben unserer Väter". Jn Tausenden von Erzählungen und Gedichten wird das Festhalten an demselben als ein geistiger Schaß und als eine heilige Pflicht gepriesen. Und doch genügt unbefangenes Nachdenken über die Geschichte des Glaubens, um uns von der völligen Ungereimtheit jener einflußreichen Vorstellung zu überzeugen. Der herrschende evangelische Kirchenglaube in der zweiten Hälfte des aufgeklärten 19. Jahrhunderts ist wesentlich verschieden von demjenigen in der ersten Hälfte

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desselben, und dieser wieder von demjenigen des 18. Jahrhunderts. Der lettere weicht sehr ab von dem Glauben unserer Väter" im 17. und noch mehr im 16. Jahrhundert. Die Reformation, welche die geknechtete Vernunft von der Tyrannei des Papismus befreite, wird natürlich von dieser als ärgste Keßerei verfolgt; aber auch der Glaube des Papismus selbst hatte sich im Laufe eines Jahrtausends völlig verändert. Und wie verschieden ist der Glaube der getauften Christen von demjenigen ihrer heidnischen Väter! Jeder selbstständig denkende Mensch bildet sich eben seinen eigenen, mehr oder weniger persönlichen Glauben", und immer ist dieser verschieden von demjenigen seiner Väter; denn er ist abhängig von dem gesammten Bildungs-Zustande seiner Zeit. Je weiter wir in der Kultur-Geschichte zurückgehen, desto mehr muß uns der gepriesene „Glaube unserer Väter“ als unhaltbarer Aberglaube erscheinen, dessen Formen sich beständig umbilden.

Spiritismus. Eine der merkwürdigsten Formen des Aberglaubens ist diejenige, welche noch heutzutage in unserer modernen Kulturwelt eine erstaunliche Rolle spielt, der Spiritismus oder der moderne Geisterglaube. Es ist eine ebenso befremdende wie betrübende Thatsache, daß noch heute Millionen gebildeter Kulturmenschen von diesem finsteren Aberglauben völlig beherrscht find; ja sogar einzelne berühmte Naturforscher haben sich von demselben nicht losmachen können. Zahlreiche spiritistische Zeitschriften verbreiten diesen Gespenster-Glauben in weitesten Kreisen, und unsere feinsten Gesellschafts - Kreise“ schämen sich nicht, „Geister" erscheinen zu lassen, welche klopfen, schreiben, „Mittheilungen aus dem Jenseits" machen u. s. w. Man beruft sich in den Kreisen der Spiritisten oft darauf, daß selbst angesehene Naturforscher diesem Aberglauben huldigen. In Deutschland werden dafür als Beispiele u. A. Zöllner und Fechner in Leipzig angeführt, in England Wallace und Crookes in London. Die bedauerliche Thatsache, daß selbst so hervorragende

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Täuschungen des Spiritismus.

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Physiker und Biologen sich dadurch haben irre führen lassen, erklärt sich theils aus ihrem Uebermaß an Phantasie und Kritikmangel, theils aus dem mächtigen Einfluß starrer Dogmen, welche religiöse Verziehung dem kindlichen Gehirn in frühester Jugend schon einprägt. Uebrigens ist gerade bei den berühmten spiritistischen Vorstellungen in Leipzig, in welchen die Physiker Zöllner, Fechner und Wilhelm Weber durch den schlauen Taschenspieler Slade irre geführt wurden, der Schwindel des letteren nachträglich klar zu Tage gekommen; Slade selbst wurde als gemeiner Betrüger erkannt und entlarvt. Auch in allen anderen Fällen, in welchen die angeblichen „Wunder des Spiritismus“ gründlich untersucht werden konnten, hat sich als Ursache derselben eine gröbere oder feinere Täuschung herausgestellt, und die sogenannten „Medien" (meist weiblichen Geschlechts) find theils als schlaue Schwindler entlarvt, theils als nervöse Personen von ungewöhnlicher Reizbarkeit erkannt worden. Ihre angebliche Telepathie (oder „Fernwirkung des Gedankens ohne materielle Vermittelung") eristirt ebenso wenig als die ,,Stimmen der Geister", die „Seufzer der Gespenster" u. s. w. Die lebhaften Schilderungen, welche Carl du Prel in München und andere Spiritisten von solchen „Geister-Erscheinungen“ geben, sind durch die Thätigkeit einer erregten Phantasie, verbunden mit Mangel an Kritik und an physiologischen Kenntnissen, zu erklären.

Offenbarung (Revelation). Die meisten Religionen haben troh ihrer mannigfaltigen Verschiedenheit einen gemeinsamen Grundzug, der zugleich eine ihrer mächtigsten Stüßen in weiten Kreisen bildet; sie behaupten, die Räthsel des Daseins, deren Lösung auf natürlichem Wege durch die Vernunft nicht möglich ist, auf übernatürlichem Wege durch Offenbarung geben zu können; zugleich leiten sie daraus die Geltung der Dogmen oder Glaubenssäße ab, welche als „göttliche Geseze" die Sittenlehre ordnen und die Lebensführung bestimmen sollen. Derartige göttliche

Haedel, Welträthsel.

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Inspirationen bilden die Grundlage zahlreicher Mythen und Legenden, deren anthropistischer Ursprung auf der Hand liegt. Zwar erscheint der Gott, der sich offenbart“, oft nicht direkt in menschlicher Gestalt, sondern im Donner und Bliz, im Sturm und Erdbeben, im feurigen Busch oder der drohenden Wolke. Aber die Offenbarung selbst, welche er dem gläubigen Menschenkinde giebt, wird in allen Fällen anthropistisch gedacht, als Mittheilung von Vorstellungen oder Befehlen, welche genau so formulirt und ausgesprochen werden, wie es normaler Weise nur durch die Großhirnrinde und durch den Kehlkopf des Menschen geschieht. In den indischen und egyptischen Religionen, in der hellenischen und römischen Mythologie, im Talmud wie im Koran, im Alten wie im Neuen Testament denken, sprechen und handeln die Götter ganz wie die Menschen, und die Offenbarungen, in denen sie uns die Geheimnisse des Daseins enthüllen, die dunkeln Welträthsel lösen wollen, sind Dichtungen der menschlichen Phantasie. Die Wahrheit, welche der Gläubige darin findet, ist menschliche Erfindung, und der „kindliche Glaube“ an diese unvernünftigen Offenbarungen ist Aberglaube.

Die wahre Offenbarung, d. h. die wahre Quelle vernünftiger Erkenntniß, ist nur in der Natur zu finden. Der reiche Schah wahren Wissens, der den werthvollsten Theil der menschlichen Kultur darstellt, ist einzig und allein den Erfahrungen entsprungen, welche der forschende Verstand durch NaturErkenntniß gewonnen hat, und den Vernunft - Schlüssen, welche er durch richtige Associon dieser empirischen Vorstellungen gebildet hat. Jeder vernünftige Mensch mit normalem Gehirn und normalen Sinnen schöpft bei unbefangener Betrachtung aus der Natur diese wahre Offenbarung und befreit sich damit von dem Aberglauben, welchen ihm die Offenbarungen der Religion aufgebürdet haben.

Siebzehntes Kapitel.

Wissenschaft und Chriftenthum.

Monistische Studien über den Kampf zwischen der wissenschaftlichen Erfahrung und der christlichen Offenbarung. Die vier Perioden

in der historischen Metamorphose der christlichen Religion. Vernunft und Dogma.

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